Fantasy-Lesebuch 4
Von Andrea Bannert, Corinna Schattauer, Mia Neubert und
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Über dieses E-Book
Wie sicher kann man sich auf einem vermeintlich unbewohnten Planeten fühlen?
Wo verläuft die Grenze zwischen Vorsicht und Moral bei der Eindämmung eines Virus?
Warum beginnen manche Kämpfe erst nach dem Ende einer großen Schlacht?
Wie können 13 Briefe mehr als nur ein Leben verändern?
Die Antworten auf diese Fragen finden sich in dieser Anthologie. Klassische Fantasy, Science-Fiction, Dystopisches und Gänsehautmomente laden zum Schnuppern in unterschiedliche Subgenres ein – zum Lesen, Vorlesen und Nacherzählen. Fünf AutorInnen, fünf Geschichten und eine gewagte Mischung, die viel zu schade für die Schublade wäre.
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Rezensionen für Fantasy-Lesebuch 4
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Buchvorschau
Fantasy-Lesebuch 4 - Andrea Bannert
Fantasy
Lesebuch 3
Ingrid Pointecker (Hrsg.)
Anthologie
Die Deutsche Bibliothek und die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnen diese Publikation in der jeweiligen Nationalbibliografie. Bibliografische Daten:
http://dnb.ddp.de
http://www.onb.ac.at
© 2017 Verlag ohneohren, Ingrid Pointecker, Wien
www.ohneohren.com
ISBN: 978-3-903006-75-1
1. Auflage
Covergestaltung: Ingrid Pointecker
Coverillustration: natalia_maroz | shutterstock.com
Sonstige Grafiken: doodleguy, GameFreak7744, mazeo, Firkin, j4p4n | openclipart.org
Lektorat, Korrektorat: Ingrid Pointecker
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und/oder des entsprechenden Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Alle Personen und Namen in diesem E-Book sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Inhaltsverzeichnis
Im Netz
Andrea Bannert
Die singenden Bäume
Corinna Schattauer
Typ B
Mia Neubert
Die letzte Aufgabe
Jacqueline Mayerhofer
Die 13 Briefe des Paulus Marinus
Fabian Dombrowski
Die AutorInnen
Im Netz
Andrea Bannert
Rotgold spiegelt sich die aufgehende Sonne im Sekretband, mit dem sie ihre Beute umwickelt hat. Die Fliege zuckt noch dreimal mit den Beinen, dann wirkt der tödliche Biss. Langsam bewegt sich Ariane auf ihren acht Beinen zurück in die Mitte des perfekt gezirkelten Netzes. Um sie herum: sauber umsponnene Beute. Wespen, Hummeln, Bienen, Schmetterlinge. Genug Nahrung für die nächsten Monate. Denn sie ist gut, verdammt gut – die Beste! Das Innere der Mahlzeiten wartet darauf ausgesaugt zu werden. Aber sie hat längst keinen Hunger mehr. Träge streckt sie das rechte vordere Bein in die Luft, klappt ihre großen Kieferklauen aus … wieder ein.
Auf einmal spannt sie alle Gliedmaßen an, die Hörhaare auf ihrem Körper ragen steil in die Luft. Angestrengt versucht Ariane das leise Geräusch zu verstehen, das wie ein Flüstern hinter dem säuselnden, glucksenden und wimmernden Wald schwebt. Aber es dringt wie ein Pfeil direkt in ihr Gehirn. „Mhm…, Morrrrrg…, Morgen, Morgen", wiederholt Ariane wieder und wieder, während sie sich geschickt aus ihrem Netz abseilt und die Verfolgung des Lautes aufnimmt.
Sollen die anderen Spinnen sie doch für noch verrückter halten, als sie das ohnehin schon tun. Sie ist anders. Ariane hat viele ihrer Artgenossen kommen und gehen gesehen. Und über die Zeit entwickelte sie ungewöhnliche Interessen. Während die anderen Webspinnen sich auf die Jagd konzentrieren, ist Ariane von etwas anderem magisch angezogen: den Menschen.
Morgen – das ist der Beginn des Tages, dann, wenn die Sonne aufgeht und alle Möglichkeiten noch vor einem liegen. Inzwischen kennt sie viele der Worte, die die Menschen benutzen. Mehr noch, sie kann die Stimme dieser seltsamen Wesen imitieren. Keine andere Spinne im Wald hat eine ähnliche Fähigkeit. Sie will herausfinden, wo die Menschen herkommen, wo sie auf die Jagd gehen und wieso es im Wald nur so wenige von ihnen gibt.
Ariane flitzt durchs Unterholz. Die Vibrationen, die die Menschenbeine auf dem Boden verursachen, verraten ihr, dass zwei Leute durch den Wald laufen. Sie bewegen sich ungewöhnlich schnell vorwärts – rascher als die meisten ihrer Art. „Ich biege schon hier ab – muss um acht in der Uni sein", sagt einer der beiden außer Atem.
Uni? Verdammt. Schon wieder ein Wort, das sie noch nicht entschlüsselt hat.
„Okay. Ich jogge trotzdem die große Runde. Sehen wir uns morgen?"
„Ne. Hab Lernstress. Ich meld mich bei dir."
Ariane saugt jedes Wort auf, wie ein Schwamm. Zusammen mit dem Schweißgeruch, den die Männer verströmen. Sie folgt dem Menschen, der noch länger im Wald bleiben wird.
Er ist schnell, sodass sie ihn immer wieder aus den Augen verliert. Als sie ihn endlich fast eingeholt hat, erzittert der Waldboden unter einem gewaltigen Schlag. Die hochgewachsene Gestalt liegt nun flach auf dem Boden. Wenn Menschen diese Haltung einnehmen, geben sie für gewöhnlich unangenehme Geräusche von sich – dieser jedoch nicht. Neugierig setzt sie ihr vorderstes rechtes Bein auf sein blondes, gewelltes Haar, das unter der schwarzen Kappe hervorquillt. Dann kriecht sie langsam über den stoppeligen Bart. Als sich der Mann immer noch nicht bewegt, saust Ariane seinen Körper entlang. Sie möchte alles an diesem seltsamen Wesen erkunden. Von den dicken Augenbrauen, der kantigen Nase und dem spitzen Kinn seilt sie sich auf seine Brust ab, flitzt über das blaue T-Shirt und die schwarze kurze Hose bis zu den behaarten Beinen. Er reagiert nicht. Offensichtlich ist er bewusstlos nach seinem Sturz über einen Ast, der nun hinter seinem rechten Fuß liegt.
Bisher hat keines der großen Wesen ihr geantwortet. Sie ignorierten ihre Worte oder liefen erschrocken weg. Aber dieser Mensch kann nicht türmen, jedenfalls nicht sofort. Wenn sie ihn jetzt einspinnen würde, könnte sie ihn festhalten. Er müsste auf all ihre Fragen antworten. Ein angenehmer Schauer durchläuft ihren feingliedrigen Körper.
Ariane zieht klebrige Fäden aus ihren Spinndrüsen und beginnt die Arbeit bei den Füßen. Alleine diese sind um ein Vielfaches gewaltiger als der größte Schmetterling, den sie je erbeutet hat. Vorsichtshalber spritzt sie ihr Gift in seine Fesseln, auch wenn sie weiß, dass es gegen ein so großes Tier nicht wirkt. Nach den Füßen folgen die Arme, dann umwebt sie die Beine. Es ist Abend, als sie auch den verletzten Kopf in ihre Sekretbänder einwickelt – nur die Augen und den Mund lässt sie frei.
Der Mensch zeigt noch immer keine Regung. Sie wird ungeduldig. Aber dann gibt er doch einen Laut von sich. Zu Arianes Bedauern klingt dieser alles andere als menschlich. Es ist ein tiefes Röcheln – wie wenn eine Eule ihr Gewölle auswürgt. Dann ein Hustenanfall. Das nachfolgende Stöhnen kann die Spinne schon eher entzücken. Als der Mann vorsichtig versucht Arme und Beine zu strecken, stockt Ariane der Atem. Noch hält das Netz. Er schlägt die Augen auf. Sein Blick erstarrt, als er begreift, dass er gefangen ist. Panisch windet er sich nach allen Seiten, versucht zu strampeln, ruft um Hilfe. Minutenlang. Aber ihr Faden hält – er kann sich nicht befreien. Wahrscheinlich ist er durch den Sturz stark geschwächt.
Noch hat er sie nicht bemerkt, obwohl sie direkt neben seinem rechten Ohr kauert. Durch die Fadenhülle an seinem Hinterkopf nässt eine rote Flüssigkeit. Blut. Er hat sich verausgabt - seine Augen fallen langsam wieder zu.
Nein! Er darf