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Urwaldblüten: Geschichten aus Guatemala
Urwaldblüten: Geschichten aus Guatemala
Urwaldblüten: Geschichten aus Guatemala
eBook71 Seiten52 Minuten

Urwaldblüten: Geschichten aus Guatemala

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Über dieses E-Book

Die gesammelten Erzählungen "Urwaldblüten" sind das Konzentrat aus einer grossen Anzahl an Notizen und Eindrücken, welche der Autor anlässlich verschiedener Reisen und Aufenthalte nach und in Guatemala festgehalten hat. Der Ablauf der geschilderten Begebenheiten ist nicht chronologisch. Deren Zeitrahmen umfasst die Spanne von 1977 bis 1997.
SpracheDeutsch
HerausgeberBoD E-Short
Erscheinungsdatum17. März 2016
ISBN9783739213934
Urwaldblüten: Geschichten aus Guatemala
Autor

Heinz Carboni

Der Autor H.J. Carboni, Jahrgang 1926, war bis zu seiner Pensionierung Journalist und Redaktor einer seinerzeit im ganzen deutschen Sprachraum verbreiteten Wirtschaftszeitschrift.

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    Buchvorschau

    Urwaldblüten - Heinz Carboni

    Inhaltsverzeichnis

    Bananen, Mayas und Vulkane

    Pech und Pannen

    Begegnung im Bus

    La Rubia

    De profundis, domine

    Arsch der Welt

    Terremoto

    Guerilleros

    Ai, mi hijos

    El matador

    Vecinos (Nachbarn)

    El barranco

    La mordida

    El Brujo

    Kunst und was dafür gilt

    Kulinarische Genüsse

    Zum Pazifik

    Impressum

    Bananen, Mayas und Vulkane

    Wer Guatemala sagt, denkt dabei meist in tradi­ti­onellen Touristenclichés. Etwa an den präch­tig blauen Lago Atitlan, an den male­rischen Indianermarkt von Chichicastenango, an unendlich weite, mit schnurgerade ausgerich­teten Reihen von Bananenbäumen bestandene Bananenplantagen. Viel­leicht auch noch an die auf den Übcrlandstrassen allgegenwärtigen, unergründlich blickenden, In­dios mit schweren Kopflastcn, die ihre Waren im Hundetrab über Duttende von Kilometer in die Stadt zu Markte tragen. Doch hinter die­sen malerischen Fotosujels verbirgt sich eine echte Tragödie, eine Kulturkatastrophe, die seit beiläufig vier Jahrhunderten andauert und verantwortlich dafür ist, dass dieses schöne und fruchtbare Land, potentiell das reichste Mittelamerikas, bis jetzt nicht zur Ruhe und auf keinen grünen Zweig gekommen ist.

    Guatemala ist, bei ungefähr gleicher Einwohnerzahl, etwas mehr als doppelt so gross wie die Schweiz. Es gilt allgemein als das landschaftlich schönste Land Zentralamerikas, und wer in gewissen Gegenden des Altiplano von hoher Warte über bestellte Äcker und wogende Weizenfelder hin­wegblickt, könnte sich an die Schweiz des Juras erinnert fühlen. Doch im Gegensatz zu unserem Land, das auf zwei Jahrhunderte friedlicher, auch von der Natur nicht gestörter, Entwicklung zurückblicken kann, hat Guatemala eine fast ununterbrochene Reihe natur- oder menschengemachter Desaster hinter sich. Schon die erste Hauptstadt Guatemalas fiel bei einem Erdbeben in Schutt und Asche. Die zweite Hauptstadt — Antigua — fiel 1773 ebenfalls einem Erdbeben zum Opfer. Und Nueva Guatemala, die heutige Hauptstadt, erlebte 1976 schon zum drittenmal nach 1874 und 1918 die Schrecken eines mör­derischen «terremoto». Das Land sitzt auf einer Nahtstelle der so­genannten Kontinentalplatten, de­ren Verschiebungen zueinander sich jeweils in Erdbeben ausdrücken. Zwei bis drei leichtere Erdstösse pro Tag gehören im übrigen zur kaum wahr­genommenen Lebenswürze.

    Weit schwerer als die all­gegenwärtige Erdbebendrohung wiegt jedoch ein anderes Verhäng­nis, nämlich ein solches politisch/sozialer Natur. Es ist dies das noch weitge­hend ungelöste Problem einer antiquierten feudalistischen Sozial­struktur. Die Befreiung vom spani­schen Joch anfangs des 19. Jahr­hunderts änderte keinen Deut an den überkommenen Feudalstrukturcn, welche bewirkten, dass eine zahlenmässig kleine, aber all­mäch­tige Oligarchie Macht und Reich­tum eisern in ihren Händen hielt, während die grosse Masse in bettelarmer Rechtlosigkeit dahin­vege­tierte. Im Ge­genteil. Hatten die Indios unter der spanischen Krone noch einen gewissen gesetzlichen Schutz genossen, wurden sie nach der Befreiung erst recht hilflose Objekte oligarchisch/feudaler Aus­beutung. Zum Teil sind sie es bis heute geblieben, wenn auch im Ge­folge verschiedener Reformen der letzten Jahre eine merkliche Ver­bes­serung der Situation sowie ein gestärktes Selbstbewusstsein der Urbevölkerung nicht zu übersehen ist. Es ist nämlich eine Tatsache, dass gerade in den letzten Jahren sehr viel für die indi­anische Bevölkerung getan wurde. Schulen wurden eingerichtet, landwirt­schaftl­iche Beratungs­stellen aufge­baut, Land­­verlei­lun­gen in grossem Umfang vorgenom­men. Sicher sind, gemessen an europäischen Mass­stäben und Erfolgserwartungen, die Ergebnisse zum Teil recht küm­merlich. Aber nicht in erster Linie, weil es den Regierenden an gutem Willen mangelt, sondern weil sich hier besonders deutlich jene Kulturkatastrophe mani­festiert, die darin be­steht, dass in Guatemala zwei Kulturkreise auf­einanderprallten, wie sie verschie­dener gar nicht denk­bar sind. Hier die aggressiven, besitz- und beu­te­hungrigen, ihrem Wesen nach in­dividualistisch geprägten weissen Eroberer, dort die in einen streng hierarchisch/theokratischen Amei­sen­­staat eingeordneten Mayas, denen Begriffe wie Ge­winnstreben oder individueller Besitz ab­solut fremd waren. Auch  ihren heutigen Nach­fahren, eben den Indios, geht häufig jeder Sinn für Besitz und Gewinn, ja selbst für Vorsorge, weit­gehend ab. Ihr Streben geht nicht nach Reichtum oder auch nur Wohlstand. Ein Lohn, der über die Deckung der täglichen Be­dürfnisse hinausgeht, ist für die meisten nur will­kommener Anlass, entspre­chend weniger zu ar­bei­ten — eine der ersten Erfahrungen, die meine Familienangehörigen ma­chen mussten, als sie mit viel Idea­lismus ihr frisch aus Europa impor­tiertes So­zialempfinden in die Tat umsetzen und ihre in­di­anischen Landarbeiter besser als ortsüblich ent­löhnen wollten. «Warum noch sechs Tage ar­bei­ten, wo doch jetzt der Lohn von drei Tagen für unseren Lebens­unterhalt genügt», war deren aus ihrer Sicht logische Ant­wort auf dieses gutge­meinte Expe­riment.

    Noch ein Wort zur Repression in Guatemala. Natürlich herrscht Repression. Gewalt bei der Austragung sozialer Konflikte ist leider ein typi­sches Erbe spani­scher Kolonisation. Und wie über­all, wie auch in der Schweiz, ver­sucht die besitzen­de Schicht, ihre Privilegien mit allen

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