Wehret den Anfängen!: Die AfD: Keine Alternative für Deutschland
Von Anton Latzo
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Über dieses E-Book
Rechtschwenks in der Bundesrepublik. Eine unverzichtbare Argumentationsstütze für alle, die Stellung beziehen wollen, und ein engagiertes Plädoyer für ein entschiedenes politisches Entgegentreten
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Buchvorschau
Wehret den Anfängen! - Anton Latzo
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Uli Jeschke
Warum müssen wir die
AfD ernst nehmen?
Die Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der Handwerker, der Bauer, sie alle bekämpfen die Bourgeoisie, um ihre Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär, sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen …
Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft, wird … seiner ganzen Lebenslage nach … bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen.
(Aus: Karl Marx/Friedrich Engels: Das Kommunistische Manifest. Zitiert nach: Marx/Engels: Werke, Bd. 4. Dietz Verlag Berlin 1974, S. 478 f.)
Nach 1945 – braune Flecken in der Geschichte (West)
In der Geschichte der alten wie neuen Bundesrepublik Deutschland hat es immer wieder Parteien am rechten politischen Rand gegeben, die die reaktionärsten und konservativsten Politikforderungen vertraten. Schon der mangelnde Wille der politisch Verantwortlichen in den Westzonen (einschließlich der Westalliierten, denen der Kampf gegen den Kommunismus wichtiger war) und später der Bundesrepublik zur Aufarbeitung der braunen Vergangenheit führte dazu, dass sich die alten Nazis nicht nur wieder organisieren konnten, sondern auch reihenweise Posten in der neuen Administration bekamen. Bundeskanzler Adenauer fasste das 1953, im Zusammenhang mit der Berufung Hans Globkes, der unter Hitler maßgeblich an der Ausarbeitung der Nürnberger Rassegesetze beteiligt war, zum Staatssekretär in der BRD, in dem harmlos klingenden Satz zusammen: »Man schüttet kein schmutziges Wasser weg, solange man kein sauberes hat.«¹
Schon in den ersten Deutschen Bundestag im September 1949 zogen Abgeordnete der beiden rechten Parteien »Deutsche Konservative Partei-Deutsche Rechtspartei« (DKP-DRP) und »Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung« (WAV) ein. Noch unmittelbarer an die faschistischen Wurzeln knüpfte die »Sozialistische Reichspartei« (SRP) an, die sich in geistiger Nachfolge der NSDAP wähnte und zum Beispiel bei den Landtagswahlen 1951 in Niedersachsen elf Prozent verbuchen konnte. Auch in Bremen konnte sie fast acht Prozent der Stimmen erreichen. Kernforderungen der SRP waren unter anderem: »Treue zum Reich«; »Schutz und Ehre des deutschen Soldaten«; »Anspruch auf die Gesamtheit des Reichsraumes« sowie – ungeheuerlicherweise – die »Notwendigkeit« einer »Lösung der Judenfrage«, allerdings mit anderen Mitteln als zur Zeit der Naziherrschaft. Kritisiert wurden nicht die »Notwendigkeit« einer »Lösung der Judenfrage«, sondern »nur« die Methoden.²
Im Jahr 1952 wurde die SRP, deren Treiben selbst für die Bundesrepublik zu starker Tobak war, als verfassungswidrig eingestuft und verboten. Seitdem wurde in der BRD keine rechte Partei mehr untersagt. Übrigens nahm man das ausgesprochene Verbot dieser faschistischen Partei als willkommene Rechtsschablone, um die stärker werdende »Kommunistische Partei Deutschlands« (KPD) knapp vier Jahre später – im August 1956 – ebenfalls zu verbieten.
Als Nachfolgepartei und Sammelbecken von Funktionären aus der SRP galt die »Deutsche Reichspartei« (DRP), die zwischen 1950 und 1965 bestand und in die viele nach dem Verbot wechselten.
Rechte und mehr oder weniger faschistoide Gruppen und Parteien gab es in der BRD auch danach immer. Denken wir an die »Nationaldemokratische Partei Deutschlands« (NPD), gegründet 1964, oder später »Die Republikaner« (REP): »Die dritte Welle rechtsextremer Wahlerfolge nahm ihren Ausgangspunkt Mitte der 1980er Jahre, besonders als die 1983 gegründete Partei der Republikaner (REP) 1989 überraschend den Sprung in das Berliner Abgeordnetenhaus (7,5 Prozent) und das Europaparlament (7,1 Prozent) schaffte. 1992 erreichte die ›Rechtsabspaltung‹ der CSU – zwei ehemalige Bundestagsabgeordnete der CSU gehörten zu den Mitbegründern – bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 10,9 Prozent, 1996 9,1 Prozent der Stimmen. Diese Welle zog sich in Gestalt einer Reihe von Landtagswahlerfolgen nicht nur der Republikaner, sondern auch der 1971 zunächst als Verein ins Leben gerufenen Deutschen Volks-Union (DVU) bis in die 1990er Jahre hinein. Die DVU, 1987 zur Partei umgeformt, verstand sich als Sammelbecken für die zerfallende extreme Rechte und steht bis heute unter der autokratischen Führung des wohlhabenden Münchener Verlegers Gerhard Frey. Sie feierte ihre größten Wahlerfolge vor allem in Norddeutschland (unter anderem 1991 in Bremen 6,2 Prozent, 1992 in Schleswig-Holstein 6,3 Prozent).«³
Unterhalb der Parteiebenen tummelten sich Vereine (zum Beispiel Wiking-Jugend, WJ, 1952 gegründet, 1994 verboten), Wehrsportgruppen und andere, verbunden mit solchen Namen wie Karl-Heinz Hoffmann (Ex-Wehrsportchef) oder Michael Kühnen (Ex-Bundeswehroffizier), meist unbehelligt und nur mäßig beobachtet von Polizei und Verfassungsschutz. Das änderte sich auch nicht nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik.
AfD – Wurzeln und Anfänge
Nachdem es in den 1990er Jahren die Folgen des Beitritts der DDR zur BRD zu verarbeiten galt, das heißt Deindustrialisierung des Ostens und wirtschaftliche Konsolidierung im Westen, begann man sich nach der Jahrtausendwende auch im Osten auf die politischen Verhältnisse einzulassen und wenigstens per Wahlzettel seiner Meinung Ausdruck zu verleihen, immer in der Hoffnung, dass die, die man wählte, sich der Probleme annehmen würden. Aber hier wurden die Wähler auf ganzer Linie enttäuscht. Nun hat sich diese Enttäuschung in Ostdeutschland sicher stärker bemerkbar gemacht als in den alten Bundesländern, schließlich waren dort die Menschen seit vielen Jahren daran gewöhnt, nach der Wahl erklärt zu bekommen, warum man nun ausgerechnet die sozialen Versprechungen nicht einlösen könnte. In die Schar derer, die verdeutlichten: »Wir haben es nicht so gemeint, und schließlich müssen wir Rücksicht auf den Koalitionspartner nehmen«, reihte sich nach anfänglichen Erfolgen auch die Linkspartei ein. In der Regierungskoalition in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg, als Dulder in Sachsen-Anhalt sowie mit einem Ministerpräsidenten (der verkündet hat, nun kein Linker, sondern nur noch Thüringer zu sein) in Thüringen an die Töpfe der Macht gelangt, verhielten sie sich wie die ehemalige Arbeiterpartei SPD seit 1914 – staatskonform und die Macht der Mächtigen sichernd. In der Folge verloren sie in fast allen ostdeutschen Bundesländern die Hälfte ihrer Wähler, nicht ohne zu beteuern, sie wüssten gar nicht, warum. Nun suchten sich die Menschen andere Parteien für ihren »Wahlprotest« aus.
Das brachte auch mit sich, dass in den ersten zehn Jahren des 21. Jahrhunderts immer wieder merkwürdige Kleinparteien entstanden beziehungsweise bestehende vorübergehend an Bedeutung gewannen und diese wie auch bestehende rechte Wahlvereine Zulauf erhielten, der kurzfristig zu einer größeren Präsens führte. So zum Beispiel »Die PARTEI«, die »Partei Rechtstaatlicher Offensive« (Schill-Partei), die »Piraten« oder auch die »Deutsche Volksunion« (DVU). Doch die Halbwertzeit ihrer Erfolge lag meist bei nicht mehr als einer Wahlperiode.
Das änderte sich – zumindest bis heute – mit der Gründung der AfD, die scheinbar auf einer Welle des politischen Erfolgs schwimmt. Diese Erfolge haben verschiedene Ursachen. Sicher kann es wohl nicht nur daran liegen, dass sie sich selbst programmatisch als »Alternative für Deutschland« (AfD) bezeichnet. Es gibt sozusagen innere Ursachen und äußere. Zu den inneren gehören Geschichte und Struktur der AfD.
Obwohl die AfD heute fast ständiges Thema in den Medien ist, kann man sich kaum daran erinnern, wie und womit alles begann – wahrscheinlich auch so ein Ergebnis der Informationsflut, die sich täglich über uns ergießt, wo sich Nachrichten von Falschmeldungen sowie Wahrheit und Dichtung für wenig Geübte kaum auseinanderhalten lassen.
Am 6. Februar 2013 wurde die Partei »Alternative für Deutschland« in Berlin offiziell gegründet. Hervorgegangen war sie aus einer Sammlungsbewegung liberaler, nationaler und rechtskonservativer Kritiker der Wirtschafts-, Geld- und Europapolitik der Regierung und der etablierten Parteien. Der »Bund freier Bürger«, die »Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft«, die »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft«, das »Bündnis Bürgerwille«, die »Wahlalternative 2013« sowie die »Zivile Koalition« gelten als Organisationen, aus denen die Gründungsmitglieder kamen.
Die Gründung des »Bundes freier Bürger« (BFB) geht schon auf das Jahr 1994 zurück, als sich, inspiriert vom Erfolg von Jörg Haiders FPÖ in Osterreich, unzufriedene FDP-Politiker, wie Manfred Brunner, zeitweilig FDP-Landesvorsitzender in Bayern, in Wiesbaden zusammentaten. Bekannte Köpfe aus dem im Jahr 2000 offiziell aufgelösten »Bund« sind die Professoren Joachim Starbatty und Karl Albrecht Schachtschneider. Die beiden hatten den »Bund« beziehungsweise Brunner vor dem Bundesverfassungsgericht in der Klage gegen den Maastrichter Vertrag vertreten. Der »Bund« kritisierte seinerzeit die Perspektive der »Europapolitik« bestehender Regierungen der westeuropäischen Hauptmächte, die unter anderem auf die Aufnahme weiterer Länder, insbesondere aus Osteuropa, ausgerichtet war. Mit der Devise »Volksabstimmung gegen den Maastricht-Vertrag und für die D-Mark« ging er in die Wahlen der neunziger Jahre. Dabei bildete er zeitweilig Bündnisse mit den »Republikanern« und der »Initiative Pro D-Mark«. Auf den bekannten NachDenkSeiten im Internet schreibt Jens Berger zum »Bund freier Bürger«: »Paläolibertäre Parteien gab es in der deutschen Parteienlandschaft bis dato noch nicht. Am ehesten passt wohl der frühe ›Bund freier Bürger‹ in dieses Spektrum, der 1994 aus Abweichlern des rechten Flügels der FDP entstand und sich sowohl durch eine deutlich antieuropäische als auch durch eine ultra-marktliberale Ausrichtung auszeichnete. Finanziert wurde der ›Bund freier Bürger‹ von Baron August von Finck jr., dessen politische Ausrichtung von seinem langjährigen Intimus Ferdinand Graf von Galen einst mit dem Satz ›Rechts vom Gustl steht bloß noch Dschingis Khan‹ umschrieben wurde. Die AfD kann mit Fug und Recht als politische Erbin dieser Gruppierung angesehen werden, die in späteren Jahren vollends ins rechtsextremistische Spektrum abgedriftet ist. Die prominenten AfD-Gründungsmitglieder Karl Albrecht Schachtschneider, Joachim Starbatty und Bruno Bandulet begannen allesamt ihre politische Karriere beim ›Bund freier Bürger‹.«⁴
Die »Hayek-Gesellschaft«, die 1998 von einer Gruppe von Wissenschaftlern, Unternehmern und Publizisten in Freiburg im Breisgau gegründet worden war, hat ihren Sitz in Berlin. Ziel des Wirkens dieser Gesellschaft ist es, die Ideen des österreichischen Ökonomen und Sozialphilosophen Friedrich August von Hayek (1899–1992) zu popularisieren. Hayek gilt als »einer der bedeutendsten Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie« und als einer der wichtigsten neoliberalen Denker der jüngeren Zeit.⁵ Um dem Namensgeber der Gesellschaft die Referenz zu erweisen, wurden Gesprächskreise und Hayek-Clubs gegründet. Auffällig ist, dass sich recht viele Namen aus der »Hayek-Gesellschaft« und ihrem Umfeld heute in den ersten Reihen der AfD wiederfinden, wenn auch das aktuelle Verhältnis zwischen der »Hayek-Gesellschaft« und dem einen oder anderen prominenten AfD-Politiker nicht ganz ungetrübt ist. So hat der Vorsitzende der »Hayek-Gesellschaft« die AfD-Frontfrau Beatrix von Storch gebeten, ihren Austritt aus der Gesellschaft zu erklären, da ihre öffentlichen Äußerungen nicht mit Hayeks Ideen kompatibel sind. Frau von Storch hat diesen »freiwilligen« Austritt jedoch (bisher) nicht vollzogen.⁶
Die »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« (INSM) wurde im Jahr 2000 vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall als Lobbyorganisation und »Denkfabrik« in Köln gegründet und hat ihren Bürositz inzwischen nach Berlin verlegt. Sie ist getragen von weiteren Arbeitgeberverbänden, hat fast fünfzig direkte Mitarbeiter und arbeitet mit der großen Werbe- und PR-Agentur Scholz & Friends, dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln sowie der Meinungsforschungseinrichtung Institut für Demoskopie Allensbach eng zusammen. Gemeinsam mit Frontmännern, wie den langjährigen Kuratoriumsvorsitzenden Hans Tietmeyer, zu Kanzler Kohls Zeiten ein wichtiger Staatssekretär im Finanzministerium, und seinem Nachfolger Wolfgang Clement, SPD-Politiker, Ex-Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und Ex-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, sowie von der INSM gemeinsam mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ausgezeichneten »Reformern«, wie beispielsweise Udo Di Fabio und Friedrich Merz, nimmt die »Initiative« aktiv und direkt Einfluss auf die gesellschaftliche Diskussion. Dabei geht es zum Beispiel um die Deutungshoheit von bekannten Begriffen.
So war der Begriff »Soziale Marktwirtschaft«, der ein kuscheliges Miteinander von Besitzenden und den Besitz Schaffenden suggerieren soll, lange Jahre eindeutig von der CDU besetzt und inhaltlich ausgefüllt. Schließlich geht er auch zurück auf den CDU-Wirtschaftstheoretiker und -Politiker Ludwig Erhard. Jener empfahl bereits 1944 in einer Denkschrift Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung, einen solchen Begriff zu verwenden, um dem Volk nahezubringen, dass es auch seinen Anteil an der Kriegsfinanzierung zu tragen hätte. In den fünfziger und sechziger Jahren war es der »Kampfbegriff« der CDU, um dem kleinen Mann klarzumachen: »Wir sitzen doch alle in einem Boot, also arbeite und stelle keine Forderungen …« Aber in den neunziger Jahren entdeckten auch die Grünen, ja, sogar Teile der PDS den Begriff für sich, nachdem die SPD ihn sich schon lange zu eigen gemacht hatte, und besetzten ihn zum Teil mit neuen Inhalten. Dagegen arbeitet die INSM nun an, und sie hat mit ihren großkalibrigen Meinungsbildungskanonen – Lobbyisten, Wirtschaftsinstitut, PR-Agentur, Umfrageinstitut und politische Großsprecher – auch gute Chancen, die Deutungshoheit zurückzuerlangen. Und so soll das Meinungsbild insgesamt im Interesse der Besitzenden verschoben werden.
Dass es da Berührungspunkte mit der AfD geben musste, scheint geradezu zwangsläufig. Beispielsweise durch Menschen wie Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und von März 2014 bis April 2015 stellvertretender Sprecher sowie Mitglied im Bundesvorstand der AfD: »Da die marktradikalen Professoren rund um Hans Olaf Henkel mit dem Plan, die Freien Wähler zu übernehmen, offenbar gescheitert sind, haben sie nun ihre eigene Partei gegründet. Die ›Alternative für Deutschland‹ stellt sich öffentlich als