Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

KAMPF DER TITANEN: Der Roman zum Film
KAMPF DER TITANEN: Der Roman zum Film
KAMPF DER TITANEN: Der Roman zum Film
eBook294 Seiten3 Stunden

KAMPF DER TITANEN: Der Roman zum Film

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Ein faszinierendes Epos aus dem Goldenen Zeitalter der antiken Sagenwelt: Perseus, ein Sohn des Göttervaters Zeus, kämpft gegen den missgestalteten Calibos, gegen die Gorgone Medusa, deren Blick Menschen in Stein verwandelt, gegen die stygischen Hexen und gegen zahlreiche weitere Ungeheuer und Sagengestalten. Als Spielball der Götter durcheilt der Held die Höllen der Erde ebenso wie die Tiefen der Unterwelt, um jenseits der Grenzen des Schrecklichen eine Frau vor dem Tod zu erretten: Andromeda, deren Schönheit selbst die Unsterblichen im Olymp neidischen werden lässt...


Kampf der Titanen von Alan Dean Foster ist die atemberaubend spannende Roman-Adaption des gleichnamigen Fantasy-Films aus dem Jahr 1981 (Regie: Desmond Davis) – mit Harry Hamlin als Perseus, Judi Bowker als Andromeda, Laurence Olivier als Zeus, Maggie Smith als Thetis und Ursula Andress als Aphrodite.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum5. Dez. 2018
ISBN9783743888395
KAMPF DER TITANEN: Der Roman zum Film

Mehr von Alan Dean Foster lesen

Ähnlich wie KAMPF DER TITANEN

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für KAMPF DER TITANEN

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    KAMPF DER TITANEN - Alan Dean Foster

    Das Buch

    Ein faszinierendes Epos aus dem Goldenen Zeitalter der antiken Sagenwelt: Perseus, ein Sohn des Göttervaters Zeus, kämpft gegen den missgestalteten Calibos, gegen die Gorgone Medusa, deren Blick Menschen in Stein verwandelt, gegen die stygischen Hexen und gegen zahlreiche weitere Ungeheuer und Sagengestalten. Als Spielball der Götter durcheilt der Held die Höllen der Erde ebenso wie die Tiefen der Unterwelt, um jenseits der Grenzen des Schrecklichen eine Frau vor dem Tod zu erretten: Andromeda, deren Schönheit selbst die Unsterblichen im Olymp neidischen werden lässt...

    Kampf der Titanen  von Alan Dean Foster ist die atemberaubend spannende Roman-Adaption des gleichnamigen Fantasy-Films aus dem Jahr 1981 (Regie: Desmond Davis) – mit Harry Hamlin als Perseus, Judi Bowker als Andromeda, Laurence Olivier als Zeus, Maggie Smith als Thetis und Ursula Andress als Aphrodite.

    KAMPF DER TITANEN

    »Gleich, wer es sieht oder wann

    Gleich, wer es hört oder wann

    Gleich, wer es berührt oder wann

    Das Meer ist ewig

    Für Götter und für Menschen.«

    - Altgriechisches Fischerlied

      Erstes Kapitel

    Von Mazedonien bis Mesopotamien, von Kreta bis Karthago geht unter den Märchenerzählern die Sage, dass die Götter den schönsten Türkis, den sie je erfanden, Persien schenkten. Was sie von diesen Steinen sonst noch besaßen, lösten sie auf und färbten damit das Meer, dem die Menschen den Namen Ägäis gaben.

    Ein Türkis verdunkelt sich durch Veredelung oder Einwirkung von Säure. An diesem unheilvollen Morgen jedoch schien es so, als hätte sich die ganze Ägäis allein vor Zorn verdunkelt. Boreas und seine Töchter hatten einen Sturm heruntergeschickt, wie er selten über die Meere fegt. Die sonst so friedlichen Wogen stürmten wutschäumend auf das Land ein; sie führten den endlosen Kampf gegen die Küste, um ihr die Herrschaft an diesem Orte abzuringen.

    Unbeeinflusst vom mächtigen Widerstreit der Naturgewalten tummelten sich winzige rote Krebse auf der Suche nach Nahrung in den Wellen, welche groß genug waren, ganze Schiffe zu zermalmen. Für diese kleinen Tiere war der ewige Kampf zwischen Meer und Klippe ebenso gestaltlos wie der Nebel, der so oft diese einzigartig zerklüftete Küste umschmiegte. Für sie war eine turmhohe Welle nichts weiter als ein willkommener Helfer, der mit jedem neuen mächtigen Donnern einen frischen Teppich Plankton an die Oberfläche förderte.

    Die Macht der Wellen fürchteten sie nicht. Doch sie ergriffen eilig die Flucht, als eine andersartige, weitaus tödlichere Kraft ihr Kommen ankündigte. In allen Richtungen krabbelten sie fort zu ihren besten Verstecken - Felsspalten und wassergefüllten Vertiefungen, die die Erosion in den Stein gewaschen hatte. Ein Nachzügler wurde auf seiner Flucht zertreten. Sein Tod war ohne jeden Sinn, es sei denn, um den zu belustigen, der ihn herbeigeführt hatte. Das eben unterschied Mensch und Natur. Der Tod des Krebses war eine Art Vorzeichen, aber es bedurfte keines Orakels, um die Absichten jener grimmig dreinblickenden, gepanzerten Gestalten vorauszusagen, die ihren Weg den dunstumwobenen Hang hinauf zu den Klippen suchten. Wind schlug ihnen ins Gesicht. Regen, der ihnen unter Helme und Brustpanzer rann, erzeugte klamme Wärme.

    Ein paar dieser Gestalten trugen Bärte. Gewöhnlich war ihr Haar bis nahe an die Wangen und zu einem bestimmten Punkt des Kinns geschnitten. Die Umhänge, die sie trugen, waren darauf ausgerichtet, den Regen vom Körper fernzuhalten. Sie erfüllten jedoch noch einen anderen Zweck, gab es doch einige in der Reihe der Marschierenden, denen der Gedanke an die bevorstehende Aufgabe böse Ahnungen einflößte und die sich dankbar unter den Mänteln verbargen.

    Doch warum sollte ich Angst haben, dachte einer der eingeschworenen Soldaten. Ich gehorche nur dem Befehl meines Königs und der Priester. Ist nicht die Strafexpedition, die wir hier durchführen, von ihnen so bestimmt und durch ein Opfer an die Götter gebilligt worden? Und wie hat das Volk von Argos die Entscheidung bejubelt! Steine haben sie nach den Verurteilten geschleudert, und zwar unter den gemeinsten Schmährufen. Warum also sollte ich gestärkt von so viel einmütiger Unterstützung über irgendetwas beunruhigt sein?

    Er überragte die anderen ein wenig, dieser Soldat. In seinem Schritt lag jetzt das Vertrauen darauf, dass die Götter auf seiner Seite waren und er ein Gesetz erfüllte.

    Nebenbei bemerkt - er war nur ein gemeiner Soldat. Selbst wenn er den Spruch der Priester nicht billigte, was vermochte er, ein einfacher Krieger, schon gegen seinen König auszurichten?

    Weiter bahnte sich die Kolonne den Weg auf den Kamm der Klippen hinauf, welche von weit oben die stürmische See überschauten. Einem Beobachter dieser Kolonne mussten zwei Gegenstände auffallen, deren Gemeinsamkeit darin bestand, dass sie getragen wurden. Zum einen: eine hölzerne Kiste, die einem zu groß geratenen Sarg glich. Dass es tatsächlich ein Sarg war, ging (wenn schon nicht aus seiner Bauart) so doch aus seiner Bestimmung hervor. Sechs Soldaten trugen ihn auf den Schultern.

    Zum anderen: ein kleines schreiendes Bündel, sanft von einer jungen Frau getragen. Dann und wann blickte ihr verstörtes Antlitz nach rechts oder links. Sie suchte die Freiheit, sah aber nur Waffen und Rüstungen um sich herum. Das Kind auf ihrem Arm jammerte anhaltend leise, aber sein Wehklagen verlor sich im Heulen des Windes.

    Einmal brach die Frau nach rechts aus der Kolonne aus und versuchte, die nassen Felsen hinunter zu fliehen. Doch schon nach den ersten Schritten wurde sie von zwei Soldaten mühelos wieder eingefangen. Die Last des Kindes und ihre entzündeten, mit Blasen bedeckten Füße machten ein schnelles Entkommen unmöglich.

    Wortlos überging man diesen mitleiderregenden, fehlgeschlagenen Fluchtversuch. Die Frau und die Soldaten schwiegen; nur hielten sie sich jetzt dichter bei ihr. Das Gesicht der Frau war nass. Niemand konnte sagen, ob es ihre Tränen machten oder die Regentropfen, die vom Himmel fielen.

    Die Soldaten wichen leicht zurück, als die Kante des Abgrunds erreicht war. Die Frau presste das Kind fester an sich, um es vor dem Toben des Sturmes zu schützen. Unterhalb des Granitüberhanges lag die wirbelnde Ägäis. Gischt umschäumte die Felsen. Eine eigenartige Möwe stieß von oben herab einen Schmähruf aus; dabei kämpfte sie gegen den Wind, um ihren festen Platz in der Luft zu halten.

    Einer aus der Schar, vielleicht mehr als ein König, sicherlich aber weniger als ein Mensch, trat nun hervor, um zum Rand des Abgrunds zu schreiten. Er zeigte keinerlei Angst, etwa abzustürzen. Manchmal ignorieren Tyrannen die Angst ebenso wie alles andere. Akrisios von Argos war ein solcher Tyrann.

    Er drehte sich wieder zu seinen Leuten um - war zufrieden mit der kurzen Prüfung. Kein dreistes Fischerboot wartete jenseits der Felsen, um nach mehr als nach Makrelen zu fischen. Weit und breit war niemand zu sehen.

    Akrisios war ein hochgewachsener Mann. Scharfe Gesichtszüge, verworrene Gedanken. Nur Augen und Bart sah man unter seinem Korinther-Helm, dessen Schmuck aus Pferdehaar im Wind flatterte.

    »Bringen wir es hinter uns«, murrte einer der wartenden Soldaten vor sich hin, so leise, dass es kein anderer hören konnte. Es war die einzig verbleibende Äußerung von Unsicherheit. Man hatte sie nicht ausgewählt, damit sie Fragen stellten oder gar Empfindsamkeit zeigten.

    Auf eine Handbewegung von Akrisios hin packten die beiden nächststehenden Soldaten die Arme der Frau und schleiften sie zu dem großen hölzernen Kasten.

    Bis jetzt hatten Furcht und Trotz die Frau schweigen lassen. Als aber nun die Soldaten sie so fest umklammerten, war sie am Ende ihrer Kraft. Sie begann zu weinen und versuchte sich loszureißen. Doch selbst wenn sie das Kind nicht im Arm gehabt hätte, wäre ihr Versuch zwecklos gewesen.

    »Nein, Vater! Bei allen Göttern, verschont mich oder wenigstens den Knaben. Er ist so unschuldig, Vater, Euer eigenes Fleisch und Blut!«

    Akrisios antwortete hart und unbarmherzig. Er schnitt dem Wind die Stimme ab.

    »Ich, Akrisios von Argos, aus der königlichen Familie von Argos, akzeptiere in dieser Familie weder einen Bastard noch die Mutter eines Bastards. Keine Macht der Welt könnte mich dazu bewegen, mit dieser Tradition zu brechen.« Bei diesen Worten blickte er starr über sie hinweg.

    »Hier sehe ich kein Fleisch und Blut vor mir. Ich besaß einmal eine Tochter. Nun habe ich auch diese verloren. Habt Ihr nicht den Urteilsspruch des Volkes gehört? Ihr habt Schande über die ganze Stadt gebracht. Keine einfach zu vollbringende Leistung für eine einzige Frau.«

    »Ist denn Liebe ein Verbrechen, das mit dem Tode bestraft wird?«, verteidigte sie sich. Die Soldaten zwängten den sich noch immer wehrenden Körper in die hölzerne Kiste.

    Akrisios spie aus. Speichel traf den Saum ihres Kleides und vermischte sich rasch mit dem Regen. »Die Lust zu lieben heißt nicht, dass man auch liebt.«

    »Kennt Ihr den Unterschied so genau, Vater, um darüber zu richten?« Er schüttelte einmal kurz den Kopf, ohne von irgendetwas verletzt oder auch nur berührt worden zu sein. Wieder gab er den Soldaten ein Zeichen. Der Deckel der hölzernen Kiste wurde vorsichtig in der richtigen Position herabgelassen und mit Bolzen verriegelt. Aus dem Inneren der Kiste drang das dumpfe erschreckte Wehklagen des Kindes. Offenbar schien es vor Akrisios' Herz haltzumachen. Er wandte sich um und erhob seine Stimme gegen den Sturm.

    »Seid Zeugen, großer Zeus und all ihr Götter im hohen Olymp! Ich übergebe meine Tochter und ihren Bastard Perseus der See. Ihre Schuld und ihre Sünde haben Schande über Argos gebracht. Das Volk hat Recht gesprochen, und ich tue meine Pflicht als König. Ich, König Akrisios, sühne das Verbrechen und stelle damit meine Ehre und die Ehre der Königsfamilie wieder her.

    Nicht an meinen Händen klebt ihr Blut, sondern an ihrem eigenen Tun und der Verworfenheit, die in ihrem Schoß wohnte. Von jetzt an ist sie nicht mehr Danaë von Argos. Von jetzt an ist sie gar nichts mehr.«

    Einen Moment hielt er inne und senkte die Arme, während er die wütende See betrachtete. Dann drehte er sich zu den wartenden Soldaten um und gab das Zeichen.

    »Jetzt...«

    Sechs von ihnen beugten sich herunter und hoben die schwere Kiste an. Sie bewegten sich auf den Rand der Klippe zu. Kein protestierender Laut drang mehr aus der Kiste. Die Männer waren bestrebt, sich ihrer zu entledigen. Sie schwangen sie hin und her, immer weiter ausholend, dabei immer schneller werdend, um sie schließlich fortzuschleudern. Eine dahingleitende Wiege des Todes.

    Dann stürzte sie hinunter und landete mit vernichtendem Aufklatschen im Meeresschaum. Sie schnellte an die Wasseroberfläche empor, wo die Wellen mit ihr spielten. Bald würde sie in Splitter zerschellen, an einem der gezackten, von Gischt gereinigten Felsen dort unten, oder sie würde ganz einfach auf den Grund hinabsinken.

    Akrisios gab ein unbestimmtes Grunzen von sich, froh, diese widerwärtige Sache hinter sich gebracht zu haben. Als er zum Aufbruch rief, hob einer seiner zwei Offiziere die Hand, um ihn aufzuhalten.

    »Mein Gebieter, sollten wir nicht den einen oder anderen Moment hier verweilen?«

    »Welchen Sinn sollte das haben, Apulion? Arbeit wartet auf mich. Steuererklärungen müssen überprüft werden, ich habe Ernennungen beizuwohnen. Außerdem harrt ein neuer Feldzug der Planung.«

    »Ich weiß, mein Gebieter. Aber wäre es nicht gut, so lange zu warten, bis wir des Todes der Hure sicher sein können?«

    Akrisios warf einen Blick über die Schulter. Ein Windstoß erfasste ihn, so dass er fast das Gleichgewicht verlor.

    »Dessen können wir uns so sicher sein wie der Wut der See. Kein Tod ist sicherer denn jener, Apulion.« Er grinste humorlos. »Sinkt die Kiste nicht oder wird sie nicht an den Felsen in Stücke zerschmettert, dann treibt sie auf die offene See hinaus. Dort wird der Hungertod ein langsameres und vielleicht angemesseneres Werk tun.« Er blickte zurück, über felsige Hänge und ferne Felder, auf das wolkenverhangene Argos.

    »Das hier hat mich genug Zeit gekostet. Ich bin nur deswegen hier, weil mir die Priester diesen weisen Akt vorschlugen. Wir wollen zurück zum Palast.«

    Apulion zuckte die Achseln. »Wie mein Gebieter wünscht.« Langsam begannen die Soldaten ihren stetigen Abstieg. Hänge voller Geröll hinunter, über urbar gemachtes Land, welches sich hinter Gruppen kleinerer Bauernhöfe und Olivenhainen erstreckte. Jenseits davon lag die Stadt Argos; erhaben, reich und so verderbt wie ihr König, der sie mit Reichtum überhäuft hatte, Reichtum aus der Unterwerfung anderer.

    Mit jeder Veränderung der Strömung schnellte die hilflos auf den Wellenkämmen schwankende Kiste immer wieder an die Oberfläche und wirbelte herum.

    Blitze erleuchteten einen unsichtbaren Himmel, und der folgende Donner brachte die beiden Wesen in dem hölzernen Grab zum Schluchzen. Niemand hörte sie. Nur die Möwe, die darüber schwebte und noch immer mit dem Wind kämpfte.

    Es entspricht durchaus dem Wesen der Möwe, einem dahintreibenden Gegenstand zu folgen, wie sie auch einem Schiff folgen würde. Möwen lernen schnell, dass viel vom Abfall der menschlichen Gesellschaft Essbares enthält. Geringgeschätzt und weggeworfen von Menschen, aber gut genug, einen Vogel zufriedenzustellen.

    Diese eine Möwe jedoch war nicht auf Abfall aus. Sie folgte weiter dem Kurs der Kiste, die flüchtig die Wasseroberfläche berührte.

    Oder war es umgekehrt?

    Die Kiste passierte den letzten Granitzahn, der aus der Brandung herausragte. Sie glitt auf die offene See hinaus, nahm einen Kurs, der sie vielleicht nach Persien oder Phönizien, Ägypten oder in noch fernere Länder bringen würde. Eine Kiste könnte eine solche lange Reise wohl überstehen, ihre Gefangenen jedoch nicht. Die Möwe stieg höher auf, schwang sich an unsteten Winden empor. Ihre Flügelschläge wurden kräftiger, als sie in Richtung auf die verstreuten Inseln in nördlicher Richtung zuflog.

    Schnell hatte sie die Inseln hinter sich gelassen und nahm ihren Flug über andere Gebiete. Nach Nordwest über das legendäre Korinth, dann über den Berg Parnassos. Unermüdlich eilte sie über Lannia und Phomokos dahin. Sie stieg in Höhen auf, die Möwen üblicherweise meiden, und überholte sogar einen erstaunten Falken.

    Ein Fischer, der wohl über ein besonderes Feingefühl verfügte, blickte von seinem Boot auf, als die Möwe über ihn hinwegflog, und murmelte ein Gebet zu seinem Gott. Die Schäfer in der Nähe von Elasson reagierten nicht ganz so. Ihnen waren derartige Begebenheiten vertraut, lebten sie doch in unmittelbarer Nähe des Berges, der von der Erde in den Götterhimmel ragt.

    Die Möwe breitete ihre Flügel aus, um direkt in die dunkle Regenwolke einzutauchen, die den Gipfel des Berges stets umhüllt. Überall zuckten Blitze, aber sie berührten den Vogel nicht. Er nahm sie so wenig wahr wie den Donner, der den festen Stein der Bergspitze und die Herzen der Menschen weit, weit unten erzittern ließ. Paläste und Tempel, schneeweiße Traumschlösser wurden jenseits der Wolken wahr.

    Gespenstischer Marmor nannten es jene, die manchmal tollkühn versuchten, den heiligen Berg zu erklimmen. Jene emporragenden Gebilde gründeten sich auf tiefen Glauben und waren im Unterbewusstsein aller Menschen fest verankert. Diese Gebäude hatten ihren Ursprung teilweise auf der Erde, vor allem aber im Geiste der Menschen, wo nichts so ist, wie es zu sein scheint.

    Ebenso verhielt es sich mit der Möwe. Als sie ihren Flug über dem herrlichsten und majestätischsten aller Paläste verlangsamte, dem, welcher über die höchste Felsenspitze des Berges hinausragte, erstarrten ihre Flügel, und ihr Körper streckte sich.

    Als sie schließlich den traumhaft schönen Marmor berührte, waren Lederriemen um ihre Füße gebunden, die in zartem Blaugrün schimmerten. Sie hatten die Farbe der See und strömten auch deren frischen Geruch aus, gerade so wie der, der sie trug.

    Hier, weit über den vertrauten Wellen, fühlte er sich unwohl. Dies war nicht sein Reich, aber man hatte seine Anwesenheit verlangt.

    Als die Umwandlung vollzogen war, glättete die untersetzte, zottige Gestalt wütend ihr schwach schimmerndes Gewand. Sie schritt langsam den gewohnten Weg zum Versammlungssaal hinab. Es ist nie einfach, Überbringer einer schlechten Nachricht zu sein, nicht einmal dann, wenn man ein Gott ist.

    Er ließ den Donner hinter sich, als er den Raum betrat, dessen Grenzen nicht wahrzunehmen waren, als seien sie nicht vorhanden. Nebel, der nicht aus Wasser bestand, der Dunst der Ewigkeit, durchzog das Gemach. Er verwischte die Grenzen, so wie dieser besondere Ort die Zeit aufhob.

    Die Art des Nebels umgab ihn mit angenehmen Erinnerungen an die Lieblingsorte seines eigenen Reiches, und der Gedanke daran belebte ihn ein wenig auf seinen letzten Schritten zum Thron. Zu seinen Seiten, innerhalb des Raumes, waren Gestalten, die bewegungslos zu sein schienen. Sie waren es nicht. Es war nur so, dass sie sich in einer Welt ohne Grenzen oder Schranken bewegten. Diese Eigenart machte sie zeitlos.

    Dort stand auch Hera, wie er bemerkte. Immer gegenwärtig, wenn ihr Mann den Thron einnahm. Aphrodite hielt sich nahe bei Athene, deren Eule wie immer ergeben auf der Schulter jener Göttin der Weisheit ruhte. Poseidon hatte noch nie viel für Eulen übrig gehabt, da sie gelegentlich über die Seevögel herfielen, die ihm anvertraut waren. Er entfernte sich von ihr, um zu Thetis hinüberzugehen. Diese untergeordnete Seegöttin tuschelte schon die ganze Zeit mit Hephaistos. Poseidon sah ihr diese Vertrautheit nach. Der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, mit dem sie plauderte, war der reizloseste aller Götter und außerdem ziemlich faul, zum Ausführen schwerer Arbeiten durfte man ihn schon gar nicht bestimmen (wenn man überhaupt davon sprechen kann, dass ein Gott schwer zu arbeiten vermag). Der arme Hephaistos war eigentlich eine Art Pechvogel unter ihnen allen, und das trotz seiner ungeheuren Kraft.

    Abgesehen davon jedoch hielt er stets ein freundliches Wort für alle bereit, ob Götter oder Sterbliche, und besaß mehr Sinn für Humor als die meisten. Es wäre sicher falsch, den faulen Gott, den Gebieter über das Feuer, als menschlich zu bezeichnen; nichts sprach dagegen, ihn als den Gott anzusehen, der den Sterblichen, die die Erde unterhalb des Olymps bewohnten, am ähnlichsten war.

    Poseidon war nun kurz vor dem Thron angelangt. Er erblickte seinen Bruder, der wie üblich auf seinem Thronsitz brütete, mit einer Hand gegen seine Armlehne klopfend, während er mit der anderen sein Kinn abstützte. Dabei verfing sich sein großer gekräuselter Bart in den Falten seines Gewandes.

    Zeus war der Bruder des Gottes der Meere, und obwohl dieser der oberste Herrscher war, fürchtete Poseidon ihn als einziger unter den hier versammelten Unsterblichen nicht. Er beneidete Zeus nicht um dessen Verantwortung, die er als letzter Richter über Hader und Streitigkeiten der Götter trug. Nein, Poseidon war ganz zufrieden, wenn man ihm nur sein Reich ließ. Ausflüge wie dieser, in die höher gelegene Welt, machten ihn unruhig. Es geschah oft, dass die Götter göttliche Probleme und Unruhen heraufbeschworen. Er wollte mit so etwas nichts zu tun haben. Doch dem Ruf von Zeus mussten selbst die am meisten murrenden Brüder gehorchen. Das war Bestandteil des Vertrags, den sie geschlossen hatten, als sie unter seiner Führung Kronos und die Titanen gestürzt hatten; und eben dieser Vereinbarung leistete Poseidon nun Folge. So hatte er dem Befehl gehorcht, gewisse Dinge zu beobachten, und war gegangen. Und nun kehrte er zurück, zu diesem verflucht trockenen Olymp, um darüber zu berichten, was er gesehen hatte.

    Zeus' starrer Blick kehrte aus fernen Welten zurück und fiel auf den herankommenden Bruder. Poseidon war betroffen über das verhärmte Antlitz des anderen. Nicht, dass er älter aussah; das konnte er auch nicht, er war ja unsterblich. Aber müde auszusehen - das widerfuhr auch einem Gott.

    Er hob den von einer löwenhaften Mähne umrahmten Kopf, den er, wie um ihn zu stützen, in seine Faust gebettet hatte.

    »Welche Nachrichten bringt Ihr, mein Bruder?«

    Der Gott der Meere deutete eine respektvolle Verbeugung an. »Es ist geschehen. Unsere Befürchtung hat sich bestätigt: König Akrisios von Argos hat seine Tochter und deren Kind dem Meer preisgegeben.«

    »Und was sagten die Bevölkerung in der Stadt und deren Priester dazu?«, fragte Zeus gefährlich leise.

    »Sie standen voll und ganz hinter dieser Entscheidung. Mit Freuden hätten sie Danaë zu Tode gesteinigt, und das Kind mit ihr, hätte Akrisios ihnen nicht seinen eigenen Stempel der Gerechtigkeit aufgedrückt, um seine Hände und die Straßen seiner Stadt nicht mit Blut zu besudeln.«

    Donner hallte durch das Zimmer, den Abhang des Olymp hinunter. Der ewige Dunst wirbelte ängstlich herum bei dieser Heftigkeit.

    »Dann muss er bestraft werden. Ein grausames und unbarmherziges Verbrechen, eine Götterlästerung!«

    Hochgewachsene Gestalten, in wallenden Gewändern und flirrenden Kleidern, gerieten in Bewegung und wandten sich dem Thron zu. Sie alle umgab eine Aura von Gleichmut, die von dem Bewusstsein herrührte, dass sie weder Zeit noch Tod zu fürchten hatten.

    In seinem Zornesausbruch hatte sich Zeus halb vom Thron erhoben. Nun setzte er sich wieder. Eine spürbare Drohung lag in seinen Augen.

    »Und er fleht, o wie inbrünstig, dieser Akrisios, zusammen mit seinen abtrünnigen Priestern! Fleht mich an, ihm seine grausame Eifersucht und seine feige Rache zu vergeben. Seine blutschänderischen Absichten vereitelt wissend, war er sogar fähig, seine Tochter, die ihn immer noch liebt, zu einem langsamen und qualvollen Tode zu verurteilen.«

    Wütend und ungläubig schüttelte er den mächtigen

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1