Kurzgeschichten - so wie sie das Leben schrieb: Eine bunte Folge amüsanter Erlebnisse, lustiger Begebenheiten, unglaublicher Zufälle, pikanter Träume und tiefgründiger Bekenntnisse
Von Erika Albrecht
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Buchvorschau
Kurzgeschichten - so wie sie das Leben schrieb - Erika Albrecht
Nachtflug
Allein im Leben
Das Schicksal bestimmt manchem viel zu früh, den Weg durchs Leben allein gehen zu müssen.
Zehn, vierzehn, sechzehn oder zwanzig Jahre allein zu sein, das ist nicht so einfach.
Ich habe es selbst erfahren müssen und weiß, dass niemand wirklich helfen kann. Ich habe bitter lernen müssen, dass nur der eigene Wille hilft, den Weg aus der Verzweiflung zu finden.
Aus dieser Erfahrung heraus kann ich nur jedem raten:
„Nimm dein Schicksal an, denn es wurde dir bestimmt."
Nimm deinen ganzen Mut zusammen mit deinem Verstand und versuche das „Alleinsein" zu begreifen.
Dann wirst du lernen, damit umzugehen.
Verlasse dich nicht auf andere, auch nicht auf die Familie.
Kinder und Enkel haben ein Recht auf ihr Eigenleben!
Klammere dich nicht an sie und fordere niemals ein schlechtes Gewissen bei ihnen heraus.
Besinne dich hingegen mit Vernunft und dem Willen zum Leben auf deine eigenen Fähigkeiten, vergessene, verschüttete oder zuvor nicht gekannte. Du wirst staunen, was in dir steckt!
Schließe dein bisheriges Leben ab, versuche zu erkennen, dass es vorbei und nicht wiederholbar sein wird.
Sei dankbar, dass du es leben durftest.
Dann stelle dich voller Elan und Engagement neuen Heraus-forderungen!
Du wirst bald erfahren, wie dein Selbstbewusstsein wächst, dich vorwärts bringt und wie du dein „ICH" erkennst.
Ungeahnte Möglichkeiten werden sich auftun und die eigene Stärke wird dich frei und unabhängig machen und zu manchem Erfolg führen.
Ich habe diese Erkenntnis gewonnen durch die Überwindung von Zweifel und Verzagtheit und durch den Glauben an mich selbst.
Erst wenn du für ein neues Leben offen bist, erkennst du, dass Einsamkeit zur Trostlosigkeit führt und Alleinsein keine Perspektive haben wird.
Wer sich aber daraus befreien kann, spürt bald, dass das Leben aus vielen und unterschiedlichen Abschnitten bestehen kann, wenn man sie mit dem Verstand zu sehen vermag.
Nicht wenige dieser Phasen inspirieren zu wunderschönen Wunschgedanken und führen schließlich zu erfüllbaren Hoffnungen, die mit ein bisschen Mut und Selbstvertrauen, neue Erkenntnisse gedeihen lassen.
Ich war in der glücklichen Lage, genau diese Erfahrungen machen zu dürfen und so möchte ich vielen, die sich in der gleichen Lebenssituation gefangen fühlen, mit einem meiner Gedichte ermunternd zurufen: „Es kann gelingen!"
Befreie dich von allem Zwang
und fang‘ ein neues Leben an.
Kehre mit dem starken Besen weg,
was dich bedrückt,
was vielleicht dir and‘re zugefügt.
Gib dem eig‘nen Wesen
seine Freiheit wieder.
Lerne endlich „DU" zu sein!
Enge dich nie wieder ein
Lass Gedanken ihren Lauf,
gib die Angst vor Fragen auf,
bekenne dich zu deinem „ICH".
Was du tust, betrifft nur dich.
Lass dich niemals mehr beirren,
wollen and’re dich verwirren.
Stark im Tun und stark im Denken,
wirst du dein Geschick dann lenken.
Wenn du frei bist auf der Welt, tust,
was deinem Herz gefällt,
wird der Tag für dich so klar,
mancher Wunsch wird wahr
und dein Leben ist erhellt,
weil du es für dich erwählt!
Die Erkenntnisse aus diesem Gedicht mögen mancher verzagten Seele Mut machen und ihr die Kraft geben, die Vergangenheit loszulassen, um einen neuen, eigenen Weg zu finden.
Schönes im Gedächtnis bewahren, aber neue Wege beschreiten, nur das macht in der Zukunft zufrieden.
Nichts ist bedrückender als die Aufgabe des eigenen „ICH"!
Weihnachten im Elternhaus
Nur wenige Tage bleiben noch, bis der 24. Dezember mit roten Zahlen im dünn gewordenen Kalender erscheint.
In diesem Jahr ist der Heilige Abend ein Samstag.
Ich bin seit langer Zeit einmal wieder zu Hause. Schon am 4. November kam ich vom letzten Schiffseinsatz zurück. Zeit genug, um mich auf „daheim" zu besinnen, Freunde zu treffen und die Gedanken dem schönsten Fest im Jahr zuzuwenden.
Die Flamme der hübschen Adventskerze lässt nach und nach die grauen Buchstaben im Wachs sichtbar werden, die die Besinnung auf die „Zeit" lenken sollen. Ja, die Zeit, die eine der größten Kostbarkeiten in unserem Leben bedeutet und je älter wir werden, umso wichtiger erscheint sie uns.
Die Zeit, die niemals stehen bleibt, die uns oft unter den Fingern verrinnt, ohne sich festhalten zu lassen, wo ist sie geblieben?
Sie hat das Leben mitgenommen durch die vielen Jahrzehnte, ist sogar manchmal zu langsam gelaufen – als man noch Kind war – aber oft viel zu schnell, wenn man schöne Erlebnisse festhalten wollte,
Da ist glücklicherweise die Erinnerung, die alles gespeichert hat.
Da sind die schönsten Bilder in den Gedanken.
Das ist wie auf einer Festplatte, die nichts vergessen hat.
Und nun habe ich Zeit, sie anzuklicken, jetzt, da meine Kerzen heller leuchtend flackern und die Buchstaben von der ZEIT einen nach dem anderen freigeben:
„Nimm dir Zeit zum Denken, es ist die Quelle der Kraft."
Meine Weihnachtsgrüße an Freunde und die Lieben in der Welt sind schon auf dem Postweg, die schöne Tanne wartet draußen, um in den nächsten Tagen geschmückt zu werden, und die wenigen Einkäufe werde ich für den letzten Tag aufheben, denn diesmal bleibe ich allein mit den ankommenden Grüßen aus dem Äther in der „Heiligen Nacht".
So nehme ich mir Zeit zum Denken.
Ganz weit zurück denke ich an die wunderschöne Kindheit im wohl behüteten Elternhaus.
Schon Tage vor Weihnachten war das große Wohnzimmer abgesperrt. Das Christkind ist durchs Fenster hereingekommen, hieß es.
Geheimnisvolle Geräusche waren zu hören, wenn der Vati am Abend nach Hause gekommen war. Manchmal polterte es und die Mutti huschte mit weißen Tüchern durchs Haus, klopfte an die verschlossene Tür, die sich nur einen Spalt breit öffnete aber gleich wieder schloss. Kartons und Schachteln, kleine und größere Päckchen wurden nacheinander durch diese Türe geschoben.
Aber so sehr ich auch versuchte, durch den kleinen Spalt zu spähen, das Christkind konnte ich nicht sehen. Selbst das Schlüsselloch in der Türe war von innen zugehängt.
Ich verbrachte Stunden in der Nähe dieser verschlossenen Tür.
Dann raschelte es wieder, der Vati rief nach der Mutti, die eilig, mit der weißen Schürze aus der Küche kam, wo sie mit den duftenden Plätzchen beschäftigt war und die bunten Teller durch die magische Türe reichte.
In der Küche durfte ich von dem Teig naschen, der beim Ausstechen abfiel. Wie in einer Backstube ging es hier zu. Immer neue Teigsorten wurden ausgerollt, Mandeln und Nüsse gemahlen. Manchmal wollte ich die Mühle drehen, aber das war gar nicht so leicht.
Und dann kam das erste Blech voller knuspriger, süßer Herzen und Sterne aus dem Ofen. Ein Weihnachtszauber, der aber bald mit Schokoladenglasur und Zuckerguss in der großen Metallkiste verschwand.
So vergingen die Tage, die ich kaum abwarten konnte und da verging die Zeit wieder viel zu langsam.
Endlich läutete das Glöckchen hinter der so lange verschlossenen Tür, die sich wie von Engelshand öffnete.
Das war nicht das Wohnzimmer, das ich kannte.
Das war ein Weihnachtstraum, wie ich ihn in den Bilderbüchern gesehen hatte. Da stand ein großer Tannenbaum, der bis zur Decke reichte. An den Zweigen leuchteten helle Kerzen und bunte Kugeln, silberne Weihnachtsmänner und lange Lamettafäden glitzerten und Schokoladenkringel und blank geputzte, rotbackige Äpfel hingen überall zwischen den Ästen.
Unter dem Baum auf einem weißen Tuch stand eine Krippe mit allerliebsten Figuren, Maria und Josef und dem Kind, daneben waren Geschenke in buntem Papier aufgebaut, was wohl darin verborgen war?
Die Augen konnten gar nicht so schnell schauen.
Aber nirgends war das Christkind zu sehen.
Wo war es wohl hingeflogen?
„Zu den anderen Kindern", hörte ich den Vati sagen und war ganz verzaubert.
Die Zeit blieb nicht stehen, ich wurde älter, teilte die Freude auf Weihnachten mit einer kleinen Schwester und erlebte das Fest jedes Jahr so schön und unbeschwert, wie ich es gewohnt war.
Dann brachte der Krieg mehr und mehr Einschränkungen.
Lebensmittel wurden rationiert. Die geliebten Mandel-, Nuss- und Butterplätzchen wurden nun aus Haferflocken gezaubert. Auch die Schokolade gab es nicht mehr und der Zitronensaft für die Zuckerglasur wurde durch Aroma ersetzt.
Den Karpfen für das Festessen hatte die Mutti immer noch besorgen können und die Krapfen (Berliner) zum Mitternachtspunsch waren auch jedes Jahr