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Sonnenlicht: Die Macht der Gedanken
Sonnenlicht: Die Macht der Gedanken
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eBook339 Seiten4 Stunden

Sonnenlicht: Die Macht der Gedanken

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Über dieses E-Book

Beth ist 17 Jahre alt, geht zur Highschool, hasst Hausaufgaben und ist ein Zucker-Junkie. Zusammengefasst ein ganz normaler Teenager. Ja, das dachte sie bis dato auch - ist aber nicht so.
Beth ist eine Saltar, ein Kind der Sonne, mit einer ganz besonderen Gabe. Laut einer jahrhunderte alten Prophezeiung ist sie dazu bestimmt, die Menschheit vor einer dunklen Macht zu bewahren. Da das natürlich alles andere als ungefährlich ist, wird ihr Luke zur Seite gestellt. Er ist ein Schützer, ihr ganz persönlicher Bodyguard, der Beth von nun an nicht mehr von der Seite weichen darf. Doch in ihren Augen ist er keine Hilfe. Luke ist arrogant, ungehobelt und stur. Und irgendwann raubt er ihr garantiert noch den letzten Nerv!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum16. Juni 2016
ISBN9783735711984
Sonnenlicht: Die Macht der Gedanken
Autor

Josephine Prinz

„Sternenglanz - Die Macht der Gefühle" ist der zweite Teil der Sonnenlicht-Trilogie. „Sonnenlicht - Die Macht der Gedanken“ ist das Debutwerk des Autorenduos Josephine und Marie Prinz. Tante und Nichte haben schon früh ihre Liebe zum Schreiben entdeckt und freuen sich umso mehr, dass mit dieser Veröffentlichung ihr Traum in Erfüllung geht. Beide sind hauptberuflich im kaufmännischen Bereich tätig und leben mit ihrer Familie in Menden, NRW.

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    Buchvorschau

    Sonnenlicht - Josephine Prinz

    Über die Autoren:

    Sonnenlicht - Die Macht der Gedanken ist das Debutwerk des Autorenduos Josephine und Marie Prinz. Tante und Nichte haben schon früh ihre Liebe zum Schreiben entdeckt und freuen sich, umso mehr, dass mit dieser Veröffentlichung ihr Traum in Erfüllung geht. Beide sind hauptberuflich im kaufmännischen Bereich tätig und leben mit ihrer Familie in Menden, NRW.

    Some say love, it is a river

    That drowns the tender reed

    Some say love, it is a razor

    That leaves your soul to bleed

    Some say love, it is a hunger

    An endless aching need

    I say love, it is a flower

    And you, its only seed

    It's the heart afraid of breaking

    That never learns to dance

    It's the dream afraid of waking

    That never takes the chance

    It's the one who won't be taking

    Who cannot seem to give

    And the soul, afraid of dyin'

    That never learns to live

    When the night has been too lonely

    And the road has been too long

    And you think that love is only

    For the lucky and the strong

    Just remember in the winter

    Far beneath the bitter snows

    Lies the seed that with the sun's love

    In the spring becomes the rose

    (The Rose /Bette Midler)

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    Kapitel Eins

    Kapitel Zwei

    Kapitel Drei

    Kapitel Vier

    Kapitel Fünf

    Kapitel Sechs

    Kapitel Sieben

    Kapitel Acht

    Kapitel Neun

    Kapitel Zehn

    Kapitel Elf

    Kapitel Zwölf

    Kapitel Dreizehn

    Kapitel Vierzehn

    Kapitel Fünfzehn

    Kapitel Sechzehn

    Kapitel Siebzehn

    Kapitel Achtzehn

    Kapitel Neunzehn

    Kapitel Zwanzig

    Epilog

    Prolog

    Es ist Nacht und ich stehe mutterseelenallein auf einem Waldweg. Es ist stockfinster und ich kann nicht sehen, wohin er mich führt. Sogar den Boden, auf dem ich stehe, kann ich kaum erkennen. Die Sterne sind meine einzige Lichtquelle. Doch, anstatt, dass sie ein wenig Sicherheit geben, wirken sie bedrohlich auf mich. Sie machen mir Angst. Wie auf brüchigem Glas bewege ich mich vorwärts. Die Blätter der Bäume rascheln im Wind. Es ist eisig. Die Kälte schneidet mir wie ein scharfes Messer ins Gesicht. Plötzlich höre ich eine Stimme, ein Flüstern, aber es ist so leise, dass ich nichts verstehen kann. Ich möchte schneller gehen, rennen, aber ich weiß nicht in welche Richtung. Es fängt an zu donnern, der Wind wird immer stärker. Ein Sturm zieht auf. Schließlich ist mir die Richtung egal, ich laufe einfach drauf los. Ich will nur raus aus diesem dunklen Gefängnis. …Sternenkind…, flüstert plötzlich eine Stimme direkt hinter mir. Schlagartig drehe ich mich um - kann aber niemanden sehen.

    Eins

    Es ist dunkel.

    Der Boden schwankt. Alles dreht sich.

    Mein Herz rast, als wäre es eine olympische Disziplin und ist fest entschlossen diesen Wettbewerb zu gewinnen, dicht gefolgt von dem Pochen in meinem Schädel. Unfähig mich zu bewegen, liege ich auf dem Boden. Aus der Ferne nehme ich Stimmen war. Nach und nach kommen sie näher, bis dieses Stimmenwirrwarr direkt über mir ist. Sie reden auf jemanden ein. Einige schreien diesen armen Jemand sogar fast an. Moment mal, dieser Jemand bin ich!

    Beth, wach auf! Sie ist weiß wie eine Wand. Das war die Stimme meiner besten Freundin, Jodie. Sie ist völlig aufgelöst. Was um alles in der Welt ist passiert?

    Elisabeth, kommen Sie Kleine. Jodie legen Sie mal ihre Beine hoch, am besten auf den Stuhl hier vorne. Das ist die Stimme von Mr. Parker, meinem Geschichtslehrer. Er hört sich wesentlich ruhiger an als Jodie, aber ebenfalls besorgt. Mein Arm wird hochgehoben und irgendwer drückt mein Handgelenk! Nein, diese Person fühlt meinen Puls.

    Der Pulsschlag wird etwas kräftiger! So fürsorglich habe ich meinen Geschichtslehrer ja noch nie erlebt, aber irgendwann… Sekunde, Mr. Parker? Das heißt, ich bin in der Schule! Oh nein, bitte nicht, lass mich bitte, bitte nicht mitten im Unterricht ohnmächtig geworden sein. Das ist ja so peinlich! Morgen weiß es bestimmt die ganze Schule. Ich sehe schon Stacie Winter geradezu vor mir, wie sie den Vorfall mit ihren eigenen, für sie typischen (gelogenen) Einzelheiten, ausschmückt.

    Zum Glück hat die Karussellfahrt langsam ein Ende und der Boden hört nach und nach auf sich zu bewegen. Ich versuche mich aufzurichten, aber meine Glieder wollen dabei noch nicht richtig mitmachen. Lediglich meine Augen habe ich unter Kontrolle und kann sie öffnen. Über mir sind mindestens ein Dutzend Gesichter, die mich fragend anstarren. Jetzt kann ich zu den Stimmen auch die dazugehörigen Gesichter erkennen. Meine komplette Klasse, sogar Stacie, hat sich um mich versammelt.

    Hey Leute, sie kommt wieder zu sich. Beth, kannst du mich hören? Hast du Schmerzen? Ist dir schwindelig?…

    Hey, hey, hey, Jodie, eins nach dem Anderen. Lass sie sich erst mal richtig sammeln!

    Ist schon in Ordnung Mr Parker, wenigstens meine Stimme funktioniert. "Um deine Fragen zu beantworten: klar und sehr deutlich. Nur im Kopf. Geht so!"

    Jep, da ist sie wieder! Das kam von Josh in seiner typisch charmanten Art und Weise, die mich hin und wieder in den Wahnsinn treibt. Meiner Meinung nach hat er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Strapazierfähigkeit der Nerven seiner Mitmenschen zu testen. Und ich muss zugeben, dass er das wirklich gut macht. Mein ganzer Körper fängt an zu kribbeln und langsam aber sicher bekomme ich wieder Kontrolle über ihn. Jodie hilft mir mich aufzusetzen, mit Kopf und Rücken lehne ich mich an die Wand. Meine Arme habe ich fest um meine angewinkelten Knie geschlungen.

    Was ist passiert? Meine Stimme wird kräftiger.

    "Sagen Sie es uns!" Während Mr. Parker das sagt, sieht er mich merkwürdig an. Etwas verwirrt erwidere ich seinen Blick.

    Wir hörten nur einen Knall und dann lagst du auch schon neben deinem Stuhl, sagt Jodie noch immer ein wenig aufgelöst und unterbricht somit unseren Blickkontakt. „Beth, du hast uns einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Wäre es nicht besser, wenn wir die Schulschwester verständigen?"

    Nein Jodie, das ist nicht nötig. Wenn man mit dem Hinterkopf so gegen eine Wand knallt, sind die Kopfschmerzen und der Schwindel ganz normal. Sollte allerdings noch Übelkeit hinzukommen, melden Sie sich sofort!

    Mr. Parker sitzt mittlerweile auf dem Stuhl, auf dem eben noch meine Beine lagen. Mit einem Arm lehnt er auf der Stuhllehne und auf dem Tisch stützt er mit dem anderen seinen Kopf. Er sieht schon wieder wesentlich entspannter aus. Da dieses Missgeschick schon ausgerechnet in der Schule geschehen musste, bin ich froh, dass es wenigstens im Unterricht von Mr. Parker war. Bei ihm ist es mir nicht ganz so unangenehm, wie es mir bei einigen anderen gewesen wäre. Er ist nicht so steif und verknöchert wie viele andere Lehrer an dieser Schule. Für seine Schüler hat er immer ein offenes Ohr, egal ob es sich um ein schulisches oder privates Problem handelt. Schließlich unterrichtet er mich schon, seit ich an dieser Schule bin. Erst hatte ich Englisch, dann Sport und nun Geschichte bei ihm. Als ich zu ihm aufblicke, sieht er mich erneut nachdenklich an. Ich glaube, er hat sich wirklich Sorgen um mich gemacht.

    Aber ein Schluck Wasser tät ihr vielleicht ganz gut, meint er dann.

    Nein, danke, es geht schon wieder, ich würde nur gerne mal kurz an die frische Luft.

    Gestützt von Jodie und Josh kann ich vorsichtig aufstehen. Ich hake mich bei Jodie ein und gemeinsam verlassen wir schlendernd Schritt für Schritt den Klassenraum in Richtung Schulhof.

    Erst jetzt fällt mir auf, wie sehr ich friere und schiebe meine Hände in die Hosentasche.

    Mir ist kalt.

    Hier ist es doch immer kalt, das liegt an diesem alten Bunker.

    Gut möglich, die Wände bestehen aus grauem Gestein, so wie auch die Außenfassade. Daher ist es im Sommer zwar immer schön kühl, im Winter dafür aber auch viel zu kalt. Selbst ein Pinguin würde nur mit Strickpulli freiwillig hier bleiben. Die Rechnung für die Heizkosten möchte ich jedenfalls nicht bezahlen. Die Scheiben der meisten Fenster, vor allem die der Klassenräume, wurden durch neue ersetzt, aber einige sind noch im Originalzustand. So auch diese Flurfenster. Es sind dicke Buntglasscheiben, daher ist es hier auch nie richtig hell. Es werden verschiedene Motive gezeigt, kein Fenster gleicht den anderen. Wer nicht weiß, dass es sich bei diesem Gebäude um eine Schule in Portland handelt, könnte meinen, es wäre eine alte, restaurierte Burg. Der Architekt muss ein Faible fürs Mittelalter gehabt haben.

    Nun sag doch mal. Was war eigentlich los? Jodie sieht mich immer noch besorgt an.

    Wenn ich das nur wüsste. Ich weiß es wirklich nicht. Ich saß auf meinem Stuhl und lauschte gespannt (ha, ha) den Worten von Mr. Parker, der über die entscheidende Schlacht des Bürgerkrieges berichtete. Dann wurde mir plötzlich schwindlig und dann… nichts, absolut nichts! Ich kann mich an nichts erinnern. Das Letzte, was ich noch weiß, ist die Schlacht von Petersburg und…

    Beth, das war bestimmt zehn Minuten bevor du in Ohnmacht gefallen bist. Wir waren schon bei dem Friedensvertrag.

    Der Friedensvertrag? Nein, davon weiß ich nichts mehr. So etwas ist mir bisher nie passiert. Entnervt lasse ich den Kopf hängen. Klar, hier und da mal ein kleiner Schwindelanfall, das weißt du ja. Aber ich bin noch nie ohnmächtig geworden.

    Dann solltest du das besser mal abklären lassen, damit ist echt nicht zu spaßen. Tante Phyllis, die Cousine meines Vaters, hatte die gleichen Beschwerden wie du und hat auch nichts dagegen unternommen. Das Ende vom Lied war, dass sie ein halbes Jahr im Krankenhaus verbringen musste. Fürsorglich sieht sie mich an.

    Ach quatsch, das liegt bestimmt nur am Wetter. Hoffentlich klinge ich überzeugender, als ich mich fühle. Ihrem Blick nach zu urteilen nicht, aber sie erwidert nichts.

    Kann mein kleines Nickerchen erst mal unter uns bleiben, ich möchte niemanden beunruhigen.

    Dafür ist es zwar ein bisschen spät, aber meine Lippen sind versiegelt. Vorerst!

    Die Sonne steht im Zenit. Es ist ein warmer Frühlingstag, fast schon zu warm für April. Aber ich liebe es, wenn die beißenden Sonnenstrahlen durch eine leichte Brise abgekühlt werden. Leider sind diese Tage viel zu selten, Sonnenschein ist in Portland bedauerlicher Weise Mangelware. Wir setzen uns auf eine Bank in der Nähe des Parkplatzes. Eine riesige Eiche spendet uns Schatten. Ein paar Mal atme ich tief ein. Den Kopf habe ich in den Nacken gelegt und meine Augen sind geschlossen. Endlich verschwindet auch der Schwindel.

    Eine Weile sitzen wir schweigend auf der Bank und genießen die Ruhe. Jodie ist zwar eine wahrhaftige Quasselstrippe, aber sie weiß auch, wann es Zeit ist den Mund zu halten. Nach ein paar Minuten wird unsere Ruhe leider durch ein Motorengeräusch gestört. Ein schwarzer Van, der ganz bestimmt schon bessere Tage erlebt hat, biegt in eine Parklücke. Es dauert eine Ewigkeit bis sich die Fahrerseite öffnet und ein Mann um die Fünfzig aus dem Wagen steigt. Während der Fremde die Autotür schließt, schaut er sich suchend um. Als er Jodie und mich sieht, lächelt er und kommt auf uns zu.

    Kennst du den? Mit meinem Ellbogen stoße ich Jodie in die Seite und deute auf unseren Ruhestörer.

    Nein, den habe ich hier noch nie gesehen! Vielleicht ein neuer Lehrer oder ein Vater, der auf sein Kind wartet.

    Sport unterrichtet er jedenfalls nicht, der humpelt ganz schön. Der Mann zieht sein linkes Bein ein wenig nach, scheint aber keine Schmerzen dabei zu haben. In seinem Gesicht ist jedenfalls nichts zu sehen.

    Guten Tag Ladies, wären Sie so freundlich mir zu sagen, wie ich zum Direktor gelange? Mit einer angedeuteten Verbeugung begrüßt er uns. Obwohl ich diesen Mann zum ersten Mal sehe, ist er mir sofort sympathisch, vielleicht liegt das an den Lachfältchen und den verschmitzten Augen. Durch die graumelierten Haare und trotz, dass er einen leichten Drei-Tage-Bart trägt, wirkt er irgendwie aristokratisch.

    Wie könnten wir eine so freundliche Bitte abschlagen?

    Als ich aufstehen will um den Weg zu beschreiben, komme ich wieder ins Wanken. Noch bevor ich mich an der Bank abfangen kann, hält mich der Fremde am Arm fest und stützt mich.

    Ist alles in Ordnung?

    Ja, danke Mr. …, fragend blicke ich den Fremden an. Erst jetzt fällt mir auf, wie groß dieser Mann eigentlich ist.

    Al. Nennen Sie mich einfach Al.

    Ok, danke…Al. Wissen Sie was, unsere nächste Stunde beginnt sowieso gleich. Wir kommen mit Ihnen, dann können Sie sich nicht verlaufen.

    Die letzten zwei Schulstunden vergehen wie im Flug - und so gut wie ohne Schwindelgefühl. Kunst. Ich liebe Kunst. Dadurch bekomme ich den Kopf jedes Mal frei. Dinge zeichnen, mit Farben spielen, das hab’ ich schon immer gerne gemacht. Am liebsten zeichne ich jedoch Portraits mit Bleistift. Man achtet auf jede Schattierung, auf jede noch so kleine Falte. Ein einziger Strich kann dem Gesicht einen ganz anderen Ausdruck verleihen. Genauigkeit ist dabei sehr wichtig. Schon als kleines Mädchen habe ich mich oft auf die Fensterbank in meinem Zimmer gesetzt und die Leute beobachtet. Das konnte ich stundenlang, auch heute noch. Man staunt, wie viel ein Gesicht preisgibt, wenn man es genau betrachtet. Es ist wie ein Buch, in dem man lesen kann.

    Auf dem Heimweg ist der Schwindel dann vollständig verschwunden. Die frische Luft hat bestimmt geholfen. Langsam muss ich mich beeilen, dass ich nach Hause komme. Es ziehen dunkle Wolken am Himmel auf, aber wenn man in Portland Main lebt, hat man leider keine andere Wahl als sich an Regen zu gewöhnen.

    Gerade fährt ein Möbelwagen an mir vorbei und ist kurze Zeit später auch schon wieder um die nächste Ecke verschwunden. Der hat es gut, der kommt immerhin trocken an sein Ziel.

    Ich bin auf der Clifton Street angekommen und gehe einen Schritt schneller, aber leider nicht schnell genug. Die ersten Regentropfen fallen vom Himmel. Es dauert nicht lange, da sind es schon ganze Sturzbäche. Mittlerweile renne ich, zum Glück ist es nicht mehr weit. Um das Schlimmste zu verhindern, halte ich mir meine Schultasche über den Kopf. Endlich biege ich in unsere Straße ein, ich kann kaum noch etwas erkennen, da…

    Autsch!

    Rücklings und alle Viere von mir gestreckt, liege ich auf dem Gehweg. Genau in dem Moment, als ich an einem Lastwagen vorbeirannte, tauchte jemand hinter dem Wagen auf. Da keiner von uns den anderen sehen konnte, kam der Zusammenstoß für uns beide sehr überraschend. Glücklicherweise wurde durch die Schultasche der Aufprall von meinem Hinterkopf abgeschwächt. Mein Arm hatte leider nicht so viel Glück, er hat direkten Bodenkontakt. Gegenüber von mir höre ich ein Stöhnen und ein paar leise, aber ich glaube sehr ernst gemeinte Flüche.

    Ahr, man, kannst du denn nicht aufpassen, jetzt liegt alles auf der Erde. Die Bücher sind sehr wertvoll, sieh sie dir an, die sind ruiniert. Ich bin ein toter Mann, Al bringt mich um. Ein Junge meines Alters, vielleicht ein oder zwei Jahre älter, kniet auf der Erde und verstaut mindestens ein Duzend Bücher wieder in einen Karton. Langsam, ich bin mittlerweile nass bis auf die Haut, stehe ich auf und halte meinen schmerzenden Arm.

    Danke der Nachfrage, es ist nichts gebrochen. Denke ich jedenfalls, der Typ muss aus Stahl sein.

    "Um das klarzustellen, du bist wie eine Geisteskranke in mich reingerannt." Eine dunkle Strähne hängt ihm nass in der Stirn und seine Augen funkeln mich böse an, aber nur ganz kurz, dann wirkt er eher verwirrt. Scheinbar verlegen fährt er sich mit der Hand durch die Haare und greift dann nach dem Karton, der ihm bei unserem Zusammenprall vom Arm gerutscht ist.

    Wie hat er mich genannt, Geisteskranke? Was bildet der Kerl sich eigentlich ein?

    Falls es dir nicht aufgefallen ist: Es regnet! Ich weiß ja nicht, wie du das siehst, aber ich steh nicht so darauf pitschnass zu werden. Und wenn du nur ein bisschen vorsichtiger gewesen wärst, und nicht einfach hinter so einem Ungetüm auftauchen würdest, wären deine blöden Bücher und ich ohne Schaden davongekommen, sage ich und deute auf den LKW. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich neben dem Umzugswagen stehe, der vor ein paar Minuten noch an mir vorbeigefahren ist. Wir stehen vor dem Haus unserer unmittelbaren Nachbarn. Soweit ich weiß, sind die Handersons nicht ausgezogen, jedenfalls nicht bis heute Morgen, da habe ich mir von Clara noch meine Lieblingswaffeln abgeholt. Daher kann es sich nur um die leer stehenden Zimmer unter dem Dach handeln, aber die stehen schon seit einer Ewigkeit leer, eigentlich schon immer. Da Clara und Phil mir gar nichts davon erzählt haben, dass sie die Zimmer vermieten wollen und so ein Geheimnis daraus gemacht wurde, bin ich auf die neuen Nachbarn ganz schön neugierig. Hoffentlich sind die nett. Plötzlich kommt mir ein schrecklicher Gedanke. Ich schaue in das Gesicht des Fremden, der immer noch mit seinem Karton beschäftigt ist. Oh nein, lass ihn bitte für das Umzugsunternehmen arbeiten. Charmant taste ich mich heran.

    Ich hoffe nicht, dass dir die beschädigten Bücher von deinem Lohn abgezogen werden.

    Was? Ist das alles, was er dazu sagt?

    Ok, das könnte dauern, ein Shakespeare ist er nicht gerade. Da ich aber keine Lust habe noch länger im Regen zu stehen, laufe ich schnell zu unserer Treppe am Hauseingang und stelle mich unter dem Vordach unter.

    "Oh, dann hoffe ich, dass du nicht direkt deinen Job verlieren wirst." Ich gebe zu, vielleicht war das ein wenig zu viel Sarkasmus!

    Gut möglich. Mit seinem Ärmel wischt er den Schmutz von den Büchern. Er sieht echt verzweifelt aus. Fast beginnt er mir ein wenig leid zu tun.

    Bist du endlich fertig mit glotzen?

    Da ist mein Mitgefühl auch schon wieder verflogen. Verärgert schließe ich die Haustür auf. So ein Idiot! Sollte der wirklich bei den Handersons eingezogen sein, muss ich mit denen noch ein ernstes Wörtchen reden. Meine Schultasche werfe ich erst einmal achtlos auf den Boden, um meine nassen Sachen im Badezimmer aufhängen zu können. Anschließend gehe ich in die Küche. Am Kühlschrank klebt ein Zettel: LASS ES DIR SCHMECKEN SCHATZ, BIS SONNTAG - MOM U. DAD. Meine Eltern sind heute Morgen nach Minnesota zu der Schwester meiner Mutter gefahren. Tante Sally hat erst vor Kurzem mit ihrem Mann dort ein nettes Einfamilienhaus gekauft, weil Onkel Ray in eine andere Stadt versetzt worden war, wieder einmal. Die beiden ziehen ungefähr alle zwei Jahre um, als Herzspeziallist sind die ruhigen Hände meines Onkels nun mal sehr gefragt. Nun aber hoffen sie dort wohnen bleiben zu können. Sie haben uns für ein langes Wochenende eingeladen. Eigentlich sollte ich auch mitkommen, dann hätten wir allerdings erst Freitagabend fahren können. Da meine Mutter ihre Schwester jedoch so selten sieht, habe ich vorgeschlagen, dass sie ruhig schon heute aufbrechen sollen. Obwohl meinen Eltern die Vorstellung, ihre halbwüchsige, siebzehnjährige Tochter ganze fünf Tage allein zu lassen, gar nicht behagt, haben sie sich letzten Endes doch dazu entschlossen allein nach Minnesota zu fahren. Nach meinem Argument, dass ich schließlich ihre Tochter bin und sie mich verantwortungsvoll erzogen haben, waren sie entwaffnet. Die Tatsache, dass Clara und Phil versprochen haben ein Auge auf mich zu werfen, war vielleicht auch nicht ganz unerheblich.

    Mom hat vorgekocht, im Kühlschrank befindet sich Essen für mindestens eine Woche. Neben vielen verschiedenen nahezu erschreckend gesunden Gerichten, finde ich daneben natürlich auch meine Lieblingsleckereien aus Moms Konditorei. Für ihre Schoko Cupcakes mit Himbeer-Limetten Topping begehe ich bedingungslos jeden Mord. Ich lehne mich an den Küchentisch und starre auf die vielen verschiedenen Frischhaltedosen im Inneren des Kühlschranks. Esse ich erst etwas, oder mache ich erst Hausaufgaben? Da ich noch keinen allzu großen Hunger habe, schnappe ich mir meine Schultasche und gehe rauf in mein Zimmer. Ich öffne meine Zimmertür, die wie immer ganz furchtbar quietscht. Sie muss unbedingt geölt werden.

    Mein Zimmer wurde zwar erst vor einem Jahr renoviert, aber die alte weiße Tür wollte ich unbedingt behalten. Ich finde, sie verleiht meinem Zimmer einen besonderen Charme. Außerdem passt sie perfekt zu meinen restlichen Möbeln. Auch sie sind schon etwas älter und ebenfalls weiß. Letzten Sommer ist eine Großtante von mir gestorben. Sie lebte ganz allein und hatte keine direkten Erben, daher mussten wir ihren gesamten Haushalt aufteilen oder verkaufen. Als ich die Möbel das erste Mal sah, habe ich mich sofort in sie verliebt. Sie sind nicht verschnörkelt oder so, aber trotzdem sehen sie aus wie aus einer anderen Zeit.

    Mein Zimmer ist zwar schon sehr hell, da ich einen eigenen kleinen Balkon und einen Erker mit großem Fenster habe, aber durch diese Möbel wirkt es noch freundlicher. Da die Möbel schon weiß sind, habe ich die Wandfarbe mit einem sehr hellen Grün abgetönt. Es ist nur ein ganz feiner grüner Hauch, sticht jedoch trotzdem ab.

    Mit Schultasche setze ich mich auf mein Bett und sehe nach, was heute an Hausaufgaben anfällt. Am besten ich fange mit Geschichte an, dann hab ich das Schlimmste schon mal hinter mir. Aber vorher ziehe ich die Gardine zu. Trotz des Regens werde ich von der Sonne geblendet. Gerade als ich mich wieder umdrehen und zum Bett gehen will, trifft mich der Schlag: Von der Balkontür aus kann ich genau in das Fenster nebenan sehen. Die Häuser in dieser Straße sind alle gleich gebaut, einige nur seitenverkehrt. So auch das Haus von Clara und Phil. Das heißt, dass mein Balkon fast an den Balkon unseres Nachbarn stößt. Das allein ist ja noch nicht dramatisch. Ob es ein Drama wird, hängt einzig und allein vom Nachbarn ab, und der kam soeben zum Vorschein.

    Er hat doch gesagt, dass er für das Unternehmen arbeitet, oder nicht? Wegen der Bücher verliert er vielleicht seinen Job. Aber wieso räumt er dann jetzt die Schränke ein. So viel Service bietet doch keiner. Die Arme vor der Brust verschränkt, stehe ich halb hinter der Gardine und beobachte mein Gegenüber. Vielleicht will er den Ausrutscher mit den Büchern wieder ausgleichen, indem er zusätzliche Arbeiten leistet. Als er jedoch sein T-Shirt auszieht, nass wie es ist, auf das Bett wirft und sich im Anschluss einen (trockenen) Pullover aus einem Karton nimmt, ist auch der letzte Funke Hoffnung verpufft. Es sind eindeutig seine Sachen und sein Zimmer. Noch steht er mit dem Rücken zu mir, der, wie ich leider zugeben muss, verdammt gut aussieht. Nicht übermäßig muskulös, aber ziemlich durchtrainiert. Wenn der Rücken keinen Kopf hätte, könnte ich mich mit meinem neuen Nachbarn abfinden. Da dem aber nicht so ist und ich an dieser Tatsache (auf legalem Wege) auch nichts ändern kann, muss ich mich meinem Schicksal ergeben und tapfer sein. Na ja, wenn er in seinem Zimmer bleibt und ich in meinem, dürften wir uns ja nicht allzu oft über den Weg laufen.

    Um etwas frische Luft ins Zimmer zu lassen, öffne ich leicht das Fenster, ziehe aber die Vorhänge zu, schließlich will ich ja nicht, dass mich jeder beobachten kann.

    Ich nehme mir die Schulbücher, setze mich an meinen Schreibtisch und versuche mich voll und ganz dem Bürgerkrieg zu widmen. Obwohl mir nicht mehr schwindelig ist, fällt es mir dennoch schwer mich zu konzentrieren. Vielleicht sollte ich auf Jodie hören und wirklich mal zum Arzt gehen. Nachdem ich denselben Satz fünf Mal gelesen habe, gelingt es mir endlich ihn zu verinnerlichen. Nach zwei Stunden, drei Tassen Capuccino und einer Endlosschleife von Always (keiner singt es so schön wie Bon Jovi), muss ich nur noch die letzten drei Schlachten zusammenfassen. Da mir mein Handgelenk vom vielen Schreiben schon weh tut und ich auch überhaupt gar keine Lust mehr auf Geschichte habe, wird Lincoln den Krieg nie wieder soll schnell wie in meinem Aufsatz gewinnen.

    Völlig erledigt schlage ich für heute das letzte Buch zu. Der Tag war ohne jeden Zweifel sehr lang. Erst die Aufregung in der Schule, dann die nette Bekanntschaft mit meinem neuen Nachbarn und zum Abschluss drei Stunden Hausaufgaben. Wer freut sich da nicht auf sein Bett?

    Mr. Harrison kommt wie immer fünf Minuten zu spät zum Unterricht. Mit zerzausten Haaren und völlig außer Atem öffnet er die Klassentür und schenkt uns, bis er am Lehrerpult ist, nicht die geringste Aufmerksamkeit. An diesem Morgen ist irgendetwas anders. Er wirkt zwar, wie sonst, ein wenig konfus, aber sein Gesichtsausdruck ist nicht so gehetzt. Seine Züge sehen weicher aus, als wäre er über Nacht um mindestens zehn Jahre jünger geworden. Man könnte fast sagen, dass er lächelt. Mr. Harrison legt seine Aktentasche vor sich auf das Pult, öffnet sie und sortiert in aller Ruhe seine Unterlagen. Im Anschluss geht er um den Tisch herum, lehnt sich mit der Rückseite an und verschränkt die Arme vor der Brust. Endlich nimmt er von uns Schülern Notiz.

    Guten Morgen Kinder, bevor wir mit unserem neuen Thema beginnen, möchte ich Ihnen Ihre neuen Mitschüler vorstellen. Kinder? Seit wann bezeichnet uns unser Englischlehrer als Menschen? Wenn er sonst über uns spricht, fallen Worte wie Alien oder Monster, und dann ist er noch gut

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