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Wer die Wahrheit sagt
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eBook357 Seiten5 Stunden

Wer die Wahrheit sagt

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Über dieses E-Book

"Weißt du Kylie. Es gibt verschiedene Arten von Menschen. Doch im Grunde kannst du sie alle in zwei Kategorien einteilen…" Unverständlich sehe ich sie an. Ich weiß nicht, was sie mir damit sagen will und warte, dass sie weiterspricht. "Es gibt diejenigen, die ein Ziel brauchen, um tun zu können, und diejenigen, die es einfach tun. Ganz gleich, was danach passiert. Doch nur die einen werden je erfahren, wie sich die Liebe anfühlt." Immer noch weiß ich nicht so recht, was sie meint und schaue sie an, damit sie mir vielleicht eine Erklärung liefert. "Du wirst es verstehen, Kylie. Du bist ein schlaues Mädchen. Ich bin mir sicher. Gute Nacht."

Eigentlich lebt Kylie zufrieden in ihrer kleinen Stadt Neulingen. Doch taucht auf einmal die mysteriöse Balley auf, die Kylie immer wieder dazu drängt, ihrer Vergangenheit auf die Spur zu gehen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum3. Nov. 2014
ISBN9783738662597
Wer die Wahrheit sagt
Autor

Celine Lichtmess

Celine Lichtmess wurde 1997 in Stade, Niedersachen geboren. Sie lebt mit ihrem Eltern in Fredenbeck und geht auf das Gymnasium Athenaeum in Stade.

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    Buchvorschau

    Wer die Wahrheit sagt - Celine Lichtmess

    fehlt.

    - Teil 1-

    -wenige Monate zuvor-

    Ich stand auf und wollte einfach Brötchen holen. Heute war der Geburtstag meiner Mom und ich dachte, ich könnte ihr eine kleine Freude bereiten. Ich zog mir schnell eine lange Hose an und meine dünne Jacke und verließ das Haus. Es war noch ziemlich früh, aber ich wollte auch sicher gehen, dass Mom noch nicht wach ist, wenn ich wiederkomme. Meine Jacke zog ich enger um meinen Körper, und verschränkte meine Arme. Es war kalt und den Tau konnte man noch auf den Blättern sehen. Ich schaute mich um. Hier, am Rand der Stadt waren die Straßen noch recht leer. Ich sah einem der wenigen vorbeifahrenden Autos hinterher und bemerkte, dass ich dieses Kennzeichen noch nicht kannte. HR kam mir als Kennzeichen nicht sehr bekannt vor, aber das ist hier nicht weiter unüblich. Wir lebten schließlich am Meer und das war schon länger gerne als Feriendomizil gesehen. Durch das hintere Fenster sah mich ein Mädchen an. Es mochte vielleicht ein Jahr älter sein als ich. Sie hatte lange, dunkele Haare und schaute mir eindringlich in die Augen. Ihr Gesicht kam mir bekannt vor, doch war ich mir ebenso sicher, sie noch nie hier gesehen zu haben. Da fuhr das Auto um die Ecke und wir verloren den Blickkontakt. Nichtsdestotrotz bekam ich dieses Mädchen nicht mehr aus dem Kopf. Mit gesenktem Blick schaute ich auf den Boden und – es musste mir ja passieren – lief in einen relativ großen Mann hinein. Er beschwerte sich und zeigte mir einen Vogel, aber es störte mich nicht. Ich murmelte eine leise Entschuldigung und ging zur Seite, um ihm den Weg frei zu machen, während er kopfschüttelnd an mir vorbeirauschte. In Gedanken war ich aber viel zu sehr bei dieser Begegnung, als dass es mich ernsthaft kümmerte. Vorsichtig schaute ich auf. Ich war mittlerweile in der Stadt und die Straßen füllten sich hier schon in den frühen Morgenstunden. Geschäftsleute eilten zwischen zwei dringenden Terminen hin und her. Mütter machten einen Sparziergang mit den Kindern und ein paar Jogger drehten ihre erste Runde mit dem Hund. Tausende Blicke trafen mich. Ich lief an einem Café vorbei und jeder schaute mich mit einem durchdringenden Blick an. Mir wurde unwohl und so ging ich einen Schritt schneller, aber die Blicke brannten sich in meine Haut. Ich wurde immer schneller und irgendwann fing ich an zu laufen. Ich lief wieder aus der Stadt heraus in einen Park und setzte mich auf eine Bank. Die Tränen flossen über meine Wangen und ich weinte still vor mich hin. Als ich aufblickte, sah ich immer mehr Leute. Wieder Menschen, die mich die ganze Zeit anzustarren schienen. Ich schrie und rannte erneut davon, doch ich wusste nicht wohin, bis ich an die Bucht dachte und mich dort vor allen versteckte. Es dauerte eine Weile, bis ich mich wieder beruhigt hatte und so saß ich allein dort und wusste nicht, was ich tun sollte. Schließlich kam mir mein Verhalten lächerlich vor. Ich bildete mir das doch sicherlich nur ein, oder nicht? Ich trocknete meine Tränen und zog meine Kleidung zurecht, ehe ich einmal tief durchatmete und wieder in Richtung Stadt lief. Reiß dich doch mal zusammen, sagte ich immer wieder zu mir selbst und konzentrierte mich auf den Boden, um niemanden anschauen zu müssen. Viel zu groß war die Angst, dass ich es wieder nicht schaffen würde. Dabei wollte ich doch nur ein paar Brötchen holen. Beim Bäcker stellte ich mich in die Schlange und schaute das erste Mal wieder geradeaus. Die anderen zeigten mit ihren Fingern auf mich, fingen hinter vorgehaltener Hand an, zu reden oder warfen mir mitleidige Blicke zu, doch keiner sprach mich selbst an. Ich versuchte, stark zu sein, wollte das Geschehen um mich herum ausblenden und diese Menschen vergessen, doch es gelang mich nicht. Die Bäckerin rief mich aus meinen Gedanken und alle fingen an zu lachen, als ich noch ganz verstört hektisch aufschaute. Ein grässliches, gemeines Lachen umgab mich. Erneut stiegen mir die Tränen in die Augen, doch ich bestellte. Ich legte Geld auf den Tresen und riss ihr die Brötchen aus der Hand. Ich versuchte, selbstbewusst zu wirken, auch wenn es mir schwer fiel. Mir war es egal, dass ich nun viel zu viel bezahlt hatte, aber ich hielt es nicht eine Sekunde länger aus. Ich lief zurück nach Hause und schlug hinter mir die Tür zu, bevor ich das erste Mal richtig Luft holen konnte.

    Es war zu schrecklich. Immer noch hatte ich dieses fiese Lachen in meinem Kopf. Meine Haut brannte, als hätte jemand eine ätzende Säure darüber geschüttet und in meinem Kopf spielten sich immer wieder die gleichen Bilder ab. Nur dieses Gesicht hatte ich vor Augen und im Hintergrund dieses Gelächter. Alle lachten mich aus, nur dieses Mädchen nicht. Sie hatte den Blick starr auf mich gerichtet. Doch sie störte mich nicht. In ihrem Gesicht sah ich Ehrlichkeit und ich wusste, ich könnte ihr vertrauen. Ich schüttelte den Gedanken ab.

    Ein Blick auf die Uhr und ich bemerkte, dass Mom eigentlich schon aufgestanden sein müsste, doch konnte ich noch ihre gleichmäßigen Atemzüge aus dem Schlafzimmer meiner Eltern wahrnehmen. Es war unüblich, dass sie erst so spät aufstand, aber es war mir gerade recht. So hatte ich noch genügend Zeit, den Tisch zu decken und mein kleines Geschenk auf ihren Teller zu legen, bevor sie in ihrem zu großen Nachthemd vor mir stand.

    <>, sagte ich mit verheulten Augen und verwischtem Mascara.

    Kapitel 1

    Balley ist schon in wenig merkwürdig, dachte ich, als wir zu dritt mit Lenya am Strand lagen. Sie ist das Mädchen, das ich im Auto gesehen hatte und zu meinem Glück zogen sie vorigen Monat hierher. Sie waren nur schon früher hier, um sich nach einer passenden Wohnung umzusehen. Einen Monat verbrachte ich nun unendlich viel Zeit mit ihr und meinen anderen Freunden und ihre Vertrautheit war immer noch da. Dennoch fühlte ich mich in ihrer Anwesenheit auch immer unwohler. Sie hatte etwas zu verbergen. Das sah ich ihr an.

    Verwundert guckte sie mich an. Ich hatte mal wieder nicht bemerkt, dass ich sie einen Moment zu lange angestarrt hatte. Zerknirscht verzog ich mein Gesicht, das wieder einmal rot anlief.

    <>, entschuldigte ich mich schnell und biss auf meine Unterlippe. Kopfschüttelnd wandte sie ab. <>, sagte sie lächelnd und vertiefte sich wieder in ihr Handy, als ich ihren Kommentar aufgriff und sie in unser Gespräch zurückholte.

    <>, sagte ich allerding eher zu mir selbst, als zu ihr.

    <>, entgegnete Balley leicht gereizt. Und wenn es das ist?, fragte ich mich selbst mit gereiztem Ton und hatte dennoch keine Antwort. Tief atmete ich ein und zerschlug diesen Gedanken. Wir wollten Spaß haben und nicht wieder Trübsal blasen. Doch immer wieder erwischte ich mich dabei, wie neue Fragen in mir aufkamen und mich plagten, mochte der Tag auch noch so schön sein.

    <>, unterbrach Lenya die angespannte Stille und legte ihr Buch zur Seite. Nickend stimmte ich ein, stand auf und zog mein Top aus, unter dem ich meinen pinkfarbenen Bikini trug. Er war sehr auffällig und passte eigentlich gar nicht zu mir, doch Lenya hatte mich bei unserem letzten Shoppingtrip überzeugt. Kritisch sah ich an mir herunter und nahm meine Tasche, in der ich vorsichtshalber noch meinen schwarzen eingesteckt hatte.

    <> Entschuldigend blickte ich zu Lenya.

    <>, widersprach Lenya und riss mir meine Tasche wieder aus der Hand. Seufzend gab ich mich meinem Schicksal hin, da ich gegen Lenya in Sachen Mode eh keine Chance hatte und schaute zu Balley, die noch keine Anstalten gemacht hatte, aufzustehen.

    <>, fragte ich sie und hielt ihr fordernd meine Hand hin.

    <>, sagte Balley und ignorierte meine Geste, sondern tippte stattdessen etwas in ihr iPhone. <>, versuchte Lenya sie erneut zu überzeugen.

    <>, drängte da Balley wütend und drehte sich von uns weg.

    <> Balley winkte ab ohne sich dabei noch einmal umzudrehen und deshalb gingen Lenya und ich allein ans Wasser. Ich verschränkte meine Arme vor dem Bauch und versuchte, meinen Bikini möglichst weitgehend zu verdecken. Ich fühlte mich unwohl. Ich sah noch einmal zu Balley herüber, die immer noch über ihrem Handy saß. Was hatte sie nur auf einmal? War es meine Schuld? Sie wohnte schließlich noch nicht sehr lange hier, aber hatten wir uns doch zu dritt auf Anhieb gut verstanden.

    Lenya guckte sich ebenfalls noch einmal zu Balley um, bevor auch sie ins Wasser kam. Gemeinsam schwammen wir ein paar Züge, bevor wir Lara sahen und beschlossen, uns zu ihr gesellen.

    <>

    <>

    <>, warf Lenya ein.

    <>

    <>

    <>

    <>

    <> Aufmunternd lächelte Lenya mir zu, dann wurde ihr Gesicht wieder ernst. <>

    <> Lachend verdrehte ich die Augen und gab ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. Mittlerweile waren wir auch bei Lara angekommen und umarmten sie so gut es im Wasser ging zur Begrüßung.

    <>, fragte Lara.

    <>, erwiderte ich und zwinkerte ihr zu. Ich wusste ja, dass deren Freundschaft Lenyas und meiner nur zu ähnlich war.

    <>, antwortete sie lächelnd.

    <>, fragte nun auch Lenya mit ihrem besorgten Blick.

    <> Spielerisch verträumt seufzte Lara und fiel daraufhin in unser Gelächter mit ein.

    <>, tröstete ich sie und wir fingen an zu lachen, während Lara sich theatralisch verliebt nach hinten fielen ließ und sich am Wasser verschluckte. Sie tauchte wieder auf und hustete, ehe auch sie in unser Gelächter mit einstieg.

    <>, wandte Lenya ein.

    <> Lara guckte uns traurig an.

    <>, warf ich schnell ein, um sie zu trösten. Vielleicht waren Kim und ich ja gar nicht so verschieden, dachte ich da plötzlich und nahm mir vor, in nächster Zeit mal ein wenig auf Kim zu achten.

    <>, hakte Lenya nach, doch Lara zuckte mit den Schultern.

    <> Ich merkte, wie sehr das Lara zusetzte und plötzlich tat sie mir leid. Es war das erste Mal seit unserem Zwischenfall, dass sie mir ehrlich leidtat und vielleicht lag es einfach nur daran, dass ich mich nur allzu gut in sie hineinversetzen konnte.

    Mittlerweile hatte sich auch Balley zum Wasser gewagt, doch blieb sie in der Brandung sitzen und sah gedankenverloren auf das weite, blaue Meer.

    Fragend sah Lara zu ihr herüber. <> Achselzuckend blickten wir uns an, als Scott und Marcus kamen. Scott umarmte Balley vorsichtig von hinten.

    <>, fand Lenya. Doch Balley war da anscheinend anderer Meinung. Wütend sprang sie auf und schrie Scott an, der total perplex da stand, bis sie verstummte und in Tränen ausbrach. Sie lief zu unserem Platz, während Scott ihr noch etwas zurief, doch sie ignorierte ihn. Überrascht blickte er zum ersten Mal zu uns herüber und hob ahnungslos die Arme. Auch Marcus blieb die ganze Zeit über wie versteinert stehen.

    Lara schaute währenddessen erst Lenya und dann mich verwundert an. <>

    <> Ich musste lachen. <>, verteidigte ich mich.

    Scott war nämlich neben Lenya der zweitwichtigste Mensch in meinem Leben. Ihn hatte ich in der Schule kennengelernt, als ich vor sieben Jahren mit meinen Eltern hierher gezogen war. Wir waren einige Zeit zusammen, bis er letztes Frühjahr Schluss gemacht hatte. Im ersten Moment brach eine Welt in mir zusammen, aber wenn wir ehrlich zueinander gewesen wären, war das sowieso eine dumme Idee. Wir liebten uns wie Bruder und Schwester, das könnte keine Beziehung jemals ausdrücken. Doch das Wichtigste war, dass unsere Freundschaft das überstanden hatte und jetzt ging es uns beiden besser als je zuvor. Gäbe es da nicht noch so Leute wie Lara, die dachten, wir gehörten zusammen…

    Lara wandte den Blick ab und nickte ironisch. <>

    <>, stimmte Lenya zu und wir schwammen zurück zum Strand.

    <>, fragte Scott, sobald wir in Hörweite waren.

    <>, antwortete ich ihm und zur Begrüßung hob er mich hoch und drehte sich mit mir, bis wir hinfielen und alle in ein lautes Gelächter ausbrachen. Mit einem Blick zu unseren Handtüchern fügte Lenya noch hinzu, sie hinge heute auffällig viel an ihrem iPhone. Dann begrüßten Scott und Marcus auch Lenya und Lara.

    <>

    Wir drei schauten uns an, als ginge die Welt unter. Einen Scott, der nicht weiß, wo Greg oder Marcus, seine beiden besten Freunde sind, haben wir erst selten erlebt.

    <> Besorgt schaute Lara ihn an und befürchtete schon, dass die drei Stress miteinander hatten. Scott hielt sich jedoch den Bauch vor Lachen.

    <>, prustete er los <>, japste er zwischendrin und stoß Marcus von der Seite an, der sich ebenfalls vor Lachen den Bauch hielt. <> Beleidigt schaute Lara zu Seite, während ich Scott in die Seite boxte und mich bei ihm beschwerte, dass er uns nicht einfach so reinlegen soll.

    <> Jetzt wurde Lara ernst. << Greg gehört mir!>> Erst blickte sie ihn noch gespielt böse an, doch bei Scotts Grimasse fing auch sie erneut das Lachen an.

    Gemeinsam gingen wir zu unseren Handtüchern. Scott, Marcus und Lara holten ihre und wir legten uns hin. Balley stand etwas abseits und telefonierte. Schweigend schauten wir ihr zu, doch sie war außer Hörweite und so blieb uns nichts anderes übrig, als auf sie zu warten.

    Ich blickte währenddessen auf mein Handy und bemerkte, dass meine Mutter mir geschrieben hatte:

    Kylie! Du bist zu spät. Das Essen wird kalt.Mom13:58

    Das Essen ist kalt, beschloss ich bei einem Blick auf die Uhr, der mir sagte, dass es mittlerweile schon nach drei Uhr ist. Ständig kriegte ich solche SMS, wenngleich ich ihr auch noch so oft sagte, dass ich erst abends nach Hause kommen würde. Schnell antwortete ich ihr mit verdrehten Augen, dass ich am Strand esse und bis eben im Wasser war, weshalb ich ihr nicht eher antworten konnte.

    <>, bemerkte Marcus und hob dabei eine Augenbraue, während er grinste. Ich wusste ja, dass er Scotts Freund ist, aber mochte ich ihn noch nie besonders gerne leiden. Gerade seine anzüglichen Bemerkungen in der letzten Zeit machten mir zu schaffen. Doch schien kein anderer es wirklich wahrzunehmen. Bildete ich mir das Ganze denn nur ein?

    <>, fragte Scott.

    <>, lachte ich und bewarf ihn mit meinem Handtuch. Mit einem Mal war der Ärger über Marcus vergessen.

    <> Zwinkernd lächelte er mich an und nutzte es als Kopfkissen, während er sich auf seinem eigenen Handtuch breit machte.

    Ich folgte währenddessen Lenyas besorgtem Blick zu Balley, die immer noch telefonierte und dabei weitreichend gestikulierte. Es schien, als hätte sie Ärger.

    <> fragte Lenya, doch niemand konnte ihr antworten und so entstand eine unangenehme Stille. Die Minuten verstrichen, bis Balley auf einmal vor uns stand und uns genervt anguckte.

    <>, fragte sie. Keiner wusste so richtig, was er darauf hätte antworten sollte und so dauerte es einige peinliche Sekunden, bevor Scott aufstand und das Wort ergriff.

    <> Erschrocken blickten wir alle zu Scott. Das hatten wir nun nicht erwartet. Scott war zwar kein Mensch, der seine Meinung gerne zurückhielt; eher sprach er frei heraus, was er dachte. Doch meistens war er dabei noch ein wenig gefühlvoller. Was war heute nur los mit allen?

    <>, versuchte ich ihn zu besänftigen.

    <> Er wandte seinen Blick nicht von Balley ab und schien noch immer auf eine Antwort zu warten.

    <> Ich lenkte ihn von unserem Platz ein Stück weg. Widerwillig kam er mit, aber das konnten wir Balley nicht wirklich zumuten. Vielleicht ging es ihr ja wirklich nicht gut.

    <>, rief Balley uns hinterher und kramte ihre Sachen zusammen, bevor sie ohne ein weiteres Wort den Steg hinauf lief und mit ihrem Rad davonfuhr. Ich sah ihr noch nach und verlor sie aus den Augen, als sie von den ankommenden Menschenmassen verschluckt wurde.

    Zusammen mit Scott ging ich ein paar Schritte am Strand entlang ohne etwas Weiteres zu sagen, doch spürte ich Laras bohrende Blicke auf uns. Dann blieb er stehen und ich wandte mich ihm zu.

    <> In seinem Blick las ich Trauer und Besorgnis, aber auch Wut.

    <>

    <> Eine Träne lief ihm die Wange hinunter, während er mir die so harten Vorwürfe versuchte sanft nahezulegen.

    <> Ich wandte mich von ihm ab.

    <> Ich schaute auf das Meer und brach in Tränen aus. Mein Körper sackte unter meinem Gewicht zusammen, doch Scott fing mich von hinten auf und umarmte mich. Ich drehte mich zu ihm um und erwiderte seine Umarmung. Die Erinnerung konnte ich nicht ertragen. Lieber wären mir weitere Jahre der Leere. Jahre, an die ich keine Erinnerung hatte. <> Schluchzend nickte ich, denn ich wusste, dass er recht hatte. <> Fest drückte er mich an sich. Ich sah ihm in seine braunen Augen und er wischte mir meine Tränen von den Wangen und gab mir einen Kuss auf die Stirn. <>

    Zusammen gingen wir nach einiger Zeit zurück zu den anderen. Lenya kam sofort auf mich zu und umarmte mich. Fragend sah sie dabei zu Scott herüber, der sein Handtuch nahm und ihr mit traurigem Blick tief in die Augen schaute. Ohne ein weiteres Wort strich er mir über die Haare, bevor er lautlos Marcus dazu aufforderte, mit ihm zu gehen. Lara war in der Zwischenzeit auch schon gegangen, sodass nur noch Lenya und ich am Strand waren. Ich war aber sowieso nicht mehr in der Laune, mich noch weiter zu vergnügen und eigentlich ganz froh, mich nicht vor allen rechtfertigen zu müssen, schon so früh wieder nach Hause zu wollen. So packten auch wir unsere Sachen und machten uns auf dem Weg nach Hause. Bis zu Lenyas Haus hatten wir kein Wort gesprochen. Wir brauchten keine Worte, um uns zu verstehen. Einfach nur das Zusammensein reichte aus, um die Tränen zu trocknen und die Welt wieder ein bisschen fröhlicher aussehen zu lassen. Diesmal gelang dies zwar nicht, aber es war trotzdem schön, sie neben mir zu wissen. Eine feste Umarmung zur Verabschiedung reichte und ich wollte mich gerade zum Gehen wenden, als Lenya mich doch noch ansprach.

    <damals, oder?>> Niemand traute sich wirklich, es auszusprechen, doch wenn es um damals ging, wusste jeder von uns, was gemeint war.

    Ich nickte ihr zu und ging ein paar Schritte. Ich wollte Entfernung zwischen diesem Thema und mich bringen, sonst würde es mich noch umbringen.

    <>, rief sie mir hinterher. Ohne, dass sie wusste, was genau er gesagt hatte, konnte sie es sich dennoch vorstellen. Denn ich lief immer weg – und sie konfrontierten mich immer wieder damit. Und auch ich wusste, dass er recht hatte, dass sie beide recht hatten und dennoch konnte ich nicht anders, als es einfach von mir weg zu schieben, bis es wieder passierte. Und es würde passieren, wenn ich es ihr nicht erzählte. Das wusste ich genauso gut wie Scott oder Lenya.

    Ich nickte ihr zu und ging weiter ohne mich noch einmal umzudrehen, bevor ich dieses gewohnte Türknacken hörte. Da sah ich sie mir durch das Fenster hinterher schauen. Mit einem Blick voller Leid, weil sie genau wusste, dass sie mir nicht helfen konnte, wenn sie doch noch so gern mochte. Nicht solange ich weiter davon lief und es verdrang…

    Bei mir zu Hause öffnete ich leise die Tür und hoffte, still und unbemerkt in mein Zimmer zu gelangen. Doch bei seiner lauten Stimme zuckte ich zusammen und kniff verärgert über mich selbst meine Augen zusammen.

    <> Mein Vater hatte getrunken. Ich hörte es an seinem Ton. Ich ließ meine Schultern hängen und atmete tief durch, um nicht gleich die Kontrolle zu verlieren.

    <>, sagte ich so höflich wie möglich. Angespannt unterdrückte ich meine Tränen und ging die Stufen nach oben.

    Ich holte mir ein paar Sachen und schloss mich im Bad ein, ehe ich unter der Dusche meinem Tränen endlich freien Lauf lassen konnte und das warme Wasser auf mich herab prasselte. In meinem Zimmer zog ich meinen weichen Pullover an, auch wenn es eigentlich noch warm draußen war, wurde mir bei der Erinnerung an den heutigen Tag eiskalt. Ich machte mir einen Tee und kuschelte mich in meinen Sessel, wo ich mein Lieblingsbuch bestimmt zum tausendsten Mal anfing zu lesen. Doch starrte ich eher die Buchstaben an, die erst, wenn sie aneinandergereiht in einem Wort standen und mit vielen anderen Worten einen Satz ergaben, überhaupt einen Sinn hatten. Doch einige Worte ließen sich nicht beschrieben. Einige Worte brauchten keinen Satz, um einen Sinn zu haben. Sie standen für sich und ihre Buchstaben standen genau dafür ein, wie auch das Wort für seine Bedeutung einstand.. Jeder Buchstabe für sich hatte etwas so eigenes, wie das Wort für jeden einzelnen vermutlich auch. LIEBE.

    Kapitel 2

    <> Sie sah mich an, als verstünde sie mich nicht. Es schien mir, als sollte ich genau wissen, worum es ging, aber ich hatte selbst keine Ahnung, wie ich das erklären sollte.

    <> Sie nickte still und wartete ab.

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