Short Storys
Von Max Bräutigam
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Über dieses E-Book
das Geschehen überlebt hat.
Max Bräutigam, noch vor dem 2. Weltkrieg im Zentrum der Stadt München geboren. Nach Volksschule, Handwerkerlehre, zweitem Bildungsweg in der gleichen Stadt Maschinenbau studiert. Neugierde und Interesse waren von Anbeginn die treibende Kraft. Max Bräutigam lebt im Chiemgau und in München.
Max Bräutigam
Max Bräutigam wurde 1939 in München geboren. Nach Volksschule, Handwerkerlehre, zweiten Bildungsweg, Maschinenbaustudium ein sehr interessantes und vielseitiges Arbeitsleben im Anlagen- und Apparatebau. Seit einigen Jahren im "Ruhestand", lebt er abwechselnd im Chiemgau und in München. Kultur, Technik und Gesellschaft sind seine Schwerpunkte in geselliger Diskussion. Um die Person, den Autor, besser zu verstehen wird seine Biografie mit dem Titel "Es war überwiegend heiter" empfohlen (siehe: ISBN 978-3-8370-7911-1).
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Buchvorschau
Short Storys - Max Bräutigam
Erzählungen basieren auf Beobachtungen. Spannender und überzeugender sind Geschichten, wenn der Akteur selbst davon spricht oder wenn das Opfer die Geschichte schildert, sofern diese Person das Geschehen überlebt hat.
Inhalt
Einleitung
Ein Hakawati
Der Eremit von Gauting (1758–1862)
Graf von Pocci (1807–1876)
Graf Rumford (1753–1814)
Chaos in der Staatsoper
Auf dem Weg nach Paris – Zu Besuch bei den Sch’tis
Paris in der Zeit der zweiten Revolution
Kibo – die Krone auf dem Haupt Afrikas
Mit dem Fahrrad unterwegs
Gute Bekannte
Eine Reparatur
Mein Garten
Einleitung
Liebe Zuhörer (und Leser), noch bevor ich mit meinen Erzählungen beginne, möchte ich mich kurz vorstellen, Sie etwas mit meiner Umgebung vertraut machen und Sie dabei auch zum Zuhören einstimmen. Hierzu darf ich Sie in mein sommerliches Wohnzimmer, in meinen Garten führen.
Als gebürtiger Städter lebe ich nun überwiegend auf dem Lande, in einem bescheidenen Haus mit einem Garten, der auch diesen Namen verdient, irgendwo zwischen München und Salzburg, am Rande der vielen Seen, die vor langer Zeit von den Gletschern der Alpen ausgeschoben wurden, am Chiemsee, der von vielen Profiurlaubern, Hektikern und Fernreisenden mit ihren Zielen im asiatischen Pazifik nur als überschwemmte Wiese eingestuft wird. An den Sommertagen, wenn das Thermometer über 25 °C im Schatten ansteigt, kommen die noch musisch Ansprechbaren ans Wasser, Menschen, manchmal in Begleitung von Mädchen und Mücken.
An dieser Wohnstätte ließ ich bei der Errichtung des Hauses – etwas ungewöhnlich – auf der Nordseite eine Terrasse und – noch ungewöhnlicher – an einem nach Norden gerichtetem Mauervorsprung einen offenen Kamin bauen. Der Ausblick ist von dort nach Nordwest ungestört, weit und frei. Bis in den späten Nachmittag ist es angenehm, im Schatten zu sitzen. Die untergehende Sonne leuchtet diesen Winkel aus, erwärmt ihn und verabschiedet sich dann hinter den Baumkronen auf einen fernen Hügel.
In dieser Ecke bin ich frei von gesellschaftlichen Zwängen und fühle mich wie ein Eremit, den ich auch sehr gerne spiele. Nicht so voller Entbehrungen, ich genieße das Essen und hierzu auch das passende Getränk. So sitze ich, wenn es nicht stürmt oder regnet, bis in die Nacht am Kaminfeuer, und dann laufen wie auf der Leinwand im Kino Geschichten ab. Auch an Geselligkeit fehlt es nicht, wenn Freunde in Stille und Ruhe die Runde formen und Geschichten erzählt werden. Es werden Stimmungen, Träume, Sehnsüchte und eigene Erinnerungen geweckt.
Geschichten aus der Geschichte und Gegenwärtiges, Erzählungen zum Weitersagen. Einer Tradition folgend kommen ohne Ankündigungen oder gelegentlich anlässlich einer aktuellen Nachricht auch neue Themen in den Gesprächskreis. Themen wie Krankheiten, Geldsorgen und Leut’ ausrichten sind tabu. Die Wiedergabe und Zitate aus Katalogen und Lexika, auch das übliche Schulwissen, führen meist zu keinem Gedankenaustausch, sie verstummen, und das Ganze dauert dann nicht länger als ein Gähnen. Wobei über Personen zu sprechen, sei es aus der Geschichte oder aus der Gegenwart, etwas abseits der bekannten Darstellungen, sehr belebend sind. Meist sind es Exoten, von denen nur der Name bekannt ist – vielleicht ein Straßenname.
Ich versuche bei einigen Geschichten, nicht die heroischen Taten darzustellen und diese dabei noch zu übertreiben. Nein – vielmehr geht es mir darum, die Mentalität der Akteure zu jener Zeit lebendig zu halten.
In der arabischen Tradition sind Erzähler Botschafter, die Geschichte und die Gegenwart ergänzend zu den offiziellen Nachrichten im kulturellen Zusammenhang authentisch wiedergeben. Sie führen einen eigenen Berufsstand und bezeichnen sich als „Hakawati".
Ein guter Hakawati kann sich der Aufmerksamkeit seines Publikums sicher sein, wenn er seine Geschichten mit eigenen Erfahrungen vortragen kann.
Oft sind es Alltäglichkeiten, Situationen aus dem Alltag mit einem ungewöhnlichen, oft heiteren Ausgang einer zunächst verworrenen Gegebenheit. Menschliches, allzu Menschliches, und hierzu erlebte Lösungen führen zur Leichtigkeit des Seins. Und aus Erfahrung kann ich hinzufügen, dass die Geschichten immer ein gutes Ende nehmen.
In der Natur, in einem Garten, kann man bei diesen Erzählungen die Seele baumeln lassen.
Ein Hakawati
Bis vor ein oder zwei Generationen konnte man am nördlichen Rand Afrikas, im Maghreb, entlang der Mittelmeerküste, von Marrakesch bis Kairo, aber auch in der nördlichen Fortsetzung in Syrien und im Libanon, vorwiegend im ländlichen Raum, wenn sich der Abend abzeichnete, eine sehr eigene Kulturszene beobachten, wie es am Kaminfeuer oder zur kalten Jahreszeit am Kachelofen auch bei uns sich ergeben kann.
In den nordafrikanischen Ländern gibt es in den Sommermonaten keine Dämmerung, sondern einen relativ abrupten Wechsel von Tag und Nacht. Es wird angenehm kühl und mild. Ein leichtes Lüftchen schwingt. Die Anwohner, vorwiegend Männer, sammeln sich entlang der Straßen und Gassen bei den Teestuben. Etwas ungeordnet am Häuserrand aufgestellte Stühle mit gedrechselten Beinen, die Sitzfläche ein Holzrahmen mit Korbgeflecht. Auf den kleinen Tischen ähnlicher Konstruktion stehen Gläser und kleine Tassen. Es werden Tschaj und starker Mocca serviert.
In den frühen Nachtstunden wechselt das Publikum schleichend in den offenen Raum, der von einer einzelnen Glühlampe erhellt wird. Ein Hakawati – ein Erzähler – kommt unauffällig hinzu und belegt einen für ihn reservierten Stuhl, der etwas erhöht positioniert ist. Keine Ankündigung, kein Programm, kein Name, kein Ticket. Hakawatis sind vermutlich nebenberuflich tätig, untertags sind sie Taxifahrer oder Friseure. Letzteres ist die bevorzugte Tätigkeit, denn dem Erzähler werden Geschichten zugetragen – im Stundentakt.
Hakawatis absolvieren keine besondere Ausbildung, vielmehr könnte es sein, dass die Kunden beim Friseur während der Behandlung ihres Haupthaars sich für einen künftigen Hakawati schulen. Glatzköpfige können ihre Chance zur Ausbildung beim Psychiater versuchen.
In sogenannten besseren Wohngegenden könnte sich aus dieser Situation bei entsprechender Pflege aus einem Friseurladen ein Salon „Coiffeur & Literatur" entwickeln. Die bequemen Sessel im Salon vor dem Spiegel sind wie für eine Literaturstunde designed.
Es wird ruhig, still. Der Hakawati beginnt unauffällig.
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, da war noch …
Dann wird eine von 100 Geschichten – aus der Vergangenheit bis in die Gegenwart in freier Wiedergabe, als wäre es ein