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Maria durch ein Dornwald ging
Maria durch ein Dornwald ging
Maria durch ein Dornwald ging
eBook234 Seiten3 Stunden

Maria durch ein Dornwald ging

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Über dieses E-Book

Eine Erzählung um Marie; eine Mär von der Suche nach Glück. Von Last und Flucht, von Wünschen und Sehnsucht. Von Verlust, und tiefer Demütigung. Von einer Maid, ihrem Weg aus Drangsal und Kummer, zu Hoffnung und Glück.
In einer Zeit, in einer Welt, die sich kaum ein Leser heute noch vorstellen kann.
Tauchen wir ein, begleiten Marie auf ihrem Weg, durch den Dornenwald.
(Historisch vielleicht nicht ganz genau, dafür mit einem leichten Schuß alles beflügelnder Phantasie.)
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum5. Mai 2019
ISBN9783966339391
Maria durch ein Dornwald ging

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    Buchvorschau

    Maria durch ein Dornwald ging - Eckhardt Pahlke

    Maria durch ein Dornwald ging

    Eine Geschichte von

    Eckhardt Pahlke & Antje Hinze .

    I M P R E S S U M

    „Maria durch ein Dornwald ging"

    © 2019 Eckhardt Pahlke und Antje Hinze.

    Alle Rechte vorbehalten.

    Kontakt bei Fragen, Anregungen, Lob und auch Kritik:

    gerne über: Facebook/„Der falsche Alemanne"

    ISBN: 978-3-96633-939-1

    Verlag GD Publishing Ltd. & Co. KG, Berlin

    E-Book-Distribution: bei XinXii

    www.xinxii.com

    Dieses E-Book, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung der Autoren nicht vervielfältigt, wieder verkauft oder weitergegeben werden.

    Zitate und Anspielungen an Zitate bleiben im Original Eigentum der Eigentümer. Näheres dazu im Anhang 3.

    Danke, dass sie hier Verwendung finden durften.

    Ein großes Dankeschön, dass Sie die Arbeit der Autoren respektieren!

    Inhalt

    Prolog

    Die Maid ohne Diensten

    Fieber-Fund

    Jasper Kaspers Burg

    Schneebeeren

    Weißer Schnee auf alten Stämmen

    Frieder kehrt zurück

    Draußen im Walde

    Leerer Hort

    Christian

    Burgfräulein Liesa

    Mariza

    Scherbenkind

    Das Gericht tagt

    Kerker, Krankheit, Katastrophen

    Der Zauberer

    Prozess-Vorbereitungen

    Die letzte Woche

    Wild-Eber

    Im Herz der Zeit

    Anhänge

    Anhang 1

    Anhang 2

    Anhang 3

    Mariza – Deutsch

    Zeitstrahl

    Prolog

    In alten Chroniken wird berichtet, eine Mär von der Suche nach Glück. Von Last und Flucht, von Wünschen und Sehnsucht. Von Verlust, und tiefer Demütigung. Von einer Maid, ihrem Weg aus Drangsal und Kummer, zu Hoffnung und Glück.

    In einer Zeit, in einer Welt, die sich kaum ein Leser heute noch vorstellen kann.

    Tauchen wir ein, begleiten Marie auf ihrem Weg - durch den Dornenwald.

    Die Maid ohne Diensten

    Es war einmal eine hübsche, sehr zarte Maid, die inmitten der Wirren des Bauernkrieges aufwuchs und sich durch das harte Leben schlagen musste. Sie war umgeben von Tod, Armut und Elend, welche sie in ihren doch noch so jungen Jahren leiden und erleben musste. Vom Dienstherrn nur wenige, heimlich gesparte, Pfennige, die kaum zum Leben reichten, wollte sie einfach nur weg von Ungerechtigkeit und Pockenkrankheit und Krieg. Sie war ja jung, hat Träume! Kleine, einfache Wünsche. Sie wollte eine gute Stellung als Magd bei der feinen Gesellschaft suchen, um ihren Lebensunterhalt allein bestreiten zu können. Ja, vielleicht auch die große Liebe finden. Das waren ihr Vorsatz und ihr Traum. Voller Entschlossenheit zog sie hinaus, allein, nur die alten verschmutzten Kleider auf dem Leib, die sie noch besaß.

    All diese Vorsätze im Gepäck, machte sie sich auf einen sehr beschwerlichen Weg. Sie wusste nicht, was morgen ist, wo sie für Ihren knurrenden Magen etwas zu Essen bekommt und ob all Ihre Wünsche, Ideen auch in Erfüllung gehen können. Aber sie machte sich Mut und das war auch gut, denn nur so konnte sie das schwere harte Leben bestehen.

    Weit war sie nicht gekommen. Vom Hügel aus war das Backsteinhaus noch immer zu sehen. „Wie eine Tochter haben wir dich aufgenommen! Und so dankst du es uns!", und ein Schlag war der Lohn. Die Großbäuerin war eine jähzornige Frau. Und egal, welche Laus ihr über die Leber gelaufen ist, Marie trug die Schuld daran. Der Großbauer dagegen steckte ihr immer mal heimlich etwas zu. Nicht nur eine Schale Haferbrei in der Hinterstube, sondern auch seinen Großbauernprügel. Ihm war es gleich, ob sie als Tochter oder als Magd aufgenommen worden war. Wurde der Frau des Hauses die Freveltat offenbar, gab es abermals Schläge für das Mädchen. Und wieder kein Essen. Was den Großbauern nicht von weiteren Übergriffen abhielt. Ihm war es gleich, dass sie noch nicht einmal Brüstchen hatte. So litt das Kind. An Missbrauch, an Schlägen, an Hunger, an Ungerechtigkeit. Der Blick auf das Haus, der heimliche Abschied, taten ihr nicht leid. Tapferen Schrittes marschierte sie auf der abgewandten Seite den Hügel hinab.

    Als es zu regnen begann.

    Mit der Zeit wurden ihre dünnen Leinen feucht und schwer. Sie war Arbeit im Stall gewohnt. Auf dem Feld. Bei glühender Sonne und schüttendem Regen. Sie ging weiter. Als die Nacht graute, verkroch sie sich wie ein Tier unter Haufen von Reisig, in einer flachen Erdkuhle, auf dem blanken Boden. Beim ersten Sonnenstrahl kramte sie sich hervor. Ihr lockig blondes Haar verfitzt und verfilzt. Nun erst wurde ihr gewahr, dass sie kein Dach mehr über dem Kopf hatte. Nicht die kleinste Schüssel Haferbrei. Aber rings im Wald da wuchsen Beeren.

    Sie konnte nicht in ihr Heim. Die Mutter selbst hatte sie verkauft. Für einen Laib Brot. An die Großbauernfamilie. Von ihren zahlreichen Geschwistern hatten es einige schon glücklich getroffen. Sie waren tot geboren, oder in den ersten Jahren gestorben. Ihr Vater, ein ehrlicher Landmann, wurde von marodierenden Raubrittern, die einst dem örtlichen Fürsten angehörten, so schwer verletzt, dass er kaum mehr aufs Feld hinauskonnte. Das arme Schwein. Das nahm der Eintreiber des Adels auch noch mit. Der alte Hund. Der hat ihn gebissen. Worauf sie das Haus niederbrannten. Nicht, dass es lange gebrannt hätte. Es war klein und ärmlich. Selbst für bäuerliche Verhältnisse. Die Städte, die Fürsten, der Klerus, alle wollten nur immer mehr. Sie schlugen den armen Mann, vergewaltigten die elende Frau, raubten das Kind, plünderten den Hof. Abgaben zwangen den Mensch in den Staub. Tief, tiefer. Doch der Mensch ist kein Hund, den man schlägt, und der hechelnd zurückkommt. Er erhebt sich. Steht auf. Zeigt Widerstand. Und auch ihr verkrüppelter Vater stand auf. Erhob den Bundschuh, den er auf ein fadenscheiniges Tuch gezeichnet hatte. Stolz, und mit dem Geschrei der Wut humpelte er in den Kampf für Gerechtigkeit. Doch noch gab es keinen allgemeinen Aufstand. Noch war es nicht der Bauernkrieg. In diese Zeit hinein wurde Marie geboren. Ein Frühchen, dem der Kurpfuscher schon die Augen zudrücken wollte. Die sich schon da gewehrt hat, und am Leben bleiben wollte. Schlecht und recht zog die Mutter sie auf. Immer in der Wirtschaft, wo diese nun Anstellung gefunden hatte. Wo abends betrunken geschlagen und randaliert wurde, und morgens die Gäste ihre Mutter verließen. Bis die kleine Marie verkauft wurde. Sie ahnte nicht, dass noch vor dem ersten Schnee ihre Mutter im Wind am Aste baumeln würde. Ein Priester verweigerte ihr die Sakramente, weil sie von eigener Hand hienieden ging. Wo war das Glück in dieser Zeit?

    Die verbliebenen Geschwister, verstreut in alle Winde, waren keine Hilfe, keine Zuflucht. Marie blieb allein in dieser Welt.

    So war es egal, wohin sie ihr Weg mit den Beeren führte. Die süßer und süßer schmeckten, je tiefer sie in den Wald hineinkam. Sie folgte dem Weg, in tiefen Fahrspuren eiserner Wagenräder stand Wasser. Mit den Händen schöpfte sie davon, und trank. Grün schimmerte das Sonnenlicht durch das Blätterdach des Waldes. Der Wald, die Bäume, voller Leben. Wegelagerer, vor Ort aufgeknüpft, schaukelten wie grausige Tänzer. Hatten sich wohl das falsche Opfer ausgesucht. Der Wald, die Bäume, auch voller vergangenem Leben.

    Eichhörnchen sprangen an den Bäumen umher. Unten wuchs das Farnkraut, auf dem blutsaugende Flöhe saßen. Wölfe und Hirsche im Unterholz beobachteten die Wanderin. Hätten sie sie gewarnt, als sie auf die verfallene Hütte zukam?

    Fieber-Fund

    Versteckt lag der Unterschlupf. Kaum eine Hütte. Vom Wege aus nicht zu sehn. Und doch nahm Marie sie wahr. Sie schauderte. Obwohl ihr warm war. Sie stolperte den Weg entlang. Dem aufgeschütteten Haufen Steine entgegen. Buschwerk schlug ihr um die Beine. Zweige kratzen über ihre bloße Haut. Sie bemerkte es nicht. Wähnte sich auf dem Weg. Ihr fleckiger Fetzten Stoff, Schürze und Kleid zugleich, blieben im Gesträuch hängen, schien sie wie mit Gnomenhänden zurückhalten zu wollen. Marie sah Sonnen durchs Laub. Viele Sonnen. Kleine. Große. Die sich im Kreise drehten. Hitze. Frostschüttelnde Kälte. Wie ein Röhren brach es aus ihr hervor. Doch nur ein kleiner Klecks halbverdauter Beeren und Pilze und triefender Schleim kamen heraus. Ihr Bauch zog sich schmerzhaft zusammen. Wollte mehr erbrechen. Da war aber nichts. Nur noch mehr scharfer, saurer Schleim. Der an ihren Lippen hängenblieb. Das Kleid besudelte. Sie tapste auf einen Baum zu, um sich abzustützen. Verfehlte ihn. Stürzte. Sie hatte keine Beine mehr. Fühlte nichts als ein Zittern über und überall. Das Gleißen der Sonnen. Bäume stürzten auf sie zu. Dann war alles verschwunden.

    Es musste Nebel sein. Sie war auf dem Feld eingeschlafen. Der Großbauer würde sie schlagen. Als spürte sie den Schlag schon, zuckte sie zusammen. Dann war da der Geruch. Nicht nach Erde. Erde war gut, roch warm wie eine kosende Hand. Nicht das Feld mit seiner behütenden Erde. Es roch wie der Ferch des Viehs. Und aus einer eben noch undeutlichen Bewegung wurde plötzlich ein Kopf. Die Bäuerin, mit erhobener Gerte. Nein. Nicht die Bäuerin. Ein bärtiger Mann. Und Einzelheiten prasselten auf sie ein wie Regen in ein leeres Fass. Falten um die Augen. Kleine braune Schweinsäuglein. Eine Warze im Gesicht. Dunkle und fehlende Zähne. Verfilzte Haare. Saurer Gestank wie von keinem Vieh. Scharfer Geruch nach Verbranntem. Sogar Essen konnte sie riechen. Stimmen. Manche flüsternd, andere laut und polternd. Mindestens fünf Menschen. In einer wenig erhellten Dämmerung. Es war, als könne sie durch den Raum fliegen. Sah die Glatze des Bärtigen, die sich am Hinterkopf gebildet hatte. Sah das winzige Lichtfenster. Sah das Lumpenvolk eng um einen Tisch sitzen. Doch was sie sagten, war ein Brummen und Raunen.

    „Sie wird wach. Etwas Eiskaltes berührte ihr Gesicht. Der Bärtige nahm einen Lappen von ihrer Stirn und strich versehentlich über eine ihrer Wangen. „Noi, es is‘ nich‘ die Pest. Die hat nur Fieber und Wer-weiß-was-noch. Der Bärtige gab ihr mit einem groben Holzlöffel aus dem Eimer, in dem er auch den Lappen spülte, zu trinken. Altes, brackiges Wasser. Und doch sog sie es gierig ein. Ihre Kehle brannte, es war, als tränke sie scharfen Schnaps. Wollte mehr.

    Mit jedem Schluck kam sie weiter ins Leben. Als sie sich aufrichten wollte, erfasste sie erneut Schwindel. Sie plumpste geradezu auf ihr hartes Lager zurück. Sie wollte sich artig bei dem fremden, nicht gerade einladenden, Mann bedanken. Denn so war sie es ja gewohnt. Sie wollte ihm sogar ihre zitternde Hand geben, aber alle Kraft schien schon bei dem Gedanken daran aus ihr herauszufließen. Die Welt drehte sich erneut. Nicht schnell, aber zum Würgen ausreichend. Sie erbrach mit einem Schwall das Wasser, das ihr eben noch so gut getan hatte. Scham und Kraftlosigkeit zogen sie zurück ins Dunkel ihrer Selbst.

    „… sollten einfach alle man drüber, und dann im Wald verscharren … – „Willste dir was wegfangen? – „Des is‘ koi Pestilenz. Dös is‘ nua ahn Fieba. Da fängste dir nix wech … – „… un‘ wennse ahn Spion is? – „Ahn Spion? Mit Feuer unterm Scheitel? Die kann doch nich‘ ma‘ g’rad’aus geh’n. – „Also wennste mich frachst, die is‘ einfach ir’n’wo ausg’büxt. – „Wir sollt’n se dem Herzoch übageb’n. Un‘ vorhea alle noch ma‘ drüba – „Wo wills’n du drüba? Deine Alte hat doch mehr Eia als wie du! Brüllendes Gelächter. Holzschemel, die laut polternd umfielen. Dumpfe Knüffe, die eine Rempelei verrieten. Marie hielt ihre Augen geschlossen, als sie diesmal wieder zu sich kam. Natürlich machte man Pläne, was mit ihr geschehen sollte. Sie war irgendwo in einer Hütte. Das hatte sie schon mitbekommen. Vielleicht ein Räuberlager. Oder der Unterschlupf von Kämpfern. Sie wäre so oder so eine Gefahr, und damit selbst in Gefahr. Doch ihre Arme fühlten sich schwer an, als sie sie heben wollte. Alles war heiß, und gleichzeitig fror sie. Zudem gab es hier viel zu wenig Luft. Sie glaubte zu ersticken. Doch je angestrengter sie atmete, desto mehr schien sich alles zusammenzukrampfen. Sie hustete, erregte damit die Aufmerksamkeit der Männer. „Da war ja woll das falsche Kraut im Pfeifchen. Einer lachte. Faltiges, sonnengegerbtes Gesicht. Jemand anders, als der Bärtige. Lange Zotteln auf dem Kopf, die vielleicht schwarz, vielleicht braun waren, und heute überwiegend grau und weiß sind. Marie hätte das Gesicht weiter studieren können; es war im Grunde nicht unfreundlich. Aber erneut schüttelte sie ein Hustenschauer. Der Bärtige kam, nahm ihren heißen Arm. Suchte den Puls. „Galoppiert ganz schön, ließ ihn wieder fallen. „Da sitzt der Alp auf der Brust." Es klang wie eine ärztliche Feststellung.

    „Da würd‘ ich auch gern sitzen. Un‘ mich midden beiden Hän’nen festhalten. Wieder die Stimme, die sie schon dem „Herzoch übergeben wollte.

    „Das solldeste auch tun! Mit deine acht Griffel würtste da ja glatt abrutschen." Man hörte, wie ein Hieb auf etwas wie einen Pferdearsch traf. Es wurde gelacht und geraunzt. Für Marie schien es, als hätte jedes Geräusch ein Echo. Als wäre jeder Ton lauter, als er von Natur aus ist. Jeder Laut schien sie zu beengen, jede Bewegung, die immer wieder verwaschen waren, schien ihr die Luft zu nehmen. Sie schnappte wie ein Fisch in der Hand einer Marktfrau. Und schon stach auch das Messer der Marktfrau in den Fisch, in sie, in ihre Brust. Es brannte. Glühend heiß. Ihr Husten war wie steinerne Brocken zusammengeballter Luft.

    Widerwilliges Gebrummel. Dann schoben sich die Männer weg von Maries Lager. Marie war meilenweit entfernt, irgendetwas davon mit ihr selbst in Verbindung zu bringen. Sie bemerkte ja kaum die kreisende Welt. Dann schälte sich aus dem wirren Nebel eine Form. Ein neues Gesicht. Es war sehr jung. „Walther ist Rossschlächter. Damit der einzige hier, der was von Biologie versteht. Also … von den Männern hier. Ich denke, du hast eine Lungenentzündung. Wären wir bei uns, würde ich dich zur nächsten Apotheke schleifen, etwas Antibiotika holen, und dann wär es bald wieder gut. Ich bin übrigens Jasper Kasper. Oder Kasper Jasper. Wie du willst. Ähhm, ja. Ich glaube, du brauchst auf jeden Fall Bettruhe. Schlafen ist immer gut. Und viel trinken." Er redete noch irgendwas. Marie bekam kaum mehr etwas davon mit. Und von dem, was er gesagt hatte, ergab nicht Vieles einen Sinn. Vielleicht war es lateinisch. Das verstand sie nicht. Aber der Priester, der immer zu den Großbauern kam, redete viel. Dessen Stimme klang immer näselnd und überheblich. Er pustete zwischendurch, weil er so einen dicken Bauch hatte, als sei er allein für die Armut des Volkes verantwortlich. Die Stimme, die sie jetzt hörte, war freundlich. Wie ein weiches Kissen, in das man sich zurückfallen lassen konnte. In einem weiteren Hustenanfall verschwand das Gesicht.

    Die Menschen lärmten, das Haus war voller erstickender Gerüche, Schemen kamen und gingen. Das bärtige Gesicht sowie das junge Gesicht wurden Haltepunkte in Maries Krankenzeit. Sie dämmerte dahin, bemerkte nicht, wie sie das Fieber senkten, sie mit Wasser versorgten, ihr immer wieder den heraufgehusteten Schleim vom Munde abwischten. Ihr Puls wurde langsamer, und, wenn sie nicht husten musste, war auch ihre Atmung fast wieder normal. Als sie meinten, jetzt wäre das Mädchen über den Berg, ließ Walther auch die Tollkirschauszüge weg, die sie bislang in einem Dauer-Dämmer-Zustand gehalten hatte.

    Zur Stärkung bekam sie von dem, was in der Hütte gekocht wurde. Allerdings noch immer stark mit Wasser verdünnt.

    Als Marie soweit wieder bei aufstrebender Gesundheit war, musste sie sich natürlich vorstellen. Sie hieße Marie, wie ihre Mutter schon hieß. Sie habe beim Schaffer-Hof als Magd gedient, und sei gestern oder vorgestern dort weggelaufen, gestand sie. „Beim Schaffer-Hof!, wurde tuschelnd wiederholt und zornig gerufen. „Verräter!, wurde der Großbauer genannt, weil er sich dem Aufstand verweigerte, ihn gar ablehnte und obendrein Verschwörer anschwärzte. So, als Gleichgesinnte erkoren, nannten ihr wiederum die Männer im Raume ihre Namen. Es waren nicht alle da; nur Walther, Jasper und Thomas. Für Marie reichten drei Namen zum Anfang. Sie fühlte sich noch immer nicht wohlauf.

    Und über „gestern oder vorgestern" lachte man laut und aufrichtig.

    Einige Tage später mussten die Männer „einkaufen", wie Jasper es nannte. Marie wähnte sich allein. Genoss die Ruhe zur weiteren Gesundung. Als plötzlich …

    „Wird Zeit, dassde für’n ganzen Aufwand bezahlst. Das war also der Kerl hinter der aufdringlichen „Herzoch-Stimme. Er hob seinen zerschlissenen Kittel hoch, und begrapschte sein Gehänge. Marie schob sich auf ihrem Lager von ihm fort. Mit gelben Zähnen lachte er keckernd. Ein bisschen Spielen gefiel ihm. „Wirsse dem alten Frieder noch‘n schön’n Spaß mach’n."

    Marie betete. „Ach lieber Gott, wenn es Dich denn gibt, bestrafe mich für meine Sünden. Lass es schnell vorbei sein, oder lass mich hier sterben, an diesem Ort." Aber da sie nicht allzu viel gute Erfahrung mit der Religionsausübung und vor

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