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Von Babylon träumen ...: Eine Kriminalgeschichte im San Francisco von 1942
Von Babylon träumen ...: Eine Kriminalgeschichte im San Francisco von 1942
Von Babylon träumen ...: Eine Kriminalgeschichte im San Francisco von 1942
eBook203 Seiten2 Stunden

Von Babylon träumen ...: Eine Kriminalgeschichte im San Francisco von 1942

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Über dieses E-Book

Erzählt wird die Geschichte von einem heruntergekommenen Privatdetektiv, der noch nicht einmal Geld für Miete und Revolverkugeln hat. Doch das ist nicht sein einziges Problem: Er ist Tagträumer und denkt leider ständig an Babylon! Als er plötzlich einen lukrativen Auftrag bekommt, überschlagen sich die Ereignisse ...
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum17. Jan. 2024
ISBN9783905802665
Von Babylon träumen ...: Eine Kriminalgeschichte im San Francisco von 1942

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    Buchvorschau

    Von Babylon träumen ... - Richard Brautigan

    Impressum

    eBook, Dezember 2022

    Erstausgabe

    Copyright © 2009 by Theodor Boder Verlag, CH-4322 Mumpf

    Alle Rechte vorbehalten

    Covergestaltung: Boris Braun

    Lektorat: Olaf Knechten

    ISBN 978-3-905802-66-5

    www.boderverlag.ch

    *

    Titel der amerikanischen Originalausgabe:

    Dreaming of Babylon

    A Private Eye Novel 1942

    Copyright © 1977 by Richard Brautigan

    First published by Delacorte Press/Seymour Lawrence, New York 1977

    Published by Arrangement with Ianthe Brautigan Swensen

    *

    Dieses Werk wurde vermittelt durch Salky Literary Management, LLC 156 Katonah Avenue, Suite 201, Katonah, NY 10536

    *

    Die Übersetzerin dankt der Kunststiftung NRW und dem EÜK Straelen für die freundliche Unterstützung.

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    logo_xinxii

    Über den Autor

    Richard Brautigan, geboren am 30. Januar 1935 in Tacoma, Washington, wurde mit seinen ersten Gedichten und dem Werk „Forellenfischen in Amerika" zu einer Art Ikone der Hippiegeneration.

    In den späten siebziger Jahren konnte er jedoch an seine frühen Erfolge nicht mehr anknüpfen.

    Er starb 1984 in Bolinas, Kalifornien.

    Widmung

    Dies ist für Helen Brann

    in Liebe von Richard

    Vorwort

    Vielleicht ein Grund, warum ich nie

    ein besonders guter Privatdetektiv war:

    Ich mag viel zu gern

    von Babylon träumen ...

    Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten

    Der zweite Januar 1942 brachte einige gute und einige schlechte Nachrichten.

    Zuerst die guten: Ich fand heraus, dass ich nicht kv war und im Zweiten Weltkrieg nicht Soldat spielen musste. Als vaterlandsloser Geselle fühlte ich mich deswegen nicht, denn ich hatte meinen Zweiten Weltkrieg bereits vor fünf Jahren in Spanien ausgefochten, was ein paar Einschusslöcher in meinem Arsch hinlänglich bewiesen.

    Ich werde nie begreifen, wieso ich in den Arsch geschossen wurde. Als Kriegsanekdote war das jedenfalls nicht zu gebrauchen. Die Leute verehren dich nicht als Held, wenn du ihnen sagst, dass du in den Arsch geschossen wurdest. Sie nehmen dich nicht ernst, aber das war überhaupt nicht mein Problem. Der Krieg, der für den Rest Amerikas gerade anfing, war für mich schon vorbei.

    Nun die schlechten Nachrichten: Ich hatte keine Kugeln für meine Waffe. Ich hatte gerade einen Fall gekriegt, für den ich die Waffe brauchte, aber mein Pulver hatte ich gerade verschossen. Die Auftraggeber, die ich später am Tag zum ersten Mal treffen würde, wollten, dass ich mit einer Waffe käme, und mir war klar, dass denen nicht unbedingt eine leere Waffe vorschwebte.

    Was sollte ich anfangen?

    Ich nannte nicht einen Cent mein Eigen, und mein Kredit in San Francisco war keinen Vierteldollar wert. Ich hatte mein Büro im September aufgeben müssen, obwohl es nur acht Dollar im Monat gekostet hatte, und jetzt operierte ich einfach aus dem Münztelefon im Eingangsflur der billigen Mietskaserne auf Nob Hill, in der ich wohnte, wo ich zwei Monate mit der Miete in Verzug war. Ich konnte nicht mal dreißig Dollar monatlich auftreiben.

    Meine Hauswirtin war für mich eine größere Bedrohung als die Japaner. Alle warteten darauf, dass die Japaner in San Francisco auftauchen und anfangen würden, mit den Kabelbahnen die Hügel rauf und runter zu fahren, aber glauben Sie mir, ich hätte es mit einer Division von denen aufgenommen, um mir meine Hauswirtin vom Hals zu schaffen.

    „Wo zum Teufel ist meine Miete, Sie Niete!", brüllte sie mir immer von oben auf der Treppe zu, wo ihre Wohnung lag. Sie trug immer einen weiten Bademantel, der einen Körper bedeckte, mit dem sie den ersten Preis in einem Schönheitswettbewerb für Zementblöcke geholt hätte.

    „Das Land ist im Krieg, und Sie bezahlen nicht mal die gottverdammte Miete!"

    Gegen ihr Organ hörte sich Pearl Harbor wie ein Schlafliedchen an.

    „Morgen", log ich sie dann immer an.

    „Verarschen kann ich mich selber", brüllte sie dann immer zurück.

    Sie war um die sechzig und je fünf Mal verheiratet gewesen und Witwe geworden: die Glückspilze! Auf diese Weise war sie in den Besitz des Mietshauses gelangt. Einer von denen hatte es ihr vermacht. Gott hatte ihm einen Gefallen getan, als ER in einer Regennacht den Wagen auf den Eisenbahngleisen unmittelbar vor Merced zum Stehen brachte. Er war Handelsvertreter gewesen: Bürsten. Nachdem der Zug auf seinen Wagen geprallt war, konnte man nicht mehr sehen, wo er aufhörte und die Bürsten anfingen. Vermutlich haben sie ihn mit einigen seiner Bürsten im Sarg begraben, weil sie dachten, sie seien Teile von ihm.

    In jenen längst vergangenen Tagen, als ich noch Miete zahlte, war sie sehr freundlich zu mir und lud mich immer zu Kaffee und Donuts in ihre Wohnung ein. Sie erzählte liebend gern von ihren verstorbenen Gatten, besonders von einem, der Klempner gewesen war. Sie erzählte gern, wie gut er Badeöfen reparieren konnte. Die anderen vier Gatten blieben immer verschwommen, wenn sie von ihnen erzählte. Es war, als ob sich die Ehen in trüben Aquarien abgespielt hätten. Selbst der vom Zug erfasste Gatte war ihr kaum einen Kommentar wert, doch sie konnte nicht genug von dem Kerl erzählen, der so gut Badeöfen reparieren konnte. Ihren Ofen hatte er wohl auch ziemlich gekonnt repariert.

    Der Kaffee, den sie servierte, war immer sehr dünn, und die Donuts etwas altbacken, denn sie kaufte Zeug vom Vortag in einer Bäckerei ein paar Blocks weit weg in der California Street.

    Ich hatte mit ihr Kaffee getrunken, weil ich sowieso nicht viel zu tun gehabt hatte. Die Geschäfte liefen damals genauso schlecht wie jetzt, bis auf den Fall, der gerade reingekommen war, aber ich hatte etwas Geld gespart, das ich für einen Autounfall aus einem Gerichtsvergleich gekriegt hatte, darum konnte ich noch meine Miete zahlen, obwohl ich ein paar Monate vorher mein Büro aufgegeben hatte.

    Im April 1941 hatte ich meine Sekretärin ziehen lassen müssen. Das ging mir sehr gegen den Strich. Ich hatte die fünf Monate, die sie für mich arbeitete, immer versucht, sie rumzukriegen. Sie war freundlich, aber ich kam mit ihr kaum bis zur ersten Base. Wir knutschten ein bisschen im Büro herum, aber das war’s auch schon.

    Nachdem ich sie hatte ziehen lassen müssen, schickte sie mich in die Wüste.

    Eines Abends rief ich sie an, und ihr telefonischer Laufpass lautete in etwa so: „... und abgesehen davon, dass Sie nicht gut küssen, sind Sie auch ein lausiger Detektiv. Sie sollten sich in einer anderen Branche versuchen. Hotelpage wäre der ideale Beruf für Sie."

    KLICK

    Na, denn ...

    Sie hatte sowieso einen fetten Arsch. Ich hatte sie nur eingestellt, weil sie bereit gewesen war, für das niedrigste Gehalt diesseits von Chinatown zu arbeiten.

    Im Juli verkaufte ich meinen Wagen.

    Jedenfalls war ich hier ohne Patronen für meine Waffe und ohne Geld, welche zu besorgen und ohne Kredit und irgendwas, was ich noch verpfänden konnte. So hockte ich nun in meiner billigen kleinen Wohnung in der Leavenworth Street in San Francisco und dachte darüber nach, als der Hunger plötzlich meinen Magen attackierte wie Joe Louis. Drei hübsche rechte Haken in meinen Bauch, und ich war unterwegs zum Kühlschrank.

    Das war ein großer Fehler.

    Ich warf einen Blick hinein, und dann schlug ich schnell die Tür zu, weil der Urwald von drinnen nach draußen wollte. Ich weiß gar nicht, wie Menschen so leben können wie ich. Meine Wohnung ist so verdreckt, dass ich kürzlich alle Fünfundsiebzigwattbirnen durch Fünfundzwanzigwatter ersetzt habe, damit ich es nicht mehr mit ansehen musste. Das war Luxus, aber ich musste es tun. Zum Glück hatte die Wohnung keine Fenster, sonst wäre ich wirklich in Schwierigkeiten gewesen.

    Meine Wohnung war so düster, dass sie aussah wie der Schatten einer Wohnung. Ob ich immer so gelebt habe? Ich meine, ich muss eine Mutter gehabt haben, jemanden, der mich aufgefordert hat, zu putzen, auf mich zu achten, meine Socken zu wechseln. Hab ich ja auch, aber ich war wohl etwas langsam als Kind und hab’s nicht kapiert. Es musste einen Grund geben.

    Ich stand da neben dem Kühlschrank und überlegte, was ich tun sollte, als mir eine prima Idee kam. Was hätte ich denn zu verlieren? Ich hatte kein Geld für Kugeln, und ich hatte Hunger. Ich brauchte etwas zu essen.

    Ich ging nach oben zur Wohnung meiner Wirtin.

    Ich klingelte an der Tür.

    Das wäre das Letzte, was sie von mir erwarten würde, denn ich hatte mich jetzt einen Monat lang redlich bemüht,  mich ihr wie ein Aal zu entwinden, dennoch hatte ich mich immer in ihrem Netz aus Flüchen verfangen.

    Als sie an die Tür kam, konnte sie nicht glauben, dass ich da stand. Sie guckte, als stünde ihr Türknauf unter Strom. Sie war tatsächlich sprachlos. Das nutzte ich aus.

    „Heureka!, brüllte ich ihr ins Gesicht. „Ich kann die Miete zahlen! Ich kann das Haus kaufen! Wie viel wollen Sie dafür haben? Zwanzigtausend in bar! Meine Schäfchen sind im Trockenen! Öl! Öl!

    Sie war so perplex, dass sie mich in die Wohnung winkte und auf einen Stuhl zeigte, auf dem ich Platz nehmen sollte. Sie hatte immer noch kein Wort gesagt. Ich war wirklich am Überlaufen. Ich konnte mir selbst kaum glauben.

    Ich betrat die Wohnung.

    „Öl! Öl!", rief ich immer wieder, und dann fing ich an, Bewegungen zu machen wie Öl, das aus dem Boden sprudelt. Ich verwandelte mich vor ihren Augen in eine Ölquelle.

    Ich nahm Platz.

    Sie setzte sich mir gegenüber.

    Ihr Mund war immer noch zugeklebt.

    „Mein Onkel hat Öl auf Rhode Island entdeckt!, brüllte ich sie an. „Ich besitze die Hälfte davon. Ich bin reich. Zwanzigtausend in bar für diesen Scheißhaufen, den Sie Mietshaus nennen! Fünfundzwanzigtausend!, schrie ich. „Ich will Sie heiraten und eine ganze Familie von kleinen Mietshäusern großziehen! Ich will, dass unsere Heiratsurkunde auf ein „ALLES-BELEGT-Schild gedruckt wird!

    Es klappte.

    Sie glaubte mir.

    Fünf Minuten später hielt ich eine Tasse sehr dünnen Kaffees in der Hand und mümmelte einen altbackenen Donut, und sie erzählte mir, wie sehr sie sich für mich freute. Ich sagte ihr, dass ich ihr nächste Woche das Mietshaus abkaufen würde, wenn die erste Million Dollar meiner Öltantiemen einträfe.

    Als ich ihre Wohnung verließ, mit gedämpftem Hunger und der Zusicherung auf eine weitere Woche Dach über dem Kopf, schüttelte sie mir die Hand und sagte: „Sie sind ein braver Junge. Öl auf Rhode Island."

    „Stimmt, sagte ich. „Bei Hartford.

    Ich war drauf und dran, sie um fünf Dollar zu bitten, damit ich Kugeln für meine Waffe kaufen konnte, aber ich fand es besser, die Quelle nicht weiter anzuzapfen.

    Haha.

    Witz kapiert?

    Babylon

    Ha! Auf dem Weg nach unten in meine Wohnung träumte ich schon wieder von Babylon. Ich durfte auf keinen Fall von Babylon träumen, während ich gerade dabei war, verschiedene Dinge zu regeln. Wenn ich mit Babylon anfinge, würden Stunden vergehen, ohne dass ich es merkte.

    Ich konnte mich in meiner Wohnung hinsetzen, und plötzlich wäre es Mitternacht, und ich hätte nicht mehr die Kraft, mein Leben wieder in den Griff zu kriegen, wofür ich umgehend Kugeln für meine Waffe brauchte.

    Das fehlte mir jetzt gerade noch, dass ich anfing, von Babylon zu träumen.

    Ich musste Babylon ein Weilchen verdrängen, lange genug, um Kugeln zu besorgen. Ich machte eine heroische Anstrengung, als ich die Treppe des muffigen, versifften, einer Gruft ähnelnden, stinkigen Mietshauses runterging, um vor

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