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Die Hebamme oder das gestohlene Kind
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eBook440 Seiten6 Stunden

Die Hebamme oder das gestohlene Kind

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Über dieses E-Book

ZU HEDWIG DER HEBAMME UND DEM GESTOHLENEN KIND
Dieses Thema wählte ich als Autor für meinen Roman. Er spielt in einer Zeit, die im Umbruch begriffen war und dies in mancherlei Hinsicht. Es ist das frühe 19.Jahrhundert.
Die westliche Welt begann sich zu modernisieren. Die Dampfmaschine, der elektrische Strom und die Telegrafie. Eine Entdeckung jagte die andere. Eine Erfindung die nächste. Es regte sich etwas in Europa.
Viele helle Köpfe verließen Europa und wanderten aus, in die Neue Welt. Amerika das aufstrebende, das gelobte, das freie Land. Sie alle wollten dem verstaubten Europa den Rücken kehren.
Das Obrigkeitsdenken geriet ins Wanken. Hatte es doch Dimensionen angenommen, die einem die Luft zum Atmen nahmen.
Die Frauen begannen sich zusammenzuschließen, um gegen Missstände zu Felde zu ziehen, die sie bevormundeten. Sie protestierten für ihre Zulassung an den Hochschulen. Sie wollten mehr sein als nur das Eigentum eines Mannes nach der Heirat, nicht von ihm abhängig und Untertan sein. Missstände, die der Obrigkeit gefielen und ihr sehr entgegen kamen. Der Klerus hatte sich zu viel Mitbestimmungsrechte angeeignet und wollte überall mitreden. In der Ehe, wie in der Politik nahm er großen Einfluss. Das System der Monarchie begann zu wanken und stürzte sich in die abwegigsten Abenteuer. Flucht, Rebellion, Anarchie, Umsturz.
Dazu kam der Bau der ersten Eisenbahn, die Elektrizität hielt Einzug, sie verdrängte die Gasbeleuchtung. Die ersten Autos wurden gebaut und die Infrastruktur musste neu geregelt werden. Das Dampfmaschinenzeitalter war angebrochen. Kurz um, die Technisierung hielt Einzug und war nicht mehr aufzuhalten. Eine bewegte Zeit.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum31. Jan. 2017
ISBN9783743178915
Die Hebamme oder das gestohlene Kind
Autor

Werner Sagan

Der Autor, Werner Sagan, wurde 1934 in Dresden geboren. Einem Ort, in dem sich der Konflikt zwischen Braun und Rot in Deutschland, als graues und bedrohliches Monster mit der aufgehenden Sonne immer höher schob. Zwischen den Wirren und den darauffolgenden Kriegsjahren hat er viel Leid, Neid, Elend und Hass gesehen. Mit der Flucht in den Westen sollte sich alles für ihn ändern. Über Berlin, Stade, Essen, Münster und Velbert gelang er mit seiner Lebensgefährtin in den Norden. Das Emsland mit seiner Weite und Ruhe soll die letzte Station sein. Hier in der Stille der Natur versucht er, mit seinen kleinen Romanen einen Leserkreis zu finden.

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    Buchvorschau

    Die Hebamme oder das gestohlene Kind - Werner Sagan

    Inhalt

    Die Hebamme oder das gestohlene Kind

    Impressum

    Die Hebamme

    Das gestohlene Kind

    Roman

    von

    Werner Sagan

    Autor

    Die Textstellen sind aus der Bibel, Erläuterungen und Erklärungen sind Entnommen aus

    WIKIPEDIA

    Die freie Enzyklopädia

    Zum Autor

    Der Autor, Werner Sagan, wurde 1934 in Dresden geboren. Einem Ort, in dem sich der Konflikt zwischen Braun und Rot in Deutschland, als graues und bedrohliches Monster mit der aufgehenden Sonne immer höher schob.

    Zwischen den Wirren und den darauffolgenden Kriegsjahren hat er viel Leid, Neid, Elend und Hass gesehen.

    Mit der Flucht in den Westen sollte sich alles für ihn ändern.

    Über Berlin, Stade, Essen, Münster und Velbert gelang er mit seiner Lebensgefährtin in den Norden. Das Emsland mit seiner Weite und Ruhe soll die letzte Station sein. Hier in der Stille der Natur versucht er, mit seinen kleinen Romanen einen Leserkreis zu finden. 

    Meppen 2016

    Die puritanische Heuchelei war schon immer

    größter Feind des Menschengeschlechts.

    Dieses Buch ist all denjenigen gewidmet,

    die vor einem dieser Probleme stehen

    oder gestanden haben. Den Mensch, mit all

    seinen Schwächen und Stärken, ist wie ein

    Sandkorn in der Wüste, ein Spielball der

    Naturgewalten. Einflüssen ausgeliefert die er

    selbst nicht beeinflussen kann. Die Hoffnung

    auf Gerechtigkeit ist in diesem Falle

    ein schlechter Ratgeber.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

    In der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische

    Daten sind im Internet über http://dnb.dab.de abrufbar.

    ©2016 Werner Sagan

    Herstellung und Verlag

    BoD- Books on Demand Norderstedt

    PROLOG:

    ZU HEDWIG DER HEBAMME UND DEM GESTOHLENEN KIND

    Dieses Thema wählte ich als Autor für meinen Roman. Er spielt in einer Zeit, die im Umbruch begriffen war und dies in mancherlei Hinsicht. Es ist das frühe 19.Jahrhundert.

    Die westliche Welt begann sich zu modernisieren. Die Dampfmaschine, der elektrische Strom und die Telegrafie. Eine Entdeckung jagte die andere. Eine Erfindung die nächste. Es regte sich etwas in Europa.

    Viele helle Köpfe verließen Europa und wanderten aus, in die Neue Welt. Amerika das aufstrebende, das gelobte, das freie Land. Sie alle wollten dem verstaubten Europa den Rücken kehren.

    Das Obrigkeitsdenken geriet ins Wanken. Hatte es doch Dimensionen angenommen, die einem die Luft zum Atmen nahmen.

    Die Frauen begannen sich zusammenzuschließen, um gegen Missstände zu Felde zu ziehen, die sie bevormundeten. Sie protestierten für ihre Zulassung an den Hochschulen. Sie wollten mehr sein als nur das Eigentum eines Mannes nach der Heirat, nicht von ihm abhängig und Untertan sein. Missstände, die der Obrigkeit gefielen und ihr sehr entgegen kamen. Der Klerus hatte sich zu viel Mitbestimmungsrechte angeeignet und wollte überall mitreden. In der Ehe, wie in der Politik nahm er großen Einfluss. Das System der Monarchie begann zu wanken und stürzte sich in die abwegigsten Abenteuer. Flucht, Rebellion, Anarchie, Umsturz.

    Dazu kam der Bau der ersten Eisenbahn, die Elektrizität hielt Einzug, sie verdrängte die Gasbeleuchtung. Die ersten Autos wurden gebaut und die Infrastruktur musste neu geregelt werden. Das Dampfmaschinenzeitalter war angebrochen. Kurz um, die Technisierung hielt Einzug und war nicht mehr aufzuhalten. Eine bewegte Zeit.

    Die Landbevölkerung drängte es in die Städte. Die Industrie brauchte Platz um sich zu entfalten. Fabriken schossen aus dem Boden und benötigten Arbeitskräfte. Es mangelte an Wohnraum. Große Gebäude mit Wohnungen neben den Fabriken erhoben sich aus dem Boden. Die Zeit der Schornsteine mit ihrem Dreck und dem Lärm der Fabriken entstanden.

    Im Hinterland blieben die Bauern mit ihren Höfen und versorgten die Städter. Ein Gerangel und Geschuppse, die Unzufriedenheit wurde größer. Arm und Reich, die Schere klaffte weit auseinander. Abgründe taten sich plötzlich auf, in denen dunkle Machenschaften, durch  entsprechende Gesindel, ihre Untaten und Unwesen trieben. Die Leidtragenden waren meist Kinder und Mütter, Obdachlose und Krüppel, sowie Menschen, die sich selbst nicht helfen konnten.

    Kinder, die kein Zuhause hatten, mussten sich als billige Arbeitskräfte verdingen, um der Familie den Unterhalt zu sichern.

    Es gab viele Waisen und Verstoßene, weil jedes Maul, das es zusätzlich zu stopfen gab, zu viel war. Es mangelte an der nötigen Aufklärung, die man gar nicht haben wollte. Nur die Gebildeten und Begüterten mit entsprechender Schulbildung waren aufgeklärt. Alles unterhalb des Nabels war Tabu. Wenn man darüber sprach, nur in Latein. Jenes Privileg, das zu Luthers Lebzeiten gegen den gesunden Menschenverstand ging. 

    Jedes neue Schäfchen wurde gebraucht, wenn es nur glaubte und den Klingelbeutel jubeln ließ. Und so geriet manch guter Mensch in den Strudel der abwegigen Machenschaften. Auf der einen Seite scherte man sich nicht um den Nächsten, auf der anderen Seite konnte man ihn gut gebrauchen. Neben den strebsamen und arbeitswilligen Menschen gab es auch Arbeitsscheue und Schmarotzer, Müßiggänger, Taugenichtse, Tagediebe, Zuhälter und Dirnen.

    Dazu kamen die feinen Pinkel mit ihren steifen Hüten und Lackschuhen. Jene hinterhältigen Gauner und Halsabschneider, die mit anderen menschlichen Schicksalen Schindluder trieben. Sie nahmen ihnen das letzte Hemd, das sie noch hatten.

    Menschen denen man es nicht ansah, was sie für Geschäfte machten. Diese feine Gesellschaft war eine der Verschwiegenen. Dazu zählten Kaufleute, Geldadel, Wirtschaft, Handwerk, Adel und der Klerus. Für diese Leute war und ist es, bis in die heutige Zeit hinein gelungen, mit geschickten Winkelzügen auf der sicheren Seite zu stehen. Kaum ein weltliches Gericht wird eine Institution, in der der Klerus verwickelt ist, zur Rechenschaft ziehen.

    Erschwert, durch die Unzulänglichkeit in den biologischen Erkenntnissen, wie in der Abstammungslehre, war es in jener Zeit unmöglich, die leibliche Mutter und/oder den leiblichen Vater zu bestimmen. Dies sollte erst viele Jahre später möglich werden.

    Es war also ein Leichtes, ein fremdes Kind als das Eigene auszugeben, außer, es hatte derart auffällige Merkmale und Besonderheiten, die es unmöglich machten. Vorbeugende Maßnahmen wurden mit längerer Abwesenheit vom Wohnort genutzt, um eine Schwangerschaft glaubhaft erscheinen zu lassen. Wer wollte oder konnte dies widerlegen? Die Protagonistin, eine adlige junge Frau, vom eigenen Vater, der um das Ansehen seines guten Namens mehr besorgt war, als um das Wohl seiner Tochter, gezwungen, die voreheliche ungewollte Leibesfrucht fernab zu gebären und verbannte sie zusätzlich von ihrem Wohnsitz. Sie durfte nie wieder in die Nähe ihrer Behausung oder in die Nähe ihrer Umgebung kommen. Vor der Ehe vom Verlobten bedrängt, der sie nach dem Erreichten schamlos im Stich ließ und die versprochene Ehe platzen ließ. Wie sollte eine junge schwangere Frau, ohne den Ring am Finger, dazu in Weiß vor den Altar treten? Unmöglich. Die Zeit war für solche Ausrutscher in der Gesellschaft noch nicht reif. In jener verklärten Zeit, in der es so etwas nicht geben durfte, was heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Schamlos, erniedrigend, verwerflich, unakzeptabel. Wo zwei Menschen sich lieben, ist im Augenblick höchster Gefühle, im Kopf eine gewisse Leere. Dafür sprechen andere Bedürfnisse eine wesentlich größere Rolle. Naturbedingt, unausweichlich, nicht beeinflussbar. Das Allzumenschliche gewinnt die Oberhand.

    Eine Geschichte, die diese Unzulänglichkeiten in jener Zeit erst möglich machten. Sie verdeutlicht die Ohnmacht der Betroffenen. Aber sie zeigt auch die Arroganz der Obrigkeit und deren Einflussnahme. Eine Sittenspirale ohne Ende.

    Diese Geschichte könnte so passiert sein.

    Der Autor

    Handlung und Personen, Orte und Geschehen

    sind rein fiktiv, frei erfundene Eingebungen

    und basieren auf einer Idee. Sie haben keine

    Beziehung zu noch lebenden oder verstorbenen

    Personen, weder mit gleich lautenden,

    gleich klingenden oder ähnlichen Namen,

     ähnliche Orte, oder dergleichen Geschehnissen.

    Es könnte, muss aber nicht passiert sein.

    Einleitung

    Eine junge, unverheiratete, adlige Frau war zu ihrem persönlichen Unglück schwanger. Sie findet im Kloster bei den Schwestern zur Dreifaltigkeit einen geeigneten Platz für die Niederkunft und die nötige Geborgenheit.

    In grauer Vorzeit haben auch zum Teil die Insassen hinter dicken Klostermauern gesündigt, ihre sündige Frucht in den Abort fallen lassen. Die Neugeborenen starben, nein, dieser Ausdruck ist zu human, sie verreckten qualvoll in den Fäkalien der frommen Frauen. Mit ungelöschtem Kalk wurden Aborte abgedeckt, um den Geruch, den Gestank der Verwesung und die Verfehlung zu vertuschen, zu übertünchen und unsichtbar zu machen, was nur teilweise gelang.

    Erst viel später wurden die unfreiwillig gezeugten Kinder über Mittelsmänner weitervermittelt. Die wehrlosen Kinder kamen über dunkle Kanäle zu Ammen und in Waisenhäuser, von wo aus sie schamlos ausgebeutet wurden. Für skrupellose Machenschaften eine sichere Einnahmequelle, selbst für einige hinter den geheimnisvollen dicken verschwiegenen Gemäuern.

    Das Schweigegelübde gebot Schutz vor bösen Überraschungen, von innen und außen. Somit konnte man sicher sein, das nichts, aber auch gar nichts, nach draußen drang, was für die heile Welt da draußen außerhalb der schweigenden Mauern, abträglich sein könnte. Wer bitteschön hängt schon gern seine Verfehlungen an die große Glocke? Am Allerwenigsten die, die eine Solche begangen haben.

    Widerstand und Solidarität machte sich unter den Bessergestellten und den Gönnern breit. Doch gegen das vorherrschende Elend waren es zu wenige ehrliche und aufrichtige Frauen und Männer. Es brodelte und Widerstand regte sich unter den Studenten, in den Verbindungen. Namhafte Größen der Gesellschaft begannen Reformen einzuleiten. Es formierte sich Widerstand. Auch in den Vierteln der Armen, Tagelöhner und Arbeiter wuchs die Unzufriedenheit.

    Eine der ehrbaren Hebammen in dieser Zeit, außerhalb des Klosters lebend, und in unmittelbarer Nähe von Elend und Armut umgeben, ging ihren hilfreichen Pflichten nach. Brachte die Kinder bei Gefahr um Leib und Leben für Mutter und Kind, oder bei komplizierten Geburten der Gebärenden auf die Welt. 

    Bis sie eines Tages mehr durch Zufall von einem Ereignis erfuhr, bei dem sie sogar selbst erste Hilfe geleistet hatte. Angewidert und erzürnt sogleich, über dieses abscheuliche Verhalten derer, die doch für das leibliche, wie für das seelische Gleichgewicht zu sorgen hatten, so die landläufige Meinung.

    Von diesen Menschen die skrupel- und gewissenlos mit menschenunwürdigen Machenschaften behaftet waren, wurden diese Neugeborenen verschachert. Sie machten mit den kleinen Erdenbürgern gute Geschäfte. Konnten doch diese ihre Stimme noch nicht dagegen erheben. Sie waren sprach-, wehr- und hilflos.

    Über Mittelsmänner mit guten Kontakten zu gut betuchten und begüterten  Menschen, die sich mit und für Geld alles leisten konnten. An diese Menschen, kinderlose Ehepaare, an diese wurden sie vermittelt. Was im Großen und Ganzen noch nicht verwerflich war. Es waren die Umstände, mit denen man zu diesen Kindern kam.

    Die Einen wünschen sich ein eigenes Kind und können, aus welchem Grunde auch immer, selbst keine bekommen. Ein mehr als komplizierter Teufelskreis. Wo sollte man ansetzen, wem sollte man an der Sache die Schuld dafür geben, wen an den Pranger stellen?

    Wer, warum, wieso, weshalb? Nichts als Fragen, ohne Antworten.

    Fragen, die nur sehr schwer zu beantworten sind. Es ist kein Problem der Neuzeit, nein dieses Problem gab es schon immer. Und weil dieses Problem erst zum Problem gemacht wird und wurde, finden skrupellose Menschen eine Einnahmequelle, die sie mit ihren miesen Geschäfte

    zu Geld, zu klingender Münze machen. Alles mit dem Leben von Neugeborenen.So zum Beispiel der geistig stark zurückgebliebene, etwas verblödete Hütejunge, der teils auf der Straße, im Stall beim Vieh oder bei Bedarf hinter dem Gemäuer im Kloster nächtigte.

    Ein unliebsamer Ausrutscher der verstorbenen Oberin, er lebte dort und gehörte zum Inventar.

    Denn die Nachfolgerin, die neue Oberin Inozensia, hatte am Sterbebett schwören müssen, sich dem Knaben anzunehmen. Dies tat sie auch hin und wieder im Kloster. Der Knabe durfte in diesen Ausnahmefällen, dicht hinter einem Verschlag bei der Oberin in ihrem Bett nächtigen.

    Ein Faktotum für alles, er hütete das Klostervieh und beackerte alle fruchtbaren Böden. Er war ihr völlig hörig, willenlos ergeben und ausgeliefert; ihrer frommen Geistlichkeit, Dienerin eines entsagenden Lebens!? Er wurde von ihr zu allen möglichen Diensten gebraucht, abgerichtet zu einem nicht ganz tugendhaften und entsagenden Tun. Er war von seinen Fähigkeiten und ihrem Verlangen mehr als nur abhängig. Er war Botenjunge, Hütejunge, Arbeitstier, Sklave seiner Manneskraft und Diener seiner Herrin. Seine Stärke war seine ungeheure Potenz, die er viel öfter einsetzen konnte. Sie machte ihn hörig, zum willigen Werkzeug unzüchtiger Neigung. Seine Opferkerze war zu jeder Zeit entflammbar, verfügbar und einsatzbereit, er opferte sie stets der opferbereiten, lüsternen und sündigen Oberin auf dem Altar und er war ihr völlig untertan und wohlgefällig.

    Kaufmann Rothermund, gleichzeitig Tuchhändler in der Stadt unterhalb des Klosters, hat über Jahre hinweg ein lukratives Geschäft aufgebaut. Er verfügt über große Kenntnisse, Erfahrungen und macht Geschäfte über weite Entfernungen. Er und die Oberin Inozensia haben ein stillschweigendes Abkommen geschlossen, nirgends wird man darüber etwas Schriftliches finden.

    Von nah und fern liegen die Anfragen auf ein Neugeborenes vor. Nicht immer ist es leicht an die gewünschte Ware zu kommen. Dafür gibt es einen zu großen Bedarf um die Nachfrage zu stillen. Hier kam dem Handel, die unerwünschten Nebenerscheinungen von einen Tète a Tète der feinen Herrschaften, gerade recht. Wollten sie doch alle ihr Vergnügen haben. Nur was fängt man mit dem Resultat einer solchen frivolen Nacht an. Lust hin, Lust her, die Saat ausbringen ist die eine Sache, aber wohin mit der Ernte. Die konnte oder wollte man nicht haben. Gut situierte Herren aus gehobener Schicht, aus vornehmen Kreisen, Intellektuelle, Künstler und Rechtschaffende.

    Sie alle waren hin und wieder einem Schäferstündchen nicht abgeneigt. Sind mit bereitwilligen jungen Frauen, die sich fanden, zusammengekommen. Auch ganz unbewusst fanden sich Pärchen zusammen, die nicht zusammen gehörten.

    Der Trieb, die Lust und die Leidenschaft, am Ende nur noch Leiden schafft.

    Man pflanzt den Baum, doch die Früchte davon will man später nicht haben. Wobei alles im gewissen Widerspruch steht.

    Die süßesten Früchte hängen bekanntlich in Nachbar Garten.

    Gier und Machthunger, Lust und Leidenschaft treiben seltsame Blüten. Erst geht es steil bergan und aufwärts. Doch der unweigerliche Absturz ist Programm. Neider, Missgünstige, Frömmler, Gauner, Heuchler, Schmeichler, Pfandleiher und Durchtriebene machen den anderen rechtschaffenen Gaunern zu schaffen.

    Wie alles Böse endet, besser enden sollte, hinter dicken Mauern, so gelingt es doch dem Einen oder Anderen durch die Maschen des Gesetzes zu schlüpfen.

    Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen.

    Wozu gibt es sie denn, diese Winkeladvokaten und Rechtsverbieger?

    Recht haben und Recht bekommen- ist eine Sache der Auslegung. Was gestern noch als Frevel galt, kann heute oder morgen im neuen Licht ganz anders aussehen.

    Schützend hält der die Hand über den Übeltäter, der den meisten Nutzen davon hat oder selbst befürchten muss, mit in den Abgrund gezogen zu werden.

    Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

    Die Zeit manchen Unheils. Es war schon weit nach jener Zeit, in der Missionare noch ausgezogen waren, um vom Nabel der Welt Rom die Lehre vom Allmächtigen zu verkünden. Ganz Europa, von Italien ausgehend nach Westen und Osten, nach Süden und Norden. Im Auftrage der Vertretung des Allmächtigen auf Erden. Sie alle beugten sich dem Willen, der inzwischen allmächtigen Kirche, die im Namen von Maria und Jesus Christus, die Erlösung von dem Bösen versprach. Wohlgenährte Männer, denen das Seelenheil der armen Menschheit so sehr am Herzen lag. Er schickte sie im Namen des bereits erwähnten in die Welt hinaus, um allen Menschen auf Erden das erwünschte Seelenheil zu verkünden.

    Mit allen Mitteln und mit aller Kraft betrieb man den Ungläubigen, den Heiden, den Abtrünnigen, den Glauben an den Allmächtigen näher zu bringen, sie zu bekehren.

    Aber…, war diese so äußerst wichtige Mission, nicht schon längst überholt? Wollten die Naturvölker, die Barbaren, die Menschenfresser, wie man sie nannte, überhaupt bekehrt werden? Lebten sie nicht glücklicher und zufriedener in ihren Ländern, den Urwäldern, den Steppen und an dem Pol im Norden. In den unendlichen Weiten, in der für sie glücklichsten Umgebung. Um was ging es da eigentlich überhaupt? Jeder Einzelne, Mächtige dieser Erde, versuchte auf seine Art und Weise unter welchem Vorwand auch immer noch größer, noch mächtiger und noch reicher zu werden. Was trieb die mächtigen Männer so ungeheuer an? Was steckte dahinter? Kann denn der Mensch in seinem ungeheuren, allmächtigen Glauben so verblendet sein? Dass er, der genau weiß was er tut, dies aus ganz anderen, niederen Beweggründen tut. Und weil er dieses weiß, schiebt er etwas noch Größeres, noch Unwahrscheinlicheres, woran man glauben muss, dem anderen als Vorwand vor. Den wahren Grund behält der schlaue Fuchs für sich ganz allein. Dieser ist so erniedrigend, abscheulich, widerwärtig, entblößend, gemein und zerstörerisch. Tagtäglich muss man diesen Kampf gegen sich selbst kämpfen, man weiß von der ersten Sekunde an, dass man diesen Kampf nie gewinnen kann. Denn…, der Allmächtige hat dies so gewollt. Wovon die Allmächtigen dieser Welt selbst predigen und den Gläubigen es als Sünde verkaufen. Woher weiß der Allmächtige, der nicht Sündigende, von der Sünde? Vom Hörensagen? Vom Selbstbefallen? Wer sagt uns Armen, nicht Wissenden, was Gut und was Böse ist. Was rechtens ist und was unrechtens ist? Wer hat die Moral, die Ethik erfunden? Wer in der Welt hat diese Maßstäbe gesetzt? Wer erhebt sich über sie als ihr Wächter? Wir sind doch alle Kinder unter der gleichen Sonne. Sie scheint doch für jeden. Warum für den Einen mehr, für den Anderen weniger. Wärmer…,schöner…,besser….

    Egal, ob sie wollten oder nicht, mitunter war der Glaube eben auch sehr schmerzhaft. In alle Himmelsrichtungen waren sie damals ausgezogen, um den Menschen die Lehre vom Heil zu bringen. Doch wo auf der Welt gibt es etwas umsonst? Und was ist das Heil? Etwas wofür man nichts bezahlen muss. Ein Geschenk also. Gibt es das überhaupt, Geschenke!? Einer muss immer dafür bezahlen. Ein Unheil kommt selten allein. Alles hat seinen Preis. Zur Knechtschaft durch die Obrigkeit kam noch die des Glaubens dazu. Die Einen lebten davon in Saus und Braus, die anderen mussten dafür schuften. Was blieb den sowieso schon armen Schluckern am Ende? Ganz hinten am Schluss ihres gebeutelten Daseins stand der Tod. Jene schwarze, gesichtslose Gestalt mit dem wehenden schwarzen Mantel und der Sense in der Hand, die den Lebensfaden abschneidet. Früher oder später! Aus und vorbei, für alle, ob reich oder arm. So wie sie auf die Welt kamen, so verlassen sie sie alle wieder. Das letzte Hemd, das Totenhemd, hat keine Taschen. Kaiser, König, Edelmann, Raubritter oder Adelsleute. Alle lebten sie nach den Wünschen, die ihnen von dem Vertreter des Allmächtigen auf Erden zugewiesen wurden. Zum Lobe des Allmächtigen stifteten sie sakrale Bauten. Ließen Kirchen und Klöster errichten, die sie dem Klerus liehen oder übereigneten. Opfergaben und Spenden wurden dem Allmächtigen auf Erden überbracht und angetragen. Schließlich wollte man als gläubiger Landesvater, als Hüter der Moral Schutzbefohlener in den angestrebten Himmel kommen, dort weiterleben im Sinne des Allmächtigen. Egal, was es kostet.

    Das alles klingt wie ein Märchen. Aber steckt nicht in jedem Märchen ein Funke Wahrheit?

    Es war also zu jener Zeit, wo Mord und Totschlag an der Tagesordnung waren. Wo ein Menschenleben nichts wert war. Natürlich nur das der Armen. All die anderen, die auf ihre Fahnen Großmut, Gutherzigkeit, Demut und Ergebenheit geschrieben hatten, sie prassten und

    Gierten nach Macht und Reichtum, Frömmigkeit, Glaube und Unglaube, Aberglaube und Heuchelei. Die Lust und der Trieb. Er erfasste sie alle, ob Männlein oder Weiblein, Kaiser oder Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann, den Frommen wie den Heuchlern,

    Alchemisten und Quacksalber, die ihr Unwesen trieben, fromme Frauen und Weiber, Damen und Dirnen, Kräuterweiber und Hexen. Und dann noch die vielen unschuldigen Jungfrauen von Besessenen und den Besitzenden. Man könnte die Reihe noch lange fortsetzen. Irgendwo zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West. In einem Land, das jedes Land dieser Welt sein könnte, hurten zum Gotterbarmen.

    Die Romantik mit der Biedermeierzeit wich einer neuen Zeit, einer besseren. Das Dampfmaschinenzeitalter. Eine Zeit der Technik zog heran, die schnelle Zeit, die Zeit der Revolutionen. Ein Schnitt, der Reich und Arm noch mehr auseinander driften ließ. Eisenbahnen lösten weitgehend die Postkutschen ab. Immer mehr technische Erfindungen wurden gemacht. Nicht alle waren mit einem glücklichen Ausgang und Ende gesegnet. Verhöhnt, verspottet, ausgelacht, verpönt, verteufelt und geächtet. Die Zeit war noch nicht reif, nicht reif genug für dieses Teufelszeug. Doch wie wir alle wissen, der Siegeszug der Technik war nicht aufzuhalten. Weder von den Frommen, noch von denen, die sich dem Glauben verschrieben hatten, noch den Heuchlern und Hurensöhnen jener Zeit. Wo ständen wir heute, wenn damals der Herr Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, in Mainz um 1400 herum, nicht diese grandiose Idee gehabt hätte, Bücher zu drucken.

    Man stelle sich vor, das was Sie gerade lesen, hätte der Verfasser mit der Hand, die einen angespitzten Gänsefederkiel über das Papier führt, niedergeschrieben, die Tinte oder Tusche dafür hätte er auch noch selbst angerührt. Und wenn er es nicht zu Papier gebracht hätte. Mit der Hand wäre es geschrieben worden. Und von wem? Dreimal dürfen sie raten.

    Genau…. Von diesen Leuten.

    Wovon hier mehr oder weniger berichtet wird.

    Dieses Buch würden Sie heute nicht lesen können. Geschweige denn, bezahlen.

    Ein Buch drucken, dazu mit beweglichen Metalllettern und der Druckerpresse.

    Der Dank geht an Herrn Johannes Gensfleisch, (genannt Gutenberg) nach Mainz...

    Es sind Menschen, wie wir alle. Mit Fehlern behaftet, schuldig im Sinne des Allmächtigen. Nein, wir selbst sind nicht schuldig, nicht vor dem Allmächtigen. Wenn wir also glauben in unserem Glauben, dann hat der Allmächtige den Menschen so geschaffen, wie er ist, mit all seinen guten und bösen Seiten. Seiner ehrlichen und seiner verleugnenden, seiner wahren und seiner falschen, hochherzigen und seiner demütigen,  seiner achtbaren und seiner verachtenden Seite. 

    Der Mensch, das Geschöpf des Allmächtigen, im Geiste dieser Geistlichkeiten. Dieses Geschöpf (ist) müsste also demnach vollkommen sein. Oder, sollte er, der Schöpfer gar gefehlt und sich dilettantisch angestellt haben? Das ist kaum vorstellbar. Nein, dass kann nicht sein. Der erste Mensch auf Erden, so steht es in dem Werk. Was ein gewisser Abraham, aus den Händen des Allmächtigen erhalten haben soll. Jene Gebotsmäßigkeiten, die darauf zur Folge hatten, dass sich diese Menschen aufteilten. Nachzulesen im alten Testament.

    Doch vorher noch... also als nur Adam existierte, da stellt sich doch die Frage, warum wollte er unbedingt jemanden an seiner Seite haben? Was um alles in der Welt hatte er sich dabei gedacht? Wir sind diejenigen, die an diesem Wunsch zu knabbern haben, heute noch. Er wurde vertrieben aus dem Paradies, weil er wissen wollte was passiert, wenn ich die mir köstlich anzusehende Frucht, die so süß und verlockend, so verführerisch mir geboten wird, nehme.

    Und er ließ sich von der hinterlistigen Schlange verführen. Eva, die ihm an die Seite gestellt, aus ihrer Hand nahm er den Apfel, nein das ist nicht korrekt, er nahm die Frucht vom Baume der Erkenntnis.

    Mit anderen Worten, er wurde, nein man schmiss ihn aus dem Paradies und er hatte obendrein sein Leben verwirkt, bestraft mit der Gewissheit, ich muss sterben. Ja wenn…, er doch nur gehört hätte, er würde wohl heute noch leben. Dabei gelangte er aber zu der Erkenntnis,

    „GUT" ist etwas nicht zu tun,

    „BÖSE" dagegen, etwas zu tun, was man nicht tun soll.

    Damit beginnt eigentlich im Sinne derer, die sich dazu berufen fühlen, darüber zu urteilen, was richtig und was falsch ist, einer der beschwerlichsten Wege.

    Der in der Anmaßung gipfelt. 

    >Wir sind gottgleich<

    Wie heißt es doch so schön, wenn man nicht weiter weiß? Wollte man all denen, die sich für unfehlbar halten, die größten Fehler ihres Wirkens hier nur ansatzweise aufführen, würde es den Rahmen dieses kleinen Werkes sprengen. So bleibt uns nur die Erkenntnis…

    „ES GIBT IMMER ZWEI MÖGLICHKEITEN"

    Kapitel 1  Die junge Familie Junkermann

    ie Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen über die Stadt und in die lachenden Gesichter der Menschen. Moritz, der Knabe von Johannes und Hedwig, saß bei seiner Großmutter Sophie auf den Knien. Der Junge hopste vergnügt herum und plapperte unverständliche Worte, die wie Mam und Pap klangen. Sie konnten alles bedeuten. Wie Mama oder Mam Mam. Nur bei Pap konnte man nicht genau hören, ob da noch ein „A" folgte, wohl eher nicht.

    Auch das Wort Oma wollte noch nicht so recht klappen. In ein paar Wochen wird er ein Jahr alt. Ein prächtiger Knabe, der sich ganz zur Freude seiner Eltern entwickelte. Da wird es Zeit, dass er etwas deutlicher spricht. Wenn man ihn so betrachtet, ist er ein kleines Energiebündel.

    Dabei sah es gar nicht gut aus für die beiden Verliebten. Und nach einem glücklichen Happy End-, schon zweimal nicht. Zwischen Johannes und Hedwig lagen Welten. Jene Kluft, die man als Standesdünkel bezeichnete. Er, ein junger Mann aus bescheidenem Hause. Seine Mutter hatte ihn allein erziehen müssen. In mancherlei Hinsicht mehr als eine Doppelbelastung.

    Sophie lernte als junges Mädchen bei einer der angesehenen Familien in der Stadt die Hauswirtschaft. Sie war eine unter den vielen jungen Mädchen, die sich als Hausmädchen in Familien begaben, um eine gewisse Sicherheit mit Kost und Logis zu erhalten. Dazu kam die Möglichkeit, entweder als Zofe für die gnädige Frau zu arbeiten oder als Dienstmädchen den Haushalt zu pflegen. Mit viel Glück konnte man in der Küche bei der ersten Köchin etwas lernen. Sophie durchlief sämtliche Stationen im Haushalt. Demütig und geduldig nahm sie ihre Pflichten in dem Hause als selbstverständlich hin. Eines Nachts legte sich der heranwachsende junge Mann zu ihr ins Bett und schwängerte sie. Es half ihr kein Flehen noch Wehren, der junge Mann nahm sie ohne Rücksicht. Tagelang weinte sie in die Kissen ihres Bettes. Sie war in ihrer Verzweiflung völlig allein. Sie konnte weder zu der gnädigen Frau, noch zu dem Hausherrn gehen. Sie alle hätten ihr nur Vorwürfe gemacht und sie gescholten. Sie vertraute sich einer ihr sehr guten Bekannten an, die sie zu sich nahm. Es war die Freundin ihrer verstorbenen Mutter. Außerhalb der Stadt, in einem der umliegenden Orte, bekam sie ihren Sohn Johannes. Überglücklich und geborgen wuchs der Knabe heran. Und jetzt war sie in der glücklichen Lage den Sohn ihres Sohnes auf den Knien zu schaukeln. Ihre Gedanken schweiften weit über die Bäume hinaus, zu jenem jungen Mann hin, der ihr in seiner stürmischen Leidenschaft etwas zerstörte, was sie in den späteren Jahren für sich als eine Art Prüfung empfand.

    Ja, sie konnte es verstehen wie es in Hedwig aussah. Damals, als ihr Sohn Johannes vom Telegrafenamt nach Hause kam und ihr von einem Wesen erzählte, dem er begegnet war. „Mutter, heute ist sie mir begegnet!"

    „Ach Johannes, was soll das? Wer ist dir begegnet und wo?", fragte sie, sehr um die Gesundheit ihres Sohnes Hannes bangend.

    Johannes zog seinen Mantel aus und setzte sich zu seiner Mutter an den Küchentisch. Hier in der Küche war es um diese Jahreszeit am wärmsten. Die anderen Zimmer zu heizen kostete Zeit und Heizmaterial. Man musste haushalten. Also machte man es sich dort bequem und gemütlich, wo der Ofen stand.

    Drei Jahre-, oder doch schon vier? Sophie überlegte. Doch, doch, es werden bald vier Jahre. Ach, was war er aufgeregt. Er musste sie unbedingt wieder sehen. Dabei kannte er weder ihren Namen noch wusste er etwas über sie. Sie muss ihm den Kopf verdreht haben. Dabei ist er doch eher sehr zurückhaltend. Nein, ich erkenne meinen Sohn nicht wieder. Aufgeregt und angespannt ging er Tag für Tag zum Telegrafenamt. Immer in der Hoffnung, dass sie wieder bei ihm dort erscheint. Er wollte kaum noch essen und trinken. Er begann zu kränkeln. Und dann..., kurz vor Weihnachten, um Nikolaus herum, kam er ganz aufgeregt nach Hause. Später als sonst, ich machte mir damals Sorgen. So spät kam er nie vom Dienst nach Hause. Seine Wangen glühten, so aufgeregt war er. Und dann sprudelte es aus ihm heraus:

    „Ich habe sie gesehen, sie sogar angesprochen. Sie stand vor dem Bilderladen und betrachtete sich die Auslage. Ich habe sie wohl erschreckt. Sie lief weg und ich habe sie aus den Augen verloren. Aber ich hab sie wieder gesehen."

    Mein Gott war der Junge damals glücklich über die Begegnung. Und heute..., ja heute ist sie seine Frau. Und ich darf diesen wunderbaren Knaben auf meinen Knien schaukeln. Was für ein Gefühl? Ich bin Großmutter, Mutter und Schwiegermutter. Hedwig, meine Schwiegertochter ist der Sonnenschein in unserem bescheidenen Zuhause. Sie ist Hebamme geworden.

    Als sie uns das erste Mal besuchte, ich erinnere mich noch ganz genau daran. Sie hatte ein sehr schickes Wollkleid an. Mir brachte sie gebrannte Mandeln..., oder war es Konfekt mit? Ist ja auch egal. Sie hatte damals wie heute eine aristokratische Ausstrahlung, vornehm, höflich mit einer gewissen Eleganz. Damals war sie noch am studieren. Heute ist sie eine angesehene Persönlichkeit in unserer Stadt. Mit Hedwig ist für uns alle frischer Wind in die Familie gekommen. Johannes ist der glücklichste Ehemann auf der Welt und zudem noch stolz auf seine Ehefrau und ich auf meinen Enkelsohn Moritz.

    Damals, so im Mai herum, kam Johannes, von dem obligatorischen Meeting mit der Gruppe Wilder Jugend, aufgeregt und völlig aufgelöst nach Hause. Er fiel mir um den Hals und stammelte wirres Zeug: „Ich habe sie geküsst Mutter!" sagte er ganz aufgewühlt.

    „Wen hast du geküsst Johannes?", fragte ich meinen hochsensiblen und aufgewühlten Sohn.

    „Na sie, wen denn sonst, Mutter!" gab er mir zu verstehen. Mein Gott ist der Junge aufgeregt, ging es mir durch den Kopf. So kannte ich ihn nicht.

    Er holte tief Luft und erzählte mir die ganze Geschichte. Ich konnte es nicht glauben, dass mein Sohn, der doch eher zurückhaltend ist, sich spontan dazu hinreißen lässt und sich der jungen Frau an den Hals wirft. Es muss wohl in der Familie liegen, dieses Stürmische. Was danach folgte schilderte er mir eher beiläufig. Doch das Wesentliche dazu erfolgte etwas später. Johannes und ich mussten in die Kanzlei von Rechtsanwalt Franz Helmholz und Kompagnon Heinrich Schlingsiepen kommen. Etwas unsicher, was auf uns zukommt, betraten wir das Büro. Man begrüßte uns ausnehmend höflich und freundlich. In einem Nebenraum saßen Hedwig von Oberstein und Ulrike Böttcher, beide Frauen kannten wir bereits. Dazu kam noch eine etwas ältere Dame. So in meinem Alter herum, die man uns als Hebamme Agnes Friese, aus der Stadt D_ _ _g vorstellte. Eine merkwürdige Runde schien es mir im Augenblick der Vorstellung dieser Personen zu sein. Im Moment kam mir der Gedanke, es könnte sich um die Hebamme handeln, bei der Hedwig lernte. Was sich auch nach dem Gespräch, wie selbstverständlich, erklärte. Den Anfang machte Franz Helmholz mit einer kurzen Einleitung, in der er besonders mich bat, gut und genau zuzuhören, was uns Frau Agnes Friese zu erzählen hat.

    „Es begann vor etwa fünf Jahren als es an meine Tür klopfte und ich zum nahe gelegenen Kloster auf dem Hügel gerufen wurde…"

    Kapitel 2  Vor Fünf Jahren an einem Winterlicher Frühlingstag

    Die Stadt lag noch im Dunst des Morgennebels. In der Ferne krähte verschlafen ein Hahn. Ein anderer gab ihm Antwort. Sein Kikerikiki lockte nur die wenigen von ihrem Strohlager. Der andere Hahn, der ihm Antwort gab, klang ebenso kläglich. Bei der Kühle, die überall herum kroch, wollte keiner seine Stimme überstrapazieren.

    Bauern und Tagelöhner machten sich bereit. Mägde und Knechte sprangen von ihren Strohsäcken und gingen im Hof unter die Wasserpumpe. Einer am Pumpenschwengel der andere unter dem kalten Wasserstrahl. Huch, brrr, sie schüttelten sich ein paar Mal und rieben sich trocken. Danach ging es an die Arbeit davon gab es reichlich. Auch die Leute in der Stadt begannen mit dem Tagwerk.

    Eine wunderschöne Landschaft, eingebettet zwischen sanften Hügeln und Tälern, zwischen Wiesen und Wäldern. Weithin sichtbar, wie eine Festung anmutend, ein monumentaler Bau auf einem Hügel. Ringsum lag alles unter einer leichten Schneedecke versteckt, die Landschaft schlief den Schlaf der Gerechten. Nur der Bau auf der Anhöhe hob sich mit seinen dunklen Mauern aus dem jungfräulichen Weiß ab. Unterhalb des Hügels konnte man die Hütten der armen Leute, der Landbevölkerung in einer Talsenke liegen sehen. Dahinter erhob sich die Stadtmauer. Wie Schwalbennester klebten sie, die Hütten am Gemäuer. Hinter dieser Stadtmauer verborgen, lagen steinerne Häuser mit ihren weißen Dächern. Aus den Kaminen stiegen gleichmäßige, kerzengerade Rauchfahnen in den blaugrauen Morgenhimmel empor. In den engen mit Schneematsch verschmierten Gassen und auf dem Platz vor der Kirche herrschte trotz eisiger Kälte reges Treiben.

    Ein Sonntag, einer wie überall im Lande. Ein Tag, an dem die mühevolle Arbeit ruhte. Ein Tag an dem man gottgefällig seine Gebete in den Himmel schickt.

    Die Leute kamen alle mit gesenktem Haupt aus der Kirche, bevor sie den göttlich gesegneten Ort, den Ort heiliger Andacht

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