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Sissy Band 9 - Das Diadem der Kaiserin
Sissy Band 9 - Das Diadem der Kaiserin
Sissy Band 9 - Das Diadem der Kaiserin
eBook254 Seiten3 Stunden

Sissy Band 9 - Das Diadem der Kaiserin

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Über dieses E-Book

Dem jungen Kaiser Franz Joseph werden nach Niederschlagung des Ungarnaufstandes 1849 die von General Haynau über die Rebellen verhängten Todesurteile zur Unterschrift vorgelegt, darunter jenes des Grafen Batthyàny.
Die Hinrichtung des angesehenen ungarischen Adeligen löst eine Kette unerklärlicher Ereignisse aus, die Jahre später auch das Leben Sissys verändern werden …
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum4. Nov. 2016
ISBN9783700444398
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    Buchvorschau

    Sissy Band 9 - Das Diadem der Kaiserin - Marieluise von Ingenheim

    werden…

    In Bedrängnis

    „Was für ein Jahr - was für ein schreckliches Jahr!" klagte Erzherzogin Sophie an diesem Morgen im Herbst des Jahres 1848.

    Von Frankreich war der Funke der neuen Revolution nach Deutschland übergesprungen, von da nach Italien und hatte dort vor allem die unter österreichischer Herrschaft stehenden Provinzen erfasst. Ein gefährlicher Flächenbrand war entstanden, dessen verheerende Flammen bereits bis hinauf nach Polen züngelten.

    Erzherzogin Sophie erinnerte sich mit Schrecken an jenen 13. März, an welchem Kanzler Metternich unter dem Druck der Massen abdankte und danach mit seiner Frau unter dem falschen Namen Mattexu nach England ins Exil ging. Sie selbst, Sophie, fand diesen Rücktritt als für den Fortbestand der Monarchie unerlässlich. Tatsächlich trat eine kurze Atempause ein, während welcher der Hof nach Innsbruck übersiedelte.

    Zu Pfingsten brach der Aufstand in Prag aus. Währenddessen marschierte Graf Radetzky mit seinen Truppen in Oberitalien ein, um dort die Aufständischen niederzuzwingen. Ihm zur Seite stand General Haynau, ein Mann, der keine Skrupel kannte, wenn es um die Durchsetzung seiner Ziele ging.

    In Ungarn hielt im Parlament ein Abgeordneter namens Lajos Kossuth Brandreden und appellierte an den Nationalstolz des Volkes. „Die Stephanskrone gehört auf das Haupt eines Ungarn! verlangte er. Und „Los von Habsburg! sei das Gebot der Stunde.

    „Diese nationalistische Narretei ist das gefährlichste aller Übel, erinnerte sich Sophie an ein Wort Metternichs. „Es gibt nichts Schlimmeres als nationalen Eigendünkel. Er nistet sich in den Kleingeistern ein, die nicht imstande sind, zu erkennen, dass es ein Größeres gibt - nämlich Europa.

    Freilich, immer wenn Fürst Metternich von Europa gesprochen hatte, hörte die Erzherzogin „Österreich. Tatsächlich erstreckte sich die Monarchie über das ganze Herzstück des Kontinents. Doch sie war ein Vielvölkerstaat - und das wiederum war zugleich ihr Vorzug wie auch ihre Schwäche. Was die Völker einte, war außer der Krone letztlich nur das Militär. Dieses errang im Juli bei Custoza den entscheidenden Sieg über die ein italienisches Königreich anstrebenden Aufständischen, und „Vater Radetzky, der Habsburg die italienischen Provinzen zurückerobert hatte, zog glorreich in Mailand ein.

    Anfang Oktober begann man in Wien schon wieder zu revoltieren, und der Hof bereitete sich auf eine Flucht aus der Hauptstadt vor. Immer, wenn die Situation kritisch wurde, nahm Erzherzogin Sophie die Zügel fest in die Hand. „Sie ist der einzige Mann am Wiener Kaiserhof", beurteilte sie der preußische Gesandte. Kaiser Ferdinand war für ihn nicht ernst zu nehmen.

    Kaiser Ferdinand I. wäre am liebsten nicht Kaiser, sondern Gärtner geworden. Seine Blumen und sein Gartenwerkzeug liebte er über alles. Die Ärzte fanden zudem, der Aufenthalt in der frischen Luft täte dem stets kränkelnden Kaiser gut, und die Hofkamarilla war glücklich, wenn er ihr in ihren Entscheidungen nicht „hineinregierte", weshalb der Verdacht aufkam, in diesem der Güte und Toleranz zugeneigten Manne gäbe es keinen wachen Verstand.

    Aber immerhin berichtete ein Wiener Blatt im Juni: „Der Kaiser hat geweint, als er von den unseligen Ereignissen erfuhr."

    Damals hatte Windischgraetz den Aufstand in Prag niedergeschlagen. Jetzt befand er sich mit seinen Truppen auf dem Marsch in Richtung Wien. Und aus Kroatien war der kaisertreue Banus Jellačić mit seinen Scharen aufgebrochen, um den Thron zu retten.

    Jellačić war mit 40.000 seiner Getreuen im Anmarsch, und Windischgraetz forderte Wien zur Übergabe auf. Der Hof war unterdessen unterwegs nach Olmütz. Mit ihm zugleich zogen an die 20.000 Wiener, viele Abgeordnete und siebentausend Mann Militär, welche den Zug schützen sollten. Man war um halb sechs Uhr früh aufgebrochen. Wien Stadt schlief an diesem Oktobermorgen, man passierte ungehindert die Tore, und je mehr sich der Tag erhellte und man sich Brünn zu nähern begann, desto mehr glich die Flucht einem Triumphzug, denn überall entlang der Straße formierte sich ein winkendes, jubelndes Spalier von Leuten aus dem Volk.

    Das Ziel war Olmütz, wo der Bischof seinen Palast für den Kaiser und sein Gefolge zur Verfügung stellte. Am 14. Oktober zog der Hof ein.

    ,,Is' hier immer noch Revolution, Sophie?" erkundigte sich Kaiser Ferdinand, im Bischofspalais ans Fenster tretend.

    „Gottlob nicht, hier ist alles ruhig", versicherte die Erzherzogin.

    „Ich versteh' noch immer nicht, wieso die Wiener das überhaupt haben tun können", wunderte sich der Kaiser.

    „Ich glaub', da ist der Haynau mit dran schuld", versuchte Sophie eine plausible Erklärung.

    „Der Haynau? Ja warum denn, was hat er denn g'macht?"

    General Haynau hatte, als Radetzky in den italienischen Provinzen vorrückte, einen katholischen Priester kurz nach dessen Predigt vom Altar weg verhaften und im vollen Messornat vor der Kirche standrechtlich erschießen lassen.

    Der Kaiser rang entsetzt die Hände, „Ja, jetzt versteh' ich alles. Sofort absetzen den Mann und einsperr'n, damit a Ruh' is'!"

    „Ganz im Gegenteil! widersprach die resolute Erzherzogin. „Den Haynau schicken wir jetzt nach Ungarn! Die sollen ihn kennenlernen, wenn sie sich weiter mucksen. Und einsperren lassen wir den Kossuth, nicht ihn!

    Sophie maß ihren kaiserlichen Schwager mit einem abschätzenden Blick und verglich ihn mit ihrem Mann, dem Erzherzog Franz Karl. Er war nach Ferdinand I. der unmittelbare Thronanwärter. Doch auch er wäre, wie ihr schien, nicht der „richtige Mann auf dem Thron". Ihr schon lange gefasster Entschluss stand fest. Und schon bald noch, hier in Olmütz, sollte er Wirklichkeit werden.

    Kaiser von Mutters Gnaden

    PROCLAMATION des Feldmarschalls Fürsten zu Windisch-Graetz vom 23. Oktober 1848 Die Stadt Wien, deren Vorstädte und die nächste Umgebung haben 48 Stunden nach Erhalt dieser Proclamation ihre Unterwerfung auszusprechen. Ein jeder, der sich widersetzt, des Aufruhrs oder der Teilnahme an demselben überwiesen oder mit Waffen in der Hand ergriffen wird, verfällt der standrechtlichen Behandlung.

    BEFEHL AN ALLE COMMANDANTEN

    von Messenhauser, prov. Ober-Commandant,

    vom 26. Oktober 1848

    Fürst Windischgraetz hat der Deputation des Gemeinderates erklärt, er müsse bei den Bedingungen beharren, er verlange unbedingte Unterwerfung und am Abend werden die Feindseligkeiten eröffnet.

    Das Geläute der großen Sturmglocke von St. Stephan wird das Zeichen sein, dass der Angriff des Feindes auf irgendeiner Seite ersichtlich sei.

    ÖFFENTLICHER AUFRUF

    Messenhausers, prov. Commandant,

    vom 29. Oktober 1848

    Mitbürger!

    Soll ein Verzweiflungskampf stattfinden? Oder die Unterwerfung unter die Übermacht des Gegners?

    Wir haben nur so viel Munition erzeugen können, dass nur für 4 Stunden allgemeiner Verteidigung mehr da ist.

    Unter solchen Verhältnissen kann man es auf keinen Sturm mehr ankommen lassen.

    PROCLAMATION des Fürsten zu Windisch-Graetz, k. k. Feldmarschall, vom 1. November 1848 Indem ich die unter meinem Befehle stehenden k. k. Truppen in die Hauptstadt Wien einrücken lasse, finde ich mich dazu bestimmt, jene Maßregeln allgemein bekannt zu machen, deren Ausführung ich zur allgemeinen Wiederherstellung des auf das tiefste erschütterten öffentlichen Rechtszustandes für unerlässlich halte:

    Aufrechterhaltung des Belagerungszustandes Akademische Legion und Nationalgarde sind aufgelöst Allgemeine Entwaffnung Alle politischen Vereine werden geschlossen Die Presse bleibt vorläufig beschränkt Die Barrikaden in der Stadt und in den Vorstädten sind also gleich wegzuräumen

    Die standrechtliche Erschießung des Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung, Robert Blum, erfolgte am 9. November, diejenige des Kommandanten der Nationalgarde, Cäsar Wenzel Messenhauser, am 16. November 1848.

    Das Drama der Residenzstadt Wien war damit zu Ende, der Vorhang gefallen. Wohnhäuser und Kulturstätten waren zerstört. Die Bevölkerung beweinte ihre Toten. In den Spitälern harrten die Blessierten ihrer Genesung.

    Aber es hätte noch schlimmer kommen können. Die Besonnenheit Messenhausers hatte das Schlimmste verhindert, dennoch musste ein Exempel statuiert werden, er musste sterben. Und vor allem der Hetzredner Blum. Zwar hätte Windischgraetz ihn am liebsten nach Deutschland abschieben lassen, doch wie die Dinge lagen, hätte man damit womöglich einen Wiederholungsfall provoziert. Die „revolutionäre Seuche", wie Zar Nikolaus erklärt hatte, hatte nach Europa gegriffen.

    Man schrieb den 2. Dezember 1848. Das Jahr des Unheils sollte nach dem Willen der Erzherzogin für Österreich-Ungarn zu einem Jahre des Heiles werden.

    „Na, wenn's sein muss, dann soll er's halt machen. Jung und fesch ist er ja", war des Kaisers Ferdinand Antwort gewesen, als ihm Sophie darlegte, weshalb und zu welchen Gunsten er abdanken solle. Ihr Gatte Franz Karl war zudem offensichtlich direkt erleichtert darob gewesen, dass es ihm erspart bleiben solle, die Thronfolge antreten zu müssen.

    Die Hindernisse waren aus dem Weg geräumt! Ihr Sohn Franz Joseph würde Kaiser werden!

    Sie wählte jenes Kollier, das ihr einst ihr Gatte anlässlich der Geburt von Franz Joseph geschenkt hatte, ein mit Türkisen und Diamanten besetztes Prachtstück, das sie sich um den Hals legen ließ und das vortrefflich zu dem Kleid aus weißem Moiré passte.

    Als die Flügeltüre aufging und der erst achtzehn Jahre alte Franz Joseph das Zimmer betrat, blieb er, betroffen vom Anblick seiner Mutter und überwältigt von den Gefühlen, welche die bevorstehende Zeremonie schon jetzt in ihm auslöste, stehen. Auch Sophie rührte sich nicht. So standen sie sekundenlang einander wortlos gegenüber, ein jeder den anderen anblickend, Sophie strahlend, Franz Joseph aber beklommen. Aufsteigende Tränen verschleierten seinen Blick.

    „Mama!", presste er schließlich hervor, stürzte auf sie zu und barg den Kopf an ihrer Brust.

    „Aber Franzl, rügte ihn Sophie, „Haltung, mein Bub! Du zerdrückst mir ja mein Kleid!

    Sie schob ihn leicht von sich und betrachtete ihn noch einmal von oben bis unten.

    Er trug Galauniform. Weißer Rock mit goldenen Knöpfen, rote, lamellierte Hose. Sein offenes Gesicht war noch ein wenig knabenhaft, seine Augen blickten sanft und ergeben. Er beugte sich voll Ehrfurcht und dankbarem Vertrauen nieder und küsste seiner Mutter die Hand.

    „Franzl, sagte sie weich, „du weißt, dass ich dich liebhab' und dein Bestes will. Vergiss das nie. Hör stets auf den Rat deiner Mutter. Sie hat immer nur das Beste im Sinn, für dich ebenso wie für das große Reich, das du von jetzt an regieren wirst. Glaub mir: auf mich kannst du dich verlassen!

    „Und auf den Herrgott, Mama", fügte er hinzu.

    „Ja, gewiss, Franzl, auf den Herrgott. Du wirst Kaiser sein von Gottes Gnaden. Bist erwählt. Hast dir dein Amt nicht ausgesucht. Es wird deine Pflicht sein, dich seiner würdig zu erweisen."

    „Ich weiß, Mama", brachte Franz Joseph kaum hörbar über die Lippen.

    „Na schön, nickte seine Mutter, „dann gehen wir und bringen es hinter uns!

    Im Festsaal der erzbischöflichen Residenz in Olmütz war schon alles versammelt. Kaiser Ferdinand stand auf dem mit Plüsch vorhängen drapierten Postament, ein Blatt Papier in der Hand, von dem er den von Schwarzenberg und Sophie aufgesetzten Text ablesen sollte.

    Er maß seinen jungen Nachfolger, der jetzt an der Seite der Erzherzogin den Saal betrat, mit wohlwollendem Blick und lud ihn durch Kopfnicken ein, näher zu treten. Sophie, Franz Josephs Mutter, unterstützte diese Geste, indem sie ihren Sohn sanft an der Schulter berührte und vorwärts schob, bevor sie selbst an den Stufen des Podestes Aufstellung nahm.

    Der Kaiser räusperte sich. „Gewichtige Gründe, begann er mit der Verlesung der Urkunde „haben Uns bewogen und zu dem unwiderruflichen Entschluss gebracht, der Kaiserkrone zu entsagen zugunsten Unseres lieben Neffen, des durchlauchtigsten Erzherzogs Franz Joseph Karl, höchstweichen Wir für großjährig erklärt haben! Nachdem Unser geliebter Bruder, der durchlauchtigste Erzherzog Franz Karl, höchstdessen Vater, erklärt haben, auf das ihm nach den geltenden Haus- und Staatsgesetzen zustehende Recht auf die Thronfolge zugunsten höchst seines vorgenannten Sohnes unwiderruflich zu verzichten.

    Wie man es ihm gesagt hatte, beugte Franz Joseph jetzt sein linkes Knie. Onkel Ferdinand, eben noch Kaiser von Österreich, stieg die zwei Stufen des Podestes zu ihm hinab und legte ihm, in diesem Moment ganz Rührung und Güte, segnend die Hand auf den blonden Scheitel. „Bleib brav, sagte er dabei leise. „Der Herrgott wird dich beschützen!

    „Danke", würgte Franz Joseph hervor.

    „Aber, aber, ist gern g'schehen", lächelte Onkel Ferdinand.

    Sophie hatte erreicht, was sie wollte, und blickte nun voll Zuversicht in die Zukunft des Kaiserreichs.

    Blutiges Bündnis

    Fürs erste schien alles nach Sophies Wunsche gelaufen. Kaiser Ferdinand hatte abgedankt. Er und seine Gemahlin Maria Anna aus dem Hause Savoyen ließen noch am gleichen Abend ihr umfangreiches Gepäck verladen und reisten ab nach Prag, wo sie in den Gemächern des Hradschin ihren Lebensabend zu verbringen gedachten. Der neue, junge Kaiser aber sollte so bald wie möglich wieder zurück in seine Residenzstadt Wien.

    Während kaiserliche Kuriere die Nachricht vom Thronwechsel auch nach Budapest überbrachten, trat dort das Parlament zu einer Sondersitzung zusammen und gab eine Gegenerklärung ab: Der neue Habsburgerkaiser werde als Souverän der Ungarn nicht anerkannt.

    Dies alles kümmerte den verliebten Karl Ludwig, um drei Jahre jünger als sein kaiserlicher Bruder, nicht. Er schrieb Liebesbriefe an „die Kleine aus Possenhofen", Cousine Sissy, Prinzessin und Tochter des Herzogs Maximilian Joseph in Bayern und dessen Gemahlin Ludovika, Schwester seiner Mutter Sophie.

    Sophie hatte die von Sissy eingestandene heimliche Verlobung mit nachsichtigem Lächeln quittiert. „Kommt Zeit, mein Bub, kommt Rat. Ihr beide seid ja noch so jung. Schreibt euch nur fleißig", tätschelte Sophie dem verliebten Karl Ludwig den Kopf.

    Allerdings, was Franz Joseph betraf, so musste tatsächlich demnächst an eine Verheiratung gedacht werden, denn das Reich brauchte nicht nur einen Kaiser, sondern auch eine Landesmutter, eine Kaiserin.

    Aber das alles lag noch in einiger Ferne. Zunächst musste auch Ungarn für Habsburg gerettet werden.

    „Das wird nicht ohne Blutvergießen abgehen, prophezeite Schwarzenberg. „Und was das anbetrifft, so hat Ihre Hoheit, Frau Erzherzogin-Mama, einen Vorschlag gemacht, den ich für durchaus vernünftig finde und daher befürworten will.

    „Was für einen Vorschlag?" erkundigte sich Franz Joseph besorgt.

    „Sie findet, man sollte General Haynau hinunterschicken. Der mag sich die Ungarn vorknöpfen."

    „Wie? Den schrecklichen Haynau?"

    „Genau den! Ihm geht ein schrecklicher Ruf voraus. Man nennt ihn ,das Henkersmesser'. Glauben Sie mir, Majestät, er wird seinem Ruf gerecht werden und die Magyaren das Fürchten lehren!"

    „Und das in

    „Majestät, zunächst einmal müssen Sie das Volk überhaupt erst haben! Kossuth hat die Republik ausgerufen und Sie für abgesetzt erklärt!"

    „Er muss verblendet sein", fand Franz Joseph.

    „Er ist ein Fanatiker, der selbst die Macht in seinen Händen vereinigen will. Er will sich als Präsident an die Spitze Ungarns stellen."

    „Das soll er bleiben lassen!" rief Franz Joseph ergrimmt.

    „Eben, Majestät - und um ihn daran zu hindern, brauchen wir Haynau. Und ich fürchte, nicht nur den. Wenn er ganz Ungarn mit seinen patriotischen Phrasen aufwiegelt, sind wir vielleicht zu schwach..."

    Schwarzenberg hatte nicht Unrecht.

    Vorerst jedoch schien alles gutzugehen. Schon am 5. Januar eroberte Windischgraetz Budapest. Bei Nacht und Nebel floh Kossuth, in seinem Gepäck die Stephanskrone, die er dem jungen Habsburger nicht gönnte.

    Die Ungarn aber gaben nicht auf, gewannen viele Schlachten, die Kämpfe, an denen sich auf Seiten der Ungarn auch ein polnisches Revolutionsheer beteiligte, wog-ten hin und her. Im April musste sogar Budapest wieder aufgegeben werden.

    „Was sollen wir tun?" fragte der junge Kaiser ratlos.

    „Einen Verbündeten suchen", riet der kluge Schwarzenberg und setzte in Gedanken hinzu - der für dich die Kastanien aus dem Feuer holt...

    Noch am gleichen Tage kam er mit einem Schreiben, das Franz Joseph unterzeichnen sollte. Sophie stand dabei, als er es auf den Schreibtisch vor den Kaiser legte.

    „Eure Unterschrift, Majestät, verlangte Schwarzenberg. „Es geht um den Verbündeten für Ungarn. Er wird unsere eigene Armee wesentlich entlasten - falls er zustimmt, woran ich nicht zweifle. Denn es stehen für ihn auch einige Interessen auf dem Spiel, falls der Revolutionär Kossuth und seine Aufständischen nicht entscheidend besiegt werden.

    Franz Joseph überflog das Dokument. „An den Zaren!" rief er aus.

    „Gewiss, mein Sohn, wir ersuchen den Zaren um Beistand", pflichtete Sophie bei.

    „Ihre Unterschrift, Majestät, drängte Schwarzenberg, tauchte die Kielfeder ins Tintenfass, hielt sie auffordernd dem jungen Kaiser hin und fügte, als er dessen Zögern bemerkte, beruhigend hinzu: „Majestät vergeben sich nichts. Gegenseitige Akte des Beistandes sind unter Monarchen üblich, sofern diese ihre gemeinsamen Interessen gefährdet sehen.

    „Aber welches Interesse hätte der Zar, uns zu helfen? fragte Franz Joseph, ohne nach der Feder zu greifen. „Ich meine: Was interessiert ihn an Ungarn?

    „Polen, Majestät", antwortete Schwarzenberg prompt.

    „In Polen gärt es ebenso, seit er es annektiert hat. Was in Ungarn jetzt geschieht, könnte morgen auch in Polen passieren. Dort ruft man bereits unverhohlen nach einem polnischen König."

    Nur ein Federstrich, suggerierte sich Franz Joseph. Und wer weiß, ob der Zar wirklich darauf eingeht. Seine Feder kratzte über das Papier und zog den Namen „Franz Joseph". Schwarzenberg hielt bereits das Fässchen mit dem Streusand in der Hand und sprühte über den Schriftzug, um die Tinte rasch zum Trocknen zu bringen. Mit einer nochmaligen Verbeugung verließ er eilig den Raum. Er hatte nicht die Unwahrheit gesagt: Ein Kurier nach St. Petersburg hielt sich bereits zur Verfügung, und dieser Mann war kurz darauf schon unterwegs zu Zar Nikolaus I.

    Es war nur ein Federstrich gewesen, den Franz Joseph getan hatte, doch er sollte Folgen haben.

    Franz Joseph, begleitet von Mutter Sophie und Schwarzenberg, und Zar Nikolaus trafen einander zu einer kurzen

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