Warum wir fotografieren: Sieben Fotografen – ihre Motivation und Arbeitsweise
Von Jürgen Gulbins
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Über dieses E-Book
Mit der Präsentation verschiedener Amateur- und eines Berufsfotografen – aber auch auf der Basis seiner eigenen Erfahrung und seines breit gefächerten Wissens – beleuchtet der Autor das breite Spektrum der Fotografie. Er präsentiert fotografische Arbeiten von hoher Qualität, zeigt dabei jeweils die Person hinter den Arbeiten, ihre Motivation und ihre Arbeitsweise und gibt somit einen breiten Überblick über durchaus unterschiedliche fotografische Ansätze.
Das Buch vermittelt damit sowohl in unterhaltender Weise als auch mit Informationen und neuen Perspektiven dem Leser Wege zu mehr Erfolg und Freude an seiner eigenen Fotografie und entfacht seine Begeisterung für dieses wunderbare Hobby neu. Hierbei helfen auch zwei eher reflektierende Kapitel zum Sinn gedruckter Bilder sowie Überlegungen zum Thema "Bildmanipulation oder Bildoptimierung" und "Umgang mit Bildkritik".
In der Schilderung seiner eigenen fotografischen Entwicklung – aber auch in der Darstellung seiner eigenen Stärken und Schwächen – wirkt Jürgen Gulbins authentisch und überzeugend. Sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene können wertvolle Anregungen und neue Impulse aus den verschiedenen Kapiteln gewinnen.
Und vielleicht kann dieses Buch schließlich auch dem Trend des gedankenlosen Knipsens mit dem Smartphone entgegenwirken.
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Buchvorschau
Warum wir fotografieren - Jürgen Gulbins
1
Einleitung
Die Frage nach dem Warum
Was treibt uns an zu fotografieren, Geld für die Kamera und das Zubehör wie Kameratasche, Objektive, Stativ, Blitzgerät und weitere Dinge auszugeben? Was motiviert uns früh aufzustehen, um das erste Licht des Tages einzufangen, und zu später Stunde noch hinauszugehen, um das letzte Licht, die Blaue Stunde oder gar die Sterne zu fotografieren? Das alles ginge doch einfacher und billiger mit dem Smartphone, das wir inzwischen fast immer bei uns haben und das so bequem und unproblematisch in der Handhabung ist. Die Milliarden von Fotos in Zeitschriften, im Fernsehen und in den Social Media machen unser eigenes Fotografieren scheinbar überflüssig.
Das Smartphone mag das fotografische Handwerkszeug unserer Wahl sein. Was bringt uns dann jedoch dazu, aus ihm mehr herauszuholen, als was Millionen von Menschen täglich damit machen? Sie ›knipsen‹ einfach nur, ohne überlegt zu fotografieren. Die große Mehrheit der Fotografen nimmt Bilder auf, die kaum betrachtet werden, weil sie über den ganz persönlichen Bezug hinaus keine interessante Aussage haben. Solche Bilder werden nur ganz selten ausgedruckt. Eventuell landet ein kleiner Teil davon kaum oder nicht bearbeitet auf einer Social-Media-Plattform, wo die Fotos zumeist rasch durchgeblättert und dabei nur für Sekundenbruchteile betrachtet werden.
In diesem Buch möchte ich analysieren, warum manche Fotografen mehr Aufwand betreiben, möchte herausfinden, was sie antreibt, wie sie ihren persönlichen Weg zur Fotografie gefunden haben und was ihnen die Fotografie heute bedeutet. Ich möchte dabei zeigen, dass es nicht nur ›den einen Weg‹ zur Fotografie gibt, sondern eine Vielfalt von Wegen und Umwegen. Es gibt eine Vielzahl von Begabungen, Motivationen, von Gewichtungen und Vorgehensweisen. Ich zeige an Beispielen den Einsatz unterschiedlicher Techniken.
Ein persönliches Buch
Dieses Buch ist in mancher Hinsicht ein recht persönliches, weil es einige individuelle, recht persönliche Motive und Herangehensweisen der hier vorgestellten Fotografinnen und Fotografen zeigt. Weil es, stimuliert durch meine Fragen, sie zwingt, über ihre Motivationen und ihre bevorzugten Motive nachzudenken und sich bis zu einem gewissen Grad zu rechtfertigen.
Die schwierige Frage von Bruce Barnbaum
Ich habe an einer ganzen Reihe von Workshops des bewundernswerten amerikanischen Landschaftsfotografen Bruce Barnbaum teilgenommen. Dabei sollte jeder Teilnehmer (oder Teilnehmerin) etwa zehn Bilder mitbringen, um sowohl den persönlichen Arbeitsstand zu zeigen als auch die typische, persönliche Art der Fotografie. Nachdem die anderen Gruppenmitglieder schweigend die Bilder eines Teilnehmers begutachtet hatten, wurde die Fotografin bzw. der Fotograf aufgefordert zu sagen, was sie oder er mit den Bildern ausdrücken wolle, was die Motivation der eigenen Fotografie sei.
Für viele kam diese Frage zunächst überraschend und war schwierig zu beantworten. Die Gruppe hinterfragte danach offen, ob sich die Aussagen, die vorgetragene Motivation und Intention in den vorgestellten Bildern niedergeschlagen haben – zunächst unabhängig von der fotografischen Qualität der Bilder. Die Gruppen wiesen praktisch immer ein recht breites Spektrum an fotografischem Können auf. Für viele Teilnehmer schuf dies – unbeabsichtigt, aber durchaus nützlich – eine gewisse Stresssituation. Danach gab es immer eine offene Diskussion, eine Art konstruktive Bildkritik.
Diese Diskussion ist hilfreich, nützlich für beide ›Seiten‹, für die vorstellende Fotografin oder den Fotografen ebenso wie für die übrigen Teilnehmer. Bruce Barnbaum dirigierte diesen Prozess mit unglaublichem Geschick. Eine solche Diskussion nutzt dem betreffenden Fotografen, da er oder sie gesagt bekommt, was die anderen Teilnehmer in den Bildern sehen – oder eben nicht sehen. Sie zeigt natürlich auch Schwachstellen einzelner Bilder auf, verdeutlicht aber zugleich die Stärken einer Bildaussage. Sie zeigt den Gruppenteilnehmern andere Sehweisen, andere Vorgehensweisen, andere Bewertungen und Gewichtungen. Die Diskussion zeigt zugleich, wo sie in ihrem eigenen Schaffen stehen.
Nicht selten kam zu einem Bild die Aussage: »Damit kann ich (persönlich) nichts anfangen«. Dem wurde dann oft von einzelnen Teilnehmern widersprochen. Dies zeigt, dass es recht unterschiedliche Geschmäcker, Präferenzen und Bewertungen gibt, aber auch unterschiedliche ›Sehfähigkeiten‹. So wurde ein Bild zuweilen von einigen Teilnehmern ›verworfen‹ und von anderen als gut bewertet.
Die mitunter recht unterschiedlichen Bewertungen der besprochenen Bilder sind teilweise unabhängig von der Erfahrung der kommentierenden Fotografinnen oder Fotografen.
Die vorgestellten Fotografen
Alle im Buch vorgestellten Fotografen kenne ich persönlich gut. Mit einigen bin ich befreundet. Viele der Fotografen sind Mitglieder des gleichen Fotoclubs. Die Wahl fiel aber nicht auf sie, weil wir befreundet sind oder weil ich sie als Vorbilder präsentieren oder weil ich Werbung für den Fotoclub betreiben möchte. Ich habe sie vielmehr ausgewählt, um zu zeigen, wie breit das Spektrum in der (Amateur-)Fotografie ist, und beschreibe die unterschiedlichen Motivationen und Vorgehensweisen. Zur Sprache kommen auch Kamera und Zubehör sowie fotografische Techniken. Ich möchte zeigen, dass es nicht ›die Fotografie‹ gibt, sondern sehr viele unterschiedliche Arten der Fotografie, dass man nicht vom ›richtigen Fotografieren‹ und ›falschen Fotografieren‹ sprechen kann, sondern dass jeder Fotograf mit Ambitionen seinen eigenen Weg gehen kann. Er muss diesen eigenen Weg suchen, muss ihn sich selbst erarbeiten. Dies erfordert Zeit, Aufwand und ein gewisses Durchhaltevermögen. Dafür muss man experimentieren, Fehlschläge und Fehlwege in Kauf nehmen. Haben Sie keine Angst davor. Sie sollten versuchen herausfinden, was Sie gut machen, wo Ihre Stärken und Schwächen liegen und wo Sie noch Lücken haben, die Sie willens sind zu schließen. Sie sollten darüber nachdenken, wie Sie Ihre Stärken ausbauen und weiterentwickeln können. Dazu gehört die Einsicht, dass es Wege gibt, die man nicht gehen kann oder gehen will.
Das Ganze mag ein wenig pathetisch klingen, ist aber sehr praktisch, sehr praktikabel. Die ›Geschichten‹ der vorgestellten Fotografen zeigen einige der Wege. Verstehen Sie dies nicht unbedingt als Ihr Vorbild, nicht als Wegweiser. Vergleichen Sie sich aber mit ihnen. Ist bei den ›Geschichten‹ etwas dabei, was Sie auch bei sich selbst finden? Was sich ausbauen lässt, was Sie gerne einmal ausprobieren würden? Oder ist etwas dabei, was auf Sie gar nicht zutrifft, was nicht Ihrem Geschmack entspricht, was Sie ablehnen, etwa weil Sie die Zeit nicht haben, das Know-how nicht besitzen, das Geld dafür nicht aufbringen können oder wollen, da Ihnen andere Dinge wichtiger sind? Es ist nicht nur nützlich zu wissen, was man tun möchte, sondern auch zu wissen, was man eben nicht tun möchte. Fotografie soll zwar Ansporn sein, aber kein Zwang. Das ist der große Vorteil der Amateurfotografie. Und was Sie heute nicht wollen oder können, kann durchaus, so Ihnen später einmal der Sinn danach steht, in einiger Zeit ein interessantes Ziel sein, etwa im nächsten Urlaub oder erst in einer späteren Lebensphase.
Ich habe die Fotografinnen und Fotografen so ausgewählt, dass sie das Spektrum an Fotografie zeigen, das möglich ist, ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Ich interpretiere und deute in einem gewissen Umfang ihre Fotografie, ihre Bilder und ihre Herangehensweisen.
Meine Person in diesem Buch
In Kapitel 7 schreibe ich auch über mich selbst und meine Fotografie. Das Buch hat dadurch einen autobiografischen Teil. Es zeigt nicht nur meinen skizzierten fotografischen Werdegang, sondern ist bereits durch die Auswahl der vorgestellten Fotografen und ihrer Bilder recht persönlich gestaltet.
Bei allem Bemühen um Objektivität, um Neutralität, ist eine persönliche und subjektive Komponente unvermeidbar. Ohne sie wäre das Buch wahrscheinlich so technisch wie die meisten meiner anderen Bücher. Es wäre voll gepackt mit technischen, wie ich hoffe hilfreichen Informationen. Das mag oft nützlich sein, macht das Lesen aber anstrengend und ein bisschen steril.
Man sollte also Stimmungen und Emotionen zulassen, denn ein wesentlicher Teil der nichtkommerziellen Fotografie ist durch Emotionen geprägt. Selbst ein Großteil der kommerziellen Fotografie versucht uns emotional anzusprechen – man denke nur an die Werbung und Wahlplakate mit geschönten Porträts. Und viele Amateurfotografen möchten in ihren Bildern das festhalten, was sie empfunden haben, als sie die vor ihnen liegende Szene aufnahmen. Sie kämpfen dabei mit der Herausforderung, ihre Eindrücke und Stimmungen im Bild auszudrücken.
Fotografieren heißt, Licht und Formen zu erkennen, einen passenden Ausschnitt und die richtige Perspektive zu wählen, eventuell das Objektiv und oft den Standort zu wechseln, auf störende Elemente zu achten sowie die richtige Belichtung zu finden – also viele im Konflikt stehende Ziele abzuwägen und abzugleichen. Eine Herausforderung ist hier z. B. der Umgang mit der Mischlichtsituation – dem von außen kommenden Tageslicht und der Innenbeleuchtung durch Halogenlicht. Der Gegensatz wurde in der Nachbearbeitung bewusst verstärkt. (Vorraum der Klosterkirche in Blaubeuren)
Muss man wirklich sein Stativ für solche Aufnahmen wie diese vom alten Heidelberger Schloss mitschleppen, Stativ und Kamera sorgfältig ausrichten, einen Kabelauslöser oder den Selbstauslöser einsetzen, um eine Aufnahmenserie für eine Panoramaaufnahme zu erstellen? Man muss, wenn man halbwegs vernünftige Ergebnisse erzielen möchte, die man anschließend in angemessener Größe zeigen oder gar ausdrucken möchte. (Panorama, aus drei Raw-Aufnahmen in Lightroom kombiniert und in Photoshop nachbearbeitet. EOS 5D Mk IV, 70–200 mm- F2,8-Zoom bei 70 mm, f/7,1, 25 s, ISO 200) (Foto: Jürgen Gulbins)
Die Ausrüstung
Für gute Fotografie brauchen Sie keine tolle Ausrüstung. Diese hilft in manchen Situationen, behindert aber in anderen. Dass man ein renommierter Fotograf ohne großartige Ausrüstung sein kann, demonstriert beeindruckend Harald Mante, der den überwiegenden Teil seiner Aufnahmen mit ausgesprochen simpler Technik erstellt hat. (Ein Artikel von Gerhard Rossbach in fotoespresso 5/2018 [1] erklärt das.)
Andere Fotografen brauchen eine aufwändigere Ausrüstung für ihre Aufnahmen – oder weil es ihre Kunden erwarten. Hierzu gehören viele Modefotografen, die mit recht teuren Mittelformatkameras arbeiten. Für sie ist das oft notwendig; es ist das Handwerkszeug ihres Berufs, ist Teil ihrer Fotografie. Und jede dieser Kameraklassen – Smartphone, Kompaktkamera, MFT, APS-C, Vollformat und Mittelformat – hat ihre speziellen Eigenschaften, was Abbildung, Schärfentiefe und andere Parameter betrifft, die man kennen und auf die man sich einlassen muss.
Dann gibt es da noch die ›Gear Heads‹, d. h. Fotografen, die viel Geld für aufwändige Technik ausgeben, ohne sie wirklich auszuspielen und ohne entsprechende Ergebnisse zu produzieren. Ich habe keinen von ihnen in dieses Buch aufgenommen – vielleicht mit Ausnahme von mir selbst :–). Wenn diese Fotografen damit glücklich werden, ist das aus meiner Sicht auch in Ordnung, solange die Familien unter dieser Kaufwut nicht leiden. Sie tragen dazu bei, dass die Fotoindustrie Geld verdient und neue, hoffentlich bessere Technik entwickeln kann. Sie gehören mit zum breiten Spektrum der Fotografie.
Von einem professionell arbeitenden Fotografen habe ich einmal folgenden Spruch gehört, über den ich sehr lachen musste:
»Sollte ich einmal vorzeitig sterben, so hoffe ich, dass meine Frau nicht so töricht ist, meine Ausrüstungskomponenten zu dem Preis zu verkaufen, den ich ihr genannt habe.«
Ich erkenne mich selbst ein wenig darin wieder, ohne von mir zu behaupten, ein professioneller Fotograf zu sein. Für mich ist, wie wohl für die meisten meiner Leserinnen und Leser, Fotografie ein liebes und zuweilen teures Hobby.
Reflexionen zur Fotografie
Sowohl in den Kapiteln zu den vorgestellten Fotografen als auch in den separaten Kapiteln zum gedruckten Bild und in jenem zu den Informationen, die man zuweilen dem Betrachter zu den eigenen Bildern geben sollte, stelle ich Überlegungen zur Fotografie an und philosophiere dabei ein wenig. Ich kommuniziere damit natürlich zunächst meine Überlegungen, Erfahrungen und fasse manchmal Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen zusammen. Ich möchte Ihnen dabei aber nicht meine Philosophie und meinen Stil aufdrängen, sondern Sie anregen, darüber nachzudenken, zu überlegen, was Sie davon akzeptieren und für sich übernehmen möchten bzw. was Sie ablehnen, in Zweifel ziehen oder wo Sie widersprechen möchten.
Versuchen Sie dabei einmal Ihren Widerspruch (so vorhanden) zu begründen. Dieses Nachdenken und Überdenken, diese Auseinandersetzung mit Vorschlägen, Sichtweisen und das Hinterfragen erweisen sich immer wieder als nützlich (und dies nicht nur in der Fotografie). Ich stehe Ihnen gerne auch für einen konstruktiven Dialog zur Verfügung – per E-Mail, lieber aber noch per Telefon oder auch persönlich ›Face toFace‹.
jg@gulbins.de
Tel. +49 (0) 70 82 94 82 51
Er schaut noch etwas kritisch auf die nachfolgend vorgestellte Fotografin und die Fotografen. Es ist ein Schausteller auf einem Mittelaltermarkt in Niefern. Der skeptische Blick gehört zum Schaustellen. Mein Blick ist da schon sehr viel positiver und optimistischer. (EOS 5D Mk IV mit 100–400 mm-Zoom, F4,5–5,6 bei 312 mm, 1/200 s, f/5,6, ISO 200) (Foto: Jürgen Gulbins)
Die Fotografinnen und Fotografen
Wie in der Einleitung dargelegt, möchte ich am Beispiel verschiedener Fotografinnen und Fotografen einen Ausschnitt aus der Vielfalt dessen zeigen, was uns zum Aufnehmen von Bildern bringt. Dabei finden wir recht unterschiedliche Ansätze. Ein Blick darauf kann dem Leser neue Blickwinkel und andere Motivationen und eventuell auch neue Motive zum Fotografieren zeigen und sollte ihn dazu anregen, das eine oder andere selbst einmal auszuprobieren oder zumindest darüber nachzudenken.
Low-Key-Porträt, aufgenommen in einem abgedunkelten Zimmer mit Systemblitz (Olympus E-M 5D Mk II, Zuido.M 45 mm F1,8 (90 mm KB-äquivalent), f/1,2, 1/30 s, ISO 250)
2
Fotografie zum Ausgleich
Sie ist eine fast typische Vertreterin der weiblichen Fotografen. Sie nimmt die Fotografie – als Hobby – ernst, aber eben nicht bierernst. Im Gegenteil, sie nutzt die Fotografie zur Entspannung, zum Stressabbau. Und wie die meisten Hobbyfotografinnen und -fotografen ist sie Autodidaktin, was die Fotografie betrifft.
Sie hat das ernsthafte, ambitionierte Fotografieren erst relativ spät begonnen, etwa mit 55. Der volle Stimulus dazu kam durch ihren Beitritt zu einem lokalen Fotoclub. Dort trifft man sich monatlich, in den meisten Fällen um eigene Bilder vorzustellen und fremde zu begutachten und zu diskutieren.
Begonnen mit recht initialen Kenntnissen zur Fotografie hat sie sehr schnell gelernt, weil sie lernen wollte. Sie hat das Wissen anderer aufgesogen wie ein trockener Schwamm. Und sie hat viel gelesen, in allen möglichen Arten von Fotobüchern, hat auch Videotutorials eingesetzt. Den größten Fortschritt hat sie aber durch ständiges Üben erzielt, durch ›Learning by Doing‹. Sie fotografiert praktisch täglich, hat ihre Kamera dabei wo immer möglich, ist ständig auf der Ausschau nach neuen Motiven und Gelegenheiten. Und sie ›traut sich‹. Sie traut sich zu experimentieren, Menschen anzusprechen und diese um Erlaubnis zu fragen, ob sie Porträts machen darf. Porträts sind nicht ihr ausschließliches Thema, aber eines ihrer Lieblingsthemen, sicher eine ihrer Stärken. Die Nähe zu den Menschen, zu den Porträtierten drückt sich in ihren Bildern aus, ob es Verwandte, Bekannte oder zunächst Fremde sind.
Sie ist eine ausgesprochen aktive Person, die abgesehen von ihrem Beruf vieles andere tut: sich um die eigene Familie kümmern, mit Inbrunst fotografieren, an Fotowettbewerben teilnehmen, lange Zeit einen Fotoclub leiten, Fotokurse organisieren und durchführen, um nur einen Teil zu nennen.
Die hier vorgestellte Fotografin heißt Magdalene Glück. Sie ist selbstständige Hebamme, beruflich sehr aktiv. Damit kommt sie täglich mit vielen Menschen in Kontakt und hat gelernt – und wohl auch eine natürliche Begabung dafür –, mit Menschen umzugehen, auch in schwierigen Situationen.
Magdalene ist vielseitig interessiert und naturverbunden. Deshalb entstehen neben ihrem Schwerpunkt Porträtfotografie ebenso Architekturaufnahmen, wie etwa auf Seite 33 zu sehen, oder Naturaufnahmen. Es sind eher Details als die typischen Landschaftsaufnahmen. Eine Zeit lang fotografierte sie unter anderem auf ihren morgendlichen oder abendlichen Spaziergängen – eine zweite Art der Entspannung – gekonnt Schmetterlinge. Sie stellte mit den Aufnahmen recht attraktive Fotobücher zusammen. Aber mit dem bedauerlichen Rückgang der Schmetterlinge in unserer Kulturlandschaft und mit fortschreitendem Können waren es bald größere Objekte, die sie vor die Kamera nahm und noch immer nimmt. Mit ihrem Gespür für Situationskomik gelingen ihr immer wieder Aufnahmen in der Rubrik People-Fotografie.
Magdalene Glück versteckt sich hier ein wenig hinter Ihrer Kamera. Für ein gutes Bild scheut sie es nicht, sich auf den Boden zu legen.
Spinnennetz an einer Ähre im Morgentau. Die Wirkung der Tautropfen kommt erst bei ausreichender Größe des Bilds richtig zum Tragen. Das Bild wurde in der Nachbearbeitung weitgehend entsättigt, etwas abgedunkelt und der Kontrast der Tauperlen erhöht.
(EOS 600D, 100 mm Makro, 1/320 s, f/5,6, ISO 400)