Ich suche überall nach dir: Roman
Von Elvine Koon
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Über dieses E-Book
Beide geraten in ein Wirrwarr ihrer Gefühle.
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Buchvorschau
Ich suche überall nach dir - Elvine Koon
Namen und Handlung sind frei erfunden. Etwaige
Namensgleichheiten zu realen Personen sind rein zufällig.
Eva Schöller verlässt in der Abenddämmerung die Scheune auf dem Gutshof der Familie Landing. Lehnt sich erschöpft für einige Sekunden an das soeben hinter sich geschlossene Seitentor. Schaut suchend über den Hof, zum Verwalterhaus hinüber, in dem sie mit den Eltern und der jüngeren Schwester Lene wohnt. Dann die breite, mit alten Eichen gesäumte Einfahrt hinunter, ihre Augen gleiten über die großzügig angelegte Gartenanlage, von der sie nur einen Teil einsehen kann. Am Gutshaus vorbei und ist erleichtert, das Niemand zu sehen ist.
Sie löst sich von dem Tor, dessen Halt sie eben noch gebraucht hat. Geht am Gebäude entlang, an der Kornkammer vorbei, dessen Tür auch heute offen steht. Geht um das Gebäude herum und taucht in den dahinter beginnenden Wald hinein. Den schmalen Pfad entlang, den sie seit ihrer Kindheit kennt und unzählige Male genutzt hat. Über dessen Baumwurzeln Eva als Kind gehüpft oder auch gefallen ist, nach einem Regen wurde der Waldboden nass und rutschig. Doch heute geht sie mit hängenden Schultern und schleppenden Schrittes. Der Pfad wird Eva zum Waldsee bringen, dort will sie hin, weg vom Hof, und allein will sie sein.
Fast gleichzeitig tritt Eberhard Landing, der Gutsbesitzer, aus einer Schonung heraus und schaut sich auf der Lichtung um. Der kleine See glänzt im Abendlicht, teilweise stehen einen Meter hohe Binsen und Schilfrohr am Ufer, rechts ist ein Steg, der hineinragt in den See. Früher einmal hat dort ein Boot gelegen, befestigt an einer Eisenschlaufe am Stegpfosten. Zum Angeln und Lesen, allein oder mit Freunden zum Schwimmen war Eberhard gern und oft hier gewesen.
Hörbar atmet er die frische Abendluft ein und ist zufrieden, nach einem langen Spaziergang durch sein Revier hier angekommen zu sein. Stolz auf diesen Teil seines Besitzes, dicht am Hof und doch meilenweit entfernt von der Realität seines einsamen Lebens. Hier kommt er zur Ruhe. Die Natur ist Ausgleich für seine freudlose Wirklichkeit. Hier hatte er sich früher dem lauten Treiben auf dem Hof entzogen. Ein wenig erhitzt lüftet Eberhard seinen Hut und meint, sich Schweiß von der Stirn wischen zu müssen. Beherzt greift er auch an seinen Jackenkragen, um diesen zu öffnen. Ein Gefühl der Enge schnürt seinen Brustkorb. Er braucht Luft, atmet tief die feuchte Abendluft ein, ein wenig will er hier noch bleiben, um sich zu beruhigen. Nach wenigen Schritten auf dem holprigen Wiesengrund dem See zugehend, erblickt er die zierliche Gestalt des Mädchens auf dem Bootsteg.
Überrascht, einer Person hier zu begegnen, ein Schmunzeln stiehlt sich um seinen Mund und er ist sehr ergriffen, dass außer ihm noch ein Mensch die Schönheit der Natur und des Sees zu schätzen weiß. Näher herangekommen erkennt Eberhard Eva, die Tochter seines Verwalters, sie ist es, die dort sitzt. Schon will er sie freudig begrüßen, als er ihre stille Haltung bemerkt, tief gebeugt, so als würde sie hinunterstürzen ins Wasser.
Am Steg angekommen, bleibt Eberhard zunächst stehen und schaut auf das Bündel Mädchen herab. Eva bemerkt ihn nicht. Nach kurzem Zögern setzt er sich zu ihr auf die schon etwas morschen Bretter.
Eva hat sich weit über den Rand des Bootsteges gelehnt und betrachtet die Wasseroberfläche. Zuerst hat sie hier nur dagesessen und über den See gestarrt. Gewartet auf Wut oder Traurigkeit, auf irgendeine Empfindung, aber in ihr ist nichts. Ihre Gedanken drehen sich im Kreis immer um die letzte Stunde mit Rolf. Sie ist zu ihm gegangen, obwohl sie sich nicht wohlgefühlt hat bei dem Gedanken, mit ihm allein zu sein, und das hatte seinen Grund, und der heißt Lene.
»Eva, mein Herz«, so hat Rolf sie begrüßt, als sie die Scheune betrat, mit ausgebreiteten Armen kam er auf sie zugelaufen. Doch nicht wie bei früheren Treffen ist sie bereitwillig in seine Arme gesunken und hat seine Nähe genossen. Heute wich sie zurück. Streckte abwehrend die Arme ihm entgegen und rief ein wenig panisch: »Halt!« Erschrocken starrte Rolf sie an. »Rolf, lass!« – »Eva, Liebes?« – »Rolf, wir müssen reden«, und wieder ist sie einen Schritt zurückgewichen, um Abstand zwischen sich und ihm zu haben. Angst überfiel Rolf, was war geschehen, hatte Lene ihrer beider Geheimnisse etwa ausgeplaudert? Rolf schwitzte jetzt. »Dann ist alles aus«, ging es ihm durch den Kopf. Niemals hatte er gedacht, sein Doppelspiel könnte entdeckt werden. Er hatte sich so bemüht, Eva den Verliebten vorzugaukeln. Schwergefallen war ihm das nicht, er mochte Eva auch. Sie war genauso hübsch wie seine Lene und ehrlich gesagt, wenn er beide haben konnte, warum nicht? »Eva …« Erneut ging er einen Schritt auf sie zu, um sie in seine Arme zu nehmen. Eva war auch jetzt ausgewichen und hatte sich seinem Zugriff entzogen.
Beinahe hysterisch hatte sie gerufen: »Nein! Bleib, wo du bist, ich muss mit dir reden.« –»Reden? Worüber denn, hast du Ärger mit deinem Vater? Weiß er von uns?« – »Nein! Hör zu und unterbrich mich nicht. Ich will es jetzt wissen.« – »Was willst du wissen?«, hat Rolf gefragt. Eva holte tief Luft und rief es heraus. »Seit Wochen schwärmt Lene schon von dir, ich kann es nicht mehr hören! Sie sagt, du liebst sie, ihr trefft euch heimlich, ihr habt euch gestern auf dem Verlobungsweg geküsst und seid deshalb nun verlobt.«
Still, ganz still war es nun um sie herum.
Eva war erleichtert und zitterte am ganzen Körper. So viel Mut hatte es gekostet, die Worte ihrer jüngeren Schwester zu wiederholen. Die vielen Erzählungen von Lene anzuhören und zu allem schweigen müssen. Nicht fähig, Lene zu entgegnen »Du lügst! Alles Lügen!« Zweifel an den Worten der Schwester haben sie geplagt, Lene konnte von dem Feldweg hinter der Dorfkirche und seiner Bedeutung noch gar nichts wissen. Denn nur die älteren Leute im Dorf nannten den Zufahrtsweg zum Kirchhof den Verlobungsweg. Eva wusste auch noch nicht lange, wie der Weg genannt wurde. Heinz, der Altknecht vom Hof, hatte sie, nachdem sie sich mit Elvira, ihrer Schulfreundin, dort getroffen hatte – gehänselt: »Auf dem Verlobungsweg wart ihr! Pass auf, sonst bleibst noch an dem Mädel hängen.« Heinz hatte ihr dann die Bedeutung des Weges erklärt.
Immer wieder hat sie sich selbst getröstet, fest an die Liebesschwüre von Rolf glauben und alles nur als Schwärmereien ihrer kleinen Schwester abtun wollen. Aber das Misstrauen blieb. »Ich werde Rolf zur Rede stellen«, hatte sie beschlossen, Lenes Worte bedrückten sie zunehmend.
Sie wollte diese Kluft zwischen Hoffen und Glauben nicht mehr ertragen, sich nicht mehr vor der Wahrheit fürchten.
Rolf war bei ihren Worten still geworden, bekam rasendes Herzklopfen. Nervös begann Rolf hin und her zu gehen.
Die Wahrheit nein, die Wahrheit wollte er nicht sagen und Eva weiter neben Lene treffen. Es war so angenehm für ihn, am Nachmittag heiße Küsse mit Lene tauschen und am Abend die Herausforderung, die sture Eva zu verführen. Was ihn bis jetzt nicht gelungen war, das konnte er doch nicht auf sich sitzen lassen. So flehte er: »Eva, bitte glaube doch so was nicht, alles Hirngespinste eines kleinen Mädchens, das für mich schwärmt, das kannst du doch nicht ernst nehmen. Eva, bitte nicht!«
»Das kleine Mädchen ist meine Schwester und die Hirngespinste muss sie irgendwo