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PALE RIDER - DER NAMENLOSE REITER
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PALE RIDER - DER NAMENLOSE REITER
eBook289 Seiten4 Stunden

PALE RIDER - DER NAMENLOSE REITER

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Über dieses E-Book

Sie nennen ihn den Prediger – ihn, den namenlosen Reiter, der gekommen ist, um eine kalifornische Goldgräberstadt in gesetzloser Zeit von Gewalt und Terror zu befreien: Er ist ein harter, kompromissloser Revolvermann und Streiter Gottes in einer Person, und mit dem Colt in der Hand nimmt er die Herausforderung des reichen Minenbesitzers Lahood an, der die unabhängigen Goldsucher aus Carbon Canyon vertreiben will...

Der Apex-Verlag veröffentlicht diese Roman-Adaption des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1985 (Produktion und Regie: Clint Eastwood) in seiner Reihe APEX WESTERN als durchgesehene und bearbeitete Übersetzung, ergänzt um ein Essay von Dr. Karl Jürgen Roth.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum4. Mai 2018
ISBN9783743864948
PALE RIDER - DER NAMENLOSE REITER

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    Buchvorschau

    PALE RIDER - DER NAMENLOSE REITER - Alan Dean Foster

    Das Buch

    Sie nennen ihn den Prediger – ihn, den namenlosen Reiter, der gekommen ist, um eine kalifornische Goldgräberstadt in gesetzloser Zeit von Gewalt und Terror zu befreien: Er ist ein harter, kompromissloser Revolvermann und Streiter Gottes in einer Person, und mit dem Colt in der Hand nimmt er die Herausforderung des reichen Minenbesitzers Lahood an, der die unabhängigen Goldsucher aus Carbon Canyon vertreiben will...

    Der Apex-Verlag veröffentlicht diese Roman-Adaption des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1985 (Produktion und Regie: Clint Eastwood) in seiner Reihe APEX WESTERN als durchgesehene und bearbeitete Neuausgabe, ergänzt um ein Essay von Dr. Karl Jürgen Roth.

    PALE RIDER – DER NAMENLOSE REITER

    Harry Moore und Smithee, meinen Lieblingspredigern, gewidmet;

    beide arbeiten allerdings eher nach der herkömmlichen Methode.

      Erstes Kapitel

    Man nannte Conway Spider - die Spinne.

    Hierfür gab es verschiedene Gründe, in erster Linie rührte es jedoch daher, dass er darauf bestand, denn seinen richtigen Vornamen empfand er als äußerst unpassend für seine derzeitige Beschäftigung. Gerüchte wollten wissen, seine Eltern hätten ihn Percy getauft, doch niemand in Kalifornien wagte, ihm das ins Gesicht zu sagen.

    Der Spitzname entsprach seiner Art sich zu bewegen ebenso gut wie zu seiner Persönlichkeit. Er war Anfang 50, von der Sonne in der Sierra braungebrannt, klein und sehnig wie ein Arapahoe-Pony; die meiste Zeit rannte er auf seinem Claim hin und her. Während die Mehrzahl der anderen Goldgräber damit zufrieden war, an ihren Long Toms zu arbeiten - den langen Waschrinnen, die den Carbon Creek säumten - oder geduldig am sandigen Ufer saßen und ihre Goldwaschpfannen schwenkten, war Conway in ständiger Bewegung. Mal arbeitete er mit der Waschpfanne, mal grub er mit der Schaufel den Kies des Baches um, mal untersuchte er die größeren Felsbrocken nach Farbadern im Gestein. Geschickt durchwühlte er die Kiesel und Schieferstücke, mit denen seine Waschpfanne gefüllt war, und von Zeit zu Zeit legte er eine kurze Pause ein, um voller Zuversicht seinen beiden erwachsenen Söhnen zuzuwinken.

    Conway war in der Lage, mit einer Hand winken und mit der anderen weiterhin die Waschpfanne schwenken. Aufgrund dieses einzigartigen Talents hatte er eine gewisse Berühmtheit erlangt. Nur wenige Digger hatten ein solch kräftiges Handgelenk und das Fingerspitzengefühl, um eine Goldwaschpfanne mit nur einer Hand zu bedienen. Aber irgendwie gelang Conway dieser schwierige Balanceakt.

    Es hatte einmal eine Zeit gegeben, in der er freudig Neuankömmlingen seine Kunst vorgeführt hatte, wenn sie ihm dafür eine Mahlzeit spendierten. Doch das war schon ziemlich lang her. Nicht, weil er keine Lust mehr dazu gehabt hätte. Ganz im Gegenteil. Die traurige Tatsache war, dass seit mehreren Monaten kein Fremder mehr in den Carbon Canyon gekommen war.

    Und dafür... gab es einen Grund.

    Es war nach außen gedrungen, was in Carbon vor sich ging, und jene Goldsucher, die von Carbons unbestreitbaren Goldvorkommen in Versuchung hätten geführt werden können, hatten auch von der Gefahr gehört, in welcher die Digger im Carbon Canyon schwebten.

    Man nannte Conway also Spider, und der Name blieb ihm. Dafür sorgte er schon selbst, denn in den Minenstädten, die sich an die westlichen Hänge der Sierra Nevada reihten, so wie Perlen den Hals von Lola Montez zierten, hätte ein Niemand wie Percy vermutlich nicht sehr lange gelebt. Man kann nicht alle Kämpfe überleben, und Conway war schon über fünfzig. Er war also Spider, und er war froh darüber.

    Er legte die Waschpfanne für einen Augenblick zur Seite, suchte in seiner Werkzeugtasche, bis er einen Becher aus Blech fand, und tauchte ihn in den Bach. Das Schmelzwasser von den Bergen war kühl und erfrischend. Das beste Wasser der Welt, dachte Conway, und wenn man zufällig ein kleines Kieselchen mitschlürft, nun, vielleicht kommt man auf diese Weise an dein Gold.

    Der alte Digger kicherte und rief sich die Geschichte von der Rache des Chinesen in Erinnerung. Unten in Placerville hatten sich ein paar Männer geweigert, einem angesehenen Sohn des Himmels, der eine Wäscherei betrieb, für die Wäsche eines ganzen Monats zu bezahlen. Weil sich kein Sheriff um die Belange der chinesischen Einwanderer kümmerte - es sei denn, sie waren durch Zufall in eine gewaltsame Auseinandersetzung mit einem Weißen verwickelt -, blieb es dem Betrogenen überlassen, auf eigene Faust für Schadenersatz zu sorgen. Das hatte der Mann namens Chang getan, und wenn er auch niemals sein Geld erhalten hatte, so hatte er sich doch zumindest gerächt.

    Irgendwer hatte das Gerücht in Umlauf gebracht - wer wohl? -, dass die drei Betrüger ihr Gold unter dem Abort auf ihrem Claim vergraben hatten, wo niemand auf die Idee kommen würde, danach zu suchen. Natürlich schlich sich eines Nachts eine Horde von Möchtegerndieben dorthin. Sie rissen das Toilettenhäuschen nieder und suchten nach dem versteckten Goldschatz. Keiner der drei Digger war in der Lage, den Überfall zu verhindern. Am nächsten Morgen machten sich die enttäuschten und erheblich stinkenden Eindringlinge ohne Beute davon, und die Besitzer des Claims mussten die Überreste der unerwünschten Ausgrabung selbst beseitigen. Anschließend brauchte ihre Kleidung tatsächlich eine Reinigung, und die Sache stank ihnen noch lange Zeit danach.

    Eine Zigarette, das wäre jetzt goldrichtig, dachte Conway. Doch niemand rauchte unten am Creek. Das Rauchen war ein Vergnügen, das ausschließlich dem Feierabend Vorbehalten war. Das Tageslicht musste für das Waschen des Goldes genutzt werden. Wegen der hohen Berge, die den Canyon säumten, waren die Tage hier kürzer, und das Licht war bei weitem zu kostbar, als dass man es mit vielen Ruhepausen verplempern würde. Dafür war noch Zeit genug, wenn die Arbeit getan war. Wenn man sich hinsetzte und rauchte, konnte einem der Reichtum an den Füßen vorbei den Bach hinabfließen. Das Goldwaschen war kein Job für Faulenzer.

    Nicht, dass man durch harte Arbeit zwangsläufig reich wurde. Der Carbon Canyon hatte seine Versprechen nach dem ersten großen Fund noch nicht eingelöst. Und Versprechen auf schnellen Reichtum gab es viele: Da waren zahlreiche Färbungen im Gestein, die auf Goldadern schließen ließen, und es gab gerade genug Goldstaub, um einen Digger zum Bleiben zu veranlassen. Es war immer noch jungfräuliches Gebiet, unberührt vom Goldrausch des Jahres '49, als die Glücksritter die Nuggets manches Mal nur aufzusammeln brauchten. Man musste einfach Ausdauer haben und sich durch die obere Kiesschicht hindurcharbeiten, um an das goldführende Gestein darunter zu gelangen. Ein Jeder  wusste das, und deshalb hatte der Carbon Canyon nach Conways erstem Fund so viele gute Leute angelockt.

    Doch jetzt waren seit einiger Zeit keine Neuankömmlinge mehr aufgetaucht. Conway stieß einen Grunzlaut aus und ließ seinen Blick von dem reißenden Wasser des Creeks hinauf zu der nahen Ansammlung von Gebäuden wandern.

    Es war nichts Besonderes, eine kleine Ansiedlung, doch das Versprechen war da, ein anderes, jedoch auf seine Art nicht weniger verheißungsvolles, als es der Bach enthielt. Einige Familien hatten bereits anstelle ihrer ursprünglichen Buden aus Brettern und Teerpappe solide Gebäude aus Baumstämmen und Latten errichtet. Diese Leute bauten feste Häuser statt Camps, die zum baldigen Abbruch bestimmt waren. Rauch stieg aus einigen Kaminen, wenn die Frauen, die ihren Männern westwärts gefolgt waren, in ihren Küchen werkelten. Ihre Anwesenheit war ein weiterer Beweis für den Beginn der Lebensfähigkeit der Gemeinde. Frauen ließen sich nicht in einem Goldgräber-Camp häuslich nieder, wenn sie dort nicht ständig leben wollten. Ihre Einstellung steckte die Männer an; auch ihnen stand der Sinn nach Beständigkeit. Es ist einfach, von einem Claim zum anderen zu ziehen, doch es fällt schwer, ein Heim aufzugeben.

    Solche Gedanken erinnerten Conway an seine eigene Frau. Er entsann sich, wie er sie verloren hatte und wie lange das bereits zurücklag.

    Ein dumpfes Grollen übertönte das Plätschern des Baches und riss ihn aus seiner Melancholie. Mit gerunzelter Stirn stand er auf und spähte bachabwärts. Sommergewitter waren etwas Alltägliches in dieser gebirgigen Gegend. Zu dieser späten Jahreszeit brauten sich jedoch selten Gewitter über den Gipfeln zusammen, und er konnte keine einzige Wolke entdecken. Natürlich musste das nichts bedeuten. Manchmal genoss man gerade seinen Lunch unter einem wolkenlosen, klaren Himmel und war dann binnen einer Minute gezwungen, in Deckung zu rennen, weil ein Platzregen niederging, der ausgereicht hätte, um Noah am Bart zu zupfen. So war eben das Wetter in der Sierra.

    Irgendwo sang eine Spottdrossel. Zwei Eichelhäher jagten einander durch Kiefernzweige. Wieder das Grollen, dieses Mal lauter und andauernd. Kein Donner. Etwas anderes. Doch es konnte Donner sein. Spider Conway betete darum, als er seine Goldwaschpfanne zur Seite legte und mit zusammengekniffenen Augen durch den Canyon spähte. War das eine Staubwolke, die von den niedrigeren Hügeln aufstieg, oder war es Dunst vom Creek? Doch Dunst und Nebel bildete sich nur am frühen Morgen am Bach, wenn die Sonne sich noch hinter den Berggipfeln versteckte. Jetzt war es beinahe Mittag.

    Megan Wheeler hörte das Geräusch ebenfalls.

    Sie wandte sich um und schaute den Creek hinab. Megan Wheeler war fünfzehn Jahre alt und ging auf die sechzehn zu; einige sagten, sie sei fünfzehn und ginge auf die zwanzig zu. Sie stand an der Schwelle zwischen Kind und Frau. Megan war mit einer frühreifen Schönheit gesegnet, die sowohl die pulsierende Sinnlichkeit ihrer Mutter als auch das gute Aussehen ihres Vaters in sich barg, der Frau und Tochter schon vor langer Zeit verlassen hatte.

    Mit beiden Händen schleppte sie einen schweren Wassereimer. Etwas Wasser schwappte heraus, als sie herumfuhr, um durch den Canyon zu spähen. Der Hund, der hinter ihr her getrottet war, blieb ebenfalls stehen und schaute seine Herrin fragend an. Es war ein kleiner Hund, der auch ausgewachsen nicht sehr groß sein würde, ein Argument, mit dem Megan ihre Mutter dazu überredet hatte, das Tier zu behalten.

    Wie Megan war er voller Energie und Neugier, halb ausgewachsener Hund, halb Welpe. Er wandte den Blick nicht zum Canyon, doch seine gespitzten Ohren zeigten, dass er das immer lauter werdende Grollen ebenfalls wahrgenommen hatte.

    Hull Barret arbeitete im Schatten des großen Granitfelsens in der Mitte seines Claims an seiner Waschrinne. Der Felsen ragte in den Creek und leitete das Wasser um seinen Fuß herum. Während Barret im Augenblick froh über den Schatten war, hatte er den großen Felsklotz vom ersten Tag an verflucht. Der Felsen befand sich ganz genau dort, wo Barret gern seine Waschrinne aufgebaut hätte. Es war ihm nichts anderes übriggeblieben, als anderswo mit der Arbeit zu beginnen. Es kostet Zeit und Geld, Felsen zu bewegen, selbst kleine. Und von beidem hatte Barret wenig. So blieb das Stück Berg, wo es war, und schien ihn ständig zu verspotten. Er verwünschte diesen Felsklotz.

    Hull Barrets Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an, als er jetzt die Rüttelvorrichtung der Waschrinne losließ und etwas höher hinaufging, um einen besseren Blick in den Canyon hinab zu haben. Hull Barret war fünfunddreißig. Irgendwie schaffte er es, nicht älter auszusehen, obwohl er stets für andere geschuftet hatte. Das hatte ihn den ganzen Weg durch den Kontinent nach Kalifornien und schließlich zum Carbon Canyon geführt. Die Arbeit war jetzt härter als jemals zuvor, doch zum ersten Mal in seinem Leben brauchte er nicht zu dienen und den Speichellecker zu spielen, um ein mageres Gehalt zu bekommen. Er war sein eigener Herr - so wie die anderen Digger im Canyon. Das wenige, das er dem Carbon Creek abrang, gehörte ihm und niemandem sonst.

    Mittlerweile schauten alle Bewohner des Canyons nervös bachabwärts. Man musste schon taub sein, um dieses Geräusch überhört zu haben: Es hallte von den Canyon-Wänden wider und ließ die wenigen Fensterscheiben in den besser gebauten Hütten erzittern.

    Conway warf den Inhalt seiner Waschpfanne zu Boden und wollte den Hang hinaufrennen. Als er sich umwandte, fiel sein Blick auf ein Funkeln im ausgeschütteten Sand. Das Goldklümpchen war winzig, kaum größer als ein Sandkorn, doch es war ein Nugget. Er bückte sich, um es aufzuheben, und schätzte das Gewicht, als es auf seiner rauen Hand ruhte.

    Das ist doch das Höchste, dachte er, und er wunderte sich, dass ihm der Fund nicht die Furcht vor dem anschwellenden Donnern nahm. Hastig steckte er das kleine Nugget in die Tasche und rannte auf seine Hütte zu.

    Plötzlich erkannte er, was das Geräusch verursachte. Es war weder ein Gewitter noch eines der seltenen Erdbeben, die gelegentlich diesen Teil der Sierra erschütterten. Ein Dutzend Reiter jagte in vollem Galopp durch das Bachbett auf die kleine Ansiedlung zu. Wasser spritzte unter den Hufen der Pferde empor und bildete die Dunstwolke, die Hull Barret so irritiert hatte. Die Sonne ließ in der feinen Gischt unzählige winzige Regenbogen entstehen, während die Reiter den Frieden des frühen Mittags zerstörten. Der Anblick war eigentlich wunderschön, doch keiner der Digger oder ihrer Angehörigen dachte daran, diese vergängliche Schönheit zu bewundern.

    »Gottverdammt!«, grollte Conway. Er ballte und öffnete hilflos eine Hand, während er das Näherkommen der Reiter beobachtete. Dann riss er seine Waschpfanne und die übrige Ausrüstung an sich und hastete zu seiner Hütte.

    Jeder rannte jetzt, raffte Ausrüstung und persönliche Dinge zusammen, hetzte in Deckung und versuchte einfach, den Eindringlingen aus dem Weg zu gehen. Sie waren erfüllt von Verzweiflung, Panik und Resignation. Das Verderben brach über sie herein, und das Schlimmste daran war, dass sie sich schon daran gewöhnt hatten.

    Nicht jeder flüchtete vor den Reitern. Ein kleiner gefleckter Hund behauptete seinen Platz und bellte wild den weit größeren Vierbeinern entgegen, die geradewegs auf ihn zu jagten. Der kleine Hund war tapfer, doch nichtsehr schlau.

    »Linsey!« Megan Wheeler wandte sich um und schrie nach dem kleinen Hund. Er hörte nicht auf sie, sondern bellte den Reitern entgegen, die das Camp angriffen. Megan, die mit dem Hund einen Mangel an Reife und gesundem Menschenverstand gemeinsam hatte, ließ den Wassereimer fallen und rannte den Hang hinab, anstatt sich in Sicherheit zu bringen.

    Die Reiter verteilten sich auf beiden Seiten des Creeks, feuerten ihre Revolver in die Luft ab, brüllten und johlten und taten ihr Möglichstes, um die allgemeine Verwirrung und Panik noch zu steigern. Es war nicht die Art der Männer, die man zu einer Familienparty einladen würde. Sie machten sich einen Spaß daraus, soviel zu zerstören wie nur irgend möglich. Sie waren in den Carbon Canyon gekommen, um selbst eine Party zu feiern. Nur die Bewohner des Camps konnten nicht darüber lachen.

    Sarah Wheeler, Megans Mutter, stürzte aus einer der älteren, ärmlichen Hütten hoch oben auf dem Hügelhang und blickte volle Sorge in das Chaos hinunter. Der Blick ihrer scharfen blauen Augen glitt suchend über den Hang, das Bachbett und den Wald gegenüber.

    »Megan? Megan!« Sie wurde bleich, als sie die vertraute Gestalt inmitten der Zerstörung zu entdecken glaubte. Niemand schaute zu ihr hin. Ihr Ruf ging im Schreien der Frauen und Männer, dem Wiehern aufgeregter Pferde und dem Echo der Schüsse unter.

    Doch keine der vielen Kugeln traf jemanden; die Angreifer waren nicht interessiert an Mord. Sie waren gekommen, um den Diggern den Mut zu nehmen, nicht das Leben. Ein Jammer, dachten einige der Reiter. Da waren so viele leichte Opfer und von der allerbesten Art: von jener Sorte, die sich nicht zur Wehr setzt. Doch Befehl ist Befehl, und widerwillig hielten sich die Revolverhelden zurück. Es war ihnen klar, dass sich keiner der Dreckscharrer, die jetzt wie Schafe flüchteten, dafür bedanken würde, dass sie sich im Zaum gehalten und sie verschont hatten.

    Sie jagten die flüchtenden Digger die Hänge hinauf, bis diese für die Pferde zu steil wurden. Als das Feld geräumt war, wandten sie sich der kostbaren Ausrüstung zu, die zurückgeblieben war. Nur ein Laut des Aufbegehrens war in dem Lärm und Durcheinander zu hören. Er stammte von dem einzigen Bewohner von Carbon Canyon, der noch immer den Mut fand, irgendwelchen Widerstand zu leisten; schade nur, dass diese Stimme zu einem kleinen Hund gehörte.

    Nicht jeder rannte in Panik bis in den Wald hinauf. Spider Conway erreichte seine Hütte und blieb dort. Er war nicht bereit, sein Heim zu verlassen. Hull Barret verharrte zwischen seiner wertvollen Waschrinne und der heranjagenden Horde. Er nahm eine Schaufel in beide Hände und wartete.

    Ein Reiter kam nahe heran. Barret holte mit der Schaufel aus, doch das Pferd war zu schnell, und der Hieb ging ins Leere. Barret geriet aus dem Gleichgewicht, konnte den Schwung nicht mehr abfangen und landete Hals über Kopf im kalten Bach. Der Mann, nach dem er geschlagen hatte, schaute zurück und lachte.

    Die beiden Reiter, die ihm folgten, ritten einfach durch die Waschrinne. Sie hielten nur lange genug an, um sicherzugehen, dass die Hufe ihrer Pferde die Seitenbretter der Rinne zerschmetterten und die hölzernen Stützbeine zerbrachen. Dann jagten sie weiter, um ihr Zerstörungswerk fortzusetzen.

    Barret saß im Creek und schaute hilflos zu, wobei er die nutzlose Schaufel in ohnmächtigem Zorn umklammerte.

    Einer der Marodeure wollte seine Fähigkeiten mit dem Lasso demonstrieren: Der Stolz, den er dabei an den Tag legte, war fehl am Platz, denn sein Ziel bewegte sich nicht. Es war keine Kunst, die Schlinge um den Stützpfeiler einer Hütte zu werfen, während das andere Ende des Lassos am Sattelknopf befestigt war. Ein wenig Gebrüll, ein schneller Sporendruck, und das Pferd erledigte die eigentliche Arbeit. Der Stützpfosten wurde weggerissen, und die Hütte stürzte wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Bei einem soliden Gebäude wäre das nicht so leicht gewesen, doch wie die Mehrzahl der Unterkünfte in Carbon Canyon war diese Hütte eher mit Hoffnung und Spucke zusammengebaut worden als mit teuren Nägeln und gutem Holz. Doch bis der Reiter sie ausgewählt hatte, um seine erbärmlichen Fähigkeiten und seine etwas merkwürdige Art von Humor zu demonstrieren, war sie für jemanden ein Heim gewesen. Jetzt war sie, wie viele Teile der unschätzbaren Goldgräber-Ausrüstung, die die Leute längs des Creeks zurückgelassen hatten, als die Reiter auftauchten, nur noch ein Haufen Müll.

    Sarah Wheeler stieg von ihrer Veranda herunter und spähte angestrengt zu der Gestalt hinüber, die inmitten der Reiter hin und her lief. Furcht schwang in ihrer Stimme mit.

    »Megan - nein! Komm hierher, Megan!« Sie versuchte ihrer Tochter nachzulaufen und geriet fast einem heranjagenden Pferd unter die Hufe. Im letzten Augenblick konnte sie sich mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit bringen. Keuchend klammerte sie sich an den Stützpfeiler der Veranda, als der Mann, der sie fast niedergeritten hatte, zwischen ihren Wäscheleinen hindurch galoppierte. Frisch gewaschene Hemden und Schürzen flogen durch die Luft, und eine gerade erst geschrubbte Pumphose wurde in den Dreck getrampelt.

    Plötzlich gab der Hund ein scharfes, schrilles Winseln von sich. Hunde und kleine Kinder sind überzeugt von ihrer Unverletzbarkeit, und so ist Schmerz für sie stets ein Schock. Es war erstaunlich, dass ein so kleines Tier einen so gellenden Laut hervorbringen konnte. Nur Kaninchen können noch lauter schreien.

    Schließlich sammelten sich die Reiter auf der gegenüberliegenden Seite der verwüsteten kleinen Siedlung. Die Entfernung und das Keuchen ihrer Pferde dämpften ihre rüden Bemerkungen und ihr Gelächter, als sie die Pferde herumrissen und zusammen zum oberen Ende des Canyons davonritten. Bald waren nur noch das Rauschen des Baches und das Zwitschern von Vögeln zu hören, in das sich besorgte Rufe und gelegentliches Stöhnen mischten.

    Mit der Schwerfälligkeit der Verdammten und der abgrundtiefen Verzweiflung von Menschen, die schon zu viele Tragödien ertragen hatten, kehrten die Digger und ihre Familien zum Creek und zu ihren Hütten zurück - zu denen, die noch standen. Um den Staub und Dreck, den die Eindringlinge aufgewirbelt hatten, kümmerten sie sich nicht. Sie lebten damit jeden Tag, und ein Dutzend Reiter wühlten nicht mehr Dreck auf als ein starker Wind. Es war die Häufigkeit dieser bösartigen Besuche, die immer schwerer zu ertragen war. Die Häufigkeit und die Gewissheit, dass der heutige Besuch nicht der letzte gewesen sein würde.

    Die Digger hoben Werkzeuge und Hüte vom Boden auf oder zogen sie aus dem seichten Wasser. Männer, die meterhohem Schnee und dem drohenden Hungertod widerstanden hatten, weinten lautlos beim Anblick zerbrochener Waschrinnen und verbogener Waschpfannen. Die Glücklichen, die dieses Mal nur wenig verloren hatten, taten sich zusammen, um den weniger Glücklichen zu helfen, so gut sie konnten. Irgendwo weinte ein Baby; das Wimmern wurde leiser und verstummte schließlich, als die Mutter es in den Schlaf wiegte.

    Am Ufer des Baches kniete Megan Wheeler neben etwas, das einem alten, zerfetzten Schuh glich. Sie weinte leise, als sie den winzigen Körper aufhob. Er war leicht, viel leichter als es der gefüllte Wassereimer gewesen war, und im Tod wirkte er kleiner als jemals zuvor. Sie schluckte mühsam, nicht wegen ihrer Tränen, sondern weil sie wütend war, und sie beachtete nicht das Blut, das ihre Hände besudelte.

    Sie wandte sich um und flehte stumm ihre Nachbarn und Bekannten nach einer Art Bestätigung ihres Verlustes an, nach einem kleinen Ausdruck von Betroffenheit. Sie sah nichts dergleichen. Die Bürger von Carbon Canyon waren ganz benommen und hatten keine Trauer für einen toten Hund von undefinierbarer Rasse übrig. Sie waren zu sehr

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