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Christmond - Heitere und besinnliche Geschichten zum Fest
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Christmond - Heitere und besinnliche Geschichten zum Fest
eBook246 Seiten3 Stunden

Christmond - Heitere und besinnliche Geschichten zum Fest

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Über dieses E-Book

Christmond wurde einst der Dezember genannt. Alfred Landmesser entdeckt diesen besonderen Namen für eine besondere Zeit neu. In vielen Kurzgeschichten entführt er uns auf eine Reise durch die Weihnachtszeit und erzählt, was rund um das Weihnachtsfest alles passieren kann. Zarte Liebesbande werden geschmiedet, das Jesuskind verschwindet aus der Krippe und der geliebte Hund Felix kehrt zu seinem Frauchen zurück. Alfred Landmesser blickt auch in die Vergangenheit und wendet sich ernsten Themen zu. So gelingt ihm eine einstimmende Sammlung besinnlicher, aber auch humorvoller Geschichten über diesen wunderbaren Monat, den Christmond.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum16. Dez. 2014
ISBN9783475543807
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    Buchvorschau

    Christmond - Heitere und besinnliche Geschichten zum Fest - Alfred Landmesser

    Marterl

    Blätter im Advent

    Adrian, stets still und anspruchslos, wünschte sich zu seinem 60. Geburtstag am 30. November von seinen Kollegen nichts anderes als ein schlichtes Alpenveilchen. Die Damen und Herren aber überrumpelten ihn mit einem riesigen Gummibaum. Verlegen zählte er die Blätter, kam auf 24, strahlte dann, und alle waren daraufhin erleichtert, strahlten ebenfalls und manch Gläschen wurde geleert.

    Am nächsten Morgen kam einer nach dem anderen in heiterer Erinnerung lächelnd ins Zimmer 202, begrüßte Adrian freudig und – war ein wenig traurig darüber, dass über Nacht vom Gummibaum das unterste Blatt abgefallen war. Aber, nun ja, das kann passieren. Tags darauf, am 2. Dezember, kamen immerhin noch sechs Kollegen vorbei, um ihm zuzulächeln.

    Ein zweites Blatt war in der Nacht abgefallen. Schade.

    Tag um Tag verging. Jeder tat seine Arbeit und Adrian musste bei all dem beobachten, wie sein Baum Blatt um Blatt verlor. Jede Nacht nur eines, aber das doch regelmäßig, und er wurde immer trauriger, sodass ihm am 15. Tag ein Tränchen unterm linken Auge hing, was einer Kollegin auffiel.

    Das Unglück sprach sich im Nu herum und innerhalb weniger Minuten waren alle Mitstreiter versammelt. Sein Herzeleid wollten sie nicht so einfach übergehen und schließlich war es bemerkenswert, dass ganz regelmäßig Tag für Tag ein Blatt abgefallen war. Jeden Morgen traf man sich nun, aber das Unglück war nicht aufzuhalten. Am 23. Dezember schließlich ragte ein grüner Stamm aus dem Blumentopf gen Decke mit nur einem einzigen kleinen, dem letzten Blättchen dran. Alle waren sehr betroffen und ratlos obendrein. Und da keiner voraussehen konnte, ob nun auch das letzte Blatt noch abfallen werde, und man den armen Mann für diesen Fall nicht ohne Trost allein lassen wollte, kamen alle auch am nächsten Morgen ins Büro, obwohl kein Arbeitstag war.

    Nun, wie es nicht anders zu erwarten war, lag am 24. Dezember auch das letzte Blatt auf dem Boden und alle standen stumm und verlegen herum.

    Dem Kollegen Mauerle, der für die Werbung zuständig war, kam schließlich der rettende Gedanke. »Du, Adrian«, sagte er zu ihm, »sieh die Sache doch mal so: Der Gummibaum hat an 24 Tagen 24 Blätter verloren. Jeden Tag eins. Das ist wie ein Adventskalender. Daraus lässt sich doch etwas machen! Ich werde aus dieser Pflanze tausend ebensolche ziehen, sie Adrian-Advents-Gummibäume nennen und verkaufen. Du bekommst zehn Prozent ab und wirst ein berühmter und reicher Mann.«

    Adrian schaute ihn zunächst erstaunt, dann nachdenklich und schließlich freudestrahlend an, ja, er umarmte ihn sogar und weinte Freudentränen und alle Kolleginnen und Kollegen klatschten.

    Ich für meine Person habe da jedoch einige Bedenken. Vielleicht liegt es ja nur daran, dass ich nicht die geringste Ahnung davon habe, wie man einen Gummibaum vermehrt. Schon gar nicht einen, der keine Blätter mehr hat, und dann auch noch so, dass die Zöglinge vom 1. bis 24. Dezember je eins ihrer Blätter verlieren, damit man weiß, dass Weihnachten ist. Aber ich habe inzwischen auch einen Gummibaum, der fortwährend Blätter verliert – sonntags und montags.

    Eine Schneeflocke erzählt

    Wir Flocken wurden nach Größe sortiert. Ich war eine von den besonders großen und sollte deshalb bis zum Schluss warten. So war das eben bei uns.

    Die Wolken hatten mir schon viel von dem erzählt, was uns unten erwartete, und ich war mächtig gespannt. Die ersten Kleinen ließen sich schon fallen. Oh, war ich aufgeregt! Aber die kleinen Flocken kamen einfach nicht schnell weg, denn einige von ihnen hatten große Angst. Wie lange das dauerte! Ich wurde immer ungeduldiger, und kaum war der erste Schwung unserer Kleinen gesprungen, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich musste da runter, musste das alles aus der Nähe sehen! Es war wunderschön! Es war, als hätten sich viele, viele Sterne vom Himmel gelöst, um sich auf der Erde neu zu sortieren. Erst als ich fast am Boden war, bemerkte ich, dass viele der anderen großen Flocken meinem Beispiel gefolgt waren. Dann hörte ich leise Musik und Menschen, die sprachen. Ich hörte Kinder lachen und singen. Unten an gekommen, konnte ich für kurze Zeit die anderen Flocken wie Sterne funkeln sehen, jene, die sich auf der Erde versammelt hatten, und jene, die noch folgten. Dann fielen nach und nach mehr und immer mehr Flocken auf mich und bedeckten mich schließlich ganz und gar. Einen Tag lang konnte ich nichts sehen und war sehr traurig. Aber dann nahm ein lachendes Kind mich zusammen mit vielen anderen in die Hand, formte uns zu einem Ball und warf uns in hohem Bogen durch die Luft. Herrlich, herrlich!

    Im Winter eine Schneeflocke zu sein, ist etwas Wundervolles! Leider aber nur für kurze Zeit. – Und wir erleben alles nur einmal. Schade.

    Der Schneemann und der Hase

    Es war schon fast Frühjahr, nur hie und da lag noch etwas Schnee, aber in einem der Gärten nebenan stand noch ein Schneemann, ein schon etwas wackeliger. Man musste täglich mit seinem Ende rechnen, aber er hielt sich tapfer.

    Da kam ein Hase in den Garten und sein Blick fiel auf die prächtige Rübe, die der Schneemann als Nase trug – zwischen den schwarzen Augen und unterhalb des Zylinders, der schon schief auf seinem Kopf hing.

    Der Hase schaute sehnsüchtig nach der Rübe, denn er hatte lange keine mehr zu Gesicht bekommen. Schließlich begann er an dem Schneemann herumzuarbeiten, zu schaben und zu schubsen, und tatsächlich, der Schneemann fiel um. Nur fiel dummerweise nicht die Rübe, sondern der alte, angefressene Zylinder als erstes und genau auf den geschäftigen Hasen und deckte ihn völlig zu. Das arme Tier in seiner Angst rannte so schnell es konnte unter dem Zylinder quer durch den Garten.

    In diesem Augenblick kam ein Nachbar am Garten vorüber und sah den Zylinder durch den Garten fegen.

    »Ach«, sagte er zu sich, »die Zylinder sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Aber es muss heute stürmisch sein, doch so was empfindet ein Naturbursche wie ich natürlich nicht sofort.«

    Vorsichtshalber jedoch drückte er seinen Hut mit seinem Spazierstock fest an den Kopf.

    Die schönste Tanne

    Kurz vor Weihnachten geben einige Gemeinden ihren Bürgern Gelegenheit, sich für das Fest einen Weihnachtsbaum im Wald zu schlagen.

    Und da sie nun die Menschen Jahr um Jahr an den gleichen Platz schicken, stehen da schließlich nur noch verkrüppelte Bäume herum.

    Entweder sind es lange schiefe oder kleine schiefe.

    Schiefe sind es auf jeden Fall. Außerdem sind sie entweder so klein, dass sie im Christbaumständer verschwinden, oder aber so groß, dass man sie zur Hälfte absägen muss. Das sieht auch nicht besonders feierlich aus.

    Mein Onkel Alfred wohnt in solch einem Dörfchen mit Waldbestand und ist ein Geizhals der schlimmsten Sorte. So kauft er seine Winterkartoffeln erst, wenn sie halb verschrumpelt sind.

    Dann sind sie leichter und er hat zahlenmäßig mehr auf den Zentner.

    Folglich war er neulich auch der Erste, als die Bäume im Wald geschlagen werden durften.

    Aber wie es nicht anders zu erwarten war, hat selbst er keinen brauchbaren Weihnachtsbaum gefunden. Dreimal lief er auf und ab. Nichts war’s. Inzwischen sind fünfzig weitere Leute mit ihm auf und ab marschiert. Zwei haben sich schließlich einen Baum geteilt, die anderen sind ohne nach Hause.

    Als mein Onkel das dritte Mal die Runde machte, sah er eine wunderschöne Tanne im Wald stehen – fünf Meter neben dem freigegebenen Gelände. Es war eine wie man sie nur alle paar Jahre einmal vor die Augen bekommt. Onkel Alfred hat kein Wort gesagt. Zu niemandem.

    Aber gedacht hat er sich etwas. Abends nämlich war Kegelabend. Und hinterher …

    Um zehn Uhr war die Kugelschieberei zu Ende. Onkel Alfred schwang sich auf sein Rad und nichts wie ab in den Wald. Hundert Meter vom Bäumchen entfernt stellte er sein Fahrzeug ab und schlich weiter. Fast war er dort, als er ein Knacken vernahm. »O nein«, dachte er, »es wird doch nicht der Förster sein!« Er ist hinter einen dicken Baum gekrochen.

    Für zehn Minuten etwa. »Also«, so hat er dann schließlich überlegt, »es bleibt nur eins, es muss ruck, zuck gehen. Nimm deine Axt, mache vier, fünf Sätze, zwei Schläge, schnapp dir den Baum und verschwinde damit wie ein Wiesel!«

    Er hat’s gemacht, holte nochmals tief Luft, vier, fünf Sätze, schwang seine Axt und … was soll ich viel erzählen: Plötzlich stand der ganze Kegelverein mit erhobener Axt um den wunderschön gewachsenen Baum herum. Erst tief erschrocken, dann durchgeschüttelt vor Lachen.

    Keiner fehlte. Von denen ist einer so’n Knauser wie der andere. Deshalb waren auch bis zu jenem Tag nicht mehr als dreizehn Mark fünfzig in ihrer Kegelkasse zusammengekommen.

    Aber irgendwie – der Baum war ab. Und als er so dalag, kam nach und nach doch das schlechte Gewissen durch. Oder die Erkenntnis, dass keiner dem anderen den Baum gönnte? Wie auch immer: Am Tag darauf stand vor dem Kindergarten ein wunderschön gewachsener, herrlich geschmückter Weihnachtsbaum und am gleichen Tag sind Süßigkeiten von unbekannten Spendern eingetroffen. Wert der Spenden: dreizehn Mark fünfzig – auf den Pfennig genau.

    Die Weihnachtskarte

    Elisa wohnte einsam im letzten Haus an der Straße. Ihre einzige Schwester hatte vor Jahren geheiratet und sie seitdem vergessen. Sie jedoch kaufte Jahr für Jahr zum Weihnachtsfest eine besonders hübsche Karte, schickte sie ihr und hoffte, dass ihr Gruß irgendwann doch beantwortet werde. Täglich wartete sie dann auf den Postboten. Lange vergebens. –

    Doch dann plötzlich entdeckte sie Spuren im Schnee! Hastig eilte sie hinaus, und tatsächlich, im Briefkasten lag eine Weihnachtskarte! Eine Krippe war darauf zu sehen und ein hell glänzender Stern aus Silberkrümeln, genau so wie auf jener Karte, die sie ihrer Schwester geschickt hatte.

    Dann sah sie einen Vermerk auf der Karte: »Zurück – Empfänger verstorben«. Traurig. Doch am Heiligabend ließ sie den prächtigen Silberstern der Karte im Kerzenschein ihres Weihnachtsbaums funkelnd erstrahlen.

    Und Elisa schickte ihr auch im nächsten Jahr die schönste Weihnachtskarte und zusätzlich in einem großen Paket viele schöne Dinge, die sie sich selbst all die Jahre zum Fest gewünscht hatte. Bald erhielt sie auch zum Geburtstag, zu Ostern und zu vielen anderen Anlässen Karten und Pakete. Und auf allen stand: »Empfänger unbekannt«. Sie hatte nun oft Grund zur Freude. – Nur der Postbote, der war etwas ärgerlich.

    Drei Weihnachtsbäume

    Annemarie ist hübsch, ja, man könnte dichterisch sogar sagen, sie sei anmutig. Aber das macht ihr Leben nicht leichter, denn, stets von Männern umschwärmt, musste sie sich doch irgendwann für einen entscheiden und es waren schließlich zwei, die in die engere Wahl kamen.

    Anfang Dezember nun fasste sie den Entschluss, dass am nächsten Weihnachtsfest Verlobung sein solle und zwar mit dem, der am meisten mit ihr gemeinsam habe. Sie ließ es die beiden auch wissen. Die wurden verständlicherweise sofort recht unruhig, überlegten hin und her, gaben sich die größte Mühe, lieb und nett zu sein, und überhäuften sie mit vielen Aufmerksamkeiten. Aber es ergab sich zunächst einmal nichts.

    Dann war Weihnachtsmarkt und da konnte man Annemarie, als es zu dunkeln begann, ganz verträumt auf der Treppe vor dem alten Rathaus sitzen sehen. Sie lächelte, und wer genau hinsah, konnte bemerken, dass es ein recht verschmitztes Lächeln war. Ihr war nämlich der Gedanke gekommen, dass, wenn zwei Menschen einen Weihnachtsbaum schmücken und dazu die gleichen Dinge verwenden, doch auch die gleichen Gefühle hegen und die gleichen Interessen haben müssten. Und sie lächelte weiter ihr verschmitztes Lächeln, schlenderte über den Weihnachtsmarkt und suchte sich ihren Christbaumschmuck zusammen.

    Schließlich rückte der Heiligabend näher und sie teilte den beiden mit, dass sie am Nachmittag des 24. zu einem Tässchen Kaffee vorbeikäme.

    Inzwischen schmückte sie ihr Weihnachtsbäumchen.

    Rosa Schleifen von oben bis unten, echte rosa Kerzen. Weihnachtskugeln, rosa mit ein wenig Silber, es waren genau siebzehn, und siebzehn Strohsterne. Über all das ließ sie eine große Menge Engelshaar fließen und an der Tannenspitze schließlich hing ein goldenes Glöckchen. Es sah herrlich aus, eben genau so wie es der sanften Annemarie aus dem Herzen gekommen war.

    Zuerst besuchte sie Felix. Er empfing sie freudestrahlend.

    Der Kaffee war schon fertig. Auch Plätzchen lagen bereit. Er gab ihr ein Küsschen auf die Wange und dann saßen sie am Tisch und plauderten.

    Aber was Felix nicht wusste: Annemarie betrachtete heimlich ganz genau den Weihnachtsbaum.

    Rote, gelbe und silberne Kugeln wild durcheinander. Ein Jammer! Elektrische Kerzen, Lametta, Äpfel, die fast noch grün waren, und auf der Spitze nichts. Da war auch kein Platz mehr für irgendetwas. Immerhin aber hing irgendwo noch ein kleines buntes Kärtchen. »Liebe Annemarie« stand darauf. Nun ja, das hat dann auch nicht mehr viel herausgerissen. »Gesegnete Weihnachten, und vielleicht sehen wir uns ja bald wieder«, meinte sie zum Abschied. Sie hielt sich noch bedeckt, denn schließlich wusste sie ja nicht, was die zweite Station bringen würde.

    Robert lächelte selbstbewusst, als sie eintrat. Ein Küsschen zum Empfang fehlte nicht. »Ich habe eine Überraschung für dich. Bitte schließ die Augen«, sagte er. Sie tat ihm den Gefallen. Vorsichtig führte er sie ins Zimmer und dann flüsterte er: »So, Annemarie, jetzt öffne die Augen wieder!« – Sie musste die Augen sehr weit aufreißen, um glauben zu können, was sie da sah! Der Weihnachtsbaum! – Rosa Schleifen von oben bis unten, echte rosa Kerzen, Weihnachtskugeln, rosa mit ein wenig Silber, es waren genau siebzehn, und siebzehn Strohsterne. Über all das floss eine große Menge Engelshaar und an der Tannenspitze schließlich hing ein goldenes Glöckchen.

    Nun könnte mancher denken: »Das gibt es nicht. Es kann nicht sein, dass zwei Menschen so sehr das Gleiche fühlen, die gleichen Gedanken hegen, dass ihre geschmückten Weihnachtsbäume aufs i-Tüpfelchen genau übereinstimmen.«

    Und er hätte Recht. Das gibt es nicht. Aber: Ein verliebter junger Mann, der seiner Liebsten stets ganz nah ist – besonders auf dem Weihnachtsmarkt – der hat da so seine Vorteile!

    Nun, wie sollte es auch anders kommen, die beiden wurden Mann und Frau und sie sind tatsächlich ein Herz und eine Seele bis zum heutigen Tag. Und dass sie ein Herz und eine Seele sind, erkennt man an ihren beiden Kindern. Es sind Zwillinge, eins sieht aus wie das andere. Aufs i-Tüpfelchen genau.

    Drinnen und draußen

    Aus dem Fenster eines kleinen Hauses blickte die zehnjährige Anna hinaus in den verschneiten Garten. Neben ihr auf der Fensterbank war etwas mit einem weißen Tuch zugedeckt.

    Schließlich nahm sie das Tuch weg und es kam ein etwa 50 Zentimeter hoher Käfig zum Vorschein, in dem ein kleiner bunter Vogel auf einer Stange saß. Der hatte wohl nur darauf gewartet, denn kaum war das Tuch verschwunden, begann er so laut zu piepsen, als gelte es die ganze Welt zusammenzurufen. Schön klang das nicht, aber laut war es. »Das hört sich ja grausig an, Heinrich!«, sagte Anna und war weg.

    Der Vogel aber saß weiter auf seiner Stange und schmetterte vor sich hin, bis er endlich außer Puste war, und da fiel ihm ein, dass es Zeit war, etwas zu fressen. So hopste er denn eine Etage tiefer in seinem Käfig und machte sich mit gleichem Eifer, mit dem er schräge Töne geschmettert hatte, über ein Schälchen her, das prall mit Körnern gefüllt war. Er fraß und schluckte und schluckte und fraß und hackte so eifrig in dem Schälchen umher, dass die Körner nur so herumwirbelten. So fiel ihm zunächst auch nicht auf, dass auf dem Fenstersims draußen zwei Meisen saßen, die, um sich vorm Schnee zu retten, in einem kleinen, windgeschützten Eckchen niedergelassen hatten, dort, wohin der Schnee bisher nicht gekommen war. Die sahen also nun durchgefroren und ausgehungert zu, wie der Heinrich in seinem Fressnapf herumwühlte, und wünschten sich, auch dort drinnen zu sein.

    Aber dann kam auch schon Anna zurück und die beiden Gäste flogen ängstlich davon. Da erst entdeckte Heinrich sie. »Ach«, dachte er, »die haben es gut. Sie können in die weite Welt hinausfliegen und ich, ich sitze hier im Käfig.«

    Der Winter dauerte noch einige Wochen. Die Meisen besuchten ab und zu den bunten Heinrich und schauten ihm recht neidisch zu und der Heinrich schaute den beiden zu, wie sie herumflogen. Dann kam der Frühling und da gab es für sie viel zu tun. Sie bauten sich ein schönes warmes Nest, mussten bald fünf kleine Meisen versorgen und hatten keine Zeit mehr an Heinrich zu denken.

    Der aber hatte sie nicht vergessen. Immer, wenn man ihm das Tuch vom Käfig nahm, er also wieder einmal piepsen durfte, hatte er anschließend nie wieder so richtig Freude am Fressen, denn fortwährend dachte er daran, wie schön es wäre, könnte auch er hinaus in den Garten fliegen.

    Dann geschah plötzlich das Unerwartete. Die kleine Anna holte all den Kram heraus, den er so im Käfig herumliegen ließ, und vergaß doch tatsächlich das kleine Türchen wieder zu schließen. Lange überlegte er nicht. »Nichts wie weg!«, dachte er und war schon aus dem Käfig.

    Aufgeregt, aber voller Stolz flog Heinrich in den Garten, setzte sich auf einen Zweig, flog zum Gartenzaun, flog zurück, sprang

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