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Ein gewisses Lächeln
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eBook128 Seiten1 Stunde

Ein gewisses Lächeln

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Über dieses E-Book

»Und wenn schon. Ich war eine Frau, die einen Mann geliebt hatte. Eine simple Geschichte und kein Grund, sich aufzuspielen.«

Dominique studiert ohne rechte Überzeugung und ist wenig enthusiastisch mit ihrem Kommilitonen Bertrand liiert. Das Studentenleben fließt träge und ziellos dahin, bis Dominique Bertrands charmanten, weltläufigen Onkel Luc kennenlernt. Der ist zwar glücklich verheiratet, aber einem Abenteuer nicht abgeneigt, und nach einigem Zögern verbringt Dominique zwei sommerlich heiße Liebeswochen mit ihm an der Riviera, einem Urlaub, von dem Bertrand nichts weiß. Als sie bemerkt, dass sie sich wirklich verliebt hat, ist es bereits zu spät. Ein schöner, junger, zeitloser Liebeskummerroman mit der sinnlichen Melancholie des französischen Existentialismus.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum28. Apr. 2017
ISBN9783803142221
Ein gewisses Lächeln

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    Buchvorschau

    Ein gewisses Lächeln - Françoise Sagan

    Aus dem Französischen von Helga Treichl

    Die französische Originalausgabe erschien 1955 unter dem Titel Un certain sourire bei Éditions Julliard in Paris, die deutsche Erstausgabe 1958 im Ullstein Verlag in Berlin.

    E-Book-Ausgabe 2017

    © 1955 Éditions Julliard, Paris

    © 2011, 2017 für die deutsche Ausgabe: Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin

    Umschlaggestaltung Julie August. Das Karnickel zeichnete Horst Rudolph.

    Datenkonvertierung bei Zeilenwert, Rudolstadt.

    Alle Rechte vorbehalten. Jede Vervielfältigung und Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für das Herstellen und Verbreiten von Kopien auf Papier, Datenträgern oder im Internet sowie Übersetzungen.

    ISBN: 978 3 8031 4222 1

    Auch in gedruckter Form erhältlich: 978 3 8031 2775 4

    http://www.wagenbach.de/

    Für Florence Malraux

    Die Liebe ist das, was zwischen zwei

    Menschen geschieht, die sich lieben.

    Roger Vailland

    ERSTER TEIL

    Erstes Kapitel

    Wir hatten den Nachmittag in einem Café in der Rue Saint-Jacques verbracht, einen Frühlingsnachmittag wie jeden anderen. Ich langweilte mich ein wenig, nicht übermäßig; ich ging zwischen dem Plattenspieler und dem Fenster hin und her, während Bertrand die Vorlesung von Spire diskutierte. Ich erinnere mich, daß ich einen Augenblick lang am Musikautomaten lehnte und zusah, wie sich die Platte langsam hob, um sich dann schräg und fast zärtlich, wie eine Wange, gegen den Saphir zu legen. Und – ich weiß nicht warum – ein heftiges Gefühl von Glück hatte mich durchdrungen; ein physisches, überwältigendes Bewußtsein, daß ich eines Tages sterben würde, daß meine Hand nicht mehr auf dieser Chromleiste und die Sonne nicht mehr in meinen Augen sein würde.

    Ich hatte mich zu Bertrand umgedreht. Er blickte mich an, und als er mein Lächeln sah, stand er auf. Ohne ihn durfte ich kein Glück kennen. Die Augenblicke, in denen ich glücklich war, sollten Marksteine in unserem gemeinsamen Leben sein. Ich hatte das schon immer undeutlich geahnt, aber an jenem Tag konnte ich es nicht ertragen und wandte mich ab. Das Klavier hatte die Melodie »Lone and sweet« angedeutet – eine Klarinette löste es ab, ich kannte jeden einzelnen Ton.

    Ich hatte Bertrand bei den Examen im vergangenen Jahr kennengelernt. Wir waren, bevor ich über den Sommer zu meinen Eltern fuhr, eine bange Woche Seite an Seite gesessen. Am letzten Abend hatte er mich geküßt. Dann schrieb er mir. Erst etwas zerstreut. Später änderte sich der Ton allmählich. Ich folgte diesen Steigerungen nicht ohne eine gewisse Erregung, und so konnte ich, als er mir schrieb: »Ich finde diese Erklärung lächerlich, aber ich glaube, daß ich dich liebe«, in demselben Ton und ohne zu lügen, antworten: »Diese Erklärung ist lächerlich, aber ich liebe dich auch.« Eine Antwort, die sich ganz natürlich oder vielmehr phonetisch ergeben hatte. Die Besitzung meiner Eltern am Ufer der Yonne bot wenig Abwechslung. Ich stieg zum Fluß hinab, ich betrachtete einen Augenblick lang das Gewirr wogender gelber Algen an der Wasseroberfläche, dann ließ ich Steine springen, kleine glatte, abgeschliffene Steine, die schwarz und flink, wie Schwalben, über das Wasser flogen. Den ganzen Sommer über sagte ich mir seinen Namen vor: »Bertrand«, wie etwas Kommendes. In gewisser Hinsicht sah es mir recht ähnlich, das Zusammenklingen einer Leidenschaft brieflich abzustimmen.

    Jetzt stand Bertrand hinter mir. Er reichte mir mein Glas; als ich mich umwandte, war ich ganz nah bei ihm. Er schien immer etwas gekränkt, daß ich an seinen Diskussionen keinen Anteil nahm. Zwar las ich nicht ungern, aber es langweilte mich, über Literatur zu reden.

    Daran gewöhnte er sich nicht.

    »Du legst immer die gleiche Platte auf«, sagte er. »Übrigens hab’ ich sie gern.«

    Diesen letzten Satz sagte er mit betont unbeteiligter Stimme, und ich entsann mich, daß wir die Platte zum erstenmal zusammen gehört hatten. Immer wieder entdeckte ich an ihm kleine sentimentale Anwandlungen, Marksteine in unserer Beziehung, die ich vergessen hatte. ›Er bedeutet mir nichts‹, dachte ich plötzlich, ›er langweilt mich, mir ist alles gleichgültig, ich bin nichts, nichts, ein vollkommenes Nichts!‹ Und wieder griff mir dieses absurde Gefühl von Überschwang an die Kehle …

    »Ich muß meinen ›weitgereisten Onkel‹ treffen«, sagte Bertrand. »Kommst du mit?«

    Er ging voraus, und ich folgte ihm. Ich kannte seinen »weitgereisten Onkel« nicht, und ich hatte keine Lust, ihn kennenzulernen. Aber da war etwas in mir, das mich dazu bestimmte, dem gutrasierten Nacken eines jungen Mannes zu folgen, mich immer irgendwohin mitnehmen zu lassen, ohne Widerstand, aber mit jenen kleinen Nebengedanken, die eiskalt und glatt wie Fische waren. Und mit einer gewissen Zärtlichkeit. Ich ging neben Bertrand den Boulevard hinunter; unsere Schritte paßten sich einander an wie unsere Körper in der Nacht. Er hielt meine Hand; wir waren schlank, gefällig, wie Bilder.

    Den ganzen Boulevard entlang und auf der Plattform des Autobusses, der uns zu dem weitgereisten Onkel führte, hatte ich Bertrand wirklich gern. Die Stöße des Wagens warfen mich gegen ihn, er lachte und legte schützend einen Arm um mich. Ich blieb an seine Jacke gelehnt, an die Rundung seiner Schulter – dieser männlichen Schulter, die so bequem für meinen Kopf war. Ich atmete seinen Duft, ich erkannte ihn wieder, und er rührte mich. Bertrand war mein erster Liebhaber. An ihm hatte ich den Duft meines eigenen Körpers kennengelernt. Man entdeckt den eigenen Körper, seine Länge, seinen Geruch, immer an den Körpern der anderen – erst mit Mißtrauen, dann mit Dankbarkeit.

    Bertrand erzählte mir von seinem weitgereisten Onkel, den er nicht sehr zu lieben schien. Er schilderte mir die Komödie seines Reisens. Denn Bertrand verbrachte seine Zeit damit, nach den Komödien im Leben der anderen zu suchen. Das ging so weit, daß er immer ein wenig in der Angst lebte, sich – ohne es zu wissen – selber eine Komödie vorzuspielen. Ich fand das komisch. Und das machte ihn wütend.

    Der weitgereiste Onkel erwartete Bertrand auf der Terrasse eines Cafés. Als ich ihn erblickte, sagte ich zu Bertrand, daß ich fände, er sähe gar nicht übel aus. Schon waren wir bei ihm angelangt, er stand auf.

    »Luc«, sagte Bertrand, »ich bin mit einer Freundin, Dominique, gekommen. Das ist mein Onkel Luc, der Weitgereiste.«

    Ich war angenehm überrascht. Ich sagte mir: »Ganz passabel, dieser weitgereiste Onkel!« Er hatte graue Augen und sah müde aus, fast traurig. Auf eine gewisse Weise war er schön.

    »Wie war die letzte Reise?« fragte Bertrand.

    »Sehr schlecht. Ich habe eine unerträgliche Erbschaftsangelegenheit in Boston geregelt. In jedem Winkel saß ein kleiner verstaubter Jurist. Sehr langweilig. Und du?«

    »Unser Examen ist in zwei Monaten«, sagte Bertrand.

    Er hatte besonderes Gewicht auf das Wort »unser« gelegt. Hier äußerte sich die eheliche Seite der Sorbonne. Man sprach vom Examen wie von einem Säugling.

    Der Onkel wandte sich an mich:

    »Sie stehen auch vor einem Examen?«

    »Ja«, sagte ich vage. (Meine Tätigkeiten, so geringfügig sie auch waren, beschämten mich immer ein wenig.)

    »Ich habe keine Zigaretten mehr«, sagte Bertrand.

    Er stand auf, und ich folgte ihm mit den Augen. Er ging schnell und geschmeidig. Manchmal dachte ich, daß dieses Gebilde aus Muskeln, Reflexen und mattgetönter Haut mir gehöre, und das schien mir ein erstaunliches Geschenk.

    »Was machen Sie, abgesehen von den Examen?« fragte der Onkel.

    »Nichts«, sagte ich. »Zumindest nichts Besonderes.«

    Ich hob die Hand in einer Geste der Mutlosigkeit. Er fing sie in der Luft auf. Ich blickte ihn an, grenzenlos erstaunt. Eine Sekunde lang fuhr es mir durch den Kopf: ›Er gefällt mir. Er ist ein bißchen alt, und er gefällt mir.‹ Aber er legte meine Hand lächelnd auf den Tisch zurück.

    »Ihre Finger sind voller Tinte. Das ist ein gutes Zeichen. Sie werden Ihr Examen bestehen und einen ausgezeichneten Rechtsanwalt abgeben, obwohl Sie keinen sehr redseligen Eindruck machen.«

    Ich lachte mit ihm. Er mußte mein Freund werden.

    Aber Bertrand kam schon zurück; Luc redete mit ihm. Ich hörte nicht, was sie sagten. Luc hatte eine langsame Stimme und große Hände. Ich sagte mir: »Das ist der Idealtyp eines Verführers von kleinen Mädchen meiner Sorte.« Und schon war ich auf der Hut. Nicht genug, um nicht ein kleines Gefühl von Unbehagen zu haben, als er uns für den übernächsten Tag zum Mittagessen einlud, aber mit seiner Frau.

    Zweites Kapitel

    Vor dem Mittagessen bei Luc verbrachte ich zwei recht langweilige Tage. Was hatte ich im Grunde auch zu tun? Ein wenig für ein Examen arbeiten, das mich nicht sehr weit bringen würde, in der Sonne herumliegen, mich von Bertrand – ohne allzuviel Gegenliebe – lieben lassen. Übrigens hatte ich ihn gern. Vertrauen, Zärtlichkeit, Achtung waren meiner Meinung nach nicht zu verschmähen, und

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