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Die Wanderdüne
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eBook219 Seiten2 Stunden

Die Wanderdüne

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Über dieses E-Book

Eigentlich wollte Jonathan nur seinen heißgeliebten Rummel besuchen. Doch während er die Vorstellung in einem alten Zelt genießt, verwischt die Welt. Gerüche, Geräusche, Gesichter verschwinden. Plötzlich findet er sich im Strudel ungebändigter Gewalten wieder. Als die Illusion endet, verlässt Jonathan erleichtert das Zelt – und wird zum Gefangenen der Stadt, im Joch der Wanderdüne.

Auf der Suche nach einem Ausweg dringt Jonathan immer tiefer in das sich stetig verändernde Straßengewirr der Stadt ein, die von einer unüberwindbaren Mauer geteilt wird. Er trifft auf puppenhafte, menschliche Wesen – hohl abweisend, einem geheimen Ruf folgend.

Ein einziges Buch, das Gustav Samuel vor Jahren verfasste und danach verschwand, erzählt Jonathan die Geschichte der Stadt. Weder Vergangenheit noch Zukunft berühren sie – und doch bedeutet sie sowohl Leben als auch Tod für ihre Bewohner. Aber weshalb hat es ausgerechnet ihn in diese albtraumhafte Agonie gezogen?

Felix Woitkowski gelingt mit seinem Debüt “Die Wanderdüne” ein packender Roman voller surrealer Phantasmen und Schauer.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum13. Aug. 2015
ISBN9783739257129
Die Wanderdüne
Autor

Felix Woitkowski

Felix Woitkowski atmet Buchstaben. Er ist als Sprachdidakt und Schreibberater an den Universitäten Kassel und Münster tätig, verfasst Kurzgeschichten und Romane. Zuletzt versammelte er in "The End" elf Schlusskapitel ungeschriebener Romane und träumte sich in das "Hotel California". In seiner "Edition Murr" erscheinen zu unrecht vergessene Klassiker der utopisch-phantastischen Literatur. Mehr Informationen zum Autor, seinen Projekten und Veröffentlichungen finden sich auf felixwoitkowski.wordpress.com

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    Buchvorschau

    Die Wanderdüne - Felix Woitkowski

    ENDE

    EIN ANFANG

    »Meine Damen und Herren ...«

    Überall auf dem Rummelplatz heischten Attraktionen um Aufmerksamkeit. Fahrgeschäfte, die wilder waren als je zuvor, Marktschreier, die wummernden Bässe der Musik und Gerüche, so vielfältig wie das Angebot der Essenstände – wie sehr hatte ich darauf gewartet.

    Doch nun war das Jahr wieder um. Als ich die ersten Lichter erblickte, lief mir bereits das Wasser im Mund zusammen. Der Duft gebrannter Mandeln wies mir den Weg in die Welt der Losbuden und Geisterbahnen, Bierstände und Kettenkarussells. Ich schob mich an Luftballonverkäufern und Straßenmusikern vorbei, ließ mich von der Wildwasserbahn nass regnen und lauschte den Schreien der Mitfahrenden. Dann wurde ich auf das kleine Zelt aufmerksam.

    Inmitten der Buden und Karussells, scheinbar abseits jeden Trubels, verbarg es sich. Als ich daran vorbei ging, streifte ich es zunächst nur mit einem Blick. Es war alt und schmutzig, mehrfach geflickt. Nichts, das mich normalerweise hätte halten können. Zu sehr liebte ich das moderne Treiben. Und doch … So etwas passte so wenig auf den Rummel, dass ich verwirrt stehen blieb, um es genauer zu betrachten. Seiner eigentümlichen Faszination konnte ich mich nicht entziehen.

    »Meine Damen und Herren, vergessen Sie alles, was Sie bisher gesehen haben. Erleben Sie jetzt ein Naturschauspiel …«

    Ich betrat den kaum erleuchteten Innenraum und setzte mich auf einen der verblichenen Holzstühle. Für mich unerwartet waren die Reihen gut gefüllt. Erwartungsfroh blickten die Besucher zur Bühne, wo bereits ein Mann mit blumigen Worten seine Attraktion anpries. Frack und Zylinder, aber auch seine ausladenden Gesten ließen mich an die Stummfilme des frühen letzten Jahrhunderts denken. Nicht nur das Zelt war alt.

    »… ungeahnter Dimension. Lehnen Sie sich nun entspannt zurück. Ihnen wird nichts geschehen, dafür garantieren wir. Aber …«

    »Was passiert gleich?«, unterbrach ihn ein Junge aus dem Publikum.

    Für einen kurzen Moment hielt der Mann inne. Schweiß sammelte sich auf seiner Stirn, die Lippen bebten. Zwei Worte glaubte ich von ihnen ablesen zu können: keine Ahnung! Auch wenn ich sie mir nur eingebildet haben sollte, sie passten zu seinem Stutzen.

    Dann jedoch fasste er sich wieder. »Fragen Sie nicht, meine Damen und Herren. Lassen Sie sich einfach überraschen. Vorhang auf!«

    Mit einem Mal wurde es dunkel um mich herum. Von draußen erreichten mich noch die vereinzelten Töne einer Drehorgel, dann verstummten sie.

    Es herrschte Stille.

    *****

    »Halt!«, ruft der Grenzstein. »Hier endet Euer Weg.«

    Vorerst schenke ich ihm keine Beachtung und krieche weiter, wohin der Wind mich treibt. Doch er hört nicht auf, schreit und meckert, triezt mich so lange, bis ich frage: »Warum?«

    Nun ist er es, der schweigt.

    »Was ist dort hinter Euch?«

    »Das Land der Menschen, meiner Herren. Ihr dürft nicht passieren.«

    »Aber was sollen wir tun?«

    »Kehrt um.«

    Ach, wenn ich nur könnte!

    Die Bäume auf meinem Rücken lassen die Blätter rauschen und wispern miteinander im Wind. Vögel haben ihnen vor langer Zeit schon von den Menschen berichtet.

    »Wir wollen sie sehen!«

    Auch die großen Brocken, Findlinge, melden sich zu Wort. Sie sind meine stummen Begleiter, doch manchmal erheben selbst sie die Stimme.

    »Schon früher begegneten wir ihnen, damals ...«, berichten sie. »Sie werden uns nicht schaden können. Das vermochten sie früher nicht, warum also heute?«

    Über mir heult der Wind seine Zustimmung. Er ergreift die ersten Körner und trägt sie nach vorne. Zunächst nur wenige werden es stetig mehr. Und ich bewege mich voran, wie ich es tue, seit ich denken kann. Immer geradeaus. Immer dorthin, wohin der Wind mich treibt.

    So sehr sich der Grenzstein auch wehrt, er hat keine Wahl. Es dauert nicht lange, dann erreichen ihn meine ersten Ausläufer. Wenn er jetzt nicht weicht, ist es zu spät. Er zetert und bleibt. Bald ist er ein Teil von mir.

    »Haltet ein!«, schwirrt seine Stimme durch meinen Leib. »Kehrt um! Ich bitte – nein – ich befehle Euch: Bleibt stehen! Dieses Land gehört Euch nicht.«

    Ich versuche auf ihn einzureden, doch ohne Erfolg. Einem der Brocken wird es zu viel.

    »Erzähl das dem Wind«, ruft er und stößt mit aller Macht gegen ihn.

    Die Schreie verstummen und der Wind treibt mich weiter. Ewig …

    Die Bäume halten Ausschau nach den Herren dieses Landes. Sie befragen die Vögel, die in ihnen nisten, und hören die Findlinge ihre Geschichten erzählen. Wie sie wohl sein mögen, die Menschen?, überlege ich und lausche ebenfalls.

    Ich stelle sie mir vor wie Vögel. Doch ohne Federn und Flügel, denn fliegen sollen sie nicht können. Vielmehr treten sie den Boden. Wie es sich wohl anfühlt, wenn sie mich berühren? Erregt und voller Abscheu zugleich erschaudere ich.

    »Dort, dort!«, rufen die Bäume und weisen in alle Richtungen. »Menschen. Siehst du sie nicht?«

    Nein. Doch ich bemerke, wie die Landschaft sich verändert. Der Boden wird flacher und die Wälder gehen zurück. Auf großen, symmetrischen Fluren begegne ich einer einzigen Pflanzenart. Eine weitere folgt viel später auf meinem Weg. Auch sie bleibt unter sich.

    Am Horizont zeigen sich eigenartige Gebilde. Sie sind falsch, verquer. Unnatürlich. Ihnen fehlt die Erhabenheit der Gebirge, auch wenn sie ebenso hoch sein mögen. »Menschenwerk«, nennen es die Bäume. Die Brocken können sich nicht daran erinnern.

    Ich werde angegriffen.

    Es beginnt vorne. Menschen? Was wollen sie?

    »Lass sie nur machen«, sagen die Findlinge und ich versuche, ihrem Rat zu folgen. Doch … der Schmerz fängt jetzt erst an.

    Von allen Seiten bedrängen mich die Menschen, als ob sie mich entzweireißen wollen. Sie treiben eine Scharte in mich hinein. Tiefer und tiefer. Ich versuche, ihnen auszuweichen, aber ich kann nicht.

    »Fort!«, schreie ich dem Wind zu. »Treib mich weg von hier.« Doch er hört mein Flehen nicht und bringt mich immer weiter in das Land dieser grausamen Herren. »Bitte!«, flehe ich vergebens. Bitte!

    Als ich nicht mehr kann, breche ich über den Menschen zusammen. Für einen Moment spüre ich ihr hilfloses Zappeln. Wie klein sie doch sind und so hilflos, denke ich. Der Schmerz, den sie mir zugefügt haben, bleibt.

    Als ihre Bewegungen ersterben, herrscht für kurze Zeit Ruhe. Ein Augenblick der Erholung.

    Dann kehren sie zurück. Es sind mehr und sie kommen von überall. Die Schneisen, die sie treiben, gehen tief. Ich habe keine Möglichkeit mehr, mich zu wehren. Denn dort, wo ich die Angreifer bedecke und ersticke, treten sogleich andere an ihre Stelle. Erbarmungslos setzen sie ihren Angriff fort.

    Diesen Kampf kann ich nicht gewinnen.

    »Hilfe!«, rufe ich meine Begleiter an. »Was soll ich tun?«

    Doch erhalte ich keine Antwort. Die Bäume auf meinem Rücken haben mir die Menschen genommen. All die Findlinge muss ich verloren haben. Nur wann?

    »Bitte, Wind, bring mich fort von hier!«

    Es ist ein letzter Versuch, aber der Wind tut, was er will. Das hat er schon immer getan und selbst die Menschen werden ihn nicht aufhalten können. Er weidet sich an meinen Schmerzen. Umso mehr Qualen ich erleide, desto weiter treibt er mich jenen Gebilden entgegen.

    Mit voller Wucht breche ich in sie hinein. Die erste Reihe zerbirst sofort, weitere folgen. Es ist Stein, aus dem sie sind, und mit jedem Stück Weg, den ich nun zurücklege, scheinen meine Schmerzen zu schwinden.

    »Weiter, Wind, nur weiter!«

    Ich wachse und werde stärker. Ungebrochen, unbesiegbar.

    Ich zerschmettere alles, was mir begegnet, kämpfe mich voran, so schnell es geht. Wie ihr mir, so ich euch, schwöre ich. Kommt nur, ich warte schon. Nichts kann mich aufhalten.

    Doch in voller Blüte erstarre ich.

    Die neuen Teile meines Körpers sind taub. Während ich noch grüble, was es ist, erlahmt auch langsam der Rest von mir. Von Krämpfen geschüttelt, bäume ich mich auf. Einmal, zweimal. Nichts in meiner Nähe hält mir stand.

    In dem Schutt wachse ich erneut, doch bin ich nicht mehr ich selbst.

    Was ist mit mir?

    »Tot«, heult der Wind. »Alles, aus dem du bist, ist tot.« Er lacht, wie es sonst nur ein Wirbelsturm kann, dann hört er auf zu wehen und sucht sich einen anderen Ort.

    Totes Gestein. Gift. Ich bin verloren.

    Wie es hinter den Bergen aussehen mag?, ist mein letzter Gedanke. Wie es wohl ist, zu fliegen wie ein Vogel?

    Dann breche ich auseinander.

    *****

    Verstört blickte ich auf. Nur wenige Minuten waren vergangen, seit ich das Zelt betreten hatte. Was war passiert?

    Offensichtlich war die Vorstellung längst zu Ende, doch keiner rührte sich. Niemand stand auf und ver-ließ das Zelt. Alle schwiegen, tief in sich gekehrt. Leere Blicke waren starr auf den Boden gerichtet. Nicht wenige hielten die Arme um sich geschlungen, als würden sie frieren.

    Was war wirklich geschehen? Ich hatte die Frage verdrängt, doch nun kehrte sie mit aller Kraft in mein Bewusstsein zurück. Eine Antwort fand ich noch immer nicht.

    Als ob eine durchzechte Nacht hinter mir läge, drohte mein Kopf zu bersten. Der Wunsch nach frischer Luft löste mich aus meiner Starre. Nur wenige Besucher bemerkten, wie ich mich erhob und langsam das Zelt verließ.

    Nahe dem Ausgang vernahm ich erregte Stimmen. Ich blieb stehen und lauschte.

    »Das kann nicht sein!« Es war der Mann im Frack. Fassungslos redete er auf jemanden ein. »Diese Strecke in wenigen Minuten? Unmöglich!«

    »Es ist aber so.« Der andere war wütend. »Wir können es uns auch nicht erklären.«

    »Und warum soll dann ausgerechnet ich das können?«

    Schweigen.

    »Ich habe damit nichts zu tun. Nichts, hören Sie!«

    Die Worte dröhnten in meinem Kopf. Das hielt ich nicht länger aus. Ich musste dieses Zelt verlassen. So schnell es ging. Raus. Nur fort von hier.

    Draußen angekommen erstarrte ich.

    Wo vor wenigen Augenblicken Häuser noch gestanden hatten, gab es nichts mehr. Kein Gebäude, keine Mauer. Nicht ein einziger Stein war noch ganz. An ihrer statt lag nur noch Sand.

    Neben mir waren auch andere Menschen stehen geblieben, Besucher des Rummels wie ich. Auch sie starrten ungläubig um sich. Nur ein einzelner Junge traute sich vor, bestieg einen kleinen Hügel und zog den Ast eines Baumes hervor.

    Was war geschehen?, fragte ich mich ein letztes Mal und wandte mich um. Das Zelt stand unverändert an seinem Platz. Als ob ich es zum ersten Mal sähe, las ich das Schild über dem Eingang: Naturgewalten – Stark gerafft. Und darunter: Erleben sie die Kräfte der Mutter Natur in rasender Geschwindigkeit. Eine Simulation wird Wirklichkeit. – Die Wanderdüne.

    Mir wurde schwindelig. Als mich die Dunkelheit erreichte, drohte ich zu Boden zu stürzen.

    Zu viel. Zu schnell. Zu kurz.

    Wo ist der Wind?

    Geflissentlich spielte ein alter Mann auf seiner Drehorgel. Für einen Moment hielt er inne, dann bewegte er die Kurbel in die andere Richtung.

    JONATHAN HARENA

    Nichts hielt mich mehr hier.

    Ich wandte mich ab.

    Mein Weg führte mich zurück über den Teil des Rummels, den der Sand nicht erreicht hatte. Der Geruch von gebrannten Mandeln lag in der Luft. Hatte ich mich noch vor wenigen Augenblicken in ihm gesuhlt, stieß er mich nun regelrecht ab. Wie ein Schwarm Parasiten hatte er sich über den Platz gelegt und nahm mir die Luft zum Atmen. Wo war die Vogelscheuche, die ihn vertreiben konnte? Ich hoffte auf ein wenig Wind und wurde enttäuscht. Nicht ein Hauch war zu spüren.

    Hatten die Waggons der Achterbahn zu meiner Linken nicht eben noch in den Schienen gerattert? Hatten die Marktschreier nicht um ihre Waren gefeilscht? War nicht der Geist ungebändigter Lebensfreude um die Buden und Fahrgeschäfte gezogen? Wo war das allgegenwärtige Lachen und Kreischen? Es war verstummt. Ich vermisste die Musik, den Lärm der Motoren, die Stimmen. Der Stand der Wahrsagerin war verschlossen. Vor der Boxbude stand niemand mehr.

    Alle Lichter waren erloschen.

    Während ich die engen Gassen zwischen Fahrgeschäften und Essensständen passierte, vor Losbuden durch Berge von Nieten watete und Bierpfützen auswich, war ich allein. Ich fühlte mich beinahe einsam. Welch seltsame Empfindung zu dieser Zeit an diesem Ort.

    Wenn ich früher bisweilen weit nach Mitternacht vom Rummel nach Hause zurückgekehrt war, müde und fast wieder nüchtern, hatte ich etwas Ähnliches erlebt. Doch war es ein Unterschied, im Dunklen nach einer durchzechten Nacht allein auf dem Weg nach Hause zu sein oder tagsüber, wenn das Leben pulsieren sollte, niemandem zu begegnen.

    Immer öfter sah ich mich um.

    Ich hatte nicht den Eindruck, verfolgt zu werden. Ganz im Gegenteil. Ein Gefühl stetiger Unruhe verleidete mir den Weg und ließ mich meinen Schritt beschleunigen.

    Insgeheim hoffte ich, zumindest einen Vogel erspähen zu können. Selbst das mir verhasste Glucksen einer Taube hätte mir Sicherheit gegeben.

    Doch geschah nichts. Der Rummelplatz blieb verweist.

    Als ich das Kettenkarussell umrundete, versuchte ich zu übersehen, dass sich ein Riss im Mittelteil gebildet hatte. Vergebens. Die Attraktion war von dem einbrechenden Sand getroffen worden und drohte auseinander zu brechen. Einzelne Schaukeln waren bereits zu Boden gefallen.

    Es knirschte unter meinen Sohlen. Unweigerlich zuckte ich zurück. Vor mir türmte sich ein Berg Geröll auf. Grauer Beton, die Reste eingestürzter Häuser, wurden von hellem Sand umspült. Der Weg war mir abgeschnitten.

    Sollte ich einfach weitergehen, den Schutthaufen überwinden? Er war nicht sonderlich steil und stellte keine Herausforderdung dar.

    Am Strand hätte ich jede Düne dieser Größe bedenkenlos bewältigt und wäre beim Abstieg lachend durch den Sand getollt. Aber in diesem Augenblick – ich weiß nicht, warum – hielt mich etwas zurück.

    Hinter mir lag ein ausgestorbener Rummelplatz, vor mir der Weg nach Hause. Alles sprach dafür, weiterzugehen, doch ich blieb stehen.

    Ich schob die Entscheidung auf und ließ meinen Blick schweifen. In der Ferne entdeckte ich ein kleines Zelt. Dort, wo alles angefangen hatte. Davor auf der neuen Düne inmitten des Rummels standen Menschen. Seit ich jenen Ort verlassen hatte, hatten sie sich nicht bewegt und taten es auch jetzt nicht. Wie schwarze Baumstümpfe ragten sie aus dem hellen Sand. In ihrem Rücken näherte die Sonne sich dem Horizont.

    Nein, ich würde den Sand meiden. Auch wenn ich ihn nicht begründen konnte, fühlte ich, dass dieser Entschluss der richtige war.

    Also hielt ich mich links. Dabei orientierte ich mich zwar zunächst an dem Verlauf der Verwüstung, die sich wie eine klaffende Wunde durch den Rummelplatz zog, entfernte mich schließlich aber immer weiter davon.

    Als ich endlich den Sand und den Rummel hinter mir gelassen hatte, konnte ich wieder frei atmen. Ich straffte meinen Rücken, verlangsamte meinen Schritt. Den Blick hielt ich starr nach vorn gerichtet. Langsam wuchs ein Lächeln auf meinen Lippen.

    Endlich wieder Menschen.

    Im ersten Moment war es befremdlich, als ich die ersten Schritte und schließlich Stimmen hörte. Doch als ich die drei Passanten endlich sah, hatte ich

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