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Stadtwerwolf
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eBook237 Seiten3 Stunden

Stadtwerwolf

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Über dieses E-Book

Die Anthologie "Stadtwerwolf - Tod oder Geschichte" ist ein Buch des Dichters MBHM. Ein Sammelband, das neben interessanten Kurzgeschichten über Liebe, Obdachlosigkeit, Lebenslust, Weihnachten, Außerirdische oder Waffen in den Händen von Kindern auch eine Reihe von Gedichten wiedergibt, die den Zeitgeist unserer heutigen Realität treffen.
SpracheDeutsch
HerausgeberMbhm
Erscheinungsdatum11. Juni 2018
ISBN9783963769085
Stadtwerwolf

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    Buchvorschau

    Stadtwerwolf - Michael B. H. Middendorf

    Inhaltsverzeichnis

    Tod oder Geschichte

    Kapitel 1 - Der abgewrackte Dichter

    Kapitel 2 - Der psychisch Kranke

    Kapitel 3 - Der Veganer

    Kapitel 4 - Der Mathematiker

    Kapitel 5 - Der Mann mit dem Koffer

    Kapitel 6 - Der Student

    Kapitel 7 - Der Obszöne

    Kapitel 8 - Der Obdachlose

    Kapitel 9 - Die Emanze

    Kapitel 10 - Der Punk

    Kapitel 11 - Die zwergenhafte Rosmarie

    Kapitel 12 - Der Pferdewirt

    Kapitel 13 - Das Landei

    Impressum

    Tod oder Geschichte

    Prolog:

    Ein Abtrünniger aus eurer Stadt gesteht:

    Bei Vollmond unterm Sternenhimmel,

    reite ich durch die Nacht.

    Ein Ungeheuer,

    und doch ein silberner Schimmel.

    So tanze ich

    vierwöchentlich

    im glitzernden, nächtlichen Schattenkleid

    ganz abenteuerlich

    den Sternenlicht Walzer.

    Ich, ein für die Menschheit unmögliches Wesen, etwas, das die reale Welt sich nicht eingesteht, entblöße mich trotzdem auf Teufel hinaus euch Menschen: Im realen Leben stehe ich als Angestellter dar, doch ich bin tatsächlich auch – so glaubt es doch - der Werwolf in eurer Stadt! Gelegentlich sogar ein heroischer Schimmel, ja ich bin ein Fabelwesen … aber auch ein gezähmtes Monster, denn um als Ungeheuer nicht ständig von der Menschheit gejagt und vielleicht sogar getötet zu werden, habe ich meine wilde Werwolfnatur verwandelt. Eine wilde Natur, die meine seltenen Artgenossen bei Vollmond zur Menschenjagt verleitet. Es kostete mich einige Mühe, doch ich habe es geschafft. Trotz dessen jage ich noch immer Menschen. Der urgewaltige Vollmond zwingt mich einfach dazu. Ich muss hinaus auf die Jagd, doch die Mordgier in mir ist besiegt, wenn ich es schaffe, einen Menschen unter Todesangst dazu zu bringen, mir eine Story, ja eine Geschichte seines Lebens zu erzählen.

    Weil ich mich auf diese Weise gezähmt habe, bin ich in der Unterwelt verstoßen. Ich gelte dort als ein Abtrünniger, der zu viel Gewissen hat und deshalb nicht zerfleischen und zerfetzen kann. Ich konnte mich halt noch nie mit diesem Menschenfressen anfreunden. Deshalb verließ ich die Unterwelt und weile seitdem als Werwolf unentdeckt unter euch Menschen. Doch wenn das Jagdfieber bei Vollmond kommt, muss ich wie jeder Werwolf trotzdem noch immer hinaus in die Nacht, ich kann gegen diese naturgemäße Neigung einfach nichts tun. Aber, obwohl ich mein klaffendes Maul regelmäßig um die Kehlen meiner Opfer lege, ich schwöre, ich beiße keine Menschen. Wenn ich also bei Vollmond durch die Straßen streife und mir meine Opfer aussuche, bin ich nicht auf deren Leben aus, sondern nur noch auf die Geschichten, die sie zu erzählen haben. Ein Kompromiss, den ich finden konnte, und er wirkt, meine fürchterliche, abscheuliche Fressnatur zeigt sich deshalb nicht mehr.

    Habe ich mir dann ein Opfer ausgesucht, geht es auf die Pirsch und wenn ich sie gestellt habe, sie in meine Falle sitzen und nicht mehr weg können, schlag ich ganz gemäß meiner Natur gnadenlos zu. Jedes Opfer denkt dann, na ja fast jedes Opfer, nun ist es vorbei mit dem Leben. Und spüre ich in diesem Augenblick ihre Todesangst, besänftigt sich schon zum größten Teil meine Fressgier. Mit dem klaffenden Maul an der Kehle meiner Opfer stelle sie so dann noch vor die Wahl. „Tod oder Geschichte!", heißt es dann bei mir, damit die Todesangst meiner Opfer anhält und ich – gemein wie ich gewissermaßen sein muss – den Augenblick durchaus genießen kann.

    Ich gestehe der Menschheit also nicht nur ein abtrünniger Werwolf zu sein, sondern ich bin in gewisser Hinsicht auch noch ein wenig sadistisch und ich bin letztendlich obendrein auch wohl ein Geschichtendieb. Aber was soll ich machen, es ist meine Natur, wenn der Vollmond scheint, packt mich das Jagdfieber und ich muss hinaus in die Stadt.

    gez.: Ein gezähmter Werwolf

    Kapitel 1 – Der abgewrackte Dichter

    Werwolf: Die erste Geschichte, die ich nötigender Weise durch meine wilde Natur aus eins meiner Opfer herauspresste und die ich in diesem Buch zusammengefasst habe, handelt von einem abgewracktem Dichter. Einem Dichter, der vor mir damals ein sagenhaftes Geständnis ablegte. Aus Todesangst erzählte er im fließenden Deutsch und in dichterischen Reimen sein Erlebnis über eine große Liebe, die ihn doch verlassen hatte. Er wollte wohl Mitleid damit bei mir erregen. So feilschte er um sein Leben.

    Diesen Mann selbst, diesen Dichter, hatte ich zum ersten Mal gesehen, als ich wie ein gewöhnlicher Mensch durch die Straßen striff. Dabei fiel mir dieser kleine, wuchtige Kerl auf, der einer Prostituierten 50 Dollar gab und dann mit ihr durch die Stadt strich. Wie der Zufall es wollte, stand ein paar Tage später wieder ein Zyklus an, der Vollmond erwachte und als ich hinauszog, um Beute zu machen, kam es dazu, dass ich kurz nach Mitternacht diesen einsamen Dichterwolf wiedersah. Er kam aus einer kleinen Eckkneipe, mit Spazierstock und Hut und war wohl auf den Heimweg. Somit stand für mich an diesem Abend fest: Ich hatte mein Opfer gefunden! Dass mein Opfer ein Dichter war, erfuhr ich jedoch erst später, nämlich nachdem ich ihn gestellt hatte. Als ich ihn dann vor die Wahl stellte: „Tod oder Geschichte!", wirkte er erst wie eine Marmorstatue, die nicht richtig verstanden hatte, was ich oft an meinen Opfern beobachte, doch als ich ihm dann seine Situation erklärte und er kapierte, mich also in seine Realität mit aufnahm, da glänzte er plötzlich wie ein kleiner Teufel.

    „Eine Geschichte soll ich erzählen? Ja welche denn?", antwortete er nach meinen barschen Worten.

    Ich überlegte und sagte: „Du kannst dein Leben retten, indem du mir mit deiner Erzählung ein Geheimnis von dir verrätst!"

    Er überlegte einen Augenblick und brachte dann hervor: „Ich hab vor kurzem erst ein kleines Erlebnis gehabt, dass ich dir erzählen könnte!", und als ich nickte, war er kurz darauf relativ unerschrocken. Trotzdem zitterte er noch vor Angst. Vorsichtig brachte er als Ich-Erzähler den Titel Der verliebte Dichter hervor und begann damit: Weiß du, Werwolf, ich bin ein Dichter und habe eine andere Einstellung zum Leben, denn ich meine … und dann erzählte er:

    Ein wenig gleichen Menschen Robotern am Fließband. Morgens schmieren sie ihre Energiezellen mit Kaffee, langsam in Fahrt kommend beginnen sie den Tag, frühstücken maschinell, duschen monoton, mechanisch machen sie die Kinder für die Schule fertig, stürmen automatisiert zur Arbeit, um monoton pünktlich Feierabend zu machen. Der Tagesablauf ist ein einziges Schema-F, Kohle muss halt ran, sonst gibt’s kein Futter auf den Tisch. Mein Tag, Herr Werwolf, beginnt daher ganz anders. Er beginnt mit dem Ausschlafen, mit ner kühlen, ausgiebigen Dusche und nem Spaziergang über den Rotlicht-Boulevard.

    Oh, das Leben ist wie ein Pfad, reimte der Dichter,

    zwischen Leben und Tod!

    Ein Schicksalsgrad,

    den wir erklimmen,

    um dasselbige zu bestimmen.

    Nach diesem kleinen Gedicht stoppte der Dichter einen Augenblick, er versuchte zu erhaschen ob ich zufrieden war. Als er dies erkannte, denn ich nickte ihm aufmunternd zu, erzählte er mir seine Geschichte und ich, der Werwolf, hörte ihm zu. Ich stand dabei im Schatten einer kleinen Gasse mit dem Rücken an der Wand, während der Dichter auflebte und berichtete:

    Dichter: Ich hatte bei einem dieser morgendlichen Spaziergänge eine Dimitria kennengelernt. Sie stand damals in blauen Pumps auf dem Bürgersteig vor ihrem Bordell, das an einer Straßenecke lag. Sie war schlank, hatte zartgliedrige Hände, ihr Haar war wellig und gebleicht, ihre Wimpern schwarz wie Ruß und ihre Lippen waren rot wie Wein.

    Sie stand an jenem Tag, von dem ich berichten möchte, einem Dienstag, allein vor ihrem Bordell auf dem Bürgersteig. Ihren Zuhälter hatte ich in der ganzen Zeit noch nicht einmal gesehen, obwohl ich eigentlich seit ein paar Wochen auf ihn wartete. Er hieß Sven, wusste ich, mehr wusste ich nicht. So ging ich an diesem Dienstag, nachdem ich ein paar Minuten nach Sven Ausschau gehalten hatte, zu ihr hinüber.

    Als ich vor ihr stand und sie mich erkannte, blickte sie sich vorsichtig um, doch niemand aus der Szene ahnte, dass zwischen uns etwas Besonderes lief, für den Türsteher ihrer Bar war ich ein früher Freier.

    Dimitria hatte ich zum ersten Mal an einem Sonntagmorgen aufgegabelt, und ich lud sie damals ein mit mir spazieren zu gehen. Das hat mich 50 Lappen gekostet, doch das war das einzige Mal, dass ich ihr Schotter gab, denn seit diesem Sonntag waren wir ein Paar.

    Da wir immer auf der Hut sein mussten, gaben wir uns am besagten Dienstag nur freudig die Hand. Dabei übergab ich ihr, sichtbar für jedermann, nen Fünfziger, den ich aber später von ihr zurückbekam.

    So machten wir es seit Monaten. Wir schliefen nicht immer zusammen, meistens gingen wir nur schlendernd durch die Stadt, frühstückten zusammen und plauderten über das Leben. Dabei spekulierten wir oft darüber, wie ich Dimitria aus den Fängen ihres Zuhälters entreißen könnte, oft aber genossen wir die Freiheit pur und lästerten über die Menschen und Touristen, die sich das Schöne nur leisten können, wenn se Kohle hinblättern. Mir scheint manchmal, die Menschen leiden alle an Phantasielosigkeit. Mir scheint, sie haben zwar graue Zellen, doch die sind polarisiert auf Luxus und Prunk, auf Elektronikschrott und stylische Frisuren, denn jeder hat eine teure Haarpracht, die ihn glänzen lässt.

    Somit genossen Dimitria und ich an jenem Dienstag einfach nur die Einkaufspassagen in der Fußgängerzone, sahen uns die Schaufensterpuppen an, den Glitzer und Glamour der Großstadt. An einer Boutique blieben wir stehen. Im Schaufenster sahen wir ein Negligé und sexy Dessous. Sie passten zu Dimitrias weicher Haut, sodass wir uns entschieden, in die Boutique zu gehen. Drinnen war großer Betrieb, ungewöhnlich für eine Boutique, doch uns kam das ganz gelegen, waren wir doch so weitestgehend unbeobachtet. Zusammen suchten wir uns die passenden Dessous aus. Dazu das Negligé, womit wir uns zur Umkleidekabine schoben.

    Während Dimitria sich umzog, setzte ich mich auf einen ledernen Hocker und wartete, bis sie mich zum Begutachten herrief. Einen Augenblick betrachtete ich die Menschen. Sie kreisten umher, wühlten in der Wäsche, tratschten, ließen sich beraten, grübelten über den Preis, um sich dann doch wieder anders zu entscheiden. Es war ein einziges Hin-und-her zwischen Haben-wollen und Nicht-zahlen-können, während die Verkäuferin versuchte Vogelscheuchen in Kleider zu stecken, die nicht passten und zu teuer waren.

    Einen Augenblick später blickte Dimitria aus der Umkleidekabine. Es war nur ihr Kopf zu sehen, alles andere war vom Vorhang der Umkleidekabine bedeckt. Sie blinzelte mir zu, um mir zu signalisieren, dass ich kommen konnte.

    Elektrisiert von dem was ich sehen würde, erhob ich mich und lugte Augenblicke später in die Umkleidekabine. Dimitria steckte in roten, durchsichtigen Dessous, dazu trug sie das Negligé. Das Negligé war ihr jedoch zu lang.

    „Und?, flüsterte sie fragend, „Wie findest du es! Mir gefällt es ganz gut. Fühlt sich auch gut an.

    Mit heißen Augen musterte ich sie. Ich wusste bereits, dass sie nur auf ganz ehrliche Antworten reagierte, so sagte ich:

    „Du bist eine ganz scharfe Braut, aber das Negligé? - Es ist einfach zu lang."

    Ihre Augen weiteten sich, sie blickte an sich hinunter, zupfte am Negligé.

    „Hm!, murmelte sie, „mir gefällt es, aber wenn es dir nicht gefällt, ist es nicht das Richtige.

    Seicht schob ich daraufhin meine Hand in ihren Nacken, zog sie zu mich heran und küsste sie. Heiß loderte die Liebe in meinem Körper, doch gleichzeitig erinnerten wir uns beide an einen unserer ersten Tage, an dem wir es ungestüm in einer Umkleidekabine getrieben hatten, jedoch erwischt worden waren.

    In unseren Augen sahen wir beide dieselbe Erinnerung. Ohne ein Wort verstanden wir uns. - Ich verzog mich wieder auf den ledernen Hocker, während Dimitria sich wieder ankleidete.

    Als wir aus der Boutique kamen, schlenderten wir eng umschlugen durch die Einkaufspassage, zurück in die Fußgängerzone. Dort angekommen, schauten wir uns nach einem Kaffee um, als ich plötzlich eine grobe, raue Hand im Nacken spürte.

    „Du scheiß Kaputtnick hast zu zahlen wie jeder andere auch!", zischte mir jemand ins Ohr und als ich mich umdrehte, stand ein Specknackentyp vor mir. An seinem Hals hatte er ein Spinnentattoo. Muskulöse, tätowierte Arme hingen an ihm herab, der Brustkorb war breit, sein Gesicht braugebrannt und brutal, sein Atem roch nach fauligem Whisky. Es war Dimitrias Zuhälter Sven.

    „Sven! Spinnst du jetzt! Er zahlt doch!, verteidigte sich Dimitria, „Quatsch nicht rum! Ich bin euch gefolgt und hab gesehen, wie du ihm den Fuffziger zurückgegeben hast!, brüllte Sven zurück, dabei hielt er mich immer noch im Nacken fest.

    Eine Beziehung mit einer Prostituierten, die es einem umsonst macht, steckt voller Probleme. Das wusste ich von Beginn an. Doch ich kenne auch die Gesetze der Straße. Dort galt, dass man Prostituierte nicht nur für Sex mieten, sondern auch komplett kaufen kann. Ich hatte mir deswegen immer einen verwegenen Plan zurechtgelegt, von dem ich Dimitria nie erzählt hatte. Ich wusste, dass der Tag kommen würde, an dem Ihr Zuhälter uns erwischen würde. Darauf hatte ich mich vorbereitet. Nun schien der Augenblick gekommen zu sein, meinen Plan umzusetzen. Den Kies dafür hatte ich kurzerhand besorgt, indem ich in vier Nächten durch offene Fenster geklettert war. Ich hatte Türen aufgebrochen und oberdreist vier Tresore mit einem leistungsfähigen Trennschleifer geknackt. Insgesamt hatte ich so 15000 Scheine zusammengekratzt, die ich in einem ledernen Etui aufbewahrte und seitdem immer beim mir trug.

    Moralisch ist das natürlich nicht einwandfrei. Kindern darf man so etwas wohl nicht erzählen. Zuhälter Sven hatte mich also gleich erkannt, ich war – wie er’s gesagt hatte - ein Kaputtnick. Doch halte dir Werwolf einmal die Realität vor Augen. Dimitria ist Bulgarin. Sie ist aus einem Land geflohen, in dem sie keine Zukunft hatte. Als Illegale ist sie in die Fänge von Sven geraten, der ihr zu einer Wohnung verhalf, indem er sie unter Androhung von Gewalt auf den Strich schickte. Katastrophal daran ist, dass alle Behörden in unserem Land von solchen Schicksalen wissen. Doch weder Polizei, noch irgendein Richter, Sozialarbeiter oder eine Frauenrechtlerin befreien diese Frauen aus ihrer Zwangslage. Also was blieb mir da großartig übrig? Ich hatte mich jedenfalls schon nach wenigen Kennlerntagen für die Prosituierten-Kauf-Variante entschieden und war für meine Geliebte stehlen gegangen.

    Mutig und hartgesotten ging ich daher ganz gelassen mit der Seven-Situation um.

    Als erstes befreite ich mich von dem Nackengriff. Die Leichtigkeit, mit der ich das schaffte, schien Sven erst zu verärgern, dann jedoch zu imponieren.

    Daraufhin sagte ich: „Nun bleibt mal ganz cool Alter! Ich hab ja auf dich gewartet! Ich will sie dir nämlich abkaufen. Also bleib ganz locker!", dabei sah ich zuerst zu Dimitria, der ich kess zuzwinkerte, danach richtete ich meinen Blick auf Sven, der irgendwie amüsiert, aber auch völlig verdattert dastand.

    „Das kannst du dir gar nicht leisten!", gab er einen Augenblick später von sich, doch ich zog mein ledernes Etui hervor.

    „Ich kann und hab die Kohle sogar dabei! Also lass uns die Sache wie Gentlemans über die Bühne bringen."

    Das dicke Etui, in dem die Scheine glänzten, zeigte seine Wirkung. Sven zog eine Augenbraue in die Höhe und Dimitria fiel für einen Augenblick der Mund auf.

    Dann übernahm ich das Geschehen. Zumindest glaubte ich das.

    „Kommt! Wir gehen da ins Café und bringen die Sache hinter uns!", sagte ich, hackte mich bei Dimitria ein und ließ Sven den Vortritt. Nach einigem Zögern ging er voran.

    Im Café setzten wir uns an einen der hinteren Tische und es begann sogar sowas wie ein Gespräch. Zwischendurch musste ich Sven zwar damit drohen, sein Bordell abzufackeln, aber letztendlich drängte ich die ganze Zeit darauf alles so schnell wie möglich hinter uns zu bringen. Am Ende waren wir auch einig. Ich musste die ganzen 15000 Lappen abdrücken.

    Als Sven das Geld in der Hand hatte, wand er sich noch einmal zu Dimitria.

    „Warum hast du denn nicht gesagt, dass du einen solchen Gentleman kennengelernt hast?, fragte er sie und Dimitria, charmant wie sie es sein konnte, antwortete mit gezüngelter Schüchternheit: „Ich wusste nicht wie ich es dir sagen soll, denn du hast ja schließlich mal gesagt, dass du mich liebst.

    So übernahm ich an diesem Dienstag für ein paar Minuten die Herrschaft über Dimitria. Es war ein sagenhaftes Gefühl. Zum einen hatte ich nun, wie ein Zuhälter, die Macht über Dimitria, zum anderen spürte ich die Liebe in mir, die mir befahl, ihr nur Gutes zu tun, sie zu beschützen und zu ehren wie einen kostbaren Edelstein, den ich erworben hatte.

    Das letzte was Sven zu Dimitria sagte war: „Du räumst die Wohnung bis heute Abend!", woraufhin er ging. Dabei wirkte seine bullige Gestalt eher tölpelig und ungelenkig.

    Mir scheinbar ganz ausgeliefert, sank Dimitria in ihren Stuhl. Sie starrte mich an.

    „Und wo soll ich jetzt wohnen?", fragte sie mich.

    „Du ziehst erst mal zu mir."

    „Und dann? Ich bin illegal."

    „Deswegen müssen wir erst einmal zu den Behörden."

    „Zu den Behörden? Blödsinn! Eine Bulgarin bekommt kein Asyl."

    „Da verlasst dich man ganz auf mich. Glaub mir, ich bin Dichter, ich kann lügen, dass sich Balken biegen. Wenn ich Papierkrieg führe, gewinne ich immer!"

    Ich hatte erwartet, dass Dimitria Zeit brauchte zum Überlegen, schließlich hatte ich sie in meinen Plan, sie mit Haut und Haar zu kaufen, nie eingeweiht. Doch es kam anders.

    „Und nun soll ich dir gehören oder was?", platzte sie heraus.

    „Nun ja, antwortete ich, „im Augenblick trifft das wohl zu. Aber glaube mir, ich bin nicht darauf aus dich auf den Strich zu schicken.

    „Aber du willst mich täglich ficken!"

    Die Härte, die Wut, die in diesen Worten lag, traf mich wie ein Rammbock. Ich hatte mit allem gerechnet, aber das?

    „Nun, antwortete ich nach einigem Zögern, „ich dachte es würde dir Spaß machen.

    Zu meinem Entsetzen schüttelte sie mit dem Kopf. Dann gab sie mir den Rest. „Spaß? Pah! Und jetzt auch noch tagtäglich und bei dir wohnen? Ne,

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