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Der Schrull von Pölz
Der Schrull von Pölz
Der Schrull von Pölz
eBook162 Seiten2 Stunden

Der Schrull von Pölz

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Über dieses E-Book

Ein schrulliger Sonderling haust hinten bei der Kühlgrundmühle im Leinachtal in einer Hütte. Er ist leutscheu und eigensinnig. Ist er der Mörder des verschwundenen Mädchens aus dem Bergdorf Pölz? In der Konfrontation seiner Denkwelt mit der Wirklichkeit beginnt für ihn der Aufruhr in der Stille der Einsamkeit.

Diese Erzählung schildert den Versuch, aus dem Alltäglichen auszubrechen und sich im Nötigsten einzurichten, dort das gedachte vereinfachte Leben zu verwirklichen. Dabei wird die Ambivalenz des Single-Lebens – Gipfelpunkt des Menschseins einerseits und andererseits höchste soziale Sensibilität – reflektiert.

Die Selbstbetrachtungen erinnern an das literarische Vorbild Jean Paul und sind eine Reminiszenz an den Dichter in dessen 250. Geburtsjahr.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum7. Jan. 2015
ISBN9783957038548
Der Schrull von Pölz

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    Buchvorschau

    Der Schrull von Pölz - Fabian Lacher

    Der Schrull von Pölz

    Fabian Lacher

    Roman Verlag © 2013

    http://www.romanverlag.com

    E-Book-ISBN: 978-3-9570-3854-8

    Verlag GD Publishing Ltd. & Co KG

    E-Book Distribution: XinXii

    http://www.xinxii.com

    All rights reserved.

    Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

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    Trotz sorgfältigem Lektorat können sich Fehler einschleichen. Autor und Verlag sind deshalb dankbar für diesbezügliche Hinweise. Jegliche Haftung ist ausgeschlossen, alle Rechte bleiben vorbehalten.

    Inhaltsverzeichnis

    Anschlag

    Bubibub

    1

    2

    Ix von Pölz

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    8

    9

    10

    11

    12

    13

    14

    Roman Tiek

    1

    2

    3

    Anschlag

    Habt ihr schon von dem spinnerten Uhu gehört, der neuerdings hinten beim Tummler haust?

    Von wegen erst jetzt, der Waldschrat hat längst einen Bart und das Gesicht ist ihm zugewachsen, wie der kahle Felsen bemoost und bestrüppt ist.

    Sag bloß, und das hat keiner mitgekriegt?

    Wer heutzutage in Felsenhöhlen lungert, der brütet nichts Gutes aus. Da siehst du ja kaum einen Fuchs, und einen Feldhasen schon gar nimmer. Dem Wurzelfex ist zuzutrauen, dass er hinter dieser Wichtelmaskerade steckt.

    Das ist doch kein Verrückter, einfach ein Einzelgänger ist der, der nicht gleich aufs Amt rennt und die Hand aufhält, wenn’s ihm mal schlechter geht, verstehst du. Nicht jeder muss seine Zeit in der sozialen Hängematte verdösen.

    Und warum will gerade der die kleine Lisawett entdeckt haben? Das glaubst du doch selber nicht, dass ein Aussteiger sich nicht zu verstecken hätte. Wie einem Einsteiger geht es dem, der was Fremdes sucht, bloß andersherum.

    Die Wirtin von der Kühlgrundmühle hat es erzählt, dass der recht gebildet sein muss und dass man sich ganz kurzweilig mit dem unterhalten könne. Und ein sauberes Mannsbild wäre er auch, wenn er täglich eine warme Dusche hätte …

    Die Kühlgrundwirtin, die Kühlgrundwirtin – wer weiß nicht, was die mannstolle Witwe sieht, wenn sie sucht.

    Die Tagesgespräche beim Dorfbräu und in den Wirtshäusern in Unteroberndorf und Pölz, in Burgstall und in Zehentbronn hatten eine Vorgeschichte, die am besten der Hauptverdächtige selber zusammenfassen kann. Und sie hatten einen aktuellen Anlass, wie er in der Zeitung steht. Außerdem haben vom Rande aus nicht wenige gehört und gesehen, was darum herum geschehen sein könnte.

    Wann schon heult eine Polizeisirene durchs Leinachtal? Und wer hat vorher schon mal in der Dämmerung das blaue Licht von den kahlen Felswänden blinken sehen? Keiner von den Ureinhausern. Felsen tragen keine Scheinwerfer und haben keine Alarmlichter, sie sind knallhartes Gestein. Deshalb sind die Gaststuben voll von Wissbegierigen, überfüllter als beim Kappenabend im Fasching und beim Bauerntheater der Laienspielgruppe.

    Welche Nachwehen dieses außerordentliche Geschehen haben wird, das muss man erst noch sehen. Spüren werden es nicht nur die Betroffenen, sondern vor allem auch der schrullige Waldmensch vom Leinachtal bei Pölz – ob er es nun wirklich ausgelöst hat oder auch nicht. Das wahre Verbrechen erfahren nur die Leser dieser Schilderung.

    Bubibub

    Wer sein Haus verlässt,

    sieht die Tür –

    verschlossen.

    1

    Knapp daneben hat es angefangen. Neben dem Musikerpavillon legten sich seine urlaubenden Eltern in die Blumenwiese. Die Liebe hatte sie getroffen. Nach neun Monden war sie reif zum Kreißen. Und die Befürchtung war Fleisch geworden. Die Hebamme hat der Winzling mit seinem warmen Strählchen in hohem Bogen getauft. Seine Duftmarke setzte er in Einwegwindeln.

    Die Kindheit lag nur wenig neben der Norm: Aufgewachsen in einer Reihenhaussiedlung neben dem aufstrebenden Industriegebiet, aufgezogen nach der Trennung der Eltern bei seiner kinderlosen Großtante. Sozusagen im stillen Kämmerlein probte er den Aufstand: Er durchforstete Zeitungsartikel nach Stilblüten oder suchte Buchstaben, die das Wort so veränderten, dass die Bedeutung knapp neben der ursprünglichen lag. So lange suchte er oft, bis er schließlich Widersinn ausgemacht hatte.

    „Ich bin Wort-Drechsler, das ist ein Handwerk!, wehrte er sich gegen Neckereien der Mitschüler: „Bist du noch nicht ganz dichter? Sie gaben durch Gestik und Mimik sehr deutlich zu verstehen, dass sie nicht das Hauptwort, sondern den Komparativ des Adjektivs meinten. Unbeirrt drechselte er allein für sich. Zum Beispiel:

    Seine Beichte über die Verunstaltung legte alles offen.

    Sie trabten herdenweise an, denn der Einritt war frei.

    Wachset und wehret euch.

    Die beleibten Politiker begossen die Eröffnung mit Sekt und den Sekret-ärinnen.

    Verabschiebung des Jubilars aus dem Amt für Umweltschmutz.

    Die Biker fressen Kilometer um Killometer.

    Im Kleintierzuchtverein wurden ausschließlich Nachzuchten von Mitgliedern angeboten.

    Die Einwohner treffen sich zum gemütlichen Zusammensein und um bei Bier und Brezeln der Musikkapelle zu lausen.

    Bärtige Propheten verhaaren im Gebet.

    Wer Stil hat, muss noch lange keinen Stiel halten können.

    Wie auf Bestellung produzieren sie Bücher, die Bestellerautoren.

    Die Schulzeit hat er auf diese und ähnliche Weisen wacker ausgesessen, das Abitur um zwei Punkte verpasst. Um einen Job scherte er sich dennoch kein einziges Haar. Ist er denn ein Jockey, der von Beschäftigung zu Beschäftigung joggt? Nein, Jobhopper ist er nicht. Er hat niemals bei einem Großvater auf den Knien gesessen und sich „Hoppe, hoppe, Reiter" anhören müssen.

    Sollte er sich ausbeuten lassen? Denn Ausbeutung ist jede Art von Abhängigkeit, das hatte er sich in dreizehn Jahren Schulunterricht als gesicherte Weisheit fürs Leben erarbeitet. Sollte er sich in dieser verkorksten Welt aus seinem Flaschengeist ziehen lassen? In ihr wird der, der seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt als Arbeitnehmer hinabgewertet. Und der, der sie nimmt, um damit ein Vermögen zu erwirtschaften, wird als Arbeitgeber hofiert. Er pfiff auf diese Brothymne, er sang sein eigen Liedchen und unternahm nur das, was ihm gut dünkte. Somit fühlte er sich als sein eigener Unternehmer, ein selbstständiger Lebensgestalter.

    Der geraffte Lebenslauf, der folgte, diente nicht zur Bewerbung auf irgendeine Ausbeutungsstelle. Es bereitete schlicht und einfach Vergnügen, aus der Distanz von gut zwei Jahrzehnten den erledigten Lebensabschnitt Revue passieren zu lassen.

    Beim Bund schoss er knapp daneben, wurde ausgemustert. Da traf ihn der väterliche Zorn wie ein Torpedo, der selbst das geheiligte Tau der Blutsverwandtschaft kappt. Vater war nämlich, so titulierte der Sohn, Majorkapitän der Marine zu Lande a. D. Seit der Scheidung kannte er Vaters Namen sowieso nur noch vom Kontoauszug der Unterhaltsleistung, respektive Unterhaltungsleistung, wie es der Pensionär nicht ganz zu Unrecht titulierte. Er war ein humorvoller Mensch, der dem Sohn jedwede Freiheit ließ, solange sie sich in seinem Fahrwasser abspielte und dieses nicht trübte. Zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit ließ der 56-jährige Pensionär einen Witz vom Stapel. Seine bewusst gewollten Belustigungssketche waren von der folgenden Sorte: „Da steht zwar After-Shave drauf, aber es riecht so gut, dass ich es als Rasierwasser fürs Gesicht verwende. Als Resümee, das der Sohn überhaupt nicht gerne hörte, dozierte er: „Bub, immer einen flotten Spruch muss man parat haben, Bube!

    Mit Mutter kam Bubi seitdem wöchentlich einmal in der Pizzeria zusammen. Und an der Großtante probte er diplomatisches Geschick und taktische Lebensbewältigungsklugheit mit zunehmend wachsendem Erfolg. Das war quasi seine Sturm-und-Drang-Zeit, in der er sich vorkam wie das Kästner’sche „Riesenspielzeug. Da sagte er der Mutter des Öfteren die Verse auf: „Ihr wart auf uns nicht eingerichtet, ihr habt uns nur zur Welt gebracht. ... Wir werden von euch ausgehalten und halten das nicht länger aus!

    Als Repetent hat er das Abitur doch noch geschafft. Und dann ab nach Kassel zum Studium.

    Den ewigen Studenten drängten die gespaltenen Elternteile aus zwei Richtungen ins Leben. Er solle endlich zwei Gänge zulegen und aus seinem Schneckenhäuschen ins Ziel spurten.

    „Nimm dir ein Vorbild an deinem schnittigen Auto! Oder möchtest du mit der Schneckenpost vors verschlossene Tor kriechen? Bubi – Bub." Das klang wie Kleinkind, dieses Bubibub.

    Im Schneckentempo verpasse man den Eilzug, und eine Villa baue sich nicht von selbst. Konkretes Streben müsse den Lebenstüchtigen leiten. Die Schleimspuren der Schnecken vertrockneten im Wind der Tage und würden zertreten vom Schritt des Alltags. Er solle sich endlich sputen und den Schritt beschleunigen, auf die Rolltreppe springen und weiter steigen. Wer sich nur hochziehen lasse, werde mit über den Tisch gezogen. Er solle seinen Lebenswandel wandeln, solange sie ihm den Tisch deckten, und vielleicht könne er auch einmal so etwas wie Dank empfinden für Muttis Sorge.

    Ganz recht, Emp-findung ist Mutters Für-Sorge. Sie sorgt sich um mich, weil sie für ihren Ruf fürchtet. Ich bin aber kein Pfad-Finder, und mit dem Geigerzähler der Sensibilität kann ich schon gar nicht umgehen. Überhaupt: sensibel, sensitiv! Sensen-tief geht es mir unter die Haut, was sich auch nur im Entferntesten anhört wie das Ausholen des Schnitters. Wenn man bedenkt, dass die natürliche Kante eines Grashalms Papier zerschneiden kann, dann wird man den Schlag erfassen, den ein Sensibelchen treffen muss wie ein Sensenhieb, der den Halm umlegt. Und ihnen werde ich mich gerade noch in den Weg stellen! Also, liebes Muttchen, allen Respekt vor deiner Herzensgüte. Doch lieber habe ich die Güter im Geldbeutel als das Herz in der Hosentasche. Tat-Sache ist der Dauerauftrag. Danke Vati, danke für dein Tat-Wort.

    Er war Philosoph, seit ihn Großvater als solchen apostrophiert hatte. „Du fragst mir Löcher in den Bauch mit deinem bohrenden Warum und Weshalb und Wieso. Warum genügt es dir nicht, zu wissen, wie ein Ding beschaffen ist, warum musst du wissen, warum es so ist?"

    Zunächst studierte er das Fach Philosophie an der Universität. Das war nicht unbedingt handfest und zielstrebig, aber es war eine intensive Lebensbeschäftigung. Vielleicht studierte er es auch aus dem letzten Rest an Stolz und Selbstbehauptung heraus, weil die gesamte Verwandtschaft ihn vor der brotlosen Kunst gewarnt hatte. Der Kandidat der Philosophie ging kurz in sich mit dem restlichen Respekt vor dem Über-Ich. Zu essen hatte er bisher noch immer etwas aufgetrieben, aber den Sachen endlich auf den Grund zu gehen, das hatte bisher noch keiner von den ihm Bekannten gewagt. Nun war er eingeschriebener stud. phil., aber am meisten war er Lebensphilosoph: Er studierte das Leben und die Lebenden in ihrem Sosein von Bistro- und Cafétischen aus, während die Kyniker und Peripatetiker das Dasein an sich im Hörsaal hin und her wälzten. Er diskutierte live mit denen, die eine Zigarette von ihm schnorrten und beim Anblick seiner Roth-Händle-Packung ausriefen: „Du frisst wohl auch kleine Kinder?"

    „Bewahre,

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