Wo sind die normalen Menschen?: Geschichten eines Videospielhändlers
Von Patrick Becher
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Über dieses E-Book
Doch nicht nur Kunden können den aufrichtigen Kleingewerbetreibenden zum Staunen bringen. Auch Vertreter, die einem Softwarehaus Stofftiere andienen, Praktikanten, die die Fensterscheibe ablecken und vermeintlich unbeteiligte Passanten, die dem Händler als "Schmutz der Gesellschaft" moraltriefend eine schnelle Pleite wünschen, lassen sich keine Gelegenheit entgehen, um Becher mit ihren Auftritten zur Verzweiflung zu treiben. Wo sind sie nur hin, all die ganz normalen Menschen?
Und als ob das alles nicht genug wäre, gibt es zusätzlich zu den zahlreichen Entgleisungen, Skurrilitäten und Merkwürdigkeiten weitere vier Kapitel mit Stilblüten aus der täglichen Kommunikationswelt eines Geschäftsführers.
"Wo sind die normalen Menschen?" ist eine Skurrilitätensammlung, die einen Brüller nach dem anderen garantiert und zudem ein Sittengemälde der ganz normalen deutschen Einzelhandelswelt ist.
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Buchvorschau
Wo sind die normalen Menschen? - Patrick Becher
Kapitel 01
„Ein ganz normaler Tag" – der Grund für dieses Buch?
Als Beispiel erzähle ich hier von einem Tag, der sich wirklich vor einiger Zeit genauso abgespielt hat und mich unter anderem dazu bewog, die Merkwürdigkeiten der letzten Jahre aufzuschreiben:
Mitwirkende
Ich: ein Verkäufer, der sich an diesem Tage mal wieder einen anderen Job wünschte
Mr. DSL: ein Experte
Mr. Eil-CD: ein Fan dieses Ladens
die Pausenclowns: sorgen immer wieder für einen gelungenen Gag
Mr. 2,99: ein Kunde, für den 3 Euro noch viel bedeuten!
Mr. Riddler: Selbstgespräche bei Com Illusion bringen Spaß
Handtaschenfrau: immer wieder für eine Geschichte gut
normale Kunden: unauffällig, wie eh und je
Es war ein regnerischer Morgen und in den letzten Tagen hatten wir wenig Umsatz gemacht. Man sitzt also voll motiviert hinter dem Ladentresen und wartet mit Spannung auf den ersten Kunden. Dann kommt er auch schon. Er sieht eigentlich aus wie ein normaler Kunde, der sich informieren und eventuell etwas kaufen will. Ein Herr im mittleren Alter will sich über DSL beraten lassen, kein Problem, kostenlose Beratung für Kunden, die Ihre Ware dann woanders kaufen, ist unsere Spezialität. Nach ca. 30 Minuten intensiver Beratung kam dann die entscheidende Frage: „Wie kann man mit DSL faxen?" Mein Erklärungsversuch, dass dies technisch unmöglich sei und das Faxen nur über ein Modem, eine ISDN Anlage, oder über einige Internet Dienste per E-Mail funktioniere, verhallte unverstanden. „Mein Sohn tut es aber! Sie haben keine Ahnung.", sprach der Herr und ging. Er brummelte noch etwas von „unfähig", als er den Laden verließ. Wahrscheinlich führte er Selbstgespräche.
Der nächste Kunde war schon viel interessanter, wahrscheinlich war in seinem Stammlokal gerade keiner da, oder er brauchte jemanden zum Reden, oder seine Frau hatte ihn rausgeschmissen, oder ... – na ja egal, wir sprachen ca. 1 Stunde über dieses und jenes, was nichts mit Computerspielen zu tun hatte und diskutierten über gesellschaftliche Grundprobleme und Erziehungsfragen.
Dann begann er unsere Einzel-CDs, von denen wir fast 3 000 Stück haben, durchzusehen, da er ein Programm suchte, welches wir nicht hatten. Dies sagte ich ihm natürlich vorher, aber man kann ja trotzdem mal schauen ...
Ein weiterer Kunde, der unbemerkt den Laden betrat, fragte nach einem Spiel, welches ich ihm heraussuchte. Es kostete 2,99 Euro. Nach fünf Minuten weiteren Suchens sagte er: „Ich nehme das lieber schnell mit, sonst finde ich nachher noch mehr, und das wird dann noch teurer." Wohlgemerkt, wir sprechen über eine Summe von 2,99 Euro ...
Der Herr mit den Einzel-CDs war auch nach zweistündiger Suche noch nicht fündig geworden. Das konnte er natürlich auch nicht. Aber mein Argument, dass wir das Produkt nicht haben, half auch dieses Mal nicht.
Nach 3 Stunden machte der Herr mit den Einzel-CDs eine Pause. Er sagte: „Ich ruhe mich erstmal aus.", und verließ den Laden.
Ich brauchte auch eine kurze Pause und besorgte etwas zu essen und trinken. Auf dem Rückweg sah ich schon drei Kunden vor der verschlossenen Ladentür warten. Einer begrüßte mich scherzhaft, dass ich 20 Sekunden zu lange gebraucht hätte und warum ich eigentlich esse.
Nachdem ich herzlich gelacht hatte, öffnete ich die Ladentür und erkannte die nächsten beiden Kunden. Die Handtaschenfrau mit ihrem verwirrten Sohn, zwei Stammkunden, die sich immer gerne mehrere Stunden umsehen, ihre Sachen hinterher nicht wieder finden und dann sogar bis zu 2 Euro ausgeben. Dieses Mal überraschten Sie mich, sie fanden gar nichts und gingen glücklich nach Hause. Der Sohn versuchte mehrfach mit mir zu kommunizieren. Ich weiß aber bis heute nicht, was er eigentlich wollte. Aber immerhin war er freundlich und bedankte sich hinterher.
Dann kam noch einer von meinen Lieblingskunden, wir nennen ihn Mr. Riddler, er wollte ungefähr 2 Stunden mit mir reden, um sich weiterzubilden. Er redete auch weiter, wenn ich mit anderen Kunden beschäftigt, oder gar nicht in der Nähe war. Er redete, um dann selbstverständlich ohne etwas zu kaufen, zu gehen. Aber er sagte: „Bis bald ...", war das eine Drohung?
Etwas später kam der altbekannte Herr mit den Einzel-CDs wieder und begann seine Suche nach der CD, die wir nicht hatten, fortzusetzen. Dieses dauerte weitere 2 Stunden – bis kurz vor Ladenschluss. Er bedankte sich für die gute Beratung und war begeistert diesen Laden gefunden zu haben. Leider verließ auch er den Laden ohne etwas gekauft zu haben, aber er wollte uns ja weiterempfehlen, da unser Angebot so großartig ist und man so nett mit uns reden kann. Danke. Ach ja, einige normale Käufer waren an diesem Tage auch im Laden. Diese kamen natürlich kurz nach Ladenschluss, vermutlich um nicht auf die anderen Kunden des Tages zu treffen. So musste ich wieder einmal Überstunden machen und durfte statt um 19 Uhr erst um 20 Uhr nach Hause gehen. Mein Essen konnte ich mir noch in die Mikrowelle stellen. Als ehrenamtlicher Kundenpsychologe wünsche ich mir ein zweites Gehalt. An die meisten normalen Kunden dieses Tages kann ich mich aber nicht mehr so recht erinnern, Normales vergisst man so schnell ...
Kapitel 02
„Ich bin doch Experte" – Experten, und die sich dafür halten
Kunde: „Läuft FEAR auf einem Pentium 3 und einer Nvida 6200?"
Verkäufer: „Nein, das ist zu langsam."
Kunde: „Aber mein PC hat den Level 2 Cache übertaktet, auf 2 GHz."
Verkäufer: „Wie, das ist technisch aber nicht möglich!"
Kunde: „Doch, ein Freund hat da ein bisschen im Bios rumgespielt und mir das Bios übertaktet auf 2 GHz."
Verkäufer: „Hmm ..., Na mehr kann ich dazu aber auch nicht sagen, wie viel Ram hast du denn?"
Kunde: „512 MB DDR2."
Verkäufer: „DDR2? Das geht aber nicht, dann hast Du keinen P3!"
Kunde: „DOCH, der Kumpel hat viel getuned!"
Wahr ist, dass Robin ein defektes CD-ROM-Laufwerk, bei dem die Schublade klemmte, mit etwas Gewalt und einem lauten Knackgeräusch „reparierte".
Unwahr ist, dass er seitdem erfolgreich als Nebentätigkeit in einer Arztpraxis Verrenkungen kuriert.
Es ist schon merkwürdig, wenn ein Kunde erzählt, bis gestern funktionierten alle Laufwerke seines Rechners und man nach Öffnen des Computers feststellt, dass alle Kabel vom Mainboard entfernt wurden ...
... und dann war da noch die Dame, die Probleme mit ihrem Drucker hatte. Sie konnte ihre Word Datei nicht ausdrucken. „Und wenn ich am Drucker die Knöpfe benutze, kommen da immer nur Testseiten heraus, ich habe schon 12 Stück davon, die kann ich Ihnen mal mitbringen." Nach einem Hausbesuch konnte das Problem schnell geklärt werden – der Stecker steckte nicht richtig im Drucker.
Kundengespräch
Kunde: „Ich habe zu Hause ein leeres Gehäuse. Was brauche ich noch für einen PC?"
Verkäufer: „Ist in Ihrem Gehäuse ein Netzteil drin?"
Kunde: „Ich glaube nicht. Es ist leer. Ich dachte, man steckt da ’ne Festplatte und CD-ROM rein und kann dann Windows 98 nutzen ..."
Verkäufer: (...)
Es folgen einige meiner Lieblingsreklamationen eines PC-Users
„Die Diskette ist defekt, sie bootet nicht!" Der Kunde war wohl gerade erst vom Amiga umgestiegen, auf dem Spiele sofort nach Einlegen der Diskette starteten.
„Ich habe einen modernen Rechner, wenn die CD oder Diskette nicht bootet, will ich sie nicht."
„Das Spiel fehlt. Es liegt nur eine Musik CD drin." Mein Argument, dass heutzutage Software schon auf CDs ausgeliefert wird, ließ er nicht gelten ...
... und dann war da noch der Computer, der durch einfaches Anschalten