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Monochrom: Schwarzweiß sehen, fotografieren, bearbeiten, drucken
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eBook1.119 Seiten6 Stunden

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Über dieses E-Book

Schwarzweiß sehen, fotografieren und Fotos konvertieren
  • Schwarzweiß »sehen« lernen
  • Farbbilder zu SW konvertieren
  • Optimale Bearbeitung bis hin zum Druck

Schwarzweißaufnahmen – oder generell monochrome Bilder – haben ihren eigenen Charme, eine spezielle Anmutung. Solche Aufnahmen arbeiten mit reduzierten Mitteln, verzichten sie doch auf die zuweilen ›geschwätzige‹ Farbe. Dafür treten Formen, Verläufe sowie Kontrast und Helligkeitsnuancen stärker in den Vordergrund.

Es ist daher wichtig, bereits bei der Aufnahme auf diese Faktoren verstärkt zu achten. Da die meisten Kameras die digitalen Bilder zunächst als Farbbild aufnehmen – und es spricht einiges dafür, es dabei zu belassen – gilt es, in der digitalen Nachbearbeitung eine optimale Konvertierung nach Schwarzweiß vorzunehmen. Dafür gibt es zahlreiche Lösungen, die das Buch detailliert beschreibt, denn nicht jedes Verfahren passt für jedes Bild. Eine weitergehende Bearbeitung nach der erfolgten Umwandlung ist unerlässlich, etwa die Erhöhung des Kontrasts oder selektive Nachbearbeitungen wie ein regional beschränktes Absenken und Anheben von Tonwerten.

Einmal konvertiert erfordert schließlich ein optimaler Schwarzweiß- oder Monochrom-Druck ein differenziertes Know-how, das Ihnen die Autoren umfassend vermitteln.

Das Buch wendet sich an den ambitionierten Fotoamateur mit Grundkenntnissen in der Bildbearbeitung. Als Werkzeuge werden Adobe Lightroom und (optional) Photoshop eingesetzt. Die gezeigten Techniken lassen sich auch einfach auf andere Werkzeuge übertragen.

SpracheDeutsch
Herausgeberdpunkt.verlag
Erscheinungsdatum1. Juni 2022
ISBN9783969107737
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    Buchvorschau

    Monochrom - Jürgen Gulbins

    1

    Monochrom – warum?

    Für die Art von Bildern und Techniken, die wir hier betrachten wollen, werden sowohl die Begriffe ›Schwarzweiß‹ als auch ›Monochrom‹ eingesetzt, wobei ›Monochrom‹ wohl der bessere, weil universellere Terminus ist. Er drückt genauer aus, dass es sich um Bilder handelt, die mit einer einzigen Farbe auskommen. Selbst traditionelle Schwarzweißbilder werden – in der analogen Welt – häufig getont, etwa chamois, bläulich oder leicht cyan. Es sind also keine reinen Schwarzweißbilder mehr, wohl aber monochrome Bilder.

    Aber selbst ›Monochrom‹ ist zuweilen für Bilder, die wir hier behandeln, nicht immer ganz korrekt, denn manchmal möchte man mehr als eine Farbe beim Tönen einsetzen – etwa unterschiedliche Farben für Lichter, Mitteltöne und Tiefen. Belassen wir es in diesem Buch trotzdem beim Begriff ›Monochrom‹.

    Es soll Fotografen geben, die nicht verstehen, warum man monochrome Bilder präsentieren möchte, wo die Welt um uns herum doch farbig ist, Farbe ein wesentlicher Teil eines Bilds sein kann und die meisten Digitalkameras Bilder sowieso als Farbbild abliefern. Unsere Aussage ist aber nicht, dass man keine Farbbilder mehr machen soll, sondern dass monochrome Bilder ein eigenes Segment der Fotografie sein können – ein interessanter Bereich mit spezifischer Ausdruckskraft, mit spezifischer Ästhetik, mit spezifischen Regeln und spezifischen Techniken. Auf all dies möchten wir in diesem Buch eingehen.

    [1-2]Die Wirkung des Bilds ergibt sich aus dem Muster aneinandergereihter Säulen – der Wiederholung mit kleineren Varianten – und dem querlaufenden Rautenmuster des Dachs (Philharmonie Luxembourg). Foto: Magdalene Glück

    1.1Warum monochrome Bilder?

    Warum sollte man Bilder in Schwarzweiß (oder Monochrom) machen, wenn die Welt um uns herum doch farbig ist und die Natur uns die Fähigkeit gegeben hat, Farben zu sehen – oder zumindest einen Teil des Farbspektrums? Und warum monochrom, wenn nicht selten gerade in den Farben die Pracht von Blumen oder die Stimmung einer Landschaft erst richtig zum Ausdruck kommt?

    Die Antwort liegt in der Ästhetik solcher monochromer Bilder, sofern sie gut gemacht sind. Und im Prinzip muss jeder Fotograf für sich selbst entscheiden, ob er (auch oder ausschließlich) monochrome Bilder erstellen möchte. Er muss dann lernen, welche Szenen und Bilder für Monochrom geeignet sind und welche nicht. Und er muss lernen, solche ›monochrom geeigneten Szenen‹ zu erkennen. Er sollte bereits bei der Aufnahme eine zumindest grobe Vorstellung davon haben, wie die vor ihm liegende farbige Szene später monochrom aussehen soll. Ebenso sollte er wissen, mit welcher Technik er seine Aufnahme für das monochrome Bild vorbereiten kann.

    Auch jeder Betrachter muss für sich entscheiden, ob und welche monochromen Bilder ihn ansprechen, gefühlsmäßig oder über die Ästhetik der Linien und Formen, Muster, Verläufe und Kontraste. Diese Komponenten machen ein gutes Schwarzweißbild aus.

    1.2Die Ästhetik monochromer Bilder

    Monochrome Bilder verzichten bewusst auf Farbvielfalt. Sie beschränken sich auf eine Farbe, oft sogar auf Schwarz, Weiß und die Grautöne dazwischen. Darin liegt Abstraktion, eine Reduktion des Bilds auf diese ›Zwischentöne‹. Monochrome Bilder sind in aller Regel ruhiger, gelassener, bescheidener, strukturierter, können dafür aber stärker wirken. Sie verzichten auf die Geschwätzigkeit, die Farben in ein Bild bringen können. Hier werden erkennbare Muster, Linien, Formen, Kontraste und Verläufe wichtiger.

    Beispiele sind die Abbildungen [1-2] auf Seite 16 und [1-8] auf Seite 21. Dort stört die Farbe in der oberen Abbildung [1-7]: Sie hat kaum eigene Aussagekraft und sollte deshalb entfallen, um ein besseres, konzentriertes Bild zu erzielen.

    Monochrom kann Meditation sein, wie es Andreas Hoffmann schön in seinem Buch ›Fotografie als Meditation‹ {10} darstellt, auch wenn nicht alle seine Bilder darin monochrom sind.

    Monochrome Bilder bringen oft – gerade durch die Reduktion – sich wiederholende Muster stärker zum Ausdruck, wie es etwa das Motiv der sich wiederholenden Säulen der Philharmonie Luxembourg in Abbildung [1-2] zeigt. Oder das Bild verzichtet auf Farbe, weil die Szene – wie in Abbildung [1-3] die Eisfläche und die Tänzer – bis auf Kleinigkeiten bereits weitgehend schwarzweiß ist und die Farbe hier nichts zur Bildaussage beitragen würde.

    [1-3]Die Wirkung ergibt sich durch die sanften Tonwerte ohne extremes Schwarz und ohne reines Weiß sowie durch die verschwommenen Formen durch die hier keinesfalls störende Bewegungsunschärfe. Foto: Magdalene Glück

    [1-4]Farbe würde hier stören und der Perspektive, der morgendlichen Stimmung und der menschlichen Figur die Wirkung nehmen. Dass die Sonne ›ausgefressen‹ ist, beeinträchtigt die Bildwirkung nicht. Die eingesetzte Blende (f/16) erzeugt den Strahlenkranz. Foto: Magdalene Glück

    In Abbildung [1-4] finden wir einen stark perspektivischen Effekt durch den nach hinten kleiner werdenden Waldweg sowie die Baumschatten. Der Spaziergänger bildet einen weiteren Blickfang. Die monochrome Version des Bilds verstärkt die Stimmung. Die Reduktion auf die sich wiederholenden, nach hinten kleiner werdenden Bäume, die Textur des Wegs sowie die hohen Kontraste machen die Qualität der Fotografie aus. Farbe würde hier nichts beitragen, sie würde stören, wäre sozusagen unsympathisch.

    Zuweilen möchte man einem Bild durch die monochrome Gestaltung auch ›nur‹ einen alten Look geben, wie in der Ansicht von Heidelberg (Abb. [1-5]). Dabei ist die Aufnahme hier keinesfalls alt, sondern stammt aus dem Jahre 2013. Verstärkt wird der ›alte Look‹ durch die leichte Sepia-Tonung des Bilds. Die Stärke der Tonung ist dabei eine Frage des Geschmacks.

    Auch bei den alten Flaschen im Bild von Uwe Steinmüller darunter in Abbildung [1-6], fotografiert durch eine schmutzige Scheibe und mit dem Staub und den Spinnweben längst vergangener Zeiten, unterstützt die monochrome Wiedergabe das Flair des Bilds, wobei eine kaum wahrnehmbare, leicht warme Tonung diesen Eindruck verstärkt. Ein neutrales Schwarzweiß oder gar eine kalte Tonung wäre hier aus unserer Sicht unpassend. Eine geeignete Tonung kann in dieser monochromen Welt den gewünschten Eindruck also verstärken oder abschwächen. Oft ist dabei etwas Spielen mit den Farbwerten und dem Grad der Sättigung erforderlich.

    [1-5]Es ist nicht ›Alt-Heidelberg‹, sondern eine Aufnahme aus dem Jahr 2013. Die monochrome Wiedergabe mit einer leichten Sepia-Tonung ergibt jedoch den ›alten Look‹. Foto: Uwe Steinmüller

    [1-6]Aufnahme durch eine schmutzige Scheibe: Der Staub und die Spinnweben auf den Flaschen und schließlich die monochrome Wiedergabe verleihen dem Bild das Flair von ›alt‹. Foto: Uwe Steinmüller

    1.3Die Herausforderung monochromer Bilder

    Monochrome Bilder sind jedoch nicht einfacher als Farbbilder zu erstellen, und nicht jede Szene ist für ein monochromes Bild geeignet. Zuweilen ist es gerade eine Farbe oder die Komposition mehrerer Farben – in Harmonie oder kontrastierend –, die ein Bild ausmacht. Abbildung [1-1] auf der Startseite des Kapitels ist ein Beispiel dafür. Belassen Sie es dann in Farbe!

    Musste man sich in ›analogen Zeiten‹ vor der Aufnahme dafür entscheiden, ob man in Schwarzweiß oder in Farbe fotografieren wollte – eben durch die Wahl eines entsprechenden Films –, so ist dies in der digitalen Welt nicht mehr erforderlich, es sei denn, man arbeitet mit einer der wenigen Digitalkameras, die ausschließlich Schwarzweißbilder abliefern (wie etwa die Leica M Monochrom oder das Mittelformat-Back Achromatic+ der Firma Phase One). Ansonsten kann man sich nachträglich entscheiden und das aus der Kamera kommende Farbbild in ein monochromes Bild umwandeln. Ein Großteil dieses Buchs wird sich mit solchen Umwandlungstechniken beschäftigen.

    Und jeder Fotograf, der schon eine Weile mit digitalen Bildern arbeitet, wird – sucht er systematisch in seinen Farbbildern – auch Motive und Bilder finden, die sich für Monochrom anbieten. Zuweilen wird man sogar Bilder finden, die nicht auf den ersten Blick danach rufen, als Monochrombild jedoch eine neue Stärke bekommen – just weil dadurch beispielsweise aufgeregte, ablenkende bunte Hintergründe zurücktreten und dem eigentlichen Objekt im Vordergrund ›sein Recht‹ lassen oder weil Formen klarer und ungestört durch Farbunterschiede besser hervortreten.

    Bei manchen Bildern hat sowohl die Farbversion als auch die monochrome ihren eigenen Charme. Es fällt dann schwer, sich zwischen beiden Varianten zu entscheiden. Dies ist oft der Fall, wenn im Bild zarte Farben vorkommen – oder alternativ wenige kräftige Farben wie in den Abbildungen auf Seite 308.

    Dann kann es nützlich sein, beide Varianten zu drucken und getrennt sowie losgelöst vom Bildschirm in Ruhe zu betrachten – in passender Umgebung und mit passendem Rahmen, Hintergrund und Licht, denn auch das Betrachtungslicht beeinflusst unsere Bildwahrnehmung.

    Bilder gezielt für die monochrome Wiedergabe aufzunehmen, erfordert mehr als Zufall und nachträgliche Suche. Man muss ein Auge und ein Gefühl für Szenen entwickeln, die gute Schwarzweiß- oder Monochrombilder ergeben. Dabei treten andere (oder zusätzliche) Kriterien in den Vordergrund als bei Farbbildern. Man sollte lernen, ›monochrom zu sehen‹ oder ›monochrom zu denken‹.

    Bei diesen Szenen spielen Linien, klare Formen, Helligkeitskontraste, tonale Verläufe und Muster oder Texturen eine wichtige Rolle. Man muss lernen, von der Farbe zu abstrahieren, muss bereits bei der Aufnahme daran denken, wie man einzelne Farben später in der Monochrom-Umsetzung in Tonwerte abbilden wird, wie man Farbunterschiede zur Tonwertdifferenzierung nutzen möchte oder aber ausgleichen muss, um eventuell vorhandene Farbkontraste in der Tonwertumsetzung abzumildern.

    Vieles von dem, was der mit Schwarzweißfilmen arbeitende Fotograf durch die Wahl des Films und von Farbfiltern tut (oder tat), kann man nun zwar auf die digitale Nachbearbeitung verschieben, aber es ist hilfreich, bereits bei der Aufnahme eine Vision des späteren einfarbigen Bilds im Kopf zu haben. Dies erfordert etwas Fantasie, Übung und daraus resultierende Erfahrung. Auf Hilfsmittel gehen wir später noch ein. Auch das systematische Durchsuchen des eigenen Bildbestands und die versuchsweise Schwarzweiß-Umwandlung können helfen, den Blick für geeignete Motive zu schärfen.

    Ein weiterer Schritt ist die Begutachtung bereits zu Monochrom konvertierter Bilder und die Analyse, was darin gelungen ist und was verbessert werden könnte, um dies das nächste Mal bereits bei der Aufnahme zu berücksichtigen. Man kann mit der digitalen Nachbearbeitung zwar sehr viel erreichen – zum Teil mit dramatischen Verbesserungen –, ein nahezu optimales Ausgangsbild ist aber in allen Fällen eine bessere Ausgangsbasis, und es kann den Nachbearbeitungsaufwand deutlich reduzieren. Auch hier gilt: »Übung macht den Meister.« Und eine ›gesunde Handwerkstechnik‹ schafft die Basis für ›gute Kunst‹ oder, bescheidener, ›gute monochrome Bilder‹, die den Blick des Betrachters länger als einen flüchtigen Moment einfangen.

    [1-7]Die Farbversion des Bilds hat farbige Elemente – den teils blauen Hintergrund sowie das Blau der Hosen –, die vom eigentlichen Objekt ablenken: den Händen und dem Kinderkopf.

    [1-8]Die monochrome Version wirkt viel stärker als die Farbversion. Da helle Flächen den Blick auf sich ziehen, wurden der helle Streifen des Farbbilds oben links sowie die relativ hellen Hosen unten deutlich abgedunkelt, um den Blick auf Kopf und Hände zu fokussieren.

    1.4Die Kunst, die Welt monochrom zu sehen

    Um halbwegs durchgängig und gezielt gute monochrome Bilder erzielen zu können, muss man lernen, ›die Welt‹ in Schwarzweiß zu sehen und bei Szenen zu erkennen, ob sie Kandidaten für Schwarzweißbilder sind. In welcher monochromen Gestalt man sie später ausarbeiten und schließlich präsentieren möchte, ist dann erst ein zweiter und dritter Schritt. Wie aber bekommt man ›den Schwarzweißblick‹, da die Welt um uns herum doch farbig ist? Wie trainiert man das Auge dafür?

    Ein Weg besteht darin, die Kamera so einzustellen, dass sie Schwarzweißbilder oder gar bereits getonte Bilder liefert, damit man gleich nach der Aufnahme sein Ergebnis monochrom anschauen kann.

    Es gibt aber bessere Lösungen und wir raten davon ab, bereits in der Kamera schwarzweiß zu fotografieren (es sei denn, Sie haben einige der Modelle, die wirklich schwarzweiß und nicht mit einem RGB-Filter arbeiten). Es kann jedoch nützlich sein, eine Vorabversion der Schwarzweiß-Variante auf dem Kameradisplay begutachten zu können. Wir beschreiben diese Technik etwas ausführlicher in Kapitel 2.2.

    Prävisualisierung

    Unter Prävisualisierung versteht man die Möglichkeit, etwas zu sehen, bevor es wirklich vollständig existiert. Wir fassen hier den Begriff etwas weiter, wie Sie sehen werden. Bei unseren monochromen Bildern möchten wir das Bild in Schwarzweiß oder Monochrom also sehen, bevor wir es vollständig entwickelt haben. Dabei gibt es (zumindest) zwei Arten der Prävisualisierung: (A) vollständig ›im Kopf‹ und (B) auf dem Bildschirm – sei es das Rückdisplay der Kamera oder der Monitor des Arbeitsplatzes.

    [1-9]Hier die ›normale‹ iPad-Aufnahme in Farbe, entstanden auf einem Markt in Frankreich

    Die Kopf-Variante ist sicher die stärkere, erlaubt sie doch unserer Fantasie zu gestalten, uns vorzustellen, was wir in der Szene selbst sehen und fühlen und was wir im Bild später sehen wollen. Dies gilt es dann im Bild umzusetzen – zunächst mit der richtigen Aufnahmetechnik und danach in der Umsetzung in der digitalen Nachbearbeitung.

    Diese ›Im-Kopf-Prävisualisierung‹ erfordert drei Dinge: Erfahrung, Vorstellungskraft und Abstraktionsvermögen. Die zweite Art – die Anzeige eines schwarzweißen oder monochromen Bilds im Display der Kamera oder später auf dem Bildschirm des Rechners – ist eigentlich ein ›armer‹ Ersatz für die erste Art. Sie kann uns aber dabei helfen, die monochrome Prävisualisierung zu erlernen.

    Auch die Begutachtung einer Szene mit zusammengekniffenen Augen kann hilfreich sein, wird die Sicht dadurch doch reduziert; die Farben werden abgeschwächt, Formen und die Verteilung von Licht und Schatten werden besser erkennbar.

    [1-10]Hier in etwa die monochrome Vorstellung der Aufnahme, wie sie im Kopf entstehen sollte – mit den Texturen der Knollen

    Üben Sie ›monochrom zu sehen‹

    Wirklich gute Voraussetzungen für monochrome Bilder haben wir aber erst, wenn wir lernen, ›monochrom zu sehen‹, d. h. zu erkennen, ob Szenen, die vor uns liegen, sich für monochrome Bilder eignen. Wir sollten interessante Muster, Strukturen, Kontraste, Verläufe oder Schatten erkennen. Und die Welt um uns herum ist voll davon – in Landschaften, Städteszenen, Architekturaufnahmen, bei denen sich das Monochrombild auf die Linien und Formen konzentriert. In der People-Fotografie werden Bilder nicht ohne Grund von den Könnern des Genres überwiegend in Schwarzweiß angelegt. Wir finden passende Szenen aber auch im Kleinen, in Stills und in der Makrofotografie.

    Gerade bei Bildzusammenstellungen bieten monochrome Bilder die Möglichkeit, Bildensembles oder Serien zu kreieren, die gut harmonieren, da farblich langweilige oder farblich zu stark abweichende Kombinationen entfallen und Aufnahmen nicht individuell durch ihre Farben um Aufmerksamkeit buhlen.

    Kommt man aus der analogen Schwarzweißfotografie, so hat man wahrscheinlich bereits einen Blick für solche Szenen entwickelt. Kommt man vorwiegend aus der Farbfotografie oder gar aus der bunten Internet- und Medienwelt, so muss man mehr üben, am besten täglich – und braucht dazu zunächst nicht einmal eine Kamera. Man lernt dabei, stärker auf das Licht und den Lichtfall zu achten, auf Lichter und Schatten, auf musterhafte Regelmäßigkeiten oder Gegensätze. Mit dieser Übung erkennt man Spannungsbögen von Formen, Formverschmelzungen, Andeutungen und Kontrasten. Man lernt negative und positive Räume und Formen zu sehen. Man erkennt, wie groß der Kontrastumfang einer Szene vom tiefsten Schatten bis zum hellsten Detail ist, ob es harte Kontraste sind, die eine andere Bildsprache erzeugen als feine, zarte Übergänge. Zudem erzwingt das monochrome Sehen die Konzentration auf unser Hauptgestaltungsmittel: das Licht. Es fördert die Sensibilität für die Wahrnehmung von Licht, das in Umkehrung des bekannten Sprichworts nur dort wirklich wahrgenommen wird, wo auch Schatten ist – erst durch Schatten wird Licht wirklich wirksam und differenzierbar.

    [1-11]Bei dieser Architekturaufnahme der Kranhäuser in Köln sind es die einfachen Formen, die weitgehende Symmetrie sowie die sanften Töne, die dem Bild seinen Charme verleihen.

    Beginnt man einmal damit, macht es bald Spaß – und es kommt auch unserer Farbfotografie zugute. Arbeitet man ohne Kamera, so kann ein kleiner schwarzer Rahmen, durch den man eine Szene begutachtet und den man immer dabeihat, bei dieser Umweltinspektion helfen.

    Ein weiteres Argument, sich mit Schwarzweiß- und anderen Monochrombildern auseinanderzusetzen, besteht darin, dass man damit sein Auge für das Licht schärft: dafür, wie das Licht fällt, aus welcher Richtung es kommt, ob es hart oder weich ist, ob es gerichtet oder diffus ist, stark oder schwach, wie es sich über die Zeit ändert, welche Farbe es hat, welche Lichtquellen es gibt und was deren Wirkung ist.

    [1-12]In der Straßen- und People-Fotografie findet Schwarzweiß regelmäßig Anwendung. Foto: Uwe Merker

    [1-13]Die horizontal und vertikal verlaufenden Linien – teilweise gegenläufig –, die feinen Muster der Reben sowie schließlich die Reduktion auf Schwarzweiß machen das Besondere dieses Bilds aus. Sie geben ihm eine fast abstrakte Anmutung. Foto: Uwe Merker

    [1-14]Die warmen Farben geben sehr schön die herbstliche, fröhliche Stimmung wieder. Formen und Strukturen sind in Farbe aber schwächer ausgeprägt als im nachfolgenden Schwarzweißbild. Foto: Uwe Merker

    Dieses ›Licht-Sehen‹ ist eine wesentliche Fähigkeit eines jeden guten Fotografen – sei es für monochrome Bilder oder für Farbbilder. Die Schwarzweißfotografie erfordert diese Fähigkeit jedoch noch stärker als die übliche Farbfotografie, verlangt ein noch stärkeres Abstraktionsvermögen und einen gewissen Grad an Prävisualisierung.

    Nehmen wir dem Abbild der realen Welt ›die Farbe weg‹, so verändern wir die Betrachtungsweise:

    Die Abstraktion von der Farbe lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Strukturen, Linien, Kontraste des Bilds.

    Schwarzweißbilder erinnern an historische Aufnahmen. Bestimmte ›Looks‹ werden mit bestimmten Epochen verbunden, wie etwa die Aufnahme von Heidelberg in Abbildung [1-5] auf Seite 19.

    Wir sind heutzutage wie niemals zuvor mit einer Flut von farbigen Bildern in allen Medien konfrontiert – in der Werbung, im Internet, auf dem Smartphone oder im Fernsehen. Grundsätzlich gibt es keinen technischen/finanziellen Grund mehr, auf Farbe in einem Bild zu verzichten. Das hat dazu geführt, dass wir Schwarzweißbilder als etwas Besonderes, bewusst Gestaltetes wahrnehmen.

    [1-15]Bei diesem Bild dominiert in der Farbversion die Farbe das Bild und lässt die Formen und Strukturen fast verschwinden.

    [1-16]In Schwarzweiß ist die Treppe zunächst weniger spektakulär, die Formen und Strukturen wirken aber stärker.

    1.5Monochrom in fast allen Bereichen möglich

    Schwarzweißfotografie – oder die Variante mit einem anderen Hauptton als Schwarz – ist in fast allen Sparten und Genres der Fotografie möglich; ein Teil wurde zuvor schon erwähnt. Hier nochmals eine kleine Liste mit Kommentaren und Bildbeispielen, sozusagen als Stimulation für Ihre monochromen Bilder.

    Die Straßenfotografie setzt traditionell auf Schwarzweißfotografie; die Aufnahmen in den Abbildungen [1-12] und [1-17] sind anschauliche Beispiele dafür.

    Schon fast klassisch ist die Landschaftsfotografie, wie das Bild [1-18] aus der marokkanischen Wüste mit ihren zumeist sanften, sich wiederholenden und doch ständig variierenden Formen veranschaulicht. Und während beispielsweise Bilder von farbenprächtigen Slot-Canyons sehr ansprechend sind – bekannt ist hier der Antelope Canyon in Arizona (USA) –, sind diese Farbbilder fast ›verbrannt‹, da bereits zu häufig gezeigt. Schwarzweiß-Versionen dieser Canyons kann man aber heute noch zeigen und ausstellen.

    [1-17]Bei dieser Szene aus der Straßenfotografie wäre Farbe (fast) tödlich. Foto: Magdalene Glück

    [1-18]Die Wüste mit ihren weichen Formen kommt in Schwarzweiß oft besser zum Tragen. Foto: Hans Golemka

    Als weiteres Beispiel sei die Porträtfotografie angeführt. Hier wirken Schwarzweißbilder – in aller Regel ohne Tonung – ruhiger, ausgeglichener und teilweise ›würdiger‹. Dies gilt insbesondere bei Porträts älterer Personen.

    [1-19]Klassisches Halbporträt des Autors Jürgen Gulbins (Foto: Magdalene Glück). Für den Hintergrund wurde in der Nachbearbeitung eine Textur eingesetzt.

    Auch die Szene in Abbildung [1-12] auf Seite 24 ist eine Mischung aus Porträt- und Straßenfotografie. Die Bildwirkung ist in Schwarzweiß deutlich stärker als in Farbe.

    In der Hochzeitsfotografie gibt es zahlreiche Beispiele für Schwarzweißbilder. Die im traditionellen Sinne (zumindest in der westlichen Kultur) ›weiße Braut‹ und der schwarz gekleidete Bräutigam sind fast schon ein Symbol für Schwarzweißfotografie, und bei manchen Hochzeitsszenen unterstützt das leicht abstrahierende Schwarzweiß die Bildwirkung.

    [1-20]Ein Brautpaar im klassischen Stil: weiß gekleidete Braut und Bräutigam im schwarzen Anzug. Foto: Magdalene Glück

    [1-21]Ergänzt werden die Personenaufnahmen bei Hochzeiten oft durch Detailaufnahmen, etwa von den Brautschuhen.

    Selbst in der Makrofotografie ist mitunter Monochrom die richtige Wahl, beispielsweise dann, wenn man mehr die Struktur und das Muster betonen möchte als die Farben (s. Abb. [1-22]). Mit Monochrom erhält man zuweilen bei Makros eine Abstraktion, die dem Betrachter nicht sofort verrät, welches Objekt gezeigt wird.

    [1-22]Bei dieser Makroaufnahme einer Pusteblume im Morgentau ist der Hintergrund zwar schön dunkelgrün, das Bild wirkt jedoch in Schwarzweiß stärker. Foto: Magdalene Glück

    Architekturaufnahmen sind, wenn es sich nicht gerade um Fotos für die Maklerbranche handelt, ein weiterer Anwendungsbereich – sowohl bei Außen- als auch bei Innenaufnahmen, Letzteres beispielsweise bei Kirchen. Dies gilt sowohl bei farblich eher spartanisch gehaltenen evangelischen und anglikanischen Gotteshäusern, wo Schwarzweiß die bewusste, religiös begründete Kargheit gut vermittelt. Es wirkt aber auch bei den farb- und goldüberladenen barocken Kirchen des katholischen Glaubens (und einiger anderer Religionen). Bei Kirchen und Kathedralen drückt das Monochrombild oft die gewollte Erhabenheit besser aus, als es Farbe tut. Auch die Lichtwirkung tritt deutlicher zutage. Selbst das Grau vieler moderner Betonarchitekturen ist in den Tönen zwischen Schwarz und Weiß häufig gut aufgehoben.

    [1-23]Klare Formen und Muster sind prädestiniert für monochrome Bilder. Das Treppenhaus in Farbe zeigt ein eher tristes Braun-Beige. Foto: Magdalene Glück

    [1-24]Hier sind Architektur, Geschichte und Schattenwurf in einem Bild vereint. Auf die wohlbekannte Farbe des gelbroten Sandsteins kann man hier gut verzichten und mittels Schwarzweiß Formen, Räume und Kontraste besser vermitteln. Foto: Uwe Merker

    [1-25]Bei den Architekturresten eines römischen Theaters in Perge (Türkei) sprechen die Wiederholungen der fast farblosen Sitzreihen für Schwarzweiß. Die Personen unten geben uns ein Größenverhältnis. Foto: Uwe Merker

    Abstrakte Formen werden durch die Reduktion auf Schwarzweiß (oder einer von Schwarz abweichenden Grundfarbe) noch abstrakter oder, wo gewollt, mystischer. Abbildung [1-26] ist ein Beispiel dafür.

    Stillleben sind ein weiteres Genre, in dem sowohl Farbe als auch Monochrom Platz finden. Bei den monochromen Bildern sollte ein möglichst breites Tonwertspektrum zu finden sein. Man gestaltet das Bild dann oft mit vielen dunklen Tönen wie etwa in dem unten abgebildeten Stillleben mit einer Makrele.

    In der Modefotografie und abgewandelt in der Modelfotografie dominiert heute Farbe. Jedoch lässt sich auch hier Schwarzweiß zuweilen vorteilhaft nutzen, wie das Bild 1-28 zeigt – aber natürlich nicht dann, wenn für Kataloge fotografiert wird.

    [1-26]Die Rindenstruktur – hier um 90° gedreht – wirkt in Schwarzweiß (und leicht warm getont) abstrakter als in Farbe.

    [1-27]Makrele als Zwischending zwischen Stillleben und Food-Fotografie. Von Weiß bis zu tiefem Schwarz sind alle Tonwerte vorhanden.

    [1-28]Bei dieser Mischung aus Porträt-, Model- und Modefotografie lässt sich Schwarzweiß oft gewinnbringend einsetzen. Die Haut wurde hier bewusst hell gehalten. Der Hut ist im Original bereits schwarzweiß. Foto: Werner Mayer (https://www.flickr.com/photos/wmphotograph/)

    [1-29]Europameisterschaften der Fechter 2014 in Straßburg mit zwei Athleten aus dem Segment des Behindertensports: Für die weiß gekleideten Fechter vor dem schwarzen Hintergrund drängt sich Schwarzweiß förmlich auf. Foto: Uwe Merker

    In der Sportfotografie wird Monochrom seltener eingesetzt. Aber es gibt auch hier schöne Beispiele – etwa Bilder vom Boxsport oder die Aufnahme der Abbildung [1-29], wo die beiden Athleten, in Weiß gekleidet, vor dem weitgehend schwarzen Hintergrund fechten.

    Technikaufnahmen machen in Schwarzweiß, eventuell mit einer leichten Sepia- oder Blau-Tonung, oft mehr her als in Farbe, zumal dann, wenn die Szene bereits wenige und kaum attraktive Farben aufweist. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ›alte‹ Technik handelt. Zwei Beispiele sind die alte Dampflokomotive (heute von Eisenbahnfreunden noch an manchen Wochenenden betrieben) in Abbildung [1-31] oder das Technikdetail in Abbildung [1-30]. Die Aufnahmen von Lokomotiven und alten Dampfzügen sind ein recht eigenes Genre mit zahlreichen Anhängern.

    Auch Innen- oder Außenaufnahmen größerer Industrieanlagen erhalten in Schwarzweiß eine sachliche, aber doch attraktive Anmutung.

    Schwarzweiße oder monochrome Bilder mit einer einzigen Farbe lassen sich recht gut im Bereich der Akt- und Boudoirfotografie einsetzen. Das Monochrome abstrahiert auch hier, anonymisiert und hilft, den Eindruck von Pornografie zu vermeiden. Oft betont es Kurven und andere Formen stärker als das Farbbild. Durch die Abstraktion lässt es dem Betrachter mehr Raum für eigene Fantasien – seien sie romantisch, erotisch oder pornografisch. Abbildung [1-32] ist ein schönes Beispiel dafür. Der Körper ist dort in Schwarzweiß abstrahiert. Nur das Tuch in starkem, zum Schwarzweiß kontrastierenden Rot-Orange und mit der in Kapitel 3.15 beschriebenen Color-Key-Technik umgesetzt, ist eine Verknüpfung in die ›normale, farbige Welt‹.

    [1-30]Technikdetail einer Dampflok, nach Schwarzweiß gewandelt. Anschließend wurde das Bild in der Farbe des teilweise austretenden dunkelgrünen Öls leicht getont.

    [1-31]Alte und neue Technik direkt nebeneinander, wobei die eigentlich rote Lok rechts in der Umsetzung so gehalten wurde, dass sie in der Front an das tiefe, glänzende Schwarz der Dampflok links angenähert wurde. Foto: Samuel Spinnler

    Der Kontrast auf dieser Doppelseite zwischen der eher nüchternen, wenn auch nostalgischen Technik oben und dem sinnlichen Frauenkörper rechts zeigt die große Bandbreite, in der monochrome Bilder ihren Platz finden.

    [1-32]Auch in der erotischen Fotografie lässt sich Schwarzweiß einsetzen, um zu abstrahieren und zu anonymisieren. Hier erfolgte die Umsetzung in einer Color-Key-Technik. Foto: Jens Herzog (www.shadowlights-photographie.de)

    2

    Monochrom-Workflow

    Wir erwachen hier aus unseren monochromen Bildträumen und kehren zum eher trockenen Handwerk der Monochrom-Techniken zurück. In diesem Kapitel sollen zunächst die Arbeitsabläufe (neudeutsch ›der Workflow‹) betrachtet werden, die sich für monochrome Bilder empfehlen. Genauer: der Workflow, der sich bei den Autoren für monochrome Bilder bewährt hat. Dabei gibt es sicher in Teilen individuelle Unterschiede, und man muss sich in der Regel selbst einen Workflow zusammenstellen, der an den persönlichen Geschmack, die eigenen Gewohnheiten und Präferenzen sowie die vorhandenen Werkzeuge angepasst ist – an Raw-Konverter, Bildeditor sowie Plug-ins. Dabei hilft es, wesentliche Eckpunkte und Basistechnologien zu kennen. Mit Sicherheit erfahren Sie in diesem und den nachfolgenden Kapiteln manches Neue.

    Wir stellen in diesem Kapitel einige prinzipielle Überlegungen zum Monochrom-Workflow an und zeigen auch einige allgemeine Techniken, die man immer wieder benötigt. Wir diskutieren dabei, warum bestimmte Vorgehensweisen sinnvoll sind. Dies gilt beispielsweise für Einstellungsebenen, Smartfilter und Kombinationsebenen in Photoshop. In den nachfolgenden Kapiteln können wir so deren Nutzung kürzer halten.

    [2-1]Die wichtigsten Blöcke unseres typischen Monochrom-Workflows

    Workflow-Phasen

    Wir möchten hier zunächst auf das Schema des Workflows eingehen und dabei noch nicht unbedingt alle Details diskutieren. Wir blicken auf die typischen fünf Phasen, schematisch dargestellt in Abbildung [2-1]:

    1.Die erste Phase ist die eigentliche Aufnahme. Sie gehört sicher zu den wichtigsten Phasen, auch wenn sie hier im Buch weniger Platz findet. Neben der Bildkomposition gehört die ›richtige‹ Belichtung dazu. Es liegen also auch technische Aspekte (fast) gleichwertig neben dem künstlerischen Aspekt (was eigentlich für Phase 1 bis 3 gilt).

    2.Die Bilder müssen dann aus der Kamera bzw. deren Speicherkarte auf den Rechner zur weiteren Bearbeitung bzw. Aufbereitung übertragen werden. Dabei werden sie als Teil des Importvorgangs umbenannt; am Bildschirm wird ihre Qualität beurteilt, um sie dann zu verwerfen (und zu löschen) oder vorläufig zu bewerten – in der Regel mit Sternen.

    3.Jetzt erfolgt bei den Bildern, die man ernsthaft bearbeiten möchte, eine Basisoptimierung – vorzugsweise in einem Raw-Konverter (selbst dann, wenn andere Formate bearbeitet werden). Dies sind primär globale, auf das ganze Bild wirkende Optimierungen.

    4.Nun optimiert man das Bild weiter. Häufig sind es in dieser Phase mehr lokale Korrekturen. Hier hat Photoshop gewisse Vorteile gegenüber dem Raw-Konverter der Phase 3. Auch die Farbe-nach-Monochrom-Umwandlung gehört in diesen Arbeitsblock. Möchte man ein Schwarzweißbild tonen, so kann dies hier oder aber erst später in der Druckaufbereitung oder im Druck selbst erfolgen.

    5.Der letzte Schritt, den man nur den Bildern angedeihen lässt, die man wirklich drucken möchte, umfasst die Druckvorbereitung und den Druck.

    Wir werden sehen (und diskutieren), dass der Arbeitsablauf nicht notwendigerweise immer so klar und rein sequenziell ist. Oft wird man auch Iterationen vornehmen. Die Phasen 1 bis 3 sind dabei weitgehend unabhängig davon, ob wir Farbbilder oder monochrome Bilder als Ziel haben.

    2.1Die Aufnahme

    Obwohl die digitale Bildbearbeitung der Fokus dieses Buchs ist, sollte man bereits bei der Aufnahme mit der Digitalkamera Schwarzweiß ›im Kopf‹ haben. Im Idealfall hat man bereits vor oder bei der Aufnahme eine gute Vorstellung (im Kopf bzw. vor Augen), wie das fertige Bild aussehen soll. Dies erlaubt, bereits die Aufnahmetechnik an das Ziel anzupassen – etwa was die Komposition, die Belichtung und die Verwendung von Filtern betrifft.

    Wir gehen hier zunächst davon aus, dass Sie mit einer DSLR¹ fotografieren, mit einer EVIL² oder mit einem anderen Typus einer spiegellosen Systemkamera arbeiten. Und Ihre Kamera sollte Ihnen erlauben, die Zeit, die Blende und die ISO-Einstellung zu beeinflussen. Unter dieser Voraussetzung darf es auch eine Bridge-Kamera (mit fest eingebautem Objektiv) sein.

    Wir möchten hier keinen Fotokurs geben und gehen davon aus, dass Sie Ihre Kamera kennen. Wir beschränken uns deshalb auf Punkte, die die Erstellung von monochromen Bildern unterstützen.

    Technische Aspekte

    AufnahmeformatZum technischen Aspekt gehört die Wahl des Dateiformats in der Kamera. Bei den meisten Kameras kommen die Bilder nicht monochrom aus der Kamera, sondern es sind Farbbilder, die uns die Kamera liefert, potenziell in den Formatvarianten JPEG, Raw, TIFF oder HEIF/HEIC. Dabei empfehlen wir, wo immer möglich Raws zu verwenden. Warum?

    Raws enthalten mehr Informationen – in der Regel 12, 14 oder gar 16 Bit pro Bildpunkt und Farbkanal statt der 8 Bit bei JPEGs.

    Raws sind entweder unkomprimiert, verlustfrei komprimiert oder – falls verlustbehaftet komprimiert – mit relativ wenig Kompressionsartefakten behaftet.

    [2-2]Basis jedes guten Bilds ist eine gute Aufnahme, beeinflusst durch zahlreiche einzelne Entscheidungen und Einstellungen.

    [2-3]Viele Kameras bieten mehrere Bildformate und Kombinationen an, unterschiedliche Komprimierung für JPEG und teilweise zwei Auflösungen für Raw (hier: RAW und SRAW).

    Durch den größeren Dynamikumfang von Raws lassen sich zumeist leicht unter- und überbelichtete Bildbereiche noch ›retten‹, sodass dort noch etwas an Zeichnung zu sehen ist (wo gewünscht).

    Die Kamera rechnet bei Nicht-Raw-Formaten bereits einige Dinge ein, etwa den Weißabgleich, eine Schärfung, eine leichte Kontrasterhöhung sowie eventuell eine Rauschunterdrückung. All diese Parameter können wir in der Kamera nur eingeschränkt über Bildstile beeinflussen. Bei Raws sind unsere Einflussmöglichkeiten zur Umsetzung auf dem Rechner sehr viel größer, nicht-destruktiv und mit einem visuellen Feedback über die Vorschau.

    Der überwiegende Teil der nachfolgenden Betrachtung ist jedoch unabhängig davon, ob wir Raws oder andere Formate aus der Kamera bekommen.

    Farbraum›Bessere Kameras‹ bieten unter einem entsprechenden Menüpunkt die Wahl zwischen den beiden Farbräumen sRGB und Adobe RGB. Möchte man die Bilder später nachbearbeiten und drucken, so empfiehlt es sich, Adobe RGB zu wählen, da dieser Farbraum deutlich größer als sRGB ist, also mehr Farben erlaubt und, damit verknüpft, auch eine feinere Farbdifferenzierung und weniger Farbbeschnitt. Dies kann selbst dann Auswirkungen haben, wenn das Bild in ein Monochrombild umgewandelt wird. Eine wirkliche Auswirkung auf das Bild hat der Farbraum aber nur bei JPEG-, TIFF- und HEIC-Bildern, nicht jedoch bei Raws.

    [2-4]›Adobe RGB‹ ist der größere Farbraum.

    Bei Nicht-Raw-Formaten wird der Farbraum kameraintern in das Bild eingerechnet. Bei Raws wird der gewählte Farbraum zwar in der Raw-Bilddatei vermerkt, aber der Raw-Konverter greift auf den gesamten Farbraum der Kamera zurück, der größer als sRGB und als Adobe RGB ist. Bei Raws bestimmt man erst bei der Konvertierung in ein Verarbeitungs- bzw. Exportformat, in welchem Farbraum das Bild abgelegt werden soll.

    Warum aber ist der Farbumfang eines Bilds wichtig, wenn wir auf monochrome Bilder abzielen? Der Farbumfang (s. Abb. [2-5]) bringt potenziell auch Farbdifferenzierung mit sich. Und bei der Farbe-nach-Schwarzweiß-Umwandlung bedeutet Farbdifferenzierung auch Tonwertdifferenzierung, und diese wiederum möchten wir in den meisten Fällen auch in monochromen Bildern haben.

    [2-5]Der Farbraum einer guten Kamera ist in der Regel größer als sRGB und auch als Adobe RGB, weshalb Lightroom und Camera Raw mit einem Farbraum arbeiten, der in etwa ProPhoto RGB entspricht.

    Sowohl die Einstellung des Aufnahmeformats als auch die des Farbraums wird man in der Regel später in der Kamera selten ändern.

    ISO-EinstellungDiese Einstellung bestimmt, wie stark die vom Sensor ausgelesenen Signale elektronisch verstärkt werden. Hier lautet die Empfehlung: »so niedrig wie möglich und so hoch wie nötig«.

    Niedrige ISO-Werte gewährleisten einen hohen Dynamikumfang und geringes Rauschen. Wie groß der Dynamikumfang ist, den die Kamera-Sensor-Kombination aufzeichnen kann, hängt in starkem Maße von der Sensorgröße und dem Kameramodell ab. Moderne Kameras können inzwischen Dynamikumfänge von etwa 10 bis 15 Blendenstufen oder Belichtungswerten aufzeichnen; neue Kameras in der Regel mehr als ältere Modelle, größere Sensoren in der Regel mehr als kleinere Sensoren. Mit steigendem ISO-Wert sinkt der Dynamikumfang – bei sehr hohen ISO-Werten um 4 bis 6 Belichtungsstufen (s. Abb. [2-6]).

    Dynamikumfang in Abhängigkeit von der ISO-Einstellung, abgeleitet aus Werten von DxOMark {23}

    [2-6]Mit höheren ISO-Einstellungen sinkt auch der Dynamikumfang. Grafik von http://www.photonstophotos.net von William J. Claff

    Ähnliches gilt für das Rauschen. Bis zu einer gewissen Grenze ist das Rauschen im Bildmaterial kaum zu erkennen. Bei ›heutigen Kameras‹ der zuvor angesprochenen Art ist dies typischerweise der Bereich von 100 bis 800 ISO. Bei höheren ISO-Werten steigt es teilweise deutlich an, bis es schließlich das Bild kaum noch nutzbar verrauscht. Wo die Grenze liegt, hängt wieder von Ihrem Sensor bzw. Ihrer Kamera ab, davon, wie stark Sie das Bild vergrößern oder drucken möchten, von der Nachbearbeitung sowie von der Szene – und von Ihrer persönlichen Toleranzschwelle.

    Ein nachträgliches Aufhellen von Bildpartien verstärkt das Rauschen, ein Absenken reduziert das sichtbare Rauschen entsprechend. Monochrome Bilder vertragen aber in der Regel mehr Rauschen als Farbbilder. Zumindest entfällt bei monochromen Bildern durch die Umwandlung der Farbrausch-Anteil weitgehend.³

    Ein verrauschtes Bild ist aber immer noch besser als ein verwackeltes und damit unscharfes Bild. Hier liegt deshalb der Balanceakt.

    Bei sich schnell verändernden Lichtverhältnissen ist deshalb zuweilen auch eine Auto-ISO-Einstellung zweckmäßig. Bei ihr passt die Kamera im Automatik-Modus P sowie im A- bzw. Av-Modus, einige Kameras auch im M-Modus, automatisch (in bestimmten Grenzen) den ISO-Wert an die Lichtverhältnisse und die Brennweite an – sodass (nach Einschätzung der Kamera) eine Belichtungszeit gewählt werden kann, die bei der eingesetzten Brennweite ein unverwackeltes Bild erlaubt. Bei vielen Kameras kann man dabei einstellen, was der minimale und der maximale ISO-Wert sein soll.

    [2-7]Viele Kameras bieten eine Auto-ISO-Einstellung.

    [2-8]Bei manchen Kameras kann man zur Auto-ISO-Einstellung den Bereich vorgeben.

    Kameraprogramm und Belichtungskorrektur

    Auch das eingesetzte Kameraprogramm beeinflusst die Bildgestaltung und die Steuerungsmöglichkeiten.

    [2-9]Art und Anzahl der Kameraprogramme variieren zwar, die Grundprogramme

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