Brasilien ist aus Wünschen gewebt
Von Franz Beckmann
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Über dieses E-Book
Brasilien, das ist ein Traum, der aus den Zutaten "Sonne", "Strand" und "Samba" gewebt wird. Je nach privaten Gusto wird das ganze noch durch Brasilianerinnen und Brasilianer abgeschmeckt.
Brasilien ist das Land, in dem nur zu gerne die eigenen Wünsche und Träume hinein projiziert werden. Nicht nur von den Ausländern, sondern auch auch von den Einheimischen.
Das vorliegende Lesebuch spürt diesem Traum des tropischen Paradieses »Brasilien« nach. Es schildert unterschiedliche Eindrücke mit einem eigenen Blickwinkel. Erlebnisse direkt aus der brasilianischen Gesellschaft finden sich in mehreren Erzählungen und Kurztexten niedergeschrieben. Das Lesebuch ist kein Buch mit Anspruch weder auf literarischen Kultstatus noch die letztendliche Wahrheit über jenes große Land. Dafür vermittelt es die unterschiedlichen Facetten dieses Landes ohne viel Klischeebefriedigung über "Samba", "Strand" und "Sensationen". Dafür findet sich aber erheblich mehr Subjektivität aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Denn Brasilien ist nun mal aus Wünschen gewebt ...
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Buchvorschau
Brasilien ist aus Wünschen gewebt - Franz Beckmann
Inhaltsverzeichnis
Einfach so – so einfach
Kaugummi für Millionäre
Fordlândia oder: ich wollte nie nach Santarem
Der erste Kontakt
Déjà-vu
Perlen vor die Säue oder: Weinschicksale
Der Glücksritter
Yèyé omo eja
Übergang ins Paradies
Samba do Brasil (1) – Grundversorgung
Samba do Brasil (2) – Auf der Straße
Samba do Brasil (3) – Im Job
Samba do Brasil (4) – Im Verkehr
Samba do Brasil (5) – Politikersorgen
Samba do Brasil (6) – Rückflug
Hinweis
Über den Autor
Impressum
Einfach so – so einfach
Es war Frühjahr 1999. »Frühjahr« entsprechend der Jahreszeitenrechnung der nördlichen Hemisphäre. Auf der Südhalbkugel in Brasilien endete dagegen gerade der Sommer und das Land ging seinem Herbst entgegen. Die Tage wurden leicht kürzer und die Temperaturen stiegen nicht mehr so extrem, der Regen fiel häufiger und reichlicher. Ich kehrte aus der südbrasilianischen Stadt Curitiba von einem Besuch bei einer Freundin zurück und quartierte mich in Niteroí ein. Niteroí ist die Stadt, die der Stadt Rio de Janeiro gegenüber auf der anderen Seite der Bucht Baía de Guanabara liegt. Mir sollte Niteroí als Ausgangspunkt dienen, um von dort aus für sechs Tage die nähere Gegend zu erkunden.
Auf meinem Plan standen ebenfalls zwei eintägige Abstecher in ausgesuchte Stadtteile Rio de Janeiros: das Zentrum, Catete, Flamengo, Botafogo, Lapas. Ebenso ein kurzer, spät nachmittäglicher Abstecher an das südliche Strandviertel Rios, die Copacabana. Stand sie noch? Oder war sie schon im eigenen Meer der Selbstverliebtheit untergegangen? Freilich gab es sie noch. Wie eh und je. Es gibt keinen Ort in Rio, wo der Narzismus der Cariocas, den Bewohnern Rios, besser zu beobachten wäre als an dem Strand der Copacabana. Dort wird der Körperkult gelebt. Und sei es, dass unsportliche, mitteleuropäische Touristen krebsrot an der Strandpromenade sich Bier gönnen, oder sei es, dass Einheimische mit perfekt trainiertem Körper die Promenade in glühender Sonne rauf- und runter joggen.
In einem Café traf ich an der Copacabana jene Frau, die mich nachher stark beschäftigte. Ihr Name war Daniela. Sie lebte – wie dort üblich – von männlichen Touristen, Touristenpaaren oder auch spendier-willigen Brasilianern. Sie war eine »garota de programma«. Direkt übersetzt heißt dieser Ausdruck »Programmmädchen«. In Deutschland gibt es dazu ganz sachlich die verächtlich ausgesprochene Berufsbezeichnung »Prostituierte«. Das war mir allerdings zu jenem Zeitpunkt noch völlig egal. Daniela und ich quatschten, lachten, redeten Unsinn und hielten einen kleinen untersetzten Kellner mit Stirnglatze durch Bierbestellungen auf Trab. Sie bestellte mit lauter Stimme, er kam regelmäßig unverständliches murmelnd mit Getränken vorbei, und ich zückte schweigend meine Geldbörse. Der perfekte Dreiklang. Wir hatten einfach unseren Spaß an uns und der Welt um uns herum. Den Herrgott ließen wir dabei einen guten Mann sein und blendeten alles andere unerwünschte einfach aus.
Der Himmel zog sich unterdessen zu, es wurde windig. Von der Bucht her zogen dunkle Wolken auf, obwohl die Bläue des Meeres uns noch vergnügt zuzwinkerte. Der Kellner meinte beiläufig, dass auf der anderen Seite Rio de Janeiros bereits ein Unwetter tobte. Die lange Verbindungsbrücke zwischen Rio und Niteroí wäre geschlossen, der Fährverkehr eingestellt worden. Mein Rückweg schien versperrt. Mit einem Bekannten hatte ich noch eine Verabredung zu einem Abendessen in einem Restaurant in Niteroí. Am Telefon erfuhr ich, dass der Kellner Recht hatte und so musste ich meinem Bekannten absagen. Meine Tagesplanung war durchkreuzt.
Einfach so.
»Der Mensch denkt, Gott lenkt. Der Mensch dachte, Gott lachte!« hatte mir mal jemand in einer ähnlichen Situation gesagt. Sein einfacher Ratschlag dazu war: »Mitlachen«. Für mich sollte dies der Ratschlag der Nacht in Rio de Janeiro sein. Letztendlich ging ich auf das Angebot ein, welches Daniela mir in diesem Moment zum dritten Mal machte. Wenngleich es dieses Mal an mich seltsam unanimiert gerichtet wurde. Wir zahlten das letzte Bier und winkten uns an der Straße ein Taxi herbei. Sie hatte mir vorgeschlagen, die Nacht gemeinsam in einem Motel zu verbringen.
»MOTEL«
Das Wort hatte etwas magisches. Motels in Brasilien sollten nicht viel mit den Motels in den USA gemein haben, so wurde mir erzählt. Die Motels aus den USA kannte ich aus dem Kino. Sie waren wie die Motels auf deutschen Autobahn-Raststätten: ebenerdige Hotelzimmer mit eigenem PKW-Parkplatz vor der Zimmertür, um vom Fahrzeugsitz direkt ins Bett fallen zu können. Ich hatte in Brasilien nie zuvor ein »Motel« besucht. In mir brannte die Neugierde zu erfahren, was in Brasilien ein »Motel« wäre. Mir war mehrfach immer wieder erzählt worden, dass Motels derart ausgestattet wären, zu zweit eine wirklich perfekte Nacht zu verbringen. Motels – so erzählten mir selbst Deutsche bereits in der Heimat hinter vorgehaltener Hand – sollten nur für diesen Zweck erfunden worden sein.
In jener Nacht war es also soweit: mit Daniela saß ich im Taxi und war in Richtung eines Motels unterwegs. Die Voraussetzung und auch die Chemie schienen zwischen uns zu