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Der Pilot in der Libelle: Gedichte
Der Pilot in der Libelle: Gedichte
Der Pilot in der Libelle: Gedichte
eBook107 Seiten30 Minuten

Der Pilot in der Libelle: Gedichte

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Über dieses E-Book

In bewegenden Bildern von großer Prägnanz und in einer Sprache, die dem Klang der Dinge angelehnt ist, betrachtet der Autor den Alltag aus der Mitte des Lebens: Phänomene teils in extremer Nahaufnahme, teils aus der Warte dessen, der um die Unterschiede zwischen Wahrnehmen und Begreifen weiß. So finden Geburt und Vergänglichkeit ihren selbstverständlichen Platz. Der Blick auf Kreatur, Werk und Erleben geht über den Einzelnen hinaus und wird Überlieferung.
SpracheDeutsch
HerausgeberWallstein Verlag
Erscheinungsdatum1. Feb. 2012
ISBN9783835321335
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    Buchvorschau

    Der Pilot in der Libelle - Hendrik Rost

    Wilko

    Mnemosyne

    Überlieferung

    Der älteste Mensch der Welt ist müde

    geworden in mir, er hat seine Gründe,

    Faulheit, Krankheit, Liebe, Krise –

    aber das geht niemanden etwas an.

    Ich lege mich hin mit ihm, Fernseher aus,

    Nachbarn verreist. Das Bett ist gut, müde

    ist gut, ich selbst bin alt für den Moment.

    Keiner Zeitung würde ich sein Geheimnis

    verraten: Fisch, Leinsamen, Lebenslust

    oder jedes beliebige Mittel zu überleben.

    Er wird mich wecken, wenn er will, still

    ist es, still, ich könnte sterben jetzt oder

    leben trotz allem, was er durchgemacht hat.

    Aber das geht niemanden etwas an im Moment.

    Er rekelt und streckt sich in meinem Körper

    wie in einer Tierhaut, gejagt, erlegt, geliebt.

    Was dann folgt, ist der schwierigste Teil.

    Seine Erfahrung, sein Schlaf, mein Verfall.

    Zu guter Letzt

    So endet es, du musst es gelesen

    haben, bevor du es leben kannst,

    bevor du ausgetrunken hast,

    musst du das letzte Glas austrinken,

    bevor du denkst, musst du wissen,

    bevor wir zusammengelebt haben,

    müssen wir die Nacht zusammen

    verbringen, bevor es endet,

    ist es nichts, und davor ist es alles.

    Du musst es leben, bevor du

    es träumen kannst. Morgen ist es

    vergessen, aber nicht vorbei,

    weil wir nichts voneinander wissen,

    kennen wir uns, wir sind Nebenbuhler

    in eigener Sache. Ich verrate dir

    den Ausgang. Für die Gunst der Stunde

    musst du den Augenblick verpassen.

    Es endet nicht. So fängt es an.

    Mnemosyne

    Im Zimmer der Großmutter roch es nach Erinnerung

    gegen Ende. Gesammelt, gestapelt und faulend.

    Ich schob die Greisin öfter im Rollstuhl spazieren.

    Dabei erzählte sie, Fahrradfahren verlernt man nie.

    Was blieb, war Fernsehen. Sie war dem Sender treu,

    den sie beim Anschalten zufällig und laut einstellte.

    Selbst wenn die Kiste einmal aus war, blickte sie

    stur und stumm auf den Schirm. Einmal beim Kaffee

    drehte sie sich plötzlich zu mir, strahlte übers ganze

    Gesicht und raunte: »Ich werd nie vergessen, wie«.

    Dann stockte sie, gestand: »Ich hab’s vergessen«.

    Wir sahen uns an, dann lachten wir. Wir lachten.

    Es gibt es, das Vergeben. Ich kann es noch riechen.

    Hand aufs Herz

    Statt eines Rücktrittsgesuchs

    schrieb ich eine Liebeserklärung,

    und plötzlich war das Leben,

    das wir geteilt haben, unser Leben,

    das wir miteinander führen werden.

    Vor einem Jahr wird in einem Jahr,

    weißt du noch wird du wirst sehen,

    es war einmal: einmal ist keinmal.

    Und anders als im täglichen Geschäft

    erleben wir, wie die Verhältnisse

    wieder sie selbst werden und Beamte

    und Oberhäupter so weit zurücktreten,

    dass sie nie im Amt gewesen sind,

    bis du wie in der ersten Nacht

    neben mir liegst, als

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