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Rohdiamanten
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eBook286 Seiten3 Stunden

Rohdiamanten

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Über dieses E-Book

Auswandern aus Deutschland und etwas ganz Neues in einem fernen, exotischen Land anfangen – das scheint der große Traum vieler Zeitgenossen zu sein.
Was aber, wenn Gott selbst den Auftrag gibt: „Lass alles zurück, geh nach Portugal und lebe dort“? Genau das passiert dem jungen Ehepaar Kathrin und David am Ende ihrer Flitterwochen.
Wie werden sie mit dieser Herausforderung umgehen? Und vor allem: Wie werden sie miteinander umgehen? Immerhin haben sie sich erst recht spät kennengelernt und geheiratet.
Das Buch erzählt die Geschichte dieser beiden rauen Rohdiamanten – und wie Gott ganz langsam und behutsam anfängt, ihre Ecken und Kanten zu glätten. Und so wird aus ihrer Liebesgeschichte miteinander auch eine Liebesgeschichte mit Gott.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum17. Okt. 2014
ISBN9783000475450
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    Buchvorschau

    Rohdiamanten - Thomas Trautmann

    Schlusswort

    Einleitung

    Ein warmes, goldenes Leuchten durchflutete den Wald, in dem Vater spazieren ging. Er schaute sich um und genoss seine Schöpfung. Jeder Blick zeigte, dass er alles perfekt gemacht hatte. Er hörte die Vögel und wusste, dass sie ihm ein Loblied sangen. Sie freuten sich, unter den großen und mächtigen Bäumen leben zu dürfen, die ihnen Schutz und Nahrung boten. Zwischen den Bäumen wuchsen grüne Büsche, die über und über mit bunten Blüten bedeckt waren.

    Da fiel sein Blick auf einen seltsam geformten Kiesel am Wegrand. Er blieb stehen, bückte sich und hob ihn auf. Bei oberflächlicher Betrachtung sah der Stein aus wie ein gewöhnliches Stück Quarz, kantig und ungleichmäßig geformt. Vater steckte ihn zufrieden in seine Tasche und ging lächelnd weiter.

    Kurz darauf überquerte sein Weg einen klaren Bach. Ein Holzsteg passte sich perfekt an die Landschaft an und erlaubte es ihm, trockenen Fußes auf die andere Seite zu gelangen. Auf der Hälfte der Brücke blieb er stehen und schaute ins Wasser. Er beobachtete einige regenbogenfarbige Forellen, die mit spielender Leichtigkeit gegen die Strömung ankämpften. Dabei fiel ihm ein anderer Stein auf.

    Vorsichtig streifte er seinen Ärmel zurück, streckte die Hand ins Wasser und holte ihn heraus. Dieser Stein glich dem Ersten, war aber durch das Wasser im Laufe der Zeit etwas glatter geschliffen worden. Vater steckte ihn zu dem anderen in die Tasche und ging fröhlich, in Gedanken versunken, weiter.

    An seinem Ziel angekommen holte er die beiden Steine aus der Tasche. Sein geübtes Auge hatte sofort erkannt, dass es sich nicht um einfachen Quarz handelte. Was er in seinen Händen hielt, war viel edler.

    Gegen das Licht betrachtet sah er es ganz deutlich: Von beiden Steinen ging ein schwaches Leuchten aus.

    Ganz sicher: Das waren Rohdiamanten, noch unscheinbar und unansehnlich. Aber mit viel Schleifen und Polieren würden daraus wunderschöne Edelsteine werden. Nach sorgfältiger Bearbeitung könnten die Beiden perfekt zusammenpassen und ein einmaliges Schmuckstück abgeben.

    Voller Vorfreude machte sich Vater an die Arbeit. Er wusste, dass er viel Zeit investieren musste. Aber es würde sich lohnen.

    ***

     „Kannst Du mit dem Kleinen nicht woanders hingehen? Ich muss arbeiten. Und dazu muss ich mich konzentrieren können! Ich kann mich aber nicht konzentrieren, wenn Lucas ständig schreit und Du versuchst, ihn zu beruhigen." David waren diese Worte lauter herausgerutscht, als er beabsichtigt hatte. Seit dem Umzug in diese große fremde Stadt in Portugal konnte er nicht mehr in seinem ehemaligen Büro in der Firma in Deutschland arbeiten.

    Glücklicherweise hatte er seinen Job trotz des Ortswechsels behalten können. Aber jetzt musste er zuhause arbeiten, um seine kleine Familie ernähren zu können.

    „Wenn ich ihn nicht beruhigen würde, würde er noch viel mehr schreien!" Für Kathrin war der Umzug schwerer gewesen als für David. Hier gab es keine Großeltern, die ihr mit der Betreuung ihres Kindes hätten helfen können. Sie hatte noch keine neuen Freunde gefunden und sah dazu auch keine Möglichkeit. Schließlich musste sie sich ständig um Lucas kümmern. David war ihr dabei keine große Hilfe. Er saß zwar den ganzen Tag zuhause, kümmerte sich aber fast nur um seine Arbeit.

    „Ich meinte ja gar nicht, dass Du still sein sollst. Könntest Du mit Lucas spazieren gehen oder ihn wenigstens ins Schlafzimmer bringen?" David war ein Büromensch. Wenn er mit anderen zusammensaß, kamen ihm die besten Ideen. Er regte sich zwar über alle möglichen Ablenkungen im Büro auf, konnte sich dort aber immer wieder auf seine Aufgaben konzentrieren. Hier, in dieser kleinen Zweizimmerwohnung, fiel ihm die Arbeit viel schwerer. Ablenkung hatte er leider genug, aber anders als im Büro in Deutschland fehlte ihm die anregende Kommunikation mit Kollegen.

    Kathrin schaute aus dem Fenster. Draußen prallte die Sonne mit voller Wucht auf den schwarzen Asphalt der Straße. Die Hitze staute sich zwischen den Häusern. Nirgendwo gab es Schatten. Es war wie im Backofen. Kein Wetter für einen Spaziergang mit einem Kleinkind. Also nahm sie den Säugling und ging mit ihm ins Schlafzimmer.

    Als Lucas geboren wurde, war er das ruhigste Kind in der Geburtsabteilung des Krankenhauses. Das hatte sich grundlegend geändert, als ihn seine Eltern mit nach Hause nahmen.

    Seit einem halben Jahr schrie er ständig. Er schlief nur ein, wenn einer seiner Eltern bei ihm saß. Schlummerte er endlich, mussten sie sich absolut lautlos wegschleichen, ansonsten wachte er sofort wieder auf und quittierte die Störung mit erneutem Weinen.

    ′Merkt David denn nicht, wie anstrengend diese Situation für mich ist?′ Kathrin fühlte sich von ihrem Mann allein gelassen. Jetzt vertrieb er sie auch noch aus dem Wohnzimmer, dem einzigen Raum, in dem man es sich in dieser kleinen Wohnung ein wenig bequem machen konnte. ′Ist meine Arbeit denn weniger wert als seine?′

    Sie saß auf dem Bett im Schlafzimmer und schaukelte Lucas. Der schien mit dieser Behandlung unzufrieden zu sein und brachte dies lautstark zum Ausdruck. Kathrin fühlte sich als Mutter völlig unfähig. ′Wieso schreit Lucas ständig? Was mache ich nur falsch?′

    Währenddessen saß David weiter vor seinem Computer und versuchte, sich zu konzentrieren. Es fiel ihm schwer, obwohl es erheblich stiller geworden war, als Kathrin und Lucas das Zimmer verlassen hatten. Immer wieder schlich sich Lucas′ leises Quengeln in seine Aufmerksamkeit. Er kam nur sehr langsam mit der Arbeit voran und war mit sich selbst unzufrieden.

    ′Ob es eine gute Idee war, ein Kind zu bekommen?′ Kathrin und er hatten im Alter von dreißig Jahren geheiratet, beide kamen aus kinderreichen Familien. David sprach immer davon, sechs Kinder haben zu wollen. Kathrin war vorsichtiger und wünschte sich nur drei.

    Seit Lucas vor einem halben Jahr geboren wurde, hatte David seinen Kinderwunsch stark reduziert. Die Realität eines schreienden Kindes machte ihm nur zu deutlich, wie sein Leben als sechsfacher Vater aussehen würde.

    Dazu kam dieser Umzug, der das junge Ehepaar aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen hatte. Alles war anders und viel schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatten.

    ′War es richtig, in diese Stadt zu ziehen?′ Der Lärm, den sein Sohn verursachte, ebbte langsam ab. Vielleicht schlief Lucas ja endlich ein.

    Er lehnte sich zurück und ließ seine Gedanken zu den Ereignissen wandern, die dazu geführt hatten, dass er und seine kleine Familie jetzt hier in Portugal wohnten. Nein - es gab keinen Zweifel daran, dass dieser Umzug richtig gewesen war. Vor seinem geistigen Auge lief ihre Hochzeit und die anschließenden Flitterwochen wie ein Film ab. Es hatte eigentlich alles ganz normal angefangen… .

    Hochzeitsreise

    Kathrins und Davids Hochzeit fand an einem Samstag Anfang September statt.

    Die ganze Woche über hatte es geregnet. Sie beteten viel für schönes Wetter an diesem Tag.

    Am Morgen ihres Hochzeitstages wachte David auf und schaute voller Erwartung aus dem Fenster. Das Wetter hatte sich nicht geändert. Traurig beobachtete er die grauen Wolken und den leichten Nieselregen. So hatte er sich seine Hochzeit nicht vorgestellt.

    Kurz nach Mittag zog er seinen neuen Anzug an. Er brauchte einige Versuche, bis er sich seine schicke Krawatte umgebunden hatte und steckte gerade einen Blumenschmuck ans Jackett, als es klingelte.

    „Bist Du fertig?, rauschte es aus der Gegensprechanlage. „Kathrin sitzt schon im Auto. Es war sein zukünftiger Schwager mit dem Hochzeitsauto.

    Als David das Haus verließ, riss der Himmel auf und die Sonne kämpfte sich ihren Weg frei. Fast schien es, als ob Gott selbst freudig aufgeregt herabschaute und seinen Engeln den Auftrag gegeben hätte: „Schafft doch mal die Wolken weg. Diese Hochzeit muss ich mir genauer ansehen. Es war schließlich ein gutes Stück Arbeit, die Beiden zusammenzubringen!"

    David schaute Kathrin an und lächelte glücklich.

    „Meine liebe Braut. Jetzt passt sogar das Wetter zu unserer Hochzeit."

    „Stell Dir nur vor, es hätte weitergeregnet und alle Gäste wären nass geworden."

    „Das will ich mir gar nicht vorstellen! Soll ich einen Block vor der Kirche aussteigen und vorgehen? Dann könntest Du alleine mit dem Auto kommen. Wie in den amerikanischen Filmen."

    „Ach was. Wir fahren zusammen im Hochzeitsauto hin."

    Es wurde eine sehr schöne Hochzeit. Die Trauung fand in der Kirche statt, in der David seit zwei Jahren Mitglied war. Werner, Davids Pastor, leitete die Zeremonie. Er predigte über die Einsetzung der Ehe durch Gott und über die Rechte und Pflichten, die damit verbunden sind. Dann ließ er das Brautpaar aufstehen.

    „David, willst Du Kathrin zu Deiner Dir angetrauten Ehefrau nehmen? Willst Du Sie lieben, achten und ehren alle Tage Deines Lebens, in guten wie in schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit? Bis dass der Tod Euch scheidet?"

    „Ich will." Die Bedeutung dieser Worte traf David wie eine Brandungswelle. Er war sich bewusst, dass er ein solches Versprechen nicht alleine würde halten können. ′Jesus – ich will – aber ich brauche Deine Hilfe!′

    Werner wandte sich an die Braut: „Kathrin, willst Du David zu Deinem Dir angetrauten Ehemann nehmen? Willst Du Ihn lieben, achten und ehren alle Tage Deines Lebens, in guten wie in schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit? Bis dass der Tod Euch scheidet?"

    Kathrin nahm all ihren Mut zusammen, dann hauchte sie: „Ich will."

    „Dann erkläre ich Euch hiermit zu Mann und Frau."

    *

    Die Feier fand in einem großen Saal statt, den sie für ihre vielen Gäste gemietet hatten. Bis nach Mitternacht führten ihre Verwandten und Freunde Theaterstückchen auf und trugen Lieder vor.

    Völlig erschöpft kam das jungverheiratete Paar nach dem Fest mit seinen Geschenken zuhause an. Vor der Tür strahlte David Kathrin an: „Das war die schönste Hochzeit, die ich je erlebt habe. Und es war unsere!"

    „Es war wirklich wunderschön! Und jetzt bin ich Deine Frau."

    „Und ich bin tatsächlich Dein Mann. Stell mal alles ab, was Du dabei hast. Ich will Dich über die Türschwelle tragen." Kichernd gehorchte Kathrin ihrem Ehemann und ließ es zu, dass er sie wie ein Baby auf die Arme nahm und in die Wohnung trug.

    Sie stellten ihre Geschenke im Wohnzimmer ab, dann öffnete David die Schlafzimmertür. „Was ist denn hier los? Kathrin! Komm schnell her! Das musst Du sehen!"

    Gemeinsam schauten sie auf die bunten Luftballons, die den gesamten Raum ausfüllten.

    „Auweia! Das können nur unsere ′lieben′ Hauskreiskollegen gewesen sein. Wie sind die hier hereingekommen? David wusste nicht, ob er sich ärgern oder amüsieren sollte. Dann zogen sich seine Mundwinkel zu einem Grinsen nach oben. Er ging in die Küche und kam mit zwei Nadeln zurück, von denen er Kathrin eine in die Hand drückte. „Lassen wir sie platzen!

    Als auch der letzte Ballon schlaff im Mülleimer gelandet war, zog er seine Frau an sich und schaute in ihre Augen. „Komm her, mein mir angetrautes, geliebtes Eheweib."

    „Hier bin ich, mein geliebter Ehemann."

    Sanft zog er sie an sich und streichelte sie liebevoll, bevor er ihr langsam das Hochzeitskleid auszog. Sie entkleideten sich gegenseitig, bis sie so voreinander standen, wie Gott sie geschaffen hatte. Eng umschlungen ließen sie sich auf das Bett gleiten.

    Dann geschah das, was Gott für Mann und Frau in einer Ehe vorgesehen hatte.

    Sie nahmen sich drei Tage Zeit, nach der Feier wieder alles in Ordnung zu bringen, ihre vielen Geschenke zu begutachten und zu verstauen. Dann beluden sie Davids alten Volkswagen mit ihrem Reisegepäck, um in die Flitterwochen zu fahren.

    „Hast Du gesehen, was ich mit der Heckscheibe gemacht habe?" David war aufgeregt wie ein kleiner Junge.

    Neugierig schaute Kathrin nach. Dort stand mit weißem Klebeband in großen Buchstaben „Just married".

    „Meinst Du nicht, dass das etwas auffällig ist?"

    „So soll es ja sein! Jeder darf wissen, dass wir zwei Hübschen jung verheiratet sind. Sei froh, dass ich keine Blechdosen ans Auto gebunden habe."

    Darüber war sie tatsächlich aufrichtig froh….

    Sie wollten durch ganz Westeuropa bis nach Portugal fahren. Ansonsten hatten sie nichts geplant. Jeden Abend würden sie nach einem günstigen Hotel suchen und dort übernachten.

    Dieser Vorschlag kam von David. Kathrin war etwas skeptisch: „Und was ist, wenn wir mal kein Hotel finden? Sollten wir nicht vorsichtshalber auch ein Zelt mitnehmen?"

    „Nicht nötig. Wir haben Mitte September. Die allgemeine Reisesaison ist vorbei. Was kann schon schiefgehen? Und wenn alle Stricke reißen, schlafen wir eine Nacht im Auto."

    „In unseren Flitterwochen?" Kathrins Gesichtsausdruck verriet, was sie von dieser Möglichkeit hielt. Sie sah aus, als hätte sie gerade in eine Zitrone gebissen.

    „Das wird schon nicht passieren. Und außerdem ist das Auto auch ohne Zelt voll beladen."

    *

    Nachdem sie Frankreich und Spanien durchquert hatten, erreichten sie die Grenze zu Portugal. „Kommt es Dir auch so vor, als ob hier alles viel grüner wäre?"

    Die Fahrt durch Spanien hatte durch riesige vertrocknete Landschaften geführt, in denen es zudem kaum Bäume gab, die etwas Schatten hätten spenden können.

    Kathrin schaute sich um. „Es war eine gute Idee von Dir, nach Portugal zu fahren. Was habe ich für einen klugen Mann geheiratet!"

    „Genau! Da hast Du richtig Glück gehabt! David zeigte sein schönstes Lausbubengrinsen. „Ich habe aber auch eine ganz tolle Frau erwischt!

    Kurz hinter der Grenze erreichten sie Bragança, ein mittelalterliches Städtchen im Norden. Sie fanden ein hübsches Hotel und besichtigten die Burg.

    Abends besuchten sie ein uriges, weiß getünchtes Restaurant.

    „Was ist ein typisches portugiesisches Gericht hier aus der Gegend?", fragte David den Wirt.

    „Da gibt es Vieles. Aber am besten ist unsere Forelle. Die wird ganz frisch unten im Fluss gefangen."

    David schaute Kathrin an. Er wusste, dass sie, genau wie er selbst, keine Ahnung hatte, wie man einen Fisch entgrätet. Er überlegte, ob er nicht nach Fleischgerichten fragen sollte. Dann nahm er seinen ganzen Mut zusammen. Auf die Gefahr hin, sich lächerlich zu machen, sagte er: „Die Forelle würde uns schon interessieren. Aber wir wissen nicht, wie man sie isst."

    Die Reaktion des Wirts war vollkommen professionell: „Das ist überhaupt kein Problem. Ich werde es Ihnen zeigen." Und so bestellte das junge Paar zum ersten Mal in seinem Leben einen Fisch.

    Der Wirt servierte persönlich. „Zuerst schneiden Sie den Fisch auf der ganzen Länge auf. Dann klappen Sie das Fleisch zur Seite. Sehen Sie? Jetzt können Sie die Gräten ganz einfach entfernen."

    Er hatte nicht zu viel versprochen: Die Forelle schmeckte ausgezeichnet.

    „Jetzt haben wir wieder etwas gelernt. Erinnerst Du Dich noch an Frankreich, als wir uns nicht getraut haben, Fisch zu bestellen? Das passiert uns nicht mehr. Bei diesen Worten rieb sich David behaglich den Bauch. „Was braucht ein Mann mehr? Ein gutes Essen, eine Flasche prickelnden Weißweins und eine schöne Frau an der Seite!

    Kathrin lächelte zurück: „Und wo ist die schöne Frau?"

    „Der schaue ich gerade in die braunen Rehaugen. Lass uns zurück zum Hotel gehen…."

    *

    Am nächsten Tag fuhren sie weiter nach Westen durch gebirgiges Gelände, bis sie in Portugals äußerstem Norden an den Atlantik kamen. Über den Grenzfluss Minho sahen sie die spanische Provinz Galizien. Sie blieben auf der portugiesischen Seite und übernachteten in einer Pension in Moledo do Minho.

    Am Abend unternahmen sie einen langen Spaziergang auf dem breiten Sandstrand. Die Sonne ging langsam unter und bemalte den Himmel orangefarben. Alles war sehr romantisch.

    „Siehst Du die Angler? Was für ein Bild! David deutete auf einige Männer hundert Meter vor ihnen, die immer wieder ihre Ruten schwangen, um die Köder weit aufs Meer hinauszuschleudern. „Die Angelruten sind gigantisch!

    Kathrin schaute den Strand entlang. „Alle Angler stehen auf diesem einen Fleck da vorne. Vermutlich dürfen die nur da angeln."

    „Warum sollten sie nicht auch woanders angeln dürfen? Ich habe keine Schilder gesehen. Ich nehme an, dass das einfach die beste Stelle ist. Dort beißen vermutlich die meisten Fische."

    „Ist ja auch egal. Ich finde es einfach wunderschön, wie sie so vor dem Abendrot stehen - ein richtiges Postkartenmotiv!"

    David stimmte zu und zog Kathrin auf den Sand. „Setzen wir uns eine Weile hin und schauen ihnen zu."

    Er legte seinen Arm um sie, während sie sich an ihn lehnte. Gemeinsam beobachteten sie, wie die orangene Sonne hinter den Anglern den Horizont berührte. Von den Männern sahen sie nur noch schwarze Silhouetten, die sich ab und zu bewegten, um ihre Angeln neu zu schwingen.

    Die Sonne hatte die wenigen Wolken mit einer unbeschreiblichen Vielfalt an Orangetönen bemalt, während sie langsam im Meer versank.

    Kathrin fröstelte, worauf David sie näher an sich heranzog, um sie zu wärmen. Dann strich er ihr sanft über die Haare. „So könnte unsere Ehe ewig weitergehen. Ich freue mich schon auf unsere Pension. Dann können wir wieder miteinander kuscheln."

    „Willst Du etwa schon wieder mit mir schlafen?" Ihre Stimme klang leicht genervt.

    „Was heißt denn: schon wieder? Es ist einen ganzen Tag her, seit dem letzten Mal. Wir sind schließlich in unseren Flitterwochen."

    „Und da muss man jeden Tag miteinander schlafen? Ich als Frau habe andere Bedürfnisse. Ich brauche viel eher etwas Romantik."

    „Ist das hier etwa nicht romantisch?"

    „Doch - es ist romantisch. Trotzdem will ich nicht schon wieder kuscheln."

    David schwieg und schob seinen Frust unter Aufbietung aller Kräfte zur Seite. Dann standen sie auf. Inzwischen war der Himmel finster geworden.

    Sein Beschützerinstinkt erwachte: „Ich denke, wir sollten wieder zurückgehen. Sonst sehen wir nichts mehr."

    Sie ahnten den Weg mehr, als dass sie ihn sahen. Alle Lichtquellen, außer den Positionsleuchten der weit draußen liegenden Fischerboote waren verschwunden. Dann fingen die Sterne mit selten gesehener Stärke und Klarheit an, zu scheinen.

    Endlich zurück in ihrer Pension, taten ihnen die Füße weh.

    „Vielleicht fange ich wieder an, Tagebuch zu schreiben. Dann wissen wir später noch, wie es am Anfang unserer Ehe war. Es wäre doch schade, wenn wir alles wieder vergessen würden", murmelte Kathrin, während sie sich erschöpft auf ihr Bett fallen ließ und sofort einschlief.

    David, der darauf spekuliert hatte, seine Frau doch noch zum Austausch von Zärtlichkeiten überreden zu können, legte sich neben sie. Er überlegte kurz, ob er sie so lange streicheln sollte, bis sie wieder aufwachte. Dann drehte er sich aber doch zur Seite und schmollte noch ein wenig, bis auch er eingeschlafen war.

    *

    Der darauffolgende Abstecher nach Porto entwickelte sich zum Albtraum. Es war einfach gewesen, den Schildern in Richtung Stadtzentrum zu folgen. Überall standen Hinweise auf ′Centro′. Sie fanden auch schnell einen Parkplatz in der Nähe des Flusses und bummelten am Ufer des Douro entlang.

    „Schau nur - die Brücke! Die sieht fantastisch aus." David bewunderte ein riesiges, metallenes Bauwerk. Oberhalb eines großen Bogens spannte sich hoch oben eine Fahrbahn von einem Ufer zum anderen. Darunter führte noch eine zweite Straße über den Fluss, auf der man offensichtlich auch zu Fuß zu den Portweinkellereien auf der anderen Seite gelangte.

    „Hier steht, dass diese Brücke vom selben Monsieur Eiffel gebaut wurde, der auch den Eiffelturm in Paris konstruierte." Kathrin hielt David die entsprechende Seite ihres Reiseführers hin.

    „Das hab ich nicht gewusst. Interessant! - Wollen wir auf die andere Seite gehen, um uns die Portweinkellereien anzuschauen?"

    „Gerne. Und danach könnten wir hier in einem dieser schnuckeligen Restaurants was essen."

    Als sie alles gesehen und lecker gegessen hatten, bummelten sie zurück zum Auto.

    „Wir könnten über die große Brücke weiterfahren. Die geht in Richtung Süden."

    David manövrierte das Auto durch den regen Verkehr. Sie fuhren schon eine halbe Stunde, schienen aber nicht wirklich vom Fleck zu kommen. „Siehst Du irgendein Schild, das uns zur Brücke bringt?"

    „Nichts. Ich glaube, wir sind mindestens dreimal durch diesen Kreisverkehr gefahren. Bieg diesmal in die letzte Abfahrt ein." David gehorchte seiner Frau. Leider war auch dieser Versuch nicht erfolgreich.

    „Die Portugiesen haben offensichtlich die Schilder vergessen, die den Weg aus Porto heraus zeigen sollen! David war genervt. „Überall gibt es Wegweiser in Richtung ′Centro′. - Das ist fast wie beim Ameisenbär – wenn Du da auf dem Weg nach unten bist, kommst Du auch nicht wieder raus. Zumindest dann, wenn Du eine Ameise bist….

    Kathrin wurde immer ängstlicher. „Was sollen wir nur machen? Das ist wie ein Labyrinth! Hier kommen wir nie wieder weg!"

    „Hör auf, Dir Sorgen zu machen! Am besten fahren wir jetzt immer geradeaus auf dieser Straße weiter, bis wir aus Porto heraus kommen. Dann schauen wir auf der Karte nach, wo wir sind."

    So fuhren sie, bis die Häuser langsam den ersten abgeernteten Feldern wichen.

    „Da steht ein Wegweiser nach ′Aveiro′. Schau bitte auf der Karte nach, ob das im Süden

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