Der Faden im Kopf: Aufsätze und Reflexionen
Von Joanna Lisiak
()
Über dieses E-Book
Joanna Lisiak
Joanna Lisiak ist in Polen geboren und lebt seit ihrem zehnten Lebensjahr in der Schweiz. Zahlreiche eigene Buchpublikationen im Bereich Lyrik und Kurzprosa. Sie schreibt auch dramatische Texte sowie Hörspiele. Nebst ihrer literarischen Arbeit ist sie Jazzsängerin. Mitglied u.a. von AdS, Autoren der Schweiz und P.E.N., International Poets, Essayists, Novelists.
Mehr von Joanna Lisiak lesen
Das Pünktchen trägt Strümpfe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlles Brillenträger!: Skandalöses aus der Welt der Promis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜber die Leere Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungenheute gut: 365 Anregungen für jeden Tag Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Geruch von Wind: Wörterbuch ohne Wörter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm besten Fall... ein Lächeln: Eine Lesemeditation über schöne Wörter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungenmir ist so taschembei Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLenis Märchen: Eine Geschichte zur Ermutigung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWederendungen: Redewendungen. andersherum. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEr, die Schöne: Moodboard Stories Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOrdnungs-Yoga: Zeit fürs Wesentliche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlempek ist ein Trick, der sich bewährt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGedankenstriche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpam-Poetry: Poetische Destillate aus Junk/Spam-Mails Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Der Faden im Kopf
Ähnliche E-Books
Die menschliche Stimme als Ausdruck der Persönlichkeit: Eine transzendentale Phänomenologie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpazierklänge: ästhetisch-philosophische Ansätze Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPerfekt Hochdeutsch sprechen: Stimmklang und Ausdrucksweise verbessern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie 7 Säulen der Stimme (be-)stimmen: Das Stimmtraining für Ihren persönlichen Erfolg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Musikproduzent Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHörbuchsprecher - Sein oder Nichtsein: Die Kunst, Literatur in lebendige Sprache zu übertragen - Ein Leitfaden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenChorgeflüster Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungena tempo - Das Lebensmagazin: März 2018 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJazz und Spiritualität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEnergy Songs Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn Gedanken: singen: Überlegungen zur menschlichen Stimme Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDichte Zustände: Lyrik oder so Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Sternenkind Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJournalismus in der digitalen Verbreitung Teil II Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Musik-Rituale: Wie Musik uns verwandelt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Auge hinter dem Auge Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFremde Mongolei: Die Mongolin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMusik und Gesang im spirituellen Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer innere Klang: Eins sein mit dem Wesen der Bäume Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜber dem Meer des Lebens: Gedichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen30 Minuten Stimme und Persönlichkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Saiteninstrument Kinnor in der Arbeit mit Senioren: Anregungen, Beispiele und Erläuterungen für musikgeragogische Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeg ins andere Land: Gedichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine 100 Gedichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBriefe an die Ewigkeit: Eine Liebeserklärung an die Sprache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Königsweg der Musik: Musikhören als Schöpfungsakt - Die Kunst der Musikmeditation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNightflights: Das Tagebuch eines Dee Jay Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTöne wie Mozartkugeln Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Kurzgeschichten für Sie
Die Schrecken der deutschen Sprache: Humoristische Reiseerzählung Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Das Geschenk Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch will dich - Erotische Kurzgeschichten ab 18 Jahren: Tabu: Sexgesichten Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Harte Sex-Geschichten!: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Best of Unsinn Bewertung: 5 von 5 Sternen5/59 Novellen: Michael Kohlhaas + Die Marquise von O... + Das Erdbeben in Chili + Geistererscheinung und mehr: Michael Kohlhaas + Die Marquise von O... + Das Erdbeben in Chili + Die Verlobung in St. Domingo + Das Bettelweib von Locarno + Der Findling + Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik (Eine Legende) + Geistererscheinung + Der Zweikampf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeiße Sexgeschichten: Sex und Lust: Erotik-Geschichten ab 18 unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLesbische und erotische Sex-Geschichten: Sex und Erotik unter Frauen ab 18 Jahren unzensiert deutsch Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVirginia Woolf: Ihre sechs besten Kurzgeschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErotikroman - Mehr Hart als Zart... Teil 17: 10 erotische Geschichten für Erwachsene ab 18 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNanny für eine Nacht: Ein Milliardär – Liebesroman Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Sex und Erotik in all ihrer Vielfalt - Teil 26: Vulgäre und erotische Kurzgeschichten - 10 Sexgeschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEwiger Atem: Thriller Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Duke mit dem versteinerten Herzen: Digital Edition Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSexgeschichten: Unzüchtiges Treiben im Mädchen Internat 2: Sex-Erotische Geschichten ab 18 Jahre Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTote Blumen: Psychothriller Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWieviel Erde braucht der Mensch?: Die Erzählung über die Gier des materiellen Besitztums von Lew Tolstoi Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mann, der König sein wollte / The Man Who Would be King - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTypisch Deutsch: Geschichte zum Nachdenken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBrennendes Geheimnis Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Nur keine Hemmungen - Erotische Sex-Geschichten: Sex und Erotik für Männer und Frauen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenANALSPEZIAL - #Bei mir steht das Hintertürchen weit offen! - Sexgeschichten: 10 anale erotische Geschichten Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5
Rezensionen für Der Faden im Kopf
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Der Faden im Kopf - Joanna Lisiak
Inhalt
Die Stimme
Lampenfieber
Ein Strich
Des Künstlers Seele
Vorbilder
Der Faden im Kopf
Reife Männerstimmen
Die Stimme
Blicke auf Stimme
Worte für Stimme
Musik
Trocken gesagt eine Sprache
eine Win-Win Sache und darüber
rentabel: ein Mal komponiert
spielbar mannigfach ohne
Materialermüdung dazu universell.
Sie ist Freilauf des Gehirns.
Auf Hörpromenaden klingende Skulpturen
changierend in Form zwirbelnd
wellend angelegte Variationen.
Mit ihr kann man dem Materiellen
das Andere entgegensetzen das größer ist.
Die Formel offen:
Wo die Interpretation
mehrdeutig wird
wird mehrdeutig
die Interpretation.
Was ist des Tons Chronologie?
Wie lange dauert die Farbe eines Lauts?
Wie schmeckt Dur wie Moll
ist C vertrauter Freund?
In der Stille wird sie geschaffen.
Aus der Stille tönt sie heraus.
Die Stille ist in ihrem Klang zugegen.
Jeder hat sie. Sie ist täglich im Gebrauch. Übermittlerin, ein Medium von Sprache, Inhalt. Der, der spricht mit und mittels ihr, er benötigt die Stimme, um die Worte, die Sätze heranzutragen zu dem, der hört, zu dem, der verstehen will. Was gesagt wird, ist vordergründig wichtiger als wie es gesagt wird, wenngleich das Wie auch ungehört wahrgenommen wird. Die Stimme übertrage Emotionen heißt es. Die Stimme gelte als Fenster zur Seele, sagt man. Ist sich der Träger seiner Stimme bewusst - ob, um das Gesagte hervorzuheben oder ob um der Stimme an und für sich Ausdruck zu verleihen - gilt die Stimme als gesteigert. Besonders dann, wenn sich die Stimme mit dem Element Musik verbindet. Im Gefäß der Musik, die, egal welcher Art, in einem Korsett aus Regeln steckt – Rhythmus, Harmonien, Melodielinien, Begleitinstrumenten, der Struktur allgemein -, empfindet man die Stimme als überhöht. Eine Stimme, die in der Musik aufgehoben ist, betritt eine neue Sphäre und knüpft sich ab von der Stelle, die alltäglich, die allgemein gültig ist. Sie wird zu einer besonderen Stimme. Zu einer Stimme, die für alle sprechen kann, einer, die nicht diese Stimme sind und nicht sein können, erst gar nicht jetzt, wo sie doch ihren momentanen und einzigartigen Soloplatz mittig der Musik eingenommen hat. Dort entfaltet sie sich, für sich, für den Träger, den Zuhörer und für die Musik.
G.H., Berlin 2009, Aufnahmestudio, 17.20 Uhr: Erste Mikrophon-Probe. G.H.‘s Stimme wird mittig gesetzt, etwas vorne. Die Band ringsum. Der Hall kommt später hinzu. Vorläufiges Reiseziel erreicht. Das Setting ist da und der Rest beim künftigen Hörer. Er wird den Ort mit seiner Vorstellung anreichern, etwas von sich hineinlegen, wird das eine Ereignis vor Ort zu einem neuen Ereignis, seinem Ereignis machen.
Nicht immer muss die Transformation von Sprech- zur Gesangstimme etwas Göttliches darstellen, was es hierzulande oftmals ja tut. Da ist viel Kult um den Gesang, um den Sänger. Hier die langbeinige Bandfrontfrau mit Löwenmähne. Dort das ausdrucksstarke Starlet am Opern- oder Musicalhimmel. Wir verschwenden keine Zeit, das uns Beeindruckende auf den Sockel der Bewunderung zu heben.
In gewissen Ländern werden die Sprechstimmen und die Gesangstimmen nicht als in zwei verschiedenen Welten stattfindende Phänomene angesehen. Da geht die eine leicht in die andere hinüber. Da werden die Schritte zwischen einem nebenbei gesagten Wort und einer gesungenen Melodie ganz klein gehalten. Hierzulande jedoch, wo man Showbühnen kennt und pflegt, kennen wir das Phänomen nur allzu gut, wo die sprechende Stimme angesichts einer singenden in ihrer Wirkung nachsteht.
Freilich, wer singt, nimmt erstmals einen größeren, meistens auch lauteren, (Klang)Raum ein. Mitunter ist die Gesangsstimme effektvoller, weil die gesungenen Noten in der Regel länger dauern als die im Vergleich relativ kurzen, eher im kleineren Tonumfang stattfindenden Töne der gesprochenen Sätze. Man fällt dem Singenden auch nicht so leicht ins Wort –jedes singende Einklingen würde quasi zu einem Duett -, sondern man lässt den Singenden, was er zu singen hat zu Ende singen, wo demgegenüber das Ausredenlassen in der Praxis nicht immer so gut funktioniert. Und dies ironischerweise, obschon der Sprecher meistens von sich aus etwas sagt, etwas, das ihn direkt betrifft, wo hingegen der Sänger oftmals etwas interpretiert, das ein anderer komponiert, vertextet hat. Er stellt also etwas dar, was zwar aus ihm kommt, aber ihn nicht unbedingt auch darstellt. Der Sänger lebt etwas, das er sein könnte, sein möchte, aber möglicherweise gar nicht ist. Gerade das scheint besonders wertvoll und unantastbar zu sein.
T.T., Barcelona 1996, 20.40 Uhr:
T.T. singt sich ihren Raum frei und befreit bei ihrem Publikum einen gespiegelten. Aber es ist mehr. T.T. hat den Raum, den sie zur Verfügung hat geöffnet und die Zuschauer vor deren Raum in ihren herbeigeführt. Der abgeholte Zuhörer ist äußerst wach. Die Stimme hier, das Ohr dort. Verschiebung der Räume. Teilung der Zeit durch Sinne. Eine Welt entsteht neben der wirklichen, wodurch die wirkliche noch präziser, noch echter erscheint.
Was bei einem Gänsehaut hervorruft, bedeutet für einen anderen ein sanftes Anrühren, ein Innehalten, ein tiefer Atemzug, erzeugt durch etwas Äußeres, wenn auch nicht Fassbares. Es kann ein Aufwirbeln einer Sehnsucht sein, die etwas in ihm wachruft ohne merkliche äußere Anzeichen. Berührt im Innern, unsagbar in Worten, angeknüpft an etwas, das ihm vielleicht abhandengekommen ist. Im Hörerlebnis die Befreiung des Überlagerten und Verschütteten. Und wenn es nur Augenblicke der Illusion sind.
Man spricht von der Tragkraft der Stimme. Je nach Veranlagung, Training und Einsatz trägt die Stimme mal mehr, mal weniger. Wenn sie aber absolut trägt, ist sie in dem Moment imstande unter Umständen alles zu tragen. Und somit Fragen erst gar nicht entstehen zu lassen.
B.D., Los Angeles, 1952, 23.02 Uhr:
B.D.'s Stimme ist klein. Geringer Umfang, tendenziell wenig Durchsetzungskraft, eher unscheinbarer Natur, die einer sparsamen, sorgfältigen Begleitung bedarf. Umso größer der Charakter selbst, welcher sich weder in der Stimmfarbe, noch in artifiziell herbeigeführten Effekten zeigt. Er drückt sich vielmehr dadurch aus, dass B.D. eben mit der Stimme zu singen vermag, die ihr gegeben ist. Ohne jeglichen Zusatz, der kaschiert, beschönigt oder mehr sein will als vorhanden ist. Dies lässt B.D. umso authentischer, von äußeren Erwartungen unbeirrt, wirken. B.D. ist frei, was ihr Stil verleiht.
Der Personenkult um Sängerinnen und Sänger ist gelegentlich derart groß, dass man, abgelenkt durch Visuelles oder die Art, wie die Stimme zum Ausdruck kommt oder wie sie in Szene gesetzt wird, das eigentliche Hören vergisst. Angeregt durch eine immanente Präsenz von Gesangsstimmen und Gesangsmusik fühlt sich so mancher zum Experten berufen, darüber zu urteilen, welcher Sänger, welche Sängerin über eine gute Stimme verfügt und wer nicht. Wobei die Kriterien gelegentlich zu einem einzigen subjektiven Kriterium zusammenklumpen, ohne weitere Differenzierung. Innerhalb weniger Sekunden weiß der Beurteiler offenbar Bescheid: gute Stimme, guter Sänger, respektive umgekehrt.
Fürwahr ist es nicht einzig an den Experten oder an den Musikern über Musik zu urteilen. Denn gerade den Musikern fehlt mitunter jene Distanz, die das durch Musik leidenschaftlich Geweckte übersetzbar macht. Kann sich der Musiker in die Lage versetzen, die tatsächlich vorliegt, wenn Musiker während des Musizierens miteinander im Dialog sind, ist er gut beraten, weder allzu sehr in den Fachjargon zu greifen noch allzu allgemein zu werden. Eine Band, die „die Bude rockt, ein Sänger, der „mit warmer Stimme das Publikum berührte
, führt zu einem austauschbaren Vokabular, das genauso wenig aussagt wie die Kritik darüber berauschend wirkt, nämlich, ob der vierte Takt zu hektisch in den fünften wechselte und dass die Triole im zweiten Satz zu kapriziös ausfiel. Eine präzise und zugleich leidenschaftliche Beschreibung, die an die Musik heranführt, neugierig macht oder gar bildet, ist eine rare Qualität.
R.K., San Francisco, 1982, 11.00 Uhr:
Überzeugt durch eine hervorragende Diktion. Man hängt an den Lippen dieser Sängerin, ist begeistert zudem von ihrer Leichtigkeit, zwischen den Noten spielerisch mit ihrem Pianisten zu flirten oder vielmehr mit ihm durch die Songs zu flirten, als würden sie gerade etwas tun, das leichter nicht sein kann. Wie ein unbeschwertes, vergnügliches Flanieren durch einen Park.
Musik, respektive die Wahrnehmung von Musik ist eine komplexe Angelegenheit, nicht einfach in Worte zu fassen, da sie auch abstrakt ist. Unzählige Bilder und Metaphern, die sich auftun, nachvollziehbare Analysen, die verlocken aufgezeigt, erläutert zu werden. Dann die Passion selbst, vor der sowohl der Laie als auch der Profi nicht Halt machen kann und die artikuliert werden möchte. Darüber hinaus hört, beziehungsweise fühlt sich dasselbe Musikstück an einem Tag ganz anders an als an einem anderen. Das Gehörte ist von einer zärtlichen Konstitution und daher vielleicht bloß mit Vorsicht in Worte zu zerlegen. Die zum Genuss offen liegenden Stellen können auf verschiedene Weisen entkernt werden. Egal, wie meisterlich am Ende eine Beschreibung präsentiert wird, stets ist sie auch von eigenen Ansprüchen und vom individuellen Geschmack geprägt.
F.M., Dublin, 1999, 11.08 Uhr:
F.M. hat sich entwickelt. Wurde von Auftritt zu Auftritt professioneller, selbstsicherer. Studioalbum nach Studioalbum. Der ehemals rohe Diamant wurde geschliffen und überschliffen. Denn obschon F.M. technisch besser wurde, mehr stimmliche Möglichkeiten demonstrieren konnte, ist etwas Unperfektes verloren gegangen, das in den früheren Aufnahmen charmant war und nun fehlt. Die Fragilität war einst eine Brücke von einer besonderen Qualität, über die der Zuhörer gerne ging.
Von einem selbst hängt es auch ab, ob man es lieber der Umgebung überlässt Einfluss auf einen zu nehmen oder ob man sich seine eigenen Vorstellungen selbst erarbeiten möchte. Wobei die Vorstellungen anfangs nur vage sein können. Geschmacksbildung ist ein Prozess, der allemal empfohlen ist. Nicht, um am vermeintlichen Ende einzig gut von schlecht unterscheiden zu können, sondern, um sich der musikalischen und sängerischen Vielfalt zu vergegenwärtigen. Es geht mehr um die Reise, denn als um das zu erreichende Ziel. Denn auf dem Weg zur Unterscheidung und zur angeblichen Übersicht, begegnen einem Unmengen an Darstellern und Interpreten. Wer sich am Anfang seiner Reise befindet, sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht, selbst wenn er sich nur auf die menschliche Stimme, ein bestimmtes Genre, eine kurze Zeitepoche oder ein Land konzentriert. Wer in die Tiefe geht, dem ist noch mehr Tiefe sicher.
C.R., Dallas, 1963, 19.00 Uhr:
Die kräftige Stimme ist das eine. Beeindruckend ist, dass C.R. bei jedem Song eine Geschichte erzählt als wäre es die eigens hautnah erlebte. Jeder Seufzer, jeder Glücksmoment sind somit Einladungen, mitzuleiden, sich mitzufreuen und mehr: man geht in die eigene Vita, erinnert sich, erlebt erneut, hofft. Man hört gebannt zu. Und jede Wiederholung, die Wort für Wort dasselbe aussagt, verweist auf die Nuancen und Facetten, die subtiler nicht vorgetragen werden können. Selbst zwischen den Noten oder innerhalb eines einzigen Wortes sind Abstufungen anzutreffen, die sanft elektrisieren. Nicht selten sind sie befreiend, da von selbstironischer Selbstreflexion. Wir folgen C.R.’s Spur, lösen uns in der Spur auf und kommen bei uns an.
Es gibt keinen diesen einen Wald, so wie es diesen einen Weg nicht geben kann. Wer aufbricht, weiß anfangs nicht, ob er sich im Zick Zack durch dornige Büsche irren wird, ob er von Lichtung zu Lichtung geführt wird oder ob er dem Waldrand entlang schleicht. Überall Irrwege, Umwege, Verwässerungen und Ablenkungen inmitten einer angenehmen Form von Einsamkeit.
K.E., Paris, 2001, 22.45 Uhr:
K.E. bietet viel. Die Band geht mit, das Publikum ist bestens eingebunden. Die Liebe für die Musik ist spürbar, gleichwohl ist etwas von K.E.'s Haltung ebenfalls deutlich wahrnehmbar, das viel Platz und Energie einnimmt und womöglich auf Kosten von etwas anderem geht: K.E. hört sich gut zu. Bisweilen hat es den Eindruck, sie suhle sich im eigenen Sound. K.E. liebt die eigene Stimme offensichtlich sehr. Erstaunlich ist, wie viel Raum diese Liebe einnimmt und wie K.E. es schafft diesen Raum Wort für Wort, Strophe für Strophe für sich herauszuschälen bis zur Hörbarkeit. Mit ihren Gesten entfacht K.E. ein Feuer, das nicht lodert. Es besteht aus Kohlestücken, die nach und nach verglühen.
Wo beginnen? Man beginnt chronologisch. Oder beim Bekanntheitsgrad. Man geht über die scharf Kritisierten oder die Verkannten. Man wählt die Literatur zum Einstieg. Oder man nimmt Querverweise. Man geht Anregungen und Nebenbemerkungen nach. Man fängt irgendwo mittig an, von wo die Wege in alle Richtungen möglich sind, auch in die falschen. Oder man nimmt sich die Nebenfiguren vor, um sich so an die Hauptfiguren heranzutasten.
Sich dabei vom eigenen Geschmack leiten zu lassen, ist nicht verkehrt. Doch inwiefern ist dieser Geschmack die Vorliebe unseres Umfelds, geprägt von der uns umgebenden Kultur? Sich dabei nicht in die Irre führen zu lassen, ist nicht minder schwierig, als sich die eigene Neugierde zu bewahren und ihr nachzugehen. Die Neugier ist eine Verwandte der Lust, und Lust ist auf der Erkundungsreise ein wichtiger Antrieb. Vor allem, wenn sich die geglaubten Neigungen als Irrungen herausstellen und Korrekturen bedürfen.
D.F., Malibu, 1995, 23.20 Uhr:
Keine schöne Stimme, vielleicht sogar eine hässliche Stimme: näselnd, manchmal sprechend, kratzend, knarrend, röchelnd und flach. Faszinierend geschmeidig