Die endlose Zeit des Augenblicks: Zu Fuß von Köln bis ans Ende der Welt
Von Swantje Kuball
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Über dieses E-Book
Immer mehr Menschen wollen immer schneller vorankommen. Wohin eigentlich?
Ich bleibe erst einmal sitzen, genieße den Augenblick, fühle die Wärme der Sonne und spüre, dass nicht nur die Lasten des Rucksacks von meinen Schultern fallen.
Jetzt, in diesem Augenblick, habe ich wirklich alle Zeit der Welt.
Unterwegs auf dem Jakobsweg: Auf der Via Lemovicensis durch Frankreich und dem Camino del Norte durch Spanien.
Swantje Kuball
Jahrgang 1962 Mutter eines Sohnes Gärtnerin aus Leidenschaft Seit -zig Jahren im sozialen Bereich tätig "Umwege erhöhen die Ortskenntnis"
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Buchvorschau
Die endlose Zeit des Augenblicks - Swantje Kuball
Vorweg.
Ja, ich habe es getan. Ich habe – geordnet – alles hingeworfen und mich auf den Weg gemacht, Richtung Süd-West. Einmal im Leben.
Es ist mit dem Pilgern so wie mit vielen Dingen im Leben: Wenn man keine Ahnung hat, denkt man, es ist leicht. Wenn man ein bisschen Ahnung hat, fürchtet man, es nicht zu bewältigen. Und wenn man ein bisschen mehr Ahnung hat, sieht man:
Es geht schon.
Danke an alle, die mich mit ihren guten Gedanken und Wünschen begleitet haben.
Inhaltsverzeichnis
Sonntag, 6. Mai, kurz nach 19.00 Uhr
Tag 1, Dienstag, 2. April
Tag 2, Mittwoch
Tag 3, Donnerstag
Tag 4, Freitag
Tag 5, Samstag
Tag 6, Sonntag
Tag 7, Montag
Tag 8, Dienstag
Tag 9 – 11, Mittwoch – Freitag
Tag 12, Samstag
Tag 13, Sonntag
Tag 14, Montag
Tag 15, Dienstag
Tag 16, Mittwoch
Tag 17, Donnerstag
Tag 18, Freitag
Tag 19, Samstag
Tag 20, Sonntag
Tag 21, Montag
Tag 22, Dienstag
Tag 23, Mittwoch
Tag 24, Donnerstag
Tag 25, Freitag
Tag 26, Samstag
Tag 27, Sonntag
Tag 28, Montag
Tag 29, Dienstag
Tag 30, Mittwoch
Tag 31, Donnerstag
Tag 32, Freitag
Tag 33, Samstag
Tag 34, Sonntag
Tag 35, Montag
Der erste Tag der 6. Woche, Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Pfingstsonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Beginn der neunten Woche, Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Der erste Tag der zehnten Woche, Dienstag
Mittwoch, 5. Juni
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Der erste Tag der elften Woche, Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag, 18. Juli, 15. Woche
Tag 100, Mittwoch, 9. Juli
Tag 101, Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Und nun??
Sonntag, 6. Mai, kurz nach 19.00 Uhr
„C'est trop cher pour vous, Madame – „Das ist zu teuer für Sie, gute Frau.
Die chic frisierte und geschmackvoll gekleidete Französin sieht mich mit einem freundlichen Lächeln an. Seit Tagen freue ich mich auf diesen Tag, an dem ich hier in Vezelay ankomme. Vezelay liegt im französischen Burgund. Es ist der Ausgangsort der Via Lemovicensis, einem der vier historischen Hauptwege Richtung Pyrenäen und dann weiter Richtung Santiago de Compostela. Ich bin unterwegs auf dem Jakobsweg.
Gestartet bin ich vor 34 Tagen, in Köln, und bis hierher bin ich fast 800 km gegangen, durch Schnee, Regen und Frühlingssonne. Jetzt freue ich mich auf 2 Tage Luxusleben, ein Zimmer nur für mich und Duschen und Füße hochlegen. Und dann möchte ich erholt weitergehen Richtung Süden.
Wer weiß, was mich ab hier erwartet.
Aber jetzt brauche ich erst einmal für hier und heute ein Bett.
„Der Weg wird für Dich sorgen" – das hatte mir Katherine, die ich vor 8 Tagen unterwegs kennengelernt habe, gesagt. Seitdem habe ich nicht mehr, wie im Pilgerführer für Frankreich ausdrücklich empfohlen, jeden Abend brav meine Unterkunft für den nächsten Tag vorausgebucht, sondern bin morgens vertrauensvoll losmarschiert – und bisher hat es immer prima geklappt.
Aber heute ist irgendwie der Wurm drin. Wie üblich habe ich mich wieder großräumig verlaufen und bin viel später angekommen als geplant. Das kleine Hotel, das ich mir als Luxusetappenziel ausgesucht hatte, sieht zwar von außen sehr gemütlich aus, es ist aber leider, wie so vieles hier in Mittelfrankreich, geschlossen und „A Vendre – „Zu verkaufen
. Also klingel ich bei der kleine Pension in der Straße gegenüber.
Aber die Madame sieht mich nur an.
„C'est trop cher pour vous" – Na, danke schön, wie sehe ich denn heute aus?
Und nun? Was mache ich nun?
Vor 34 Tagen in der Nähe von Bremen:
Tag 1, Dienstag, 2. April
Es ist sonnig und kalt. Meine Mutter bringt mich zum Bahnhof. Mir ist doch ein bisschen mulmig: jetzt geht’s los! Die letzten Wochen waren voll mit Arbeit, Organisieren, Planen und Packen. Ich freue mich total auf meine Freiheit jetzt, aber: das ist schon ziemlich viel leerer Raum vor mir gerade. Ein halbes freies Jahr.
Ich habe im letzten November meine Arbeit im Seniorenheim gekündigt, nach 19 Jahren, vorletzte Woche hatte ich dort meinen letzten Tag. Mein Zimmer in der gemeinsamen Wohnung mit meinem 21-jährigen Sohn habe ich ausgeräumt und an einen Freund meines Sohnes vermietet. Die beiden passen nun auf die Möbel und die Katze auf, während ich weg bin.
Ich bin ab jetzt nämlich mal weg.
Vor 2 Jahren hatte ich eine mittlere Krise: Ich arbeite schon 17 Jahre im Seniorenheim, bin alleinerziehend und habe noch 17 Jahre bis zur Rente – wo bleibt denn in meinem Leben mal Raum für mich?
Bei Bewohnern und auch Kolleginnen hatte ich es oft gesehen: die ganz ganz Fleissigen hatten später viel viel Zeit – aber oft nicht mehr die Gesundheit und Energie, sie zu nutzen.
Schon aus dem Studium kannte ich den Begriff des Sabbatjahres: regelmäßig alle 7 Jahre Pause im Lehrbetrieb machen, um sich wieder der Forschung und persönlichen Entwicklung zu widmen. Eine unserer Professorinnen wollte damals gerne alle in ihrem Berufsleben noch anfallenden Sabbatjahre am Stück nehmen, um mal so richtig Abstand zu gewinnen. Gute Idee – aber das ist denn doch nicht bewilligt worden.
Mir reicht ja schon die Vorstellung von einem Sabbatjahr – und das habe ich dann aus ökonomischen Gründen auf realistisch zu finanzierende 6 Monate zurecht geplant.
Ein halbes Jahr frei – eine geniale Vorstellung, die mir wieder Schwung für die Zeit gab, bis mein Sohn seine Schule abgeschlossen hatte und meiner Auszeit nichts mehr im Weg stand.
Und dann habe ich gekündigt.
Vorher hatte ich mir in vielen schönen Momenten überlegt, was ich dann mit meiner ungewohnten Freiheit anfangen möchte. Auf jeden Fall weg. Eine Zeit lang überlegte ich, mit einer Reisegruppe von Berlin aus über Moskau nach Peking zu radeln und dann eventuell über Indien zurück zu reisen.. Aber irgendwie war das nicht das Richtige, ich wollte ja nicht wieder in eine neue Tretmühle mit Gruppendruck. Und bezahlbar musste es auch alles bleiben.
Ich liebe schon immer Frankreich, besonders die Gegend zwischen Bordeaux und Biarritz am Atlantik. Und: seit 2008 pilgern wir mit mehreren Frauen in Tagestouren auf dem Jakobsweg ab Bremen, immer Richtung Santiago de Compostela. Wenn mir früher mal jemand gesagt hätte, dass ich mal gerne wandern würde…
Nein, Stopp: Pilgern ist nicht Wandern. Wir pilgern und wir haben auch ganz bewusst diesen Weg ausgesucht. Ein Zeitungsartikel hatte berichtet, dass der Jakobsweg, der ja mindestens seit Hape Kerkelings Buch vielen bekannt ist, auch direkt durch Bremen verläuft. Eines Sonntags im Herbst sind wir gestartet.
„Der Jakobsweg beginnt an Deiner Haustür". Nach 3 Jahren waren wir noch nicht so richtig weit, aber immerhin schon in Vechta. Stück für Stück und jedes Stück war wunderschön.
Der Begriff „Pilger wird von dem lateinischen „Peregrinus
abgeleitet und bedeutet: in der Fremde sein. Seit Urzeiten machen sich Menschen aus unterschiedlichsten Gründen auf in die Fremde.
Und: Pilgern ist Beten mit den Füßen. Auf unserem Weg Richtung Süden hatten wir für vieles Grund zum Bitten und zum Danken. Von Anfang an war das Gefühl, auf dem Jakobsweg mit seiner jahrhundertealten Geschichte unterwegs zu sein, ein ganz anderes als auf einer „normalen" Wanderung.
Dann schenkte mir eine Freundin einen Pilgerführer über den Camino del Norte, den Jakobsweg über Nordspanien. Den hatte sie irgendwo zufällig gefunden. Ich wusste vorher gar nicht, dass es mehrere Caminos gibt – und nun war hier ein Weg direkt an meinem Lieblingsatlantik entlang – mein Weg.
Das mache ich. Da gehe ich lang.
Im letzten Jahr hatte ich mich schon tageweise zur Probe allein auf den Weg gemacht, immer auf dem mit der gelben Jakobsmuschel markierten Weg weiter, Osnabrück, Münster, Köln.
Das Unterwegssein gefiel mir richtig gut.
Mal sehen, wie weit ich so komme. Bis zum Meer?
Also stehe ich jetzt hier in Köln, nach 3 Stunden Bahnfahrt ab Bremen, mit meinem doch ziemlich ungewohnt schweren Rucksack.
In Norddeutschland liegt immer noch Schnee. Ich habe wirklich kurz überlegt, ob ich mir Spikes mitnehmen soll, für die Eifel. Ich habe es zum Glück gelassen. Hier in Köln ist es schon frühlingshaft. Die Sonne scheint und ich starte mit einem Cappuccino im Straßencafé. Wie Urlaub, wie Hape, wie Spanien!
Dann gehe ich durch die Kölner Vororte weiter. Ein Mann transportiert einen jungen Baum im offenen Käfercabrio, Tulpen blühen vor den Blumenläden.
Ich laufe und jauchze und frohlocke innerlich bei jedem Schritt. So schön kann es sein.
Nach gut drei Stunden wird es schon etwas hügeliger und ich finde bald die Jugendherberge. Ich beziehe mein vorbestelltes Zimmerchen und bin beeindruckt, was ich alles aus meinem Rucksack zaubern kann. Ich dusche und verarzte meinen linken Hacken. Durch den langen Winter habe ich meine Wanderschuhe nicht richtig eingelaufen. Aber im letzten Jahr hatte mir eine Mitpilgerin einen tollen Blasentipp gegeben: einfach mit Tapeband abkleben. Ich habe eine ganze Rolle dabei.
Tag 2, Mittwoch
Nach einer Stunde unterwegs habe ich einen wunderbaren Blick zurück auf Köln. Der Dom ist immer noch gut zu erkennen. Er war lange das höchste Gebäude der Welt. Erst nachdem der Aufzug erfunden wurde, werden auch Wohn- und Bürohäuser höher gebaut. Gerade aus der Entfernung: ein beeindruckendes Bauwerk.
Die Gegend wird hügeliger und waldiger. Am frühen Nachmittag bin ich in Weilerswist. Auch hier habe ich mich angemeldet, ich kann im Gemeindehaus schlafen. Nach meine 4 qm gestern habe ich nun ca. 400 qm für mich. Leider ist das Pilgersofa zur Zeit verliehen, aber was macht das schon. Ich habe meine Alu-Isomatte und meinen Schlafsack dabei und richte mich häuslich auf dem Fliesenboden ein. Abends gehe ich zum ersten Mal in eine Katholische Kirche zur Messe. Ich bin beeindruckt, wie viele Menschen in der Woche zur Kirche kommen. Und wie schön gesungen wird. Das ist bei uns im evangelischen Norden anders.
Anschließend schreibe ich noch kurz eine SMS nach Hause – und berichte von meine ägyptischen Füßen. Es sind mittlerweile doch schon einige Blasen und da ich sie weiterhin mit dem weißen Tapeband abklebe, sehen meine Füße wirklich etwas mumienhaft aus. Ach, das wird schon wieder.
Es ist noch früh und ich beginne mit der ersten Lektion von meinem französischen Sprachkurs. Ich habe mir für die Reise einen iPod gegönnt, damit kann ich Fotos machen, Bücher lesen – z.B. den Sprachführer, Notizen machen, Musik hören und auch über WLAN ins Internet kommen.
In drei bis vier Wochen möchte ich an der französischen Grenze sein.
Tag 3, Donnerstag
Die längste Nacht …
Auf Fliesen mit einer dünnen Alu-Isomatte – so richtig gemütlich war es nicht. Und eisekalt. Ganz zum Schluß habe ich mir noch meine silbergoldene Erste-Hilfe-Notdecke dazugeholt. Ich freue mich, dass ich mich nun wieder warmlaufen darf – und vom Pastor habe ich noch eine Tafel Nussschokolade geschenkt bekommen. Auch schön!
Das Wetter ist sonnig, die Gegend wird immer hügeliger und ländlicher. Mal sehen, wie weit ich heute komme. Hier kennt mich ja keiner und ich packe endlich meine Treckingstöcke aus. Das sieht ja etwas gewöhnungsbedürftig aus, aber nach einiger Zeit läuft es sich wirklich ganz gut damit.
Pilgern ist wunderschön – bis auf die blöden Füße …
Gegen Abend bin ich in Bad Münstereifel. In meinem Pilgerführer steht eine Geschichte von zwei Pilgern im Mittelalter, die von hier aus bis Santiago de Compostela und zurück(!) in 5 Monaten gelaufen sind. Beachtlich! Die konnten ja nicht einfach mal ein Taxi nehmen – aber vielleicht öfter mal ein Stück auf einem Pferdewagen mitfahren? Ich möchte jetzt nur noch eben schnell zur Jugendherberge. Die liegt allerdings ziemlich weit oben auf dem Berg und ich schaffe es sogar noch, mich auf den schmalen Waldwegen etwas zu verlaufen. Aber dann: ein klasse Zimmer ganz für mich allein.
Und: endlich, endlich die Schuhe ausziehen. Vielleicht sollte ich morgen mal in Sandalen laufen? Kein guter Plan, hier liegt noch Schnee.
Tag 4, Freitag
Ich bin gerade eine viertel Stunde wach, da geht im Flur die Feuersirene los. Alle laufen wuselig hin und her und treffen sich nach kurzer Zeit draußen auf der grauen und eisigen Straße vor der Jugendherberge. Eine Gruppe junger Menschen mit Handicap, teilweise in Rollstühlen, und ihre Begleiter sind dabei sowie eine Mutter mit zwei Kleinkindern. Sie läßt die Kinder bei mir und läuft nochmals zurück, um die Winterjacken zu holen. Was ist hier los? Um warm zu werden, singt die Gruppe „Laurentia, liebe Laurentia mein" und wir alle machen bei den Bewegungen mit. Mit lauter Sirene kommen endlich drei Feuerwehrwagen angefahren und nach weiteren kalten langen Minuten dürfen wir alle wieder hinein. Fehlalarm.
Nein, Sandalentag ist heute nicht, dann lieber weiter mit den festen Schuhen, wird schon.
Ab jetzt wird der Weg richtig bergig und winterlich. Wie gut, dass ich meine Stöcke habe auf diesen verschneiten Wegen. Es ist ein bisschen wie Winterwandern im Harz. Allerdings hatte ich da nie einen fast 10 kg schweren Rucksack dabei. Zuhause habe ich alles mit der Waage ausgewogen und wirklich nur das Notwendigste eingepackt. Jetzt bin ich froh, dass ich Mütze und Handschuhe dabei habe – und das Merinowollhemd meiner Oma.
Der Schnee knirscht unter meinen Sohlen und auf den hohen Bäumen glitzert das Weiß im Sonnenschein. Es ist wunderschön hier.
Als ich am Waldrand meine Mittagsbutterbrotpause mache, stapft ein Wanderer mit großem Rucksack vorbei, vielleicht auch ein Pilger?
Am Nachmittag erreiche ich die Jugendherberge in Blankenheim, eine urige alte Burg, so richtig mit Rittersaal – und mit warmem Abendessen. Pünktlich zum Freitag gibt es Fisch. Ich sitze mit einer jungen Frau und ihrem ca. 6-jährigen Sohn am Tisch, sie haben hier die Osterferien verbracht. Schön, sich mal wieder unterhalten zu können.
Auch den Wanderer von heute Mittag treffe ich im Speisesaal wieder. Er ist tatsächlich mit einer Bekannten für 4 Tage auf dem Jakobsweg unterwegs, morgen fahren sie schon wieder nach Hause. Die Frau hat sich bereits am ersten Tag die Füße so kaputt gelaufen, dass sie nun die Tagesetappen mit dem Bus vorfährt. Ein bisschen tröstet es mich, dass auch andere Fußprobleme haben. Geteiltes Leid… Sie ist zum ersten Mal auf Pilgerreise und sehr überrascht, wie anstrengend es ist, den ganzen Tag mit Gepäck unterwegs zu sein. Eigentlich wollte sie diesen Sommer in Spanien starten. Nun ist sie aber gar nicht mehr sicher, ob das Pilgern überhaupt etwas für sie ist. Ich berichte gerne von meinen Freud- und auch Leiderlebnissen in den letzten Jahren auf dem Weg Bremen – Köln und von meiner nun vor vier Tagen gestarteten Fußreise Richtung Süden. Es braucht eben alles seine Zeit.
Sie hört interessiert zu und fragt dann, ob ich einen Block hätte. Aus Gewichtsgründen habe ich wirklich nur drei DIN A-4 Blätter dabei und eine Kulimine. Das biete ich ihr natürlich an und sie fängt an zu lachen. Nein, sie meint einen Blog, einen Bericht im Internet, über den sie dann meine Reise verfolgen könnte. Nein, so etwas habe ich nicht. Und möchte ich auch gar nicht haben.
Ich merke, wie gut es für mich ist, so allein und total unabhängig unterwegs zu sein, diese Zeit zu haben und keine Verpflichtungen, genial. Aber schade, dass die beiden morgen schon wieder abreisen, ich wäre gerne ein Stück mit ihnen weitergezogen. Abends versorge ich meine Füße, rechts heilt gut ab, links wird wieder zugeklebt. Wird schon.