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In 60 Reisen durch die USA: Reiseerinnerungen USA Teil II - 1998 - 2003
In 60 Reisen durch die USA: Reiseerinnerungen USA Teil II - 1998 - 2003
In 60 Reisen durch die USA: Reiseerinnerungen USA Teil II - 1998 - 2003
eBook340 Seiten4 Stunden

In 60 Reisen durch die USA: Reiseerinnerungen USA Teil II - 1998 - 2003

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Über dieses E-Book

"In 60 Reisen durch die USA" erzählt von den 60 Reisen, die meine Frau Claudia und zwischen 1992 und 2020 zusammen absolvierten. Als Erinnerung an 35 glückliche und schöne Jahre, habe ich einen wichtigen Teil unseres gemeinsamen Lebens, den USA Reisen, in dieser Buchreihe verarbeitet.
In diesem Teil 2 geht es um die Reisen zwischen 1998 und 2003, die, wie schon in den Vorjahren, von sehr viel gefahrene Kilometern durch die weiten, teils unberührten Landschaften des Westens der USA und Teilen von Westkanada gekennzeichnet waren. Hinzu kamen jährliche Aufenthalte in Florida, sowie einmalige Besuche in Massachusetts, Texas und Tennessee.
Zu den Höhepunkten der hier erzählten Reisen gehörten unsere nach elf Jahren "wilder Ehe" erfolgte Hochzeit in Nashville, die Sichtung von Walen in Boston, eine Begegnung mit Geronimo in Tombstone und ein Reiterlebnis in Clinton.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum27. Feb. 2024
ISBN9783384158901
In 60 Reisen durch die USA: Reiseerinnerungen USA Teil II - 1998 - 2003
Autor

Karlheinz Moll

Karlheinz Moll, geboren 1966 in Meckenbeuren, lebt und arbeitet primär in München. Hauptberuflich ist er als Unternehmensberater, Projekt Manager, Fachspezialist und Trainer in der Finanzwelt tätig. Mit seinem Abschluss als MBA für Finanzdienstleistungen der University of Wales blickt er auf 30 Jahre Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche zurück. Er begann seine Tätigkeit als Autor in 2014 mit der Veröffentlichung von Sachbüchern. Sein erstes Buch ´FATCA – Wenn der Fiskus zweimal klingelt´ befasste sich mit dem amerikanischen Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) und einem Einblick in die U.S. Steuergesetze. Ein Jahr später folgte sein zweites Sachbuch ´Amerika – Land der unbegrenzten Gegensätze´. Während das Buch zu FATCA nur auf Deutsch verfügbar ist, wurde ´Amerika´ in 2016 auch auf Englisch veröffentlicht. 2017 schrieb Karlheinz Moll den ersten Band ´Ego Shooter – The Depth of the Pain´ zu einer Serie von internationalen Thrillern rund um den BKA-Agenten Alexander Granger. Ein Jahr später folgte mit ´The FAKE – Deadly Finances´ der zweite Band. In 2019 wurde ´Downhill – Whatever It Takes´ als dritter Band in der Serie veröffentlicht. Alle Bände der Serie sind auf Englisch erschienen. In 2020 verfasste er mit ´Espresso Morte´ seinen ersten deutschsprachigen Roman und in 2021 folgte mit ´Bitterroot – Trail of Death´ sein erster Western. Der nun vorliegende Roman ´Das Puzzle des Todes´ ist der erste einer Reihe von Krimis, die in der Heimatstadt des Autors angesiedelt sind.

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    Buchvorschau

    In 60 Reisen durch die USA - Karlheinz Moll

    Reise 11

    Hochzeitsglocken

    28.02. – 14.03.1998

    Vorbereitungen

    Im Frühjahr 1998 waren Claudia und ich fast schon 11 Jahre glücklich zusammen, auch ohne Trauschein. Dennoch unterhielten wir uns nach der Rückkehr von unserer letzten Reise im September 1997 darüber, ob wir nicht doch langsam „ehrbare Verhältnisse schaffen sollten. Seit wir 1992 das erste Mal in den USA gewesen waren, beschäftigten uns Gedanken, ob wir unseren Lebensmittelpunkt einmal in die Vereinigten Staaten verlegen wollten. Über meine Tätigkeit beim Bankhaus State Street standen die Chancen nicht schlecht, einmal eine Stelle in Boston zu bekommen. Ich weiß nicht mehr, wie ich Claudia dann genau gefragt habe, ob sie meine „gesetzliche angetraute Frau werden wollte, zumindest bin ich aber nicht auf die Knie gerutscht und hatte auch keinen Verlobungsring dabei.

    Während wir selbst lange nicht übers Heiraten nachdachten, wurden um uns herum zahlreiche Ehen geschlossen, so manche zwischenzeitlich auch wieder geschieden. Als wir überlegten, wo und wie wir heiraten wollten, stand eines für uns sofort fest: So nach klassischem Muster kam für uns auf gar keinen Fall in Frage. Eine große Sause mit vielen Leuten stand somit ebenso wenig auf dem Programm, wie ein Hochzeitstag mit straffem Programm von Fototermin über Standesamt bis zur Brautentführung. Schnell war uns klar, dass wir eigentlich nur unter uns sein wollten und wir in den USA heiraten wollten. Damit hatte ich auch meinen „Marschbefehl, unsere Hochzeit in den USA zu organisieren, die im Rahmen unserer jährlichen „Winterferien in Florida stattfinden sollte.

    1997 gab es zwar schon das Internet, aber für uns war es damals wirklich noch etwas „Neuland, also anders als die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das auch erst 2013 für sich feststellte. Auch der vormalige Tennisprofi Boris Becker war erst ab 1999 „drin. Mit „drin ist natürlich sein AOL-Internet-Zugang aus der bekannten Werbung gemeint, und weder die Besenkammer, in der er, ebenfalls 1999, „drin war und auch nicht der Knast im Vereinigten Königreich, in dem er erst viele Jahre später ebenfalls „drin" war. Auch waren wir von einem Internetanschluss in unserer Mietwohnung noch Lichtjahre entfernt. Eine Recherche im Netz über das Heiraten in den USA gab es somit kaum.

    Stattdessen rief ich beim amerikanischen Generalkonsulat in München an, um in Erfahrung zu bringen, wie denn eine Heirat in den USA ablaufen würde und wie diese später auch in Deutschland Anerkennung finden würde.

    Unsere Idee war zwar in Florida zu heiraten, aber auch ein neues Reiseziel in unseren zweiwöchigen Aufenthalt mit aufzunehmen. Schon länger wollten wir mal das Herz der Country Musik besuchen: Nashville. Damit es mit der Heirat auch zeitlich klappen würde, wollte ich die erforderliche Lizenz zu heiraten, „Marriage License genannt, dabei auch schon in Nashville besorgen, während die eigentliche „Vermählung in Orlando stattfinden sollte.

    Trotz inzwischen einiger USA-Erfahrung hatte ich bei den ersten Recherchen für die Hochzeitsvorbereitungen einen wichtigen Punkt erst eine kurze Zeit vor dem Abflug herausbekommen. Hochzeiten sind in den USA Sache der Bundesstaaten. Es war also nicht möglich, im US-Bundesstaat eine Heiratslizenz zu besorgen und damit dann in Florida zu heiraten. Aber das tat unserem Vorhaben keinen Abbruch und wir disponierten kurzfristig um.

    Wir hatten uns nach der Klarstellung rasch entschlossen, in Nashville auch auf dem Papier zu heiraten und damit dort offiziell, den „Bund fürs Leben" zu schließen.

    Die Buchungen für den Flug und Mietwagen erfolgten auch in 1998 noch „analog", somit durch den Gang ins Reisebüro. Unsere Hotels wollten wir wie immer direkt in den USA buchen.

    Unseren Eltern sagten wir erst kurze Zeit vor der Abreise, was wir vorhatten, was vor allem bei Claudias Eltern, die damals schon lange voneinander geschieden waren, mit wenig Begeisterung aufgenommen wurde. Das hatte Claudia zwar erwartet, es war für sie aber kein Grund, von unserem Plan abzuweichen.

    Nashville

    Der Flug nach Nashville gelang nicht ohne umsteigen. Wieder einmal ging es zuerst um 11:15 Uhr von München mit DL33 nach Atlanta. Während des Fluges blätterte ich in einem kleinen Reiseführer über Nashville.

    1779 wurde durch James Robertson und einer Gruppe von Wataugan Indianern das Fort Nashborough gegründet, benannt nach Francis Nash, einem Veteranen des Unabhängigkeitskrieges. Wataugan steht dabei sowohl für einen gleichnamigen Stamm der Cherokee wie auch einen Fluss, an dem sie siedelten. In den Folgejahren wurde die schnell wachsende Siedlung in Nashville umbenannt und wurde 1806 zuerst einer Stadt und später zur Kreisstadt bzw. zum County Seat und 1843 dann die Hauptstadt von Tennessee.

    Der Start des Radioprogramms Grand Ole Opry, einer Sendung für Country Music, im Jahr 1925 bildete den Grundstein für den Status von Nashville als Music City USA.

    Während ich noch in dem Reiseführer blätterte, sah Claudia einige Reihen vor uns die Speiseausgabe langsam näherkommen. Wie erwartet standen wieder die üblichen Verdächtigen, ein Nudelgericht und etwas, was uns als Hühnchen angeboten wurde, auf der Speisekarte. Wir waren wie immer froh, auf unsere Strategie als Selbstversorger gesetzt zu haben. Claudia hatte uns wieder einen klassischen Nudelsalat vorbereitet, der in Anbetracht der von Delta offerierten Alternativen wie Haute Cuisine mundete.

    Bevor wir in Atlanta landen konnten, waren wir erst noch eine Weile um Atlanta herum unterwegs. Wegen einiger Turbulenzen kreisten wir noch 20 zusätzliche Minuten über dem Flughafen, bis wir endlich zur Landung ansetzen konnten. Da wir nicht die einzige Maschine waren, die sich Atlanta eine Weile von oben ansehen durften, war der Ankunftsbereich vor der Einwanderungsbehörde entsprechend gut gefüllt. Wir hatten zwar noch gut eine Stunde Zeit, bis unser Anschlussflug nach Nashville abheben sollte, die Menschenmassen vor uns machten uns aber dennoch nervös. Claudia mogelte uns dann mit dem Verweis auf unseren „Connecting Flight" nach vorne. Aus heutiger Sicht vielleicht nicht ganz fair den anderen Wartenden gegenüber, was für uns damals aber vermutlich zweitrangig war. Außerdem war Claudia dabei sehr höflich und die meisten in der Schlange zuvorkommend.

    Der 1926 eröffnete Hartsfield-Jackson International Airport war auch schon 1998 der Flughafen mit dem höchsten Passagieraufkommen. Wie viele Passagiere es damals waren, weiß ich nicht mehr, aber heute sollen es über 90 Millionen Fluggäste pro Jahr sein, die in Atlanta ein-, aus- und umsteigen. Zur letzten Kategorie gehörten wir. Nach den Einwanderungsformalitäten und den vielen Stempeln in unseren Reisepässen ging es einen Stock tiefer, wo das Gepäck auch schon auf dem Band lief. Nach der Zollinspektion konnten wir das Fluggepäck auch gleich wieder auf ein anderes Förderband legen, von wo aus es zu unserer Anschlussmaschine transportiert wurde.

    Auf wie immer ewig langen, komplett mit Teppichböden ausgelegten Gängen gelangten wir zu unserem Zug, einer unter dem Flughafen verkehrenden U-Bahn, die die Terminals miteinander verband. In den mit Menschenmassen gefüllten Gängen strömte uns auch wieder der typische, süßliche Geruch in die Nase, wie es ihn nur auf amerikanischen Flughäfen zu geben scheint.

    Um 17:15 Uhr hob unser Flieger für die kurze Strecke von knapp einer Stunde ab. Durch die Zeitverschiebung von einer Stunde zwischen Georgia und Tennessee kamen wir praktisch zur selben Zeit in Nashville an, wie die Abflugzeit. Im Ankunftsbereich deckten wir uns gleich mit einem Stapel an Papier ein. Ganz obenauf natürlich die Couponhefte für die Hotels, danach eine Karte von Tennessee und ein Stadtplan von Nashville.

    Noch im Flughafengelände nahmen wir vom Autovermieter Alamo unseren Mietwagen, einen smaragdgrünen Geo Metro, ein zwischen 1989 und 2001 von Chevrolet gebauter Kleinwagen, wie sie heute, wo vor allem große Pick-ups und SUVs die Straßen dominieren, in den USA kaum noch zu sehen sind.

    Müde vom langen Flug mussten wir uns trotzdem noch durch den Feierabendverkehr von Nashville wälzen. Die vielen Baustellen erschwerten die Orientierung genauso wie die in der Dunkelheit schwer identifizierbaren Ausfahrten. Es dauerte etwas, bis wir den richtigen Exit 87 fanden, da es eine Abfahrt A und B gab, aber nur eine führte uns zur Trinity Lane, wo Claudia aus dem Couponheft ein Ramada Motel für USD 46 ausfindig gemacht hatte, in dem wir uns für die nächsten drei Tage einquartierten. Ohne den Coupon wären es über USD 60 gewesen. Todmüde fielen wir kurz nach dem Einchecken in die Federn.

    Obwohl wir am 1. März, ein Sonntag, aufgrund des Jetlags bereits um 4 Uhr morgens wach wurden, dudelten wir noch bis 6 Uhr vor uns hin, bis das Shoney‘s Resteraunt nebenan öffnete. Was gab es für einen besseren Start in den Tag und hier in Nashville als mit einem üppigen Frühstücksbuffet, neben einer größeren Auswahl an Obst natürlich auch mit kalorienreicher Kost, bestehend aus Spiegeleiern und Bacon. Das Shoney‘s hier in Nashville sah den bisherigen Restaurants dieser Kette, die wir aus dem Westen der USA und auch aus Florida gut kannten, sehr ähnlich.

    Am Sonntag öffneten selbst in den USA die Geschäfte erst gegen 11 Uhr, wo für uns wichtige Einkäufe anstanden. Die Zeit bis dahin überbrückte Claudia mit etwas Faulenzen und ich vergrub mich in die Lehrbücher meines berufsbegleitenden MBA-Studiums. Danach drehten wir eine Runde durch das historische Viertel von Nashville. Wir kamen vorbei an einem Schild, wo von den ersten Indianern, die während der sogenannten „Mississippi Periode" zwischen den 1000ern und 1400er-Jahren hier gesiedelt hatten, erzählt wurde. Später waren es Stämme der Cherokee, Choctaw, Chickasaw und Creek, von denen es Zeugnisse bis zurück in die Mitte des 18. Jahrhunderts gab.

    Als nächstes kamen wir an dem in den 1930ern errichteten Nachbau von Fort Nashborough vorbei. Das tatsächliche Fort soll allerdings viermal größer gewesen sein und zwischen 1780 und 1792 Schutzraum für weiße Siedler geboten haben, bis mit den umliegenden Indianerstämmen zumindest ein temporärer Frieden geschlossen werden konnte. Daran schloss sich die 2nd Avenue an, die früher Market Street hieß, zu einer Zeit im 19. Jahrhundert, als Nashville noch die größte Stadt westlich der Appalachen war.

    Bevor es auf Shoppingtour ging, stärkten wir uns ein zweites Mal im Ponderosa Steak House in der gleichen Straße. Auch die Ponderosa Steak-House-Kette kannten wir inzwischen seit vielen Jahren. Was uns allerdings auffiel, war die etwas dürftige Auswahl an der Saladbar. Ob das nur dieses Lokal betraf oder die ganze Kette zwischenzeitlich etwas nachlässiger wurde, fragten wir uns. Nach einem kleinen Steak, Baked Potatoes und einem Gang zur Saladbar waren wir bereit für den wichtigen Einkauf.

    Von unserem Motel fuhren wir den Briley Parkway entlang, vorbei an einem Factory-Outlet und der Grand Ole Opry bis zur 1971 eröffneten Rivergate Mall im Stadtteil Goodlettsville. Auf der Freifläche der Mall zwischen ihren 80 Geschäften, darunter auch die inzwischen geschlossenen Geschäfte Sears und Macy’s, gab es auch einen Goldhändler namens „Gold Valley", wo wir uns unsere Trauringe aussuchten. Uns wurden 585er bzw. 14 Karat Goldringe empfohlen. Zuerst kosteten die Ringe für unsere damaligen Verhältnisse schon happige 59 USD für Claudias Ring und 74 USD für meinen. Merkwürdigerweise kosteten dann beide zusammen nur 97 USD, sogar inklusive der Verkaufssteuer (Sales Tax). Es ging so ein bisschen zu wie auf einem orientalischen Bazar, nur eben mitten in Tennessee.

    Mit den Ringen ausgestattet hatten wir alles beisammen für unsere am Folgetag geplante Hochzeit. Wir waren neugierig und auch etwas aufgeregt, wie das alles ablaufen würde.

    „Ja, wir wollen"

    Nach dem Frühstück, wieder im Shoney`s, machten wir uns über die 2nd Street auf den Weg zum Howard-School Building, um uns dort unsere Heiratslizenz (Marriage License) zu besorgen, was ein bisschen mit dem Aufgebot beim Standesamt in Deutschland vergleichbar war.

    Das 1940 errichtete Howard School Building erschien uns als ein in die Jahre gekommener Backsteinbau, in dem etliche Behörden der Stadtverwaltung von Nashville untergebracht waren. In Deutschland neigen wir ja schnell dazu, die überbordende Bürokratie und die antiquierten Arbeitsabläufe zu kritisieren, nicht selten zu Recht. Allerdings ging es hier in Nashville im Jahr 1998 auch so zu, wie wir das aus deutschen Amtsstuben kannten. Auch hier wurde stapelweise Papier hin- und hergeschoben, Formulare wurden mit vielen Durchschlägen ausgefüllt und die Schreibmaschinen sahen aus, als wären sie schon zu Zeiten des früheren Bürgermeisters Ben West aus den 1950ern im Einsatz.

    Das „Bewahren" historischer Büromittel hatte für uns auch seine Vorteile. Die Heiratsurkunde (Marriage Certificate), die wir später zur Vermählung brauchen würden, wurde komplett manuell erstellt. Eine Mitarbeiterin des Standesamtes erstellte die Urkunde mit schwarzer Tinte in einer altertümlichen Dokumentenschrift. So schön die geschwungenen Buchstaben auf der Urkunde auch aussahen, musste die Mitarbeiterin dennoch zweimal von vorne beginnen, da sie unsere Namen nicht richtig schrieb. Beim ersten Mal war es mein Vorname, der der Sachbearbeiterin Schwierigkeiten beim Schreiben bereitete, beim zweiten Versuch war es dann Claudias Geburtsname Höck, bei dem sich der Umlaut scheinbar schwer von ihrem Reisepass abschreiben ließ.

    Die Ausstellung der Heiratsurkunde kostete überschaubare USD 31. Als Geschenk bekamen wir dann eine Plastiktüte mit, kein Scherz, gratis Waschmittelproben. So etwas muss einem erst einmal einfallen. Wir hatten aber nicht lange Zeit, uns darüber zu amüsieren, da wir schon im Gerichtsgebäude bzw. Court House City Hall erwartet wurden.

    Am Eingang des Gerichtsgebäudes mussten wir zuerst einmal durch eine Sicherheitsschleuse. In einem öffentlichen Gebäude überprüft zu werden wie an einem Flughafen, mag heute etwas ganz Normales sein, im März 1998 erschien uns das aber doch etwas seltsam. Aber auch hier hielten wir uns nicht lange mit Gedanken dazu auf, sondern machten uns auf den Weg in den vierten Stock, zum Amtszimmer des „Judge. Dieser erschien auch schon nach weniger als fünf Minuten und hielt sich nicht lange mit Floskeln oder einem klärenden Eröffnungsgespräch auf, da er unsere Vermählung zwischen zwei von ihm geführte Gerichtverhandlungen „geschoben hatte.

    Kaum hatten wir dem Richter die vom Standesamt vorab ausgefüllte Heiratsurkunde und auch die Ringe übergeben, legte er auch schon los. Der Richter sprach sehr schnell und Claudia hatte Schwierigkeiten, seinen Ausführungen zu folgen und das von ihm Vorgesagte nachzusprechen, antwortete aber an der entscheidenden Stelle mit „Yes".

    In knapp zwei Minuten war alles vorbei und der Richter erklärte uns zu „Mann und Frau", bevor er sich schon wieder in seiner schwarzen Robe aus dem Staub machte. Wir wagten es erst gar nicht, seine Assistentin zu fragen, in welcher Sache oder gegen welche Ganoven er Recht zu sprechen hatte. Interessanterweise war die Amtshandlung der Vermählung durch den Richter kostenlos. Auf dem Schreibtisch der Assistentin stand eine kleine Box für Spenden bereit und statt einer Gebühr spendeten wir eine Handvoll Dollar für gute Zwecke.

    Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes schauten wir auf die große Uhr am Eingang. Insgesamt war nicht einmal eine Stunde vergangen zwischen dem Betreten des Standesamtes als ledige Leute und dem Verlassen der City Hall als verheiratetes Paar. In Summe genau das Gegenteil, wie man sich das vielleicht so allgemein vorstellt, aber in etwa genauso, wie wir uns das vorgestellt haben. Heiraten mal ganz anders.

    Als Eheleute fuhren wir den Music Valley Drive entlang und besuchten das Country Hall of Fame Museum. Viele in der Hall of Fame aufgenommenen Stars der amerikanischen Country Music kannten wir kaum oder gar nicht. Da war zum Beispiel Ernest Tubb, der bereits 1965 aufgenommen wurde, dessen Namen wir zwar aus einem Text des Liedes „Ich möcht‘ so gerne mal nach Nashville" der deutschen Countryband Western Union kannten, dessen Musik uns aber ansonsten nichts sagte. Im gleichen Lied wurde auch Hank Snow besungen, dessen Bild ebenfalls im Museum hing und der 1979 in die Hall of Fame aufgenommen wurde. Dann waren da die Sons of the Pioneers, die mir aus alten Westernfilmen mit Roy Rogers und Gene Autry bekannt waren, deren Konterfeis ebenfalls als aufgenommene Mitglieder zu sehen waren. Die uns beiden bekannten Country Stars unserer Zeit, von Alan Jackson über George Strait bis zu Garth Brooks und Shania Twain waren 1998 vermutlich noch zu jung, um in die Hall of Fame aufgenommen zu werden.

    Nach dem Mittagessen im Old Country Buffet, ein weiteres Kettenrestaurant, das wir seit einigen Jahren kannten und schätzten, mitten in der Rivergate Mall fiel uns zwischen einem Target und einem Walmart Superstore ein Geschäft mit dem Namen Media Play auf. Das Geschäft war riesengroß, fast so groß wie ein Walmart, aber randvoll mit Medienartikeln von VHS-Kassetten, die gab es damals noch, CDs, Bücher, Comicheften und allerlei Figuren aus Star Wars und Disney Filmen. Für einen Filmfan wie mich eine Goldgrube. Offensichtlich war Media Play eine richtige Kette mit Filialen in vielen Staaten, insgesamt sollen es bis zu 72 Geschäfte gewesen sein. Später wurden die Media Play Geschäfte von Best Buy übernommen, vergleichbar mit Media Markt im deutschsprachigen Raum, bis der Online-Handel der Kette den Garaus machte und sie wie so viele von der Bildfläche verschwanden. Begeistert ging ich die mit Spielfilmen beladenen Regale entlang, während sich Claudia die CD-Abteilung anschaute. Der Nachmittag war nicht nur gerettet, sondern ging auch sehr schnell vorüber. Voll beladen mit Videokassetten und etlichen CDs fuhren wir zurück in unser Motel und machten uns für das Abendprogramm frisch.

    Am Abend gab es dann doch noch eine „Hochzeitsfeier", auch wenn nur wir zwei davon wussten, als wir den Wildhorse Saloon in der 2nd Avenue von Nashville betraten. Der erst 1994 eröffnete Wildhorse Saloon war eine Mischung aus einer bis zu 2.000 Besucher fassenden, riesigen Diskothek, in der über drei Etagen hinweg Countrymusik gespielt wurde, mehreren Bars und einem Restaurant.

    Die Diskothek war gefüllt mit Menschen in Cowboy-Outfit und wir zögerten nicht lange, sondern begaben uns auch gleich auf die Tanzfläche, wo wir mit einem Diskofox ganz gut zu Countrysongs von Alan Jackson und George Strait tanzen konnten.

    Etwas später gab es dann Line Dance, wo sich auf der riesigen Tanzfläche schnell viele Leute einfanden, zu denen wir uns dazugesellten. Es fiel uns zu unserer eigenen Überraschung gar nicht schwer, den Schritten zu folgen. Es war eine schöne Atmosphäre und so ganz anders als eine klassische Hochzeitsfeier.

    Müde, aber glücklich fuhren wir am Ende unseres ungewöhnlichen, aber dafür umso schöneren Hochzeitstags zu unserem Motel zurück.

    Memphis

    Nach einer ruhigen Nacht saßen wir morgens um halb sieben im Shoney’s zum Frühstück und schauten uns Prospektmaterial und das Couponheft von Memphis an.

    Wann sich die ersten Indianer in der Gegend des heutigen Memphis angesiedelt hatten, ist nicht genau bekannt, aber zumindest als eine unter der spanischen Krone geführten Expedition unter Hernando de Soto dort in den 1540er-Jahren hier vorbeikam, waren schon Menschen vor ihnen da. Die Spanier bauten dann 1795 mit Fort San Fernando die erste Befestigung und damit begann auch die Besiedelung durch europäische Einwanderer. Briten, die schon vor den Spaniern ein über fünftausend Acres großes Stück Land in Tennessee für sich reklamierten, gründeten 1819 dann die Stadt Memphis, angelehnt an die frühere Hauptstadt in Unterägypten.

    Während des amerikanischen Bürgerkriegs (Civil War) stand Memphis auf der Seite der Konföderierten. Unionstruppen besetzten die Stadt 1862 nach der Schlacht von Shiloh bis zum Ende des Krieges. Nach der Zeit des Wiederaufbaus (Reconstruction) des Südens, knüpfte Memphis wieder an ihren vorherigen Status als Handelszentrum an.

    Der heiße Kaffee im Shoney’s wärmte uns wieder etwas auf, denn draußen war es in der Nacht ziemlich kalt geworden, erst recht, weil wir Temperaturen, die wir um diese Jahreszeit in Florida gewohnt waren, auch hier im Süden Tennessees erwartet hatten. Wir hatten für den Urlaub schlichtweg nur sommerliche Kleidung bei uns, aber hatten natürlich noch unsere Jacken dabei, die wir eigentlich erst auf dem Rückflug wieder aus dem Gepäck holen wollten.

    Frisch gestärkt mit Spiegeleiern und Bacon Strips, ging es auf dem I-240 westwärts Richtung Memphis, vorbei an Lexington, Jackson und Brownsville. Diese drei Städte machten im amerikanischen Bürgerkrieg auf sich aufmerksam, was wir den „Historical Markers" an Rastplätzen am Wegesrand entnehmen konnten.

    Bevor Truppen der Konföderierten nach Jackson vorrückten, kam es am 18. Dezember 1862 zum Ende der Schlacht um Lexington, bei der sich Colonel Robert G. Ingersoll der „Blauen", dem Rebellen Captain Frank B. Curley ergab.

    In und um Jackson kam es während des Bürgerkriegs am 19. Dezember 1862 zu einem Versuch der Konföderierten, den Vormarsch der Unionstruppen Richtung Vicksburg zumindest zu verlangsamen. Nathan Bedford Forrest, ein General der Grauen, gelang es dabei, einen Teil der Eisenbahnlinie nach Corinth, Mississippi, zu zerstören und damit Truppentransporte zu verzögern. Genutzt hatte das den Rebellen dennoch nicht viel, da der Unionsgeneral und spätere US-Präsident die Schlacht um Vicksburg am 4. Juli 1863 gewann.

    Brownsville wurde zwischen 1862 und 1864 mehrmals Opfer von Überfällen der Konföderierten-Armee, Deserteuren und den Südstaaten zuzuordnenden Guerrillas. Am 29. August 1863 sollen es 50 Guerillas gewesen sein, die einen Teil der Stadt niederbrannten. In späteren Jahren, vor allem in den 1930er- und 1940er-Jahren waren es dann Lynchmorde weißer Mobs, im Kern ging es ihnen darum, die schwarze Bevölkerungen von Wahlen abzuhalten oder einfach nur ihre Bürgerrechte einzufordern, die Brownsville unrühmliche Schlagzeilen bescherte.

    Beim Exit 21 verließen wir die Interstate und erreichten auch unser Motel, das Ramada Limited, für das wir trotz Coupon noch immer satte USD 48 auf den Tisch legen mussten. Nachdem wir unser Gepäck im Zimmer deponiert hatten, wartete in der „Cafeteria" schon ein üppiges Buffet auf uns, eines der vielen Kettenrestaurants, die inzwischen schon lange von der Bildfläche verschwunden sind. Hier gab es auch eine für uns neue Bezahlform. Wurden wir bei Buffetrestaurants bislang immer gleich am Eingang zur Kasse gebeten, stand hier die Bezahlung erst

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