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Philipp Melanchthon in 100 persönlichen Briefen
Philipp Melanchthon in 100 persönlichen Briefen
Philipp Melanchthon in 100 persönlichen Briefen
eBook298 Seiten3 Stunden

Philipp Melanchthon in 100 persönlichen Briefen

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Über dieses E-Book

Briefe waren für Melanchthon zeitlebens das vorrangige Instrument, um mit entfernt lebenden Freunden im Gespräch zu bleiben und verschiedenste Angelegenheiten zu regeln; täglich schrieb er Briefe, manchmal zehn an einem Tag. Die von ihm erhaltene Korrespondenz umfasst knapp 10.000 Stücke, sein Korrespondenznetz spannt sich über ganz Europa. Die in den Briefen behandelten Themen sind so vielfältig, wie es das Leben mit sich bringt. Private Themen kommen genauso zur Sprache wie wissenschaftliche und politische, auch innerhalb eines Briefes. Die Briefe zeigen Melanchthon nicht nur als Reformator und Wissenschaftler, sondern als Menschen: als verlösslichen Freund (allein an Joachim Camerarius schrieb er mehr als 600 Briefe); als liebenden Familienvater, den die Eheprobleme seiner Tochter quälten und der gerne Enkelkinder in sein Haus aufnahm; als loyalen Kollegen, der unter dem aufbrausenden Wesen des älter werdenden Luther litt; als Astrologen, der Horoskope erstellte und seinen Träumen hohe Bedeutung beimaß; als Münzsammler; als Spender von Trost und Zuspruch angesichts von Krankheit, Tod und Kriegswirren – um nur einige Aspekte zu nennen. Melanchthons Briefe sind wirkliche Augenblickserzeugnisse und nicht aufwendig stilisiert, wie es andere Humanisten im 16. Jahrhundert zu tun pflegten; sie bringen das, was ihn bewegte, unmittelbar auf den Punkt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum11. Sept. 2017
ISBN9783647998404
Philipp Melanchthon in 100 persönlichen Briefen

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    Buchvorschau

    Philipp Melanchthon in 100 persönlichen Briefen - Christine Mundhenk

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    Christine Mundhenk / Matthias Dall’Asta /

    Heidi Hein (Hg.)

    Philipp Melanchthon

    in 100 persönlichen Briefen

    Vandenhoeck & Ruprecht

    Mit 5 Abbildungen

    Umschlagabbildung: Bildnis des Philipp Melanchthon.

    Gemälde, 1551, Lucas Cranach d.J. (1515–1586), Werkstattarbeit.

    © AKG / Museen Böttcherstraße

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    ISBN 978-3-647-99840-4

    Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de

    © 2017, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen/Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.

    www.v-r.de

    Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt.

    Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

    EPUB-Erstellung:Lumina Datamatics, Griesheim

    Inhalt

    Vorwort

    Einleitung

    Briefe

    1An den Leser, vor März 1514

    2An Johannes Reuchlin, 12. Juli 1518

    3Von Johannes Reuchlin, 24. Juli 1518

    4An Johannes Schwebel, kurz vor 3. August 1520

    5An Johannes Lang, 18. August 1520

    6An Kurfürst Friedrich von Sachsen, 27. Dezember 1521

    7An Georg Spalatin, ca. Ende September 1522

    8An Erasmus von Rotterdam, 30. September 1524

    9An Joachim Camerarius, 31. Oktober 1524

    10An Joachim Camerarius, 16. Juni 1525

    11Von Erasmus von Rotterdam, 5. Februar 1528

    12An Erasmus von Rotterdam, 23. März 1528

    13An Franz Hertzenberger, ca. Juni 1528

    14An Hieronymus Baumgartner, 14. Dezember 1529

    15An Katharina Luther, 4. Mai 1530

    16An Veit Dietrich, 22. Mai 1530

    17An Martin Luther, 22. Mai 1530

    18An Martin Luther, 25. Juni 1530

    19An Veit Dietrich, 25. Juni 1530

    20An Veit Dietrich, 29. August 1530

    21An Johannes Brenz, ca. Februar 1531

    22An Johannes Brenz, 12. Mai 1531

    23An Antonius Corvinus, Mai/Juni 1532

    24An Erasmus von Rotterdam, 25. Oktober 1532

    25An Joachim Camerarius, 15. März 1533

    26An Wilhelm Reiffenstein, 20. September 1533

    27An Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, 15. August 1535 61

    28An König Franz I. von Frankreich, 28. August 1535

    29An Joachim Camerarius, 31. August 1535

    30An König Heinrich VIII. von England, 1. Dezember 1535

    31Von Martin Luther, 27. Februar 1537

    32An Martin Luther, 27./28. Februar 1537

    33An Elisabeth Bromm, 25. Februar 1538

    34An König Heinrich VIII. von England, 26. März 1539

    35An Martin Luther, 14. Juni 1540

    36Von Martin Luther, 18. Juni 1540

    37An Johannes Bugenhagen, 8. Juli 1540

    38An Johannes Gigas, 19. April 1541

    39An Burkhard Mithoff, 16. Oktober 1541

    40An Joachim Camerarius, 2. Dezember 1541

    41An Johannes Voit, 19. Dezember 1542

    42An Justus Jonas, 27. Dezember 1542

    43Von Justus Jonas, 3. Januar 1543

    44An seinen Sohn Philipp, 9. Mai 1543

    45An Justus Menius, 13. Februar 1544

    46An Veit Dietrich, 24. Juni 1544

    47An Heinrich Bullinger, 31. August 1544

    48An Joachim Camerarius, 20. September 1544

    49An Joachim Camerarius, 30. September 1544

    50An Martin Seidemann, 9. November 1544

    51An Martin Gilbert, 14. März 1545

    52An Hieronymus Kammermeister, 13. August 1545

    53An Johannes Koch, 24. Dezember 1545

    54An Hieronymus Baumgartner, 10. Januar 1546

    55An Matthäus Collinus, Ende März 1546

    56An Joachim Camerarius, 17. Dezember 1546

    57An Landgraf Philipp von Hessen, 17. Dezember 1546

    58Von Landgraf Philipp von Hessen, 26. Dezember 1546

    59An Justus Jonas, 6. Januar 1547

    60An Paul Eber, 13./14. März 1547

    61An Georg Sabinus, 6. April 1547

    62An Paul Eber, 26. Mai 1547

    63An Fürst Georg von Anhalt, 12. Juli 1547

    64An Christoph Pannonius, 16. Oktober 1547

    65An Andreas Hügel, 12. Januar 1548

    66An Georg Fabricius, 24. Juni 1548

    67An Johannes Stigel, 5. September 1548

    68An Martin Bucer, 1. Oktober 1548

    69An Veit Dietrich, 3. Dezember 1548

    70An den Rat der Stadt Altenburg, 21. September 1550

    71An Christoph Stathmion, 27. Oktober 1551

    72An die Geistlichen in Dänemark, Oktober 1551

    73An Georg Sabinus, 7. Januar 1552

    74An Georg und Ulrich Fugger, 24. Februar 1552

    75An Johannes Bretschneider, Anfang 1553

    76An Anna Camerarius, 24. Februar 1553

    77An David Chyträus, nach 4. April 1553

    78An Jakob Bording, 31. Mai 1553

    79An Caspar Peucer, ca. 10. April 1554

    80An Johannes Weber, 27. Juli 1554

    81An Georg Agricola, 12. August 1554

    82An Johannes Calvin, 14. Oktober 1554

    83An Joachim Moller, 18. Oktober 1554

    84An Georg Fabricius, 27. Oktober 1554

    85An Joachim Camerarius, 13. Juli 1555

    86An Joachim Camerarius, 11. März 1556

    87An Georg Fabricius, 1. Mai 1556

    88An Hieronymus Baumgartner, 13. Juli 1556

    89An Joachim Camerarius, 12. Oktober 1556

    90An Georg Agricola, 24. Juni 1557

    91An Johannes Mathesius, 30. Juli 1557

    92An Sigismund Melanchthon, 29. Oktober 1557

    93An Joachim Camerarius, 30. März 1559

    94An Joachim Camerarius, 23. Juni 1559

    95An die Universität Heidelberg, 1. Januar 1560

    96An Abdias Praetorius, 27. März 1560

    97An Johannes Crato, 29. März 1560

    98An Herzog Albrecht von Preußen, 15. April 1560

    99An Johannes Aurifaber, 15. April 1560

    100Gründe, warum man den Tod nicht fürchten muss

    Zeittafel

    Register

    Personen

    Orte

    Konkordanz

    Abbildungsnachweis

    Vorwort

    Im Jubiläumsjahr 2017 eine Auswahl von Melanchthons Briefen in deutscher Übersetzung vorzulegen, ist ein doppeltes Statement: 1. Ohne Philipp Melanchthon bleibt jedes Reformationsgedenken und -narrativ unvollständig. Und 2.: Der beste Gewährsmann für Melanchthons Wirken ist Melanchthon selbst. Aus den rund 9.750 noch erhaltenen Texten seines Briefwechsels eine Auswahl von 100 Briefen zu treffen, ist allerdings ein schwieriges Unterfangen, das einem viel Mut zur Lücke abverlangt. Der Kreis der hierbei ausgewählten Adressaten umfasst Könige und Fürsten, Humanisten und Reformatoren, Familienangehörige und Freunde, Kollegen, Studenten und Schüler sowie deren Väter und Mütter. In wenigen (sechs) Fällen wurden auch Gegenbriefe aufgenommen, so dass an diesen Stellen der dialogische Charakter der Textgattung Brief jeweils sehr deutlich zum Ausdruck kommt.

    Chronologisch bilden die hier versammelten Briefe einen weiten Bogen, der von dem frühesten greifbaren Briefdokument (1514) des damals erst siebzehnjährigen Tübinger Magisters bis zu einer wenige Tage vor Melanchthons Tod im April 1560 angefertigten Aufzeichnung reicht. Aus den dazwischenliegenden viereinhalb Jahrzehnten sind die allermeisten Jahre mit mindestens einem Brief vertreten; nur am Anfang gibt es zwei Sprünge von mehr als zwei Jahren. Thematisch öffnet sich dabei ein außerordentlich weites Feld, das von der großen Ereignisgeschichte über die Theologie, Philosophie und Philologie bis hin zu persönlichen oder familiären Alltagsthemen reicht.

    Gleichwohl hatten die drei für die vorliegende Auswahl Verantwortlichen schon von Beginn an die verwunderten Fragen künftiger Leser im Ohr: „Warum denn dieser Adressat und nicht jener? Weshalb gerade dieser Brief, nicht aber jener andere?" Eine hübsche Anekdote, die in diesem Zusammenhang nicht ohne Interesse ist, überliefert der ältere Seneca: Der römische Dichter Ovid sei eines Tages von seinen Freunden gebeten worden, in seinen Werken drei beanstandete Verse zu tilgen, und Ovid willigte ein, stellte aber die Bedingung, vorab drei Verse von einer eventuellen Streichung ausnehmen zu dürfen. Als der Dichter und seine Freunde ihre jeweiligen Verse dann unabhängig voneinander niedergeschrieben hatten und ihre Zettel anschließend miteinander verglichen, stellten sie fest, dass auf beiden dieselben drei Verse standen.

    Dieser Anekdote eingedenk verzichteten die drei Unterzeichneten darauf, die von ihnen für diese Auswahl jeweils ausgewählten Briefe wechselseitig allzu inquisitorisch zu hinterfragen. Sie ahnten nämlich dunkel, dass es bei einem vergleichbaren Aussonderungsverfahren wohl ebenfalls zu einer Überschneidung von beanstandeten und unverhandelbaren Texten gekommen wäre. Auch der kundige Leser wird daher um eine angemessene Großzügigkeit bei der Beurteilung dieser Auswahl gebeten. Er sei versichert: Wie dem genialen römischen Dichter fehlte es auch uns nicht an Urteilskraft, wohl aber an dem Willen, unserer Auswahl ein Korsett anzulegen, das dem Briefcorpus nur wenig Luft zum Atmen ließe.

    Unser herzlicher Dank für Anregungen und konstruktive Kritik geht an die Mitglieder der projektbegleitenden Kommission „Melanchthon-Briefwechsel" der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Frau Svenja Baier danken wir für Unterstützung beim Korrekturlesen und bei den abschließenden Registerarbeiten.

    Christine Mundhenk / Matthias Dall’Asta / Heidi Hein

    Einleitung

    Bisweilen lassen sich die charakteristischen Grundüberzeugungen eines Menschen leichter aus eher beiläufigen Dokumenten ablesen als aus dessen großen Werken. Der Humanist und Reformator Philipp Melanchthon ist dafür ein gutes Beispiel. Aus seiner Feder stammen nicht nur mehrere zentrale Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, sondern auch einflussreiche wissenschaftliche und zeitgeschichtliche Werke in großer Zahl: Grammatiken, Lehrbücher zur Rhetorik, Logik, Ethik, Politik, Physik, Anthropologie und Geschichte, Kommentare, Textausgaben und Übersetzungen biblischer Bücher und antiker Autoren, theologische, kirchenpolitische und bildungsreformerische Schriften und vieles mehr.¹ Die sich in so vielen unterschiedlichen Disziplinen entfaltende Universalität seines Denkens lässt sich aber auch in den wenigen Versen spüren, die Melanchthon im Oktober 1547 anlässlich einer Mondfinsternis niedergeschrieben hat:

    Wahrlich, eingeprägt hat dem Weltall Gott seine Spuren,

    daß erkennen man mag Weisheit des Schöpfers daran.

    Daß nicht der Zufall bestimmt, zeigt an die kunstvolle Fügung,

    welche der Sterne Lauf und ihre Bahnen regiert.

    Gott existiert: das lehrt uns das Licht, das in uns gepflanzet

    und den Unterschied uns zeigt zwischen Böse und Gut.

    […]

    Wenn aber auch die Gestirne uns Menschen regieren, regiert doch

    über den Sternen der Gott, welcher kein Stoiker ist.

    Drum wollen wir, denen liegt das Leiden der Kirche am Herzen,

    mit demütig Gebet inständig flehen zu Gott,

    daß er gnädig von uns abkehren möge die Fährnis

    und daß Heilung er mag bringen dem Leid seines Volks.²

    Die kunstvolle Ordnung des Kosmos führt den Menschen zur Gotteserkenntnis, und das den Gestirnen korrespondierende innere Licht dient ihm dabei als moralischer Kompass. Weil aber Gott den Menschen gegenüber nicht gleichgültig ist und die Macht hat, in den scheinbar unabänderlichen Lauf der Dinge einzugreifen, fordert Melanchthon die Gläubigen zum Gebet auf. Schon Luther rieb sich an Melanchthons Hochachtung der Astrologie (und seiner daraus resultierenden Horoskopgläubigkeit), die sich in den zitierten Versen offenbart und auch in manchen der in diesem Buch versammelten Briefe zum Ausdruck kommt.³ Darin nur die versponnene Marotte eines abergläubischen und ängstlichen Menschen zu sehen, wäre allerdings zu kurzsichtig, denn als aufmerksamer Leser im Buch der Natur ließ sich Melanchthon im Grunde nur in ähnlicher Weise faszinieren wie rund zweieinhalb Jahrhunderte später ein Königsberger Philosoph: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt : Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir."⁴

    Als der wichtigste Weggefährte Martin Luthers war Melanchthon ein nachhaltiger Hauptakteur der Reformation und berichtete – im Rahmen einer nur wenige Monate nach Luthers Tod gedruckten Darstellung von dessen Leben – auch von einem Ereignis, das bald zum bildgewaltigen Gründungsmythos der Reformation werden sollte: dem sogenannten Thesenanschlag. Die folgenden Sätze Melanchthons bildeten jahrhundertelang dessen maßgebliches Quellenzeugnis:

    Als Luther sich auf besagtem Weg befand, wurden in dieser Gegend durch den Dominikaner Tetzel Ablassbriefe zum Verkauf angeboten. Über die gottlosen und frevelhaften Predigten dieses völlig schamlosen Gauners erzürnt, brachte der von frommem Eifer glühende Luther daraufhin seine Thesen über die Ablässe heraus […] und machte diese am Vortag von Allerheiligen 1517 an der Wittenberger Schlosskirche durch Aushang öffentlich.

    Auf eine Wiedergabe von Melanchthons einflussreicher, bereits mehrfach übersetzter und langer Vorrede,⁶ aus der die zitierte Passage nur einen kleinen Bruchteil darstellt, kann hier verzichtet werden, da es in diesem Band nicht um die Monumentalisierung Luthers geht. Bei der im Folgenden präsentierten Auswahl von 100 Briefen aus dem fast hundertmal größeren Gesamtkorpus von Melanchthons Briefwechsel waren vielmehr folgende vier Grundsätze leitend: 1. Die ausgewählten Briefe, darunter auch einige Vorreden zu eigenen oder fremden Werken (Nr. 1, 72 und 74–76), sollen die Person Melanchthons möglichst umfassend beleuchten, den Humanisten ebenso wie den Reformator, den Theologen und Universitätsprofessor mit europaweiter Ausstrahlung ebenso wie den einfühlsamen, die Gemeinschaft suchenden Freund und Familienvater, den bestens vernetzten Zeitzeugen weltgeschichtlicher Ereignisse ebenso wie das von Krankheiten und Unglücksfällen heimgesuchte Individuum. 2. Die Briefe werden nicht in Auszügen, sondern grundsätzlich vollständig wiedergegeben. 3. Die Anordnung der Briefe folgt dabei streng der Chronologie.⁷ 4. Die kommentierenden Anmerkungen zu den Briefen beschränken sich auf Zitatnachweise und nötige Verständnishilfen, während die Lebensdaten der Adressaten und erwähnten Personen samt einer jeweils kurzen Charakteristik dem Personenverzeichnis am Ende des Bandes zu entnehmen sind und die beigegebene Zeittafel den historischen Kontext der Briefe skizziert.

    Die Auswahl beginnt mit einer einleitenden Vorrede (Nr. 1) und einigen Briefen, die Melanchthons 1518 vollzogenen Wechsel von Tübingen nach Wittenberg und seine frühe Begeisterung für Luther beleuchten (Nr. 2–5). In den folgenden Jahren geht es in den Briefen immer wieder auch um Luther : Mal bedauert er dem sächsischen Kurfürsten gegenüber Luthers Abwesenheit von Wittenberg, mal versucht er zwischen Luther und Erasmus von Rotterdam zu vermitteln, mal berichtet er in griechischer Sprache von Luthers 1525 mitten im Bauernkrieg geschlossener Ehe mit Katharina von Bora (Nr. 6, 8 und 10–12). Als der mit der Reichsacht belegte Reformator 1530 auf dem Weg zum Augsburger Reichstag im sächsischen Coburg zurückbleiben musste, hielt der weiterreisende Melanchthon mit Luther und dessen in Wittenberg verbliebener Frau brieflich engen Kontakt (Nr. 15–20). Melanchthon und Luther stärken und trösten einander bei Krankheiten und Anfechtungen (Nr. 31 f und 35 f);⁸ die unbändige Streitlust des alten Luther ließ Melanchthon 1544 aber auch seinen Fortgang aus Wittenberg in Erwägung ziehen (Nr. 47 und 49). Nach Luthers Tod fühlte sich Melanchthon dann wieder stärker an die Wittenberger Universität gebunden (Nr. 55), der er nur in den Wirren des Schmalkaldischen Krieges 1546/47 vorübergehend den Rücken kehrte (Nr. 62 f).

    Aus den 600 erhaltenen Briefen, die an Melanchthons lebenslang engsten Freund und späteren Biographen, den Humanisten und langjährigen Leipziger Professor Joachim Camerarius,⁹ gerichtet sind und besonders tiefe Einblicke in die Gedankenwelt sowie den jeweiligen Gemütszustand ihres Verfassers ermöglichen, wurden dreizehn Schreiben ausgewählt, in denen es um ihre Freundschaft, um Literatur und Wissenschaft, Lebenskrisen, Handlesen und Wunderzeichen, um Alltagsdinge und anderes mehr geht (Nr. 9 f, 25, 29, 40, 48 f, 56, 85 f, 89 und 93 f). Seiner Frau Anna Camerarius sind Melanchthons 1553 auf deutsch erschienene „Hauptartikel christlicher Lehre" gewidmet (Nr. 76), und seinem Bruder Hieronymus Kammermeister, dessen Tochter sich 1545 heimlich verlobt hatte, riet Melanchthon, dem jungen Paar nicht länger zornig im Wege zu stehen (Nr. 52).

    Unter den Adressaten der Briefe befinden sich – neben König Franz I. von Frankreich und König Heinrich VIII. von England – einige fürstliche Hauptakteure der Reformation wie Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen oder Herzog Albrecht von Preußen (Nr. 27 f, 30, 34, 57 und 98), und neben Luther begegnen unter den Adressaten auch andere Reformatoren wie Johannes Brenz, Johannes Bugenhagen, Heinrich Bullinger, Martin Bucer oder Johannes Calvin (Nr. 21 f, 37, 47, 68 und 82). Nicht weniger eindrücklich sind allerdings Melanchthons Schreiben an eher unbekannte Zeitgenossen wie Elisabeth Bromm in Frankfurt am Main, die besorgte verwitwete Mutter eines in Melanchthons Haus lebenden und nunmehr heiratswilligen Wittenberger Studenten (Nr. 33), oder Johannes Weber in Neustadt an der Orla, einen thüringischen Pfarrer, den Melanchthon in einem bewegenden Schreiben über den Tod seines Sohnes informieren muss, der außerhalb des Wittenberger Stadtgebietes ermordet in einem Gebüsch aufgefunden worden war (Nr. 80).

    Hochzeiten, Todesfälle, Krankheiten und seelische Schmerzen gab es auch in Melanchthons familiärem Umfeld sowie im Freundeskreis in großer Zahl. Dies dokumentieren die ausgewählten Briefe an Familienangehörige, darunter Melanchthons Sohn Philipp, sein Neffe Sigismund und seine Schwiegersöhne Georg Sabinus und Caspar Peucer (Nr. 44, 61, 73, 79 und 92), an enge Freunde und Vertraute wie Veit Dietrich, Justus Jonas oder Paul Eber (Nr. 42, 46, 59 f und 69), an seinen treuen Diener Johannes Koch, dessen Tod Melanchthon 1553 tief betrauerte (Nr. 53 und 77), oder das Schreiben an einen Rostocker Arzt, dem Melanchthon von dem 1553 ebenfalls lebensbedrohlich schlechten Gesundheitszustand seiner Frau Katharina berichtete (Nr. 78).

    Melanchthon war ein leidenschaftlicher Briefschreiber, der oft und nicht selten sehr ausführlich schrieb.¹⁰ Die Briefe zeigen aber auch, dass er dabei mitunter an den Rand seiner Kräfte kam. 1547 formulierte er die Zwänge, unter denen er stand, einmal wie folgt:

    Aristoteles sagt, es sei wenig freundlich, beim Briefeschreiben allzu penibel zu sein. Und das ist wahr. Nachlässigkeit lobe ich aber dennoch nicht. Mich zwingt jedoch die Not, eher nachlässig zu schreiben, weil ich oft vielen gleichzeitig schreibe. Doktor Sabinus haben wir bei seinem Abschied nicht nur Bündel, sondern fast schon ganze Wagenladungen von Briefen mitgegeben.¹¹

    Und 1556 schrieb er noch übersteigernder:

    Die erdichteten Qualen in der Unterwelt sind nicht vergleichbar mit den Qualen, die mich martern, wenn ich Disputationen, Statuten, Vorreden und Briefe schreiben muss!¹²

    Ob Melanchthon bei der Formulierung dieses Satzes vor allem an

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