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Roboterliebe
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eBook390 Seiten5 Stunden

Roboterliebe

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Über dieses E-Book

23 ungewöhnliche Geschichten

Roboterliebe ist eine neue Sammlung von SF-
Kurzgeschichten und erweckt die Lust am Lesen.
Lassen Sie sich entführen in eine Welt voller
Herzklopfen der Liebe, fesselnde Abenteuer an
exotischen Orten, fernen Plätzen ...
Können Roboter eifersüchtig sein? Wen können
sie lieben? Ihresgleichen? Menschen? Aliens?

Greifen Sie zu und lernen sie die Gefühlswelt
von Robotern und Maschinen kennen.

Die Zukunft ist aufregend !
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Dez. 2013
ISBN9783943948196
Roboterliebe

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    Buchvorschau

    Roboterliebe - Verlag Saphir im Stahl

    Biographien

    Dirk Alt

    Interspeziäre Bindungen

    Mit einem Satz tauchte die Contrabbandiere aus dem Hyperraum auf. Vom Cockpit aus beobachtete Schiffskapitän Jeff Single, wie sich der Strahlenkranz der vorübereilenden Gestirne entzerrte und einer Kette freischwebender Gesteinsmassen Platz machte, die sich in unheilvoller Weise auf den Frachter zuzuwälzen schienen, bis sein Flug – gerade noch rechtzeitig – zu einem Halt kam. Captain Single knirschte mit den Zähnen: Es gab gute Gründe dafür, dass den Koordinaten eine eilige und daher etwas ungenaue Berechnung zugrunde lag, denn immerhin hatte die Contrabbandiere vor dem Eintritt in den Hyperraum unter dem Feuer dreier zum Entern bereiter Feindschiffe gelegen. Aber Single schätzte keine Schlampereien, erst recht nicht, wenn sie ihn den Profit oder das Leben zu kosten drohten. Bevor er aber seinem Ärger Luft machen durfte, war es ratsam, die Sensoren zu aktivieren und nach unliebsamen Überraschungen Ausschau zu halten. Eine Prüfung ihrer Position und des Quadranten ergab keinen Anlass zur Besorgnis: Noch hatten sie diesen von Gott und dem Leben verlassenen Sektor für sich allein.

    Single stemmte sich aus dem Pilotensitz, verließ das Cockpit und folgte dem Korridor in Richtung Mannschaftsraum, wo er die beiden anderen Besatzungsmitglieder vermutete. Er täuschte sich nicht: Schiffsköchin Aromala Cayenne, die erst seit ihrem Zwischenstopp auf Desertus XII an Bord war, lag in den Fetzen ihrer Uniform am Boden und streckte alle viere von sich, sodass die rosa Tupfen ihrer Burstwarzen und ihr wie ein Kamm aufgerichteter Busch in Richtung der Decke wiesen. Als Single eintrat, erwachte sie zum Leben, bedeckte sich hektisch und begann zu heulen: „Captain Single, er hat es schon wieder getan! Sie richtete einen anklagenden Finger auf die Ecke des Raumes, in der Hun’Gor, Singles langjähriger Gefährte und erster Maat, seelenruhig saß und sich putzte. Single stemmte die Fäuste in die Hüften und begann zu schimpfen: „Sag mal, wir landen wegen deiner schlampigen Rechnerei beinahe mitten in einem Asteroiden, und du hast nichts Besseres zu tun, als unser Schmuckstück von der Kombüse zu vernaschen? Ist das eigentlich die Unterstützung, die ich nötig habe, wenn ich uns mit heiler Haut vor diesen asselanischen Halsabschneidern retten will?

    Im Gegensatz zu Captain und Köchin war Hun’Gor kein Mensch, sondern ein vierarmiger Monkoloid vom Planeten Darwynn V: Er überragte seinen Herrn um zwei Kopfeslängen und seine vier Arme waren ständig damit beschäftigt, seinen hünenhaften Körper zu stützen, sein seidiges, rostbraunes Fell zu kratzen oder zwischen seinen fangartigen Zähnen zu stochern. Im Kampf Mann gegen Mann, wenn er die Arme ausbreitete und sein Gebiss bleckte, erinnerte er an eine Mischung aus Affenmenschen und monströser Spinne – sein schauriger Anblick hatte bereits mehr als einem Gegner das Leben gerettet, der sich statt zum Angriff zur Flucht entschieden hatte. Hun’Gor, von Single liebevoll Hunni genannt, stieß ein langgezogenes Röhren in einer Sprache aus, die jenseits seines Heimatplaneten nur von wenigen aufrecht gehenden Lebewesen verstanden wurde.

    „Sorgfältig gerechnet!, schnappte Single. „Hättest du noch etwas sorgfältiger gerechnet, wären wir jetzt Sternenstaub, mein Freund!

    Mit einem Ausdruck von Ratlosigkeit senkte Hun’Gor seinen gewaltigen Schädel und gab ein paar kleinlaute Grunzer von sich.

    „Nein, du kannst dein Fell behalten, winkte Single ab, dessen Ärger wie üblich ebenso schnell verrauchte, wie er sich entzündete. „Aber jetzt komm. Die Zeit läuft, und wir haben noch ein bisschen was zu erledigen, bevor die Kartellbrüder hier eintreffen. Wir müssen eine Schadenanalyse vornehmen und schauen, was wir auf die Schnelle reparieren können. Die Sonde, die uns die Asselanen angehängt haben, müssen wir in Betrieb nehmen, damit sie uns orten und folgen können. Das muss zeitlich haargenau abgestimmt sein! Wir haben nichts davon, wenn sie fünf Minuten zu früh oder fünf Minuten zu spät hier aufkreuzen. Verstanden?

    Hun’Gor röhrte zur Bestätigung aus voller Kehle.

    „Prima. – Und Sie, Küchenfee, wandte sich Single an Aromala, die das Kunststück vollbracht hatte, sich mit den Fetzen ihrer Kleidung halbwegs zu verhüllen, „Sie machen sich nützlich und sorgen dafür, dass wir in Kürze etwas zu beißen bekommen. Wenn mein Magen leer ist, verlässt mich mein strategisches Geschick, und das wäre schlecht, da wir es nachher brauchen könnten, um hier heil rauszukommen. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?

    Eben noch in Tränen aufgelöst, überzog sich Aromalas Gesicht jetzt mit einem zornigen Rot.

    „Und wie soll ich das bitte anstellen?, wollte sie wissen. „Statt mit Lebensmitteln sind Ihre Vorratskammern bis zur Decke mit getrockneten Würmern gefüllt – die werden Sie ja wohl kaum essen wollen ...?

    „Nein. Die wollen wir verkaufen", gab Single zurück.

    „Warum haben Sie das Zeug dann nicht in Ihren Laderäumen untergebracht?"

    „Weil die auf unserem letzten Flug einen Volltreffer abbekommen haben ... Wir hatten noch keine Zeit, das Leck abzudichten."

    „Dann verraten Sie mir, wo ich Lebensmittel für Ihr Mittagessen herbekommen soll", verlangte Aromala.

    Single sah sich suchend um: „Irgendwo muss hier doch was rumliegen. Kommen Sie, ich hab jetzt keine Zeit dafür. Sie sind doch ein schlaues Mädchen, Sie machen das schon. Er versetzte ihr einen Klaps auf ihren halbentblößten, vom Bodenkontakt merklich abgekühlten Po, der nachbebte wie ein gänsehäutiger Wackelpudding. Gefolgt von Hun’Gor war Single schon halb aus der Tür, als er ihr über die Schulter noch einmal zuzwinkerte: „Ach ja, und ziehen Sie sich was Vernünftiges an. Wir erwarten Gäste.

    Das Schiff hatte die Verfolgung im Großen und Ganzen mit verhältnismäßig geringen Schäden überstanden. Einen empfindlichen Treffer hatte die Energieversorgung erlitten, die den Antrieb, die Waffensysteme und die Schutzvorrichtung des Frachters speiste, sodass hier der dringendste Handlungsbedarf gegeben war. Während Single in eine mit zum Teil verschmorter Kabellage gefüllte Röhre hinabstieg und Hun’Gor ihm von oben das Werkzeug zureichte, besprachen sie noch einmal ihren Plan: „In circa einer Stunde werden die Kartellbrüder eintreffen, um ihre Lieferung entgegenzunehmen, schätzte Single. „Sobald sie im Anflug sind, müssen wir ein Signal an die Asselanen absetzen. Wenn wir Pech haben, wittern sie eine Falle. Aber wahrscheinlicher ist, dass sie immer noch so sauer auf uns sind, weil wir sie um die Rechnung geprellt haben, dass sie schleunigst den Lichtsprung hierher machen. Die Übertragung des Signals dauert nach meinen Berechnungen etwa zehn Minuten. Wenn alles nach Plan läuft, ist die Transaktion bei ihrem Eintreffen in vollem Gange. Was passiert dann?

    Hun’Gor warf den Kopf in den Nacken und röhrte, woraufhin Single die Augen verdrehte: „Hunni, ich wollte nicht wissen, was schlimmstenfalls passieren könnte. Sei doch nicht immer so ein verfluchter Pessimist! Der erste Maat knurrte und kratzte sich mit einer seiner zahlreichen Pranken im Nacken. „Ja, stimmte Single ihm zu, „ein mulmiges Gefühl habe ich dieses Mal auch ..."

    Kurze Zeit später, als Hun’Gor mit dem Werkzeug in die Untiefen der Verteilerröhren abgetaucht war, kehrte Single ins Cockpit zurück, wo er ihre Position und die Einsatzbereitschaft ihrer Waffen und Schutzschilde überprüfte. Träge rollte der Asteroidenstrom vor seinen Augen vorbei. Der rote Zwerg in der Nachbarschaft übergoss die vernarbten Oberflächen der Gesteinsbrocken mit dem dunstig-blutigen Schein einer Morgendämmerung und weckte die Hoffnung auf eine erlösende Helligkeit, die man hier vergeblich erwarten würde. Es war genau der richtige Ort für ein Rendezvous intergalaktischer Schmuggler, dachte Single. Wie viele zerschellte Schiffe und wie viele aus ihren Kabinen in den Tod geschleuderte Körper die Asteroiden mit sich führten, war eine rein philosophische Frage, deren wahrheitsgetreue Beantwortung für ihn irrelevant war. Ihn beschäftigte nur die zur Gewissheit gefestigte Ahnung, dass sich vor Ablauf der nächsten zwei Stunden weitere Schiffswracks unter das Treibgut mischen würden.

    „Captain Single? Ich bringe Ihnen etwas zu essen." Aromala Cayenne betrat das Cockpit. Sie hatte Singles Ratschlag beherzigt und steckte nun in einem hautengen, blauen Overall.

    „Großartig! Ich bin am Verhungern! Er nahm aus ihrer Hand einen Teller entgegen, auf dem sich zu seiner Enttäuschung nur einige Scheiben mit unterschiedlicher Geschmackspaste bestrichenen Schiffszwiebacks befanden. „Was denn! Mehr ist nicht da?

    Aromala warf ihm durch den Schleier ihrer halbgesenkten Wimpern einen zuckersüßen Blick zu und errötete leicht: „Das kommt darauf an, worauf Sie Appetit haben."

    Single verschluckte sich an einem Stück Zwieback. „Haben Sie dem haarigen Tollpatsch auch eine Portion gebracht?"

    Sie zog die Mundwinkel nach unten. „Sie wissen, was der haarige Tollpatsch macht, wenn Sie nicht in der Nähe sind."

    Single nahm Hun’Gor sofort in Schutz. „Hunni ist nun mal ein Monkoloid. Sie dürfen an ihn nicht Maßstäbe anlegen wie an einen Menschen. Sein Verhalten wird noch stark durch Instinkte geleitet. Die Monkoloiden kommunizieren fast nur, indem sie sich die Schädel einschlagen oder das Fell abziehen. Hunni hat einen erstaunlichen zivilisatorischen Prozess hinter sich, belehrte Single sie und fügte nicht ohne Stolz hinzu: „Ich bin das einzige zweiarmige Lebewesen, das er respektiert.

    „Wenn Sie ein netter Mann wären, würden Sie mich vor ihm beschützen", schmollte Aromala.

    „Ich bin ein netter Mann, protestierte Single. „Sie verstehen das bloß nicht. Zwischen Hunni und mir besteht etwas, was nach der Verhaltensforschung nur sehr selten auftritt: Über die Jahre hat sich eine interspeziäre Bindung entwickelt. Da alle Lebewesen instinktiv das Fremde ablehnen, ist das wirklich etwas Besonderes, verstehen Sie? Sie können sich als Frau vielleicht nicht vorstellen, wie das ist, Rücken an Rücken gegen eine feindliche Übermacht anzukämpfen oder von dem anderen im letzten Moment durch eine Luke gezogen zu werden, hinter der dann alles ins All geblasen wird. Sie wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn das Schicksal des anderen einem genauso wichtig wird wie das eigene ... Die Freundschaft dieses vierarmigen Kerls bedeutet mir jedenfalls mehr, als alles andere zwischen den Sternen, und Sie können mir glauben, dass ich nichts tun werde, was sein Vertrauen enttäuschen könnte. Und wenn er ein Auge auf Sie geworfen hat, werde ich Sie ihm bestimmt nicht wegnehmen!

    Aromalas Gesicht war immer länger geworden. Sie machte einen letzten Versuch, indem sie den Reißverschluss ihres Overalls herunterzog, ihre rechte Brust wie eine riesige, weiße Träne herausquellen ließ und klagte: „Aber schauen Sie, was er mit mir gemacht hat! Single, dem die Situation zunehmend unangenehm wurde, da er seit ihrem letzten Landgang keine Brüste mehr vor der Nase gehabt hatte, betrachtete das Exemplar fast widerwillig und stellte fest, dass es einige kleinere Druckstellen in Form von Saugspuren aufwies. Nur mit Mühe konnte er den Drang unterdrücken, die Inspektion mit den Händen fortzusetzen, und rutschte daher unruhig auf seinem Pilotensessel herum. „Ach, kommen Sie, das zeigt doch bloß, dass er Sie mag. Der kann auch ganz anders, wissen Sie? Und solange Sie von ihm nicht schwanger werden, machen Sie doch einfach die Augen zu und lassen ihm seinen Spaß ...

    „Schwanger? Aromala erbleichte. „Das ist doch biologisch unmöglich ... oder?

    „Unmöglich, sagen Sie? Single lachte: „Wissen Sie, wir haben auf unseren Reisen so viel verrücktes Zeug gesehen – zum Beispiel ...

    In diesem Moment meldete sich ein Sensor auf dem Steuerpult mit einem Warnton zu Wort, der Single sofort verstummen und auf seinem Pilotensessel herumfahren ließ. „Wir bekommen Gesellschaft, stellte er fest. „Sagen Sie Hunni, er soll jetzt das Signal absetzen und dann sofort herkommen. Gehen Sie schon.

    Es waren zwei leichte Schwärmer der S-Klasse, die sich längs der Asteroidenstraße enttarnt hatten und der Contrabbandiere mit gedrosseltem Tempo näherten: verhältnismäßig kleine, jedoch äußerst kampfstarke und wendige Schiffe, die dank ihrer Schnelligkeit auch Gegnern mit größerer Feuerkraft gewachsen waren.

    „Krr-brr", knurrte Hun’Gor, als er sich zu Single ins Cockpit gesellte.

    „Nein, das werden wir nicht tun, widersprach Single. „Jedenfalls noch nicht. Hast du die Sonde funken lassen? Und wieder abgestellt? – Gut. – Nein, die Schutzschilde bleiben deaktiviert, sage ich.

    Ein Summen der Konsole machte ihn darauf aufmerksam, dass die Kartellbrüder Kontakt suchten. Auf Knopfdruck erschien der Kommandant eines der Schwärmer auf dem Bildschirm: ein alter, nicht unbedingt liebgewonnener Bekannter, Lauch Squirm, seines Zeichens Drogenkurier, Waffenhändler und einer der meistgesuchten Oktorianer der Galaxis. Sein Schädel sah in etwa aus wie eine saure Gurke mit Krokodilsaugen, deren unteres Ende in ein Bündel sich beinahe hypnotisch spreizender Tentakel verzweigte.

    „Jeff, mein Freund, so vertrauensselig?, blubberte Lauch Squirm. „Oder hast du deine Schutzschilde vergessen?

    „Lauch, alter Knabe, begrüßte Single ihn wenig erfreut. „Ich hatte eine Meinungsverschiedenheit mit den Asselanen, von denen ich die Ware beschafft habe. Sie haben leider unseren Generator erwischt, sodass die Energie gerade noch für den Sprung hierher gereicht hat. Jetzt müssen die Systeme erst mal aufladen, und bis dahin haben wir keine Schilde, keine Verteidigung und sind nur begrenzt manövrierfähig.

    „Wann lernst du endlich, deine Partner nicht immer übers Ohr zu hauen, rügte ihn Lauch Squirm. „Bist du wenigstens sicher, dass die Asselanen dir nicht hierher folgen?

    „Falls die wüssten, wo wir sind, hätten die uns schon längst das Licht ausgeblasen, erklärte Single überzeugt. „Im Moment können wir weder flüchten noch uns verteidigen.

    „Hm, überlegte Squirm. „Und was würdest du tun, wenn wir dein Schiff entern und uns die Ladung einfach nehmen würden?

    „Ich würde uns alle in die Luft sprengen", antwortete Single freundlich.

    „Verstehe, sagte Lauch. „Ich komme an Bord. Und damit trennte er die Verbindung.

    Single lächelte zufrieden: „Das lief doch wie geschmiert. Er wandte sich an seinen ersten Maat: „Hunni, pass auf. Du gehst los und bereitest alles vor, damit er seine Lieferung überprüfen kann. Ich werde die Krake an der Luftschleuse in Empfang nehmen. Hun’Gor nickte, grunzte und wies auf die Transportkapsel, die sich von einem der Schwärmer gelöst hatte und in ihre Richtung geschwebt kam. „Wenn er unsere Fünfzigtausend nicht dabeihat, stopfe ich ihn sofort wieder da rein und schieße ihn zurück auf sein Schiff, verkündete Single grimmig. „Behalte ihn gut im Auge. Dem Kerl kann man keinen Zentimeter weit trauen. Kapitän und Maat klopften einander auf die Schultern, bevor ihre Wege sich trennten. An der Luftschleuse angekommen, wartete Single, bis die Kapsel angedockt hatte, entriegelte dann die Luke und ließ Lauch Squirm ein, der mit dem rechten seiner dürr herabhängenden Arme ein Metallköfferchen trug.

    „Ich sehe, du hast an unsere Bezahlung gedacht", meinte Single beglückt.

    „Andernfalls würdest du mich wohl kaum an Bord lassen", erwiderte Squirm in eisigem Tonfall.

    Gekränkt verzog Single das Gesicht. „Du unterschätzt meine Gastfreundschaft. Er zeigte auf den Koffer: „Fünfzigtausend?

    „Fünfzigtausend, bestätigte Squirm. „Gehen wir.

    Während Single seinen Gast durch das Schiff führte, herrschte hartnäckiges Schweigen zwischen ihnen. Auf halbem Weg drangen ihnen Geräusche entgegen, die nichts Gutes ahnen ließen, und als sie die Kombüse betraten, sahen sie Hun’Gor, der Aromala Cayenne mit seinen vier Armen von hinten umschlungen und vor sich in gebückter Haltung auf den Tisch gezwungen hatte. Ihr Overall hatte sich um ihre Knöchel geschlungen und vereitelte jeden Fluchtversuch. Während der Monkoloid die Bedauernswerte bearbeitete, tanzten ihre Brüste über die Tischplatte, als wollten sie darauf den Rhythmus trommeln.

    Single stemmte die Fäuste in die Hüften und stieß ein ärgerliches Räuspern aus, woraufhin Hun’Gor sofort reagierte und die Schiffsköchin fallen ließ wie einen Sack. „Kann man dich nicht mal eine Minute aus den Augen lassen!, schimpfte Single. „Lauch, ich muss mich für meinen ersten Maat entschuldigen ...

    Der Oktorianer war in der Tür stehengeblieben und fixierte die über zwei Meter messende Gestalt des Monkoloiden, die nur aus Fell, Zähnen, Armen und seinem hin und her pendelnden Genital zu bestehen schien. „Das ist das Widerlichste, was ich seit längerem zu Gesicht bekommen habe", stellte er fest.

    Single lachte angestrengt: „Dann schau dir erst mal an, was wir dir mitgebracht haben."

    Während Aromala ihren Overall zusammenraffte und an Hun’Gor vorbei aus dem Raum huschte, geleitete Single seinen Gast zu einer beleuchteten Arbeitsplatte, auf der zwei geöffnete Metallbehälter mit Proben ihrer Fracht bereitlagen. Squirm würdigte sie jedoch keines Blickes. „Wo ist der Rest?" wollte er wissen. Single öffnete daraufhin die Tür der angrenzenden Vorratskammer, in der sich die Metallbehälter bis an die Decke stapelten. Squirm suchte sich einen aus, den Hun’Gor auf Singles Fingerschnippen hin mit einiger Mühe aus dem Stapel herauszog und Squirm überreichte. Dieser entnahm dem Behälter einen getrockneten Schlickling und wog ihn fachmännisch in der Handfläche. Schlicklinge waren harmlose Zeitgenossen: dicke, bewegungsmüde Würmer, die in den ausgedehnten Wattregionen ihres Heimatplaneten lagerten und darauf warteten, geerntet und sachkundig dehydriert zu werden. Sobald ihnen alle Flüssigkeit entzogen war, ließen sie sich rauchen und entfalteten dabei so massive Rauschwirkungen, dass ihr Konsum in sämtlichen zivilisierten Sonnensystemen strengstens untersagt war. Es hieß, die gesamte humanoide Urbevölkerung ihres Planeten habe sich durch das Rauchen von Schlicklingen selbst ausgerottet.

    Lauch Squirm steckte sich den Schlickling in eine hinter seinen Tentakeln verborgene Mundöffnung, zog seinen Strahler aus dem Holster und entflammte das Ende des Schlicklings mit einem winzigen Aufblitzen an der Mündung. Ein dünner, blauer Rauchfaden kräuselte sich der Decke entgegen.

    Single beobachtete ihn skeptisch. „Lauch, bist du dir sicher, dass du das tun solltest? Das Zeug soll paranoide Schübe verursachen", gab er zu bedenken.

    „Lass das nur meine Sorge sein. Squirm schien einen tiefen Zug zu inhalieren und stieß ihn dann aus, wobei sich seine vibrierenden Tentakel nach allen Seiten vom Schädel abspreizten. „Nicht – schlecht, blubberte er mit merkwürdig veränderter Stimme.

    Single stieß Hun’Gor derweil unauffällig in die Seite und raunte ihm zu: „Wo bleiben die bloß ...? Der Monkoloid zuckte sorgenvoll die Schultern, als sie Squirms misstrauische Stimme vernahmen: „Was flüstert ihr da?

    „Nichts, gar nichts, wehrte Single ab. „Wenn du mit der Lieferung zufrieden bist, dann würde ich jetzt gerne einen Blick in dein Köfferchen werfen.

    Squirm schaute ihn durchdringend aus seinen Krokodilsaugen an, deren Pupillen sich angsteinflößend geweitet hatten. Dann reichte er Single den Koffer: „Keine Tricks. Wenn mir etwas zustoßen sollte, werden meine Jungs dich und dein Schiff pulverisieren, ist dir das klar?"

    „Entspann dich, Lauch, wir sind doch alle Profis", besänftigte ihn Single und nahm den Koffer entgegen. Im Inneren befanden sich die verabredeten Fünfzigtausend. Single unterzog sie einer eingehenden Prüfung, dann nickte er befriedigt und zwinkerte seinem ersten Maat zu.

    „Was gibst du ihm für Zeichen?", fragte Squirm scharf, dessen Blick nervös zwischen Mensch und Monkoloid hin- und herwanderte.

    Single starrte den Oktorianer an. „Ich habe ihm nur signalisiert, dass alles in Ordnung ist"

    Squirm wirkte nicht überzeugt. „Ihr habt doch geflüstert", sagte er herausfordernd.

    Single lächelte liebenswürdig und wechselte unauffällig den Koffer in die andere Hand, um die Rechte freizuhaben, sollte es zu einem Strahlergefecht kommen. „Vielleicht solltest du dieses Ding jetzt wirklich ausmachen", schlug er Squirm vor.

    Der Oktorianer nahm jedoch einen weiteren Zug und fixierte dann Hun’Gor, der unschuldig einige Meter entfernt stand: „Ich merke genau, dass du versuchst, dich an mich anzuschleichen."

    „Ich denke, wir sollten anfangen, die Kisten in deine Kapsel zu schaffen, bevor deine Besatzung unruhig wird", schaltete sich Single ein, der im Stillen überlegte, ob es möglicherweise ratsamer war, Squirm gleich hier über den Haufen zu schießen.

    Er konnte den Gedanken nicht zu Ende führen, da in diesem Moment der Alarm losging und das Schiff eine Schreckenssekunde später durch einen Treffer erschüttert wurde, der Mensch, Monkoloid und Oktorianer übereinanderstürzen ließ. „Los, kommt mit! Zum Cockpit!, rief Single, kämpfte sich auf die Beine und sprintete über den schwankenden Boden davon. Hun’Gor und Squirm folgten ihm, Hun’Gor aus voller Kehle röhrend, während Squirm mit seinem Gleichgewicht kämpfte und immer wieder protestierte: „Das kann nicht sein! Das ist Sabotage! Ich habe keinen Feuerbefehl gegeben ...

    Das hatte er auch nicht. Es waren die Asselanen, die soeben aus dem Hyperraum aufgetaucht waren und beim ersten Sichtkontakt das Feuer auf die Contrabbandiere eröffnet hatten. Vom Cockpit aus konnte Single ihre drei Schiffe ausmachen, sogenannte Nomaden: klobige, schwer gepanzerte Frachter, die sich ihnen auf direktem Kurs näherten. Eine weitere Lasergarbe streifte die Contrabbandiere: die Erschütterung war stark genug, um Single gegen die Kabinenwand zu schleudern, während Asteroiden und Sterne vor den Cockpitfenstern zu tanzen schienen. Gleich würden die Asselanen nah genug sein, um sie zielgenau beschießen zu können. Single war sich darüber im Klaren, dass ohne Schutzschilde zwei bis drei Volltreffer genügen würden, um das Schiff in seine Bestandteile zu zerlegen.

    „Es sind die Asselanen, rief er Squirm zu, der sich eben zu ihm und Hun‘Gor ins Cockpit zwängte, „sie haben uns gefunden und wollen sich an uns schadlos halten.

    „Schutzschilde! Zurückschießen!" verlangte Squirm.

    „Lauch, ich hab dir doch gesagt, dass meine Verteidigungssysteme ausgefallen sind. Verstehst du mich? Wenn deine Jungs nicht sofort eingreifen, sind wir verloren."

    „Krr-brr! Krr-brr!" bestätigte Hun’Gor.

    Squirm gestikulierte heftig. „Öffne einen Kanal! Öffne einen Kanal!"

    Doch es stellte sich als unnötig heraus, den Kartellbrüdern Befehle zu erteilen. Die Besatzungen, die wussten, dass sich ihr Geld, ihre Lieferung und ihr Boss an Bord der Contrabbandiere befanden, schalteten sich in diesem Moment in das Gefecht ein, indem sie die Nomaden seitlich im Sturzflug attackierten und zum Abdrehen zwangen. Die Ausnutzung des Überraschungsmomentes hatte dazu geführt, dass einer der Nomaden einen verheerenden Treffer am Heck erhalten hatte und nun eine grellbunte Lichtspur hinter sich herzog.

    Vom Cockpit der Contrabbandiere beobachteten Single, Squirm, Hun’Gor und nun auch Aromala den Kampf, der sich unweit ihrer Position abspielte.

    „Es verspricht, spannend zu werden", kommentierte Single, und in der Tat: zwar waren die Schiffe der Asselanen denen der Kartellbrüder zahlenmäßig sowie von Feuerkraft und Panzerung überlegen – aber sie waren schwerfällig und nicht in der Lage, den rasanten Flugmanövern der Schwärmer zu folgen, sodass es den Kartellbrüdern möglich wurde, immer wieder Treffer in die Schwachstellen ihrer Gegner zu landen. Es dauerte nicht lange, bis der bereits angeschlagene Nomade in Schieflage geriet und dann in zeitlupenartiger Sturzbahn in die Asteroidenstraße taumelte, wo er zwischen den Felsbrocken zerrieben wurde. Als sich sein Schicksal vollendet hatte, war der zweite Nomade bereits manövrierunfähig geschossen; die Schwärmer gaben ihm durch gezieltes Feuer in die Schubaggregate den Rest, sodass sein dahintreibender Metallleib in einem spektakulären Feuerwerk zerstob, bei dessen Anblick Squirm begeistert in die Hände klatschte. Einen Moment später erwischte es einen der beiden Schwärmer: Ein Streifschuss warf ihn aus der Flugbahn und schleuderte ihn mitten in die Asteroidenstraße, deren Untiefen durch seine Explosion sekundenlang erhellt wurden.

    „Armes Schwein", meinte Single mitfühlend. Der verbleibende Nomade schien es in sich zu haben. Da er sein Feuer jetzt auf ein Ziel konzentrieren konnte, gelang es ihm, den zweiten Schwärmer abzudrängen und in die Tiefe des Raumes, zumindest außerhalb ihrer Sichtweite, zu vertreiben. Hun‘Gor röhrte alarmiert, als der Nomade ein Wendemanöver durchführte und sich nun wieder im Anflug auf die Contrabbandiere befand.

    „Ich mache nie wieder ein Geschäft mit dir, Jeff, nie wieder!, zeterte Squirm derweil. „Ich will auf mein Schiff zurück, hörst du? Ich will ... Obwohl noch zu weit entfernt, eröffnete der Nomade das Feuer auf sie; sie sahen die grünen und gelben Funken in ihre Richtung stieben und spürten die Erschütterungen, deren Heftigkeit zunahm, während sich das Feindschiff näherte. Squirm hatte das Gleichgewicht verloren und war gestürzt.

    „Mutter!", schrie er und umklammerte panisch das haarige Bein des Monkoloiden. Dann verfiel er in die Sprache seines Heimatplaneten, die klang, als versuchte ein Ferkel unter Wasser zu reden.

    Die Hände auf dem Schaltpult, fasste Single den sich nähernden Nomaden ins Auge. Er ließ ihn herankommen, wartete einen Moment – und noch einen – und dann warf sich auf einmal der Schwärmer in halsbrecherischem Sturzflug in den Angriffskurs des Nomaden und deckte ihn mit Störfeuer ein.

    „Lauch, deine Jungs haben wirklich Mut", meinte Single anerkennend. Die Asselanen begingen nun einen Fehler, indem sie den Angriff auf die Contrabbandiere abbrachen und die Verfolgung des Schwärmers aufnahmen. Der Kurs führte jedoch direkt in die Asteroidenstraße. Der Schwärmer war schnell und wendig genug, sich in den Rücken des Nomaden zu manövrieren und dessen Antrieb mit Feuer zu belegen, sodass dieser prompt Funken zu speien begann. Und dann sackte auch dieser Gegner geschlagen in die Tiefe, um dort von den geduldigen Gesteinsmassen zermalmt zu werden.

    Squirm stand inzwischen wieder, wenn auch etwas zittrig, auf seinen Beinen und schien begriffen zu haben, dass sie den Angriff lebendig überstanden hatten.

    „Jeff, jetzt schuldest du mir ein Schiff", blubberte er bedrohlich. Single zuckte die Schultern.

    „Im Grunde, Lauch, schulde ich dir sogar zwei Schiffe", meinte er unbewegt und gab aus den Bordwaffen der Contrabbandiere drei wohlgezielte Schüsse auf den siegreichen Schwärmer ab, der unvorbereitet getroffen wurde. Das Licht an Bord erstarb, der Antrieb ebenfalls; der Schwärmer begann, leblos zu treiben. Single lehnte sich zufrieden zurück.

    Squirms Reptilienaugen schienen aus seinem Gurkenschädel quellen zu wollen; seine Tentakel schlugen aus. „Du Verbrecher, du hast uns reingelegt! Du warst die ganze Zeit feuerbereit!"

    „Du musst meine Genialität anerkennen", feixte Single, „ich habe jetzt das Geld und die Ware, und ich muss mich in Zukunft weder mit den Asselanen herumschlagen noch mit dir."

    „Du Schuft, du Scheusal, tobte Squirm, „wo ist mein Strahler? Ihr habt mich entwaffnet! Ich dreh dir den Hals um, Jeff, mit meinen bloßen Händen werde ich ... Bevor er etwas anstellen konnte, drängte ihn Hun’Gor aus dem Cockpit und nahm ihn in den Schwitzkasten, woraufhin seine Angriffslust erstarb. Single folgte ihnen und kratzte sich nachdenklich am Kinn: „Sag mal, Hunni, ich hab ihm seine Waffe nicht abgenommen. Hast du sie?" Der Monkoloid grübelte einen Moment und schüttelte dann sein riesiges Haupt.

    „Sieh mal einer an, grinste Single, der Squirms Strahler inzwischen in den Händen Aromala Cayennes entdeckt hatte. „Püppchen, Sie werden uns noch richtig nützlich, meinte er, als er die Kanone entgegennahm. Aromala seufzte und schüttelte den Kopf: „Wenn ich bedenke, dass ich hier als Köchin angeheuert habe ..."

    Hun’Gor, der den wie leblos herabhängenden Oktorianer gepackt hielt, röhrte fragend. „Er wollte auf sein Schiff zurück, erinnerte sich Single, „also steck ihn in seine Kapsel und schick ihn auf die Reise. Der Monkoloid nickte, faltete Squirm in der Mitte und schleppte ihn, der exotische Verwünschungen blubberte, in Richtung der Luftschleuse davon.

    Aromala machte ein bekümmertes Gesicht. „Ist das nicht sehr grausam?, wandte sie ein. Single streckte sich. „Besser er als wir. Dann betrachtete er Aromala, und ihm fiel zum ersten Mal auf, dass sie nicht nur einen reizvollen Körper, sondern auch ein hübsches Gesicht hatte, ein schmales, von rabenschwarzem Haar umrahmtes Mädchengesicht mit Stupsnase, wachen Augen, einem schüchternen Lächeln und makellos weißen Zähnen. „Sie waren wirklich geistesgegenwärtig", lobte er sie unbeholfen,

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