Das Dankbar-Prinzip: Kraft und Gelassenheit im Alltag finden
Von Sabine Dankbar und Monika Homann
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Buchvorschau
Das Dankbar-Prinzip - Sabine Dankbar
glücklich.
Dankbarkeit: Der Weg zur Zufriedenheit
Echte Dankbarkeit hinterlässt ein warmes und sattes Gefühl, voller Lebendigkeit und Freude – unabhängig davon, ob man sie gibt oder empfängt. Denn sie kommt von Herzen, meist begleitet durch einen freundlichen Blick, ein ehrliches Lächeln, eine liebevolle Geste oder aufrichtige Worte. Denken Sie nur einmal daran, wie es ist, wenn man als Mutter von seinem Kind ganz unerwartet etwas geschenkt bekommt, eine selbst gepflückte Blume zum Beispiel. Man schaut das Kind voller Liebe und Stolz an und ist auch einfach dafür dankbar, dass es dieses Kind gibt. Aus eigener Erfahrung wissen Sie, dass diese Form der Dankbarkeit nicht einer bestimmten Erwartung entspricht. Sie haben sie empfangen bzw. gegeben, weil es in der betreffenden Situation, in dem Augenblick einfach wichtig war, dem Gefühl der Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Ganz unverfälscht und aufrichtig. So wie das Kind im Beispiel oben seiner Mutter zeigt, wie sehr es sie lieb hat.
Dankbarkeit, die man hingegen automatisch aus Höflichkeit und Konvention äußert, erzeugt meist ein eher neutrales Gefühl – der Höflichkeit ist Genüge getan und der gesellschaftlichen Etikette entsprochen. »Danke« und »bitte« sind Wörter, die daher auch meist schnell zum Sprachschatz von kleinen Kindern gehören, weil es den Eltern wichtig ist, dass sie sie als höfliche Umgangsformen erlernen. Als Erwachsener gebraucht man diese beiden Wörter dann im Alltag häufig ganz konditioniert – was grundsätzlich in Ordnung ist. Doch Hand aufs Herz: Wäre es nicht meist besser, den Dank nicht aus einem höflichen Reflex heraus, sondern mit ehrlicher Freude und Anerkennung für die andere Person und deren Handlung bzw. deren Verhalten auszusprechen?
Ein eher schales oder sogar negatives Gefühl hinterlässt Dankbarkeit, wenn sie nicht aufrichtig gemeint ist, sie aus Kalkül daherkommt oder geheuchelt wird. Ebenso fällt Dankbarkeit oft schwer, wenn sie erwartet wird. Dann bedankt man sich nur widerwillig, aus Pflichterfüllung sozusagen, lehnt sich aber innerlich dagegen auf oder geht der Person, die sie erwartet, aus dem Weg.
Wir möchten uns auf die wohltuende Kraft echter Dankbarkeit konzentrieren und zeigen, dass sie der Weg zu mehr Zufriedenheit sein kann. Wir sind sicher, dass echte Dankbarkeit einem Menschen eine von innen nach außen wirkende Kraft verleiht, wenn es gelingt, sie als tragende Säule im eigenen Leben zu verankern, so dass sie zu einer Lebenseinstellung wird. Jeder Mensch kann sich zu einer solchen Lebenseinstellung entschließen, sie ist unabhängig von äußeren Gegebenheiten wie Erfolg, Wohlstand, Gesundheit oder Schönheit. Wer es schafft, Dankbarkeit dauerhaft in sein Leben zu integrieren, steigert seine Lebenszufriedenheit nachhaltig – man kann einfach nicht unzufrieden sein, wenn man dankbar ist.
Eine Haltung der Dankbarkeit lässt sich unmittelbar im eigenen Leben ein- und umsetzen. Viele unserer Klienten und Klientinnen bestätigen uns darin, dass sie sich durch die Praxis der Dankbarkeit friedlicher und freundlicher gestimmt fühlen und sowohl sich selbst als auch andere wohlwollender betrachten, was sich wiederum positiv auf ihr Umfeld auswirkt.
Dankbarkeit leben – eine bewusste Entscheidung
Für sehr vieles in unserem Leben kann man dankbar sein. Dankbarkeit kann man gegenüber so manchem, wenn nicht gegenüber allem im Leben empfinden, und sie ist nicht nur auf Menschen beschränkt. Tagtäglich bekommen wir eine unendliche Vielfalt an Ereignissen, Dingen, Emotionen, kleinen und großen Wundern und anderem mehr vom Leben geschenkt, was für uns oft so selbstverständlich geworden ist, dass wir es manchmal gar nicht beachten oder achten.
Dankbarkeit kann dabei eine Stimmung oder ein Gefühl sein, man kann sie aber auch zu einer Fähigkeit und sogar zu einer Haltung entwickeln. Stellen Sie sich dazu folgende Situationen vor:
Dankbarkeit als Stimmung: Gerade geht Thorsten an diesem klaren, kalten Wintermorgen aus dem Haus, um zur Arbeit zu fahren. Davor will er seinen Sohn, der schon zum Auto vorgelaufen ist, zum Kindergarten bringen. Er ist in heiterer und gut gelaunter Stimmung und verabschiedet sich von seiner Frau mit einem Kuss. Liebevoll schauen die beiden ihren Kleinen an. Heute Morgen hat alles ganz reibungslos geklappt, alles ging Hand in Hand, einfach so – und der Raureif auf den Beeten und Bäumen sieht einfach wunderschön aus.
Dankbarkeit als Gefühl: Kristina steht an der Supermarktkasse, die Kassiererin hat bereits alles eingescannt, und sie stellt mit Entsetzen fest, dass sie ihr Portemonnaie zu Hause liegen gelassen hat. Von hinten kommen schon die ersten Unmutsäußerungen, die Kassiererin schaut sie leicht genervt und auch ein wenig mitleidig an. Da hört sie hinter sich eine Stimme, die sagt: »Hallo, Frau Martin, ich helfe Ihnen gerne aus und bezahle Ihre Einkäufe, wenn Sie mögen.« Voller Erleichterung schaut Kristina ihren rettenden Engel an – ihre Physiotherapeutin, die sie im letzten Jahr nach der Knieoperation behandelt hat und die sich anscheinend noch gut an sie erinnert.
Dankbarkeit als Fähigkeit: Paul ist seit drei Jahren nierenkrank und muss zweimal wöchentlich zur Dialyse. Trotz der Belastung und der Sorge um sein Leben ist er sehr froh, dass es die Dialyse gibt, und er freut sich über jeden Tag, der ihm mehr geschenkt ist. Das war nicht immer so: Anfangs war er verzweifelt, haderte mit sich und anderen, wünschte sich schnelle Heilung und war oft unzufrieden. Irgendwann spürte er, dass ihm das nicht guttat. Er versuchte, seinen Blick auf das zu richten, wofür er trotzdem dankbar sein konnte. Heute kostet es ihn keine Überwindung mehr, den Ärzten und Krankenschwestern jedes Mal, wenn er in die Klinik kommt, freundlich zu begegnen.
Dankbarkeit als Haltung: Anna geht mit einer selbstverständlichen Haltung der Dankbarkeit durch den Tag. Es ist ihr in Fleisch und Blut übergegangen, den alltäglichen Gegebenheiten – ob schön, problematisch, leicht oder anstrengend – mit Dankbarkeit zu begegnen und ihnen wie selbstverständlich einen Sinn zu geben. Gestern war wieder so ein Tag, der schon frühmorgens eine Herausforderung bereithielt: Der Wagen sprang nicht an und sie war sowieso schon spät dran. Um 9 Uhr hatte ihr Chef ein Meeting angesetzt! Ein letzter Startversuch noch … In dem Moment klopfte es an die Autoscheibe und ihre Nachbarin schwenkte vor ihrer Nase lächelnd einen Schlüssel hin und her. »Ich habe deine Startversuche gehört, nimm einfach mein Auto, ich brauche es erst um 17 Uhr wieder, passt das?« »Das schaffe ich, tausend Dank, du bist ein Engel.« Anna konnte ihr Glück kaum fassen. »Ich bin froh, dass ich dir auch mal einen Gefallen tun kann, und nun fahr endlich los«, entgegnete ihre Nachbarin.
Auf der Fahrt zum Büro ärgerte sich Anna nicht über ihr liegen gebliebenes Auto, sondern konzentrierte sich auf das warme Gefühl, das sich in ihr ausgebreitet hatte, als ihre Nachbarin mit dem Schlüssel vor ihr stand. Dieses Gefühl wollte sie in das Meeting mitnehmen, es würde ihr guttun und Kraft schenken. Um ihr kaputtes Auto konnte sie sich danach kümmern. Im Büro angekommen, hatte sie noch gerade eben Zeit, ihre Unterlagen zu holen. Um 8.58 Uhr war sie im Besprechungsraum, und ihr Chef, der gleichzeitig mit ihr hereinkam, begrüßte sie mit den Worten: »Guten Morgen. Sie strahlen so, der Tag muss ja gut für Sie angefangen haben!« Anna freute sich insgeheim, denn wenn der Tag normal begonnen hätte und sie schon viel früher im Konferenzraum gewesen wäre, hätte der Chef sie wie alle anderen in der Runde begrüßt und sie mit Sicherheit nicht persönlich angesprochen. Gut, dass er sie so positiv wahrgenommen hatte. Kein schlechter Start für das Meeting und ein gutes Omen für die Präsentation ihres Entwurfs, die sie gleich halten würde.
Eine dankbare Stimmung oder ein dankbares Gefühl zu haben, das geschieht immer wieder einmal – Gelegenheiten dazu kommen und gehen. Dass es jedoch möglich ist, Dankbarkeit bewusst wahrzunehmen, daraus eine Fähigkeit zu entwickeln, die dann zu einer selbstverständlichen Haltung wird, zeigen die Beispiele von Paul und Anna eindrücklich auf. Es bedarf der Übung und der klaren Entscheidung, eine Haltung der Dankbarkeit einzunehmen und sie zu leben. Sie ist eine besondere Option unter den vielen Möglichkeiten, wie man mit dem, was das Leben bietet, umgeht: Man konzentriert sich auf die positiven Begebenheiten und nutzt sie als Kraftquellen. Die schwierigen oder negativen Seiten, die es natürlich auch gibt, werden dabei nicht ausgeklammert, sondern deutlich wahrgenommen und akzeptiert – sie gewinnen aber niemals die Oberhand, sondern man geht konstruktiv mit ihnen um, eben dann, wenn es an der Zeit dafür ist. Dankbarkeit ist eine Kraft, die dabei unterstützt, sich auf die eigene Lebensfreude und -zufriedenheit zu fokussieren. Dankbarkeit hilft, die persönlichen Stärken deutlich wahrzunehmen, sich leichter zu motivieren und für schwierige Zeiten ein gutes emotionales Polster anzulegen. Man erkennt und anerkennt, dass das Leben auf allen Ebenen viel zu schenken hat.
Diese Einstellung zum Leben einzunehmen, ist nicht immer leicht oder selbstverständlich. Es bedarf der Übung, aus einer dankbaren Stimmung oder einem dankbaren Gefühl eine dauerhafte Fähigkeit oder Haltung zu kultivieren, so dass man sie wie selbstverständlich abrufen bzw. leben kann.
Nur wenn man der Dankbarkeit einen Stellenwert im eigenen Alltag zumisst und sie ganz bewusst praktiziert, kann sie weiter wachsen und gedeihen und zur Selbstverständlichkeit im eigenen Erleben und Handeln werden. Dazu kann es hilfreich sein, sich anfangs ein festes Ritual zu schaffen, um die dankenswerten Momente des Tages nochmals zu verinnerlichen. Für den einen Menschen ist es der abendliche Spaziergang, bei dem der Tag noch einmal reflektiert wird. Für den anderen ist es das halbstündige Abendgespräch mit dem Partner bzw. der Partnerin bei einem Glas Wein oder einer Tasse Tee, in dem man zusammen das Tagwerk Revue passieren lässt. Ein anderer nutzt sein Abendgebet dazu. Egal welches Ritual man wählt, letztendlich bedeutet es, die Erlebnisse des Tages zu vergegenwärtigen, die einen zufrieden und glücklich gemacht oder mit positivem Staunen erfüllt haben, bei denen es einem sprichwörtlich »warm ums Herz wurde«. Es gilt, ihnen im Hier und Jetzt noch einmal Raum zu geben, um sie voller Dank zu bejahen und abzuspeichern. Wenn man so will, könnte das abendliche Ritual eine »Dank-Stelle«¹ sein, die man im übertragenen Sinn anfährt, um die eigenen Kraftreserven neu aufzufüllen – mit dem Kraftstoff der Dankbarkeit.
Ganz häufig wird man sich in einer solchen Rückbetrachtung erst bewusst, wie viele Dinge an einem Tag passieren, für die man Dankbarkeit empfinden kann. Es ist wichtig und vor allem wohltuend, sich dabei auf beide Ebenen der Dankbarkeit zu konzentrieren – die »empfangende« und die »gebende« Ebene.
Die »empfangende« Ebene ist das Dankbarsein für das, was einem zuteilwird und was man geschenkt bekommt. Man empfindet Dankbarkeit, sagt Danke und zeigt seinen Dank anderen gegenüber. Das kann der Dank für die freundliche Bedienung beim Bäcker sein, für den Sonnenaufgang morgens bei der Fahrt ins Büro, das positive Telefonat mit einem Kunden, das überraschende Geschenk von einer Freundin, für den liebevoll gedeckten Tisch beim Nachhausekommen, die spürbare Zuneigung von Familie und Freunden. Häufig passiert es, dass man sein Augenmerk in erster Linie auf diesen Teil richtet, weil es einfach guttut, beschenkt, beachtet und geliebt zu werden.
Die »gebende« Ebene ist diejenige Seite der Dankbarkeit, wenn es darum geht, dass man selbst etwas gibt und andere Menschen darauf mit Dank reagieren. Bekommt man also auf den eigenen Beitrag eine dankbare Resonanz, die mit Anerkennung und Zugewandtheit einhergeht, fühlt man sich selbst zutiefst nützlich und sinnvoll in seinem Sein und Handeln. Das kann die einfache Dankbarkeit der Bäckereiverkäuferin sein, nachdem man sie darauf aufmerksam gemacht hat, dass sie zu viel Wechselgeld herausgegeben hat. Es kann die dankbare Freude einer Kollegin sein, dass man eine Aufgabe, die eigentlich ihre gewesen wäre, schon erledigt hat, weil man einfach noch Zeit dafür hatte. Es kann das dankbare Aufleuchten der Augen des Partners sein, wenn man nach Hause kommt und ihn erst einmal fragt, wie sein Tag war. Es kann die stille Dankbarkeit sein, wenn ein Kollege registriert, dass man ihn gerade vor einem Fehler bewahrt hat, ohne es an die große Glocke zu hängen. Es kann der unerwartete Dank einer Anruferin sein, die am Ende des Gespräches der Telefonseelsorgerin sagt, dass sie froh sei, an diesem Abend in ihrer Not von ihr unterstützt worden zu sein.
Auf diese Weise kommt es zu positiven Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten, denn beide Ebenen – aus vollem Herzen zu danken und Dank zu empfangen – greifen ineinander. Dadurch entstehen intensivere und nachhaltige Begegnungen, Beziehungen können sich weiter festigen oder es können auch tragende Erinnerungen entstehen.
Zwei Beispiele aus unserer eigenen Erfahrung:
Monika Homann:
Dreißig Jahre meines Lebens habe ich meine kranke Mutter gepflegt. Diese herausfordernde Aufgabe mit vielen Höhen und Tiefen hat mich so oft an meine Grenzen, psychisch und physisch, geführt. Ohne die Unterstützung meines Mannes und eines erfüllten Familienlebens mit unserem Sohn hätte ich es wohl kaum bewältigen können.
Durch eine Gehirnoperation war meine Mutter nicht nur körperlich, sondern auch psychisch verändert und eingeschränkt. Für mich gab es viele Phasen sowohl des Haderns als auch des Annehmens und Akzeptierens. Dazwischen lagen viele helle und dunkle Stunden. Die hellen Stunden waren diejenigen, wenn ich voller Freude die warme Hand meiner Mutter spüren und eine liebevolle Umarmung geben und empfangen konnte. Mehr blieb mir letztendlich nicht – kein Dialog, kein Austausch zwischen Mutter und Tochter. Ich vermisste meine Mutter auch als Ratgeberin und gute Freundin, wie ich sie in meinen jungen Jahren bis Anfang zwanzig erlebt habe, selbst wenn wir natürlich auch unsere Reibungspunkte hatten.
Bei allem Schmerz gab es auch immer wieder diese Momente des Glücks, wenn sie mich anstrahlte und wir manchmal sogar gemeinsam in die Vergangenheit schauen konnten. Wie glücklich es mich machte, dass sie meinen Mann und auch ihr Enkelkind in ihr Herz geschlossen hatte! Konnte sie meine Hilfe mal nicht annehmen, ließ sie es bei meinem Mann zu. Die letzten Wochen bis zu ihrem Tod waren wir noch einmal sehr eng verbunden. In den Stunden des endgültigen Abschieds konnte