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DER TOTE IN DER THEMSE: Der Krimi-Klassiker!
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eBook229 Seiten3 Stunden

DER TOTE IN DER THEMSE: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Im Themse-Schlamm bei der Southwark Bridge wird ein Toter gefunden, den die Polizei nicht identifizieren kann. Zugleich ist der Direktor einer großen Transportfirma, die vor dem Bankrott steht, verschwunden.

Colonel Blair vermutet, dass zwischen den beiden Fällen ein gewisser Zusammenhang besteht. Nicht, dass der Tote und der Vermisste identisch wären - denn gute Krimis sind nie derart einfach und durchschaubar...

 

Der Roman Der Tote in der Themse von John R. L. Anderson (* 17. Juni 1911 in British Guyana; † 21. August 1981 in Wantage) erschien erstmals im Jahr 1977; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1978.

Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum27. Nov. 2022
ISBN9783755426073
DER TOTE IN DER THEMSE: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    DER TOTE IN DER THEMSE - John R. L. Anderson

    Das Buch

    Im Themse-Schlamm bei der Southwark Bridge wird ein Toter gefunden, den die Polizei nicht identifizieren kann. Zugleich ist der Direktor einer großen Transportfirma, die vor dem Bankrott steht, verschwunden.

    Colonel Blair vermutet, dass zwischen den beiden Fällen ein gewisser Zusammenhang besteht. Nicht, dass der Tote und der Vermisste identisch wären - denn gute Krimis sind nie derart einfach und durchschaubar...

    Der Roman Der Tote in der Themse von John R. L. Anderson (* 17. Juni 1911 in British Guyana; † 21. August 1981 in Wantage) erschien erstmals im Jahr 1977; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1978.

    Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

    DER TOTE IN DER THEMSE

    Erstes Kapitel

    Bei Ebbe macht die Themse London recht wenig Ehre. Der majestätische Fluss, der vom Meer hereinströmt, um sich mit dem Süßwasser aus den waldreichen Tälern der Ober-Themse zu mischen, hat sich zurückgezogen: er sieht aus wie ein sehr altes Gesicht, dessen einst schöne Haut geschrumpft und gerunzelt ist. Kein Wasser umspült die alten Steinmauern der Kais und Lagerhäuser, der Paläste und Türme – nur Schlamm liegt zu ihren Füßen, bleicher, dunkelgrauer Schlamm, durchsetzt von Strandgut, das die Flut zurückgelassen hat, von Holzbrettern, alten Packkisten, verrosteten Fahrradrahmen, den armseligen Überresten eines Kinderwagens, dessen Räder reglos wie flehend zum Himmel blicken.

    Dennoch mochte Shirley Millings, die kurz vor sechs an einem Junimorgen über die Southwark-Brücke ging, den Fluss bei Ebbe. Hätte sie zur Selbstbetrachtung geneigt, so hätte sie sich vielleicht gesagt, dass die Themse bei Ebbe ein Symbol sein könnte für verlorene Gelegenheiten, für die Fehlschläge, die untrennbar mit dem Erfolg anderer Menschen verbunden sind, mit dem Elend, das allzu oft auf der anderen Seite des Wohlstands lauert. Aber Shirley Millings, die mit fünfzehn von der Schule abgegangen war, geheiratet und zwei Kinder bekommen hatte und dann von ihrem Mann verlassen worden war, dachte nicht so. Und sie war nicht unglücklich. Im Gegenteil, sie schätzte sich glücklich, endlich eine Sozialwohnung in Southwark bekommen zu haben, mit netten Nachbarn zusammenzuleben, die morgens ihre Kinder – einen Jungen von neun und ein Mädchen von sieben Jahren – versorgten und in die Schule schickten. Und es war ideal, fand sie, dass sie zu Fuß zu ihrer Arbeitsstelle in der Upper Thames Street gehen konnte, wo sie in einem großen Bürohaus als Zugehfrau arbeitete.

    Ehe sie die Wohnung bekommen hatte, war es schlimm gewesen, aber jetzt, da sie die Wohnung hatte und feste Arbeit dazu, kam sie sich beinahe reich vor. Sie arbeitete von sechs Uhr morgens bis viertel vor neun und dann noch einmal abends von halb sieben bis halb neun. Manchmal war ihr der geteilte Arbeitstag zwar lästig, aber im Großen und Ganzen passte ihr die Einteilung gut. Die Bezahlung war nicht schlecht, und sie konnte zu Hause sein, wenn die Kinder aus der Schule kamen.

    Sie war früh daran an diesem Morgen und konnte es sich erlauben, ein paar Minuten auf der Brücke stehenzubleiben und auf den Fluss hinauszuschauen. Sie kannte ihn in all seinen Stimmungen – düster und grau an dunklen Wintermorgen, lichtglitzernd im Sommer, wenn das Wasser, ganz gleich, wie schmutzig es tatsächlich war, die Frische ferner Bergquellen zu haben schien. Bei Flut, wenn das Wasser hoch um die Brückenpfeiler strudelte und die Bauten am Ufer direkt aus den Wellen herauszuwachsen schienen, war der Fluss schön; aber auch bei Ebbe, wie an diesem Morgen, besaß er für sie einen ganz eigenen Reiz. Die alten Kinderwagen schienen ihr nicht hässlich. Sie konnte es nicht in Worte fassen und versuchte das auch gar nicht, doch Kinderwagen gehörten zum Leben, und ein alter Kinderwagen im Schlamm verlieh dem Bild des Flusses einen Hauch von Menschlichkeit. Oft machte sie sich Gedanken darüber, wie dieses oder jenes Stück Treibgut wohl dahingekommen war. Und bei Ebbe waren mehr Vögel am Fluss, Möwen, die tief über den Schlamm hinwegsegelten, manchmal landeten und auf und ab spazierten und den Schlamm mit ihren Spuren durchzogen.

    Ein ganzer Schwarm von Möwen kreiste und kreischte gerade eben direkt unterhalb der Brücke. Irgendetwas schien sie in Erregung versetzt zu haben; sie hatten im Watt etwas entdeckt. Was war denn das? Ein Bündel alter Kleider – was konnten Möwen damit schon anfangen? Oh Gott, nein, das war kein Kleiderbündel, das war ein Mensch. Sie sah sein Gesicht, und sie sah die Hand, die ungewöhnlich bleich und weiß aus dem Schlamm ragte.

    Ihr erster Impuls war, davonzulaufen. Das ging sie nichts an; sie wollte damit nichts zu tun haben. Dann dachte sie: Und wenn er noch gar nicht ganz tot ist? Sie rannte auf die Straße hinaus und schrie.

    Beinahe zu jeder anderen Zeit wäre das angesichts der Autoschlangen, die sich fast vierundzwanzig Stunden lang ununterbrochen über die Southwark-Brücke zu wälzen pflegten, lebensgefährlich gewesen; doch zu dieser frühen Stunde war der Verkehr noch nicht sehr dicht, und es gab immer wieder Lücken zwischen den Autos und Lastwagen, Shirley Millings hatte doppeltes Glück: Sie rannte genau in eine dieser Lücken hinein, und das Fahrzeug, das sich gerade näherte, war ein Streifenwagen der Polizei mit einem ausgezeichneten Fahrer. Dennoch hätte Constable Clifford sie beinahe angefahren. Nur seiner Fahrkunst und dem erstklassigen Zustand der Bremsen war es zu verdanken, dass er im letzten Moment das Fahrzeug zum Stehen bringen konnte. Shirley Millings war über die Motorhaube gefallen, als der Wagen anhielt. Sie stürzte auf die Straße und schrie wieder.

    Constable Cliffords erster Gedanke war, eine Verrückte, die sich das Leben nehmen wollte, vor sich zu haben. Er und sein Kollege sprangen aus dem Wagen – er, um zu der Frau zu eilen, sein Kollege, um den Verkehr auf der Brücke anzuhalten. Cliffords Sorge, die Frau könnte verletzt sein, legte sich, als Shirley Millings aufstand. Er legte ihr den Arm um die Schultern.

    »Warum wollen Sie denn so was tun?«, fragte er behutsam.

    »Um mich geht’s nicht«, erwiderte Shirley Millings. »Schauen Sie mal über die Brücke. Da liegt ein Toter – oder wenn er noch nicht tot ist, braucht er Hilfe.«

    Constable Clifford ging mit ihr zum Geländer. Ja, dort im Schlamm lag tatsächlich eine Gestalt. Während er noch überlegte, was zu tun sei, setzte sich Shirley Millings in Bewegung.

    »Hallo! Sie können doch nicht einfach weglaufen«, rief er ihr nach und rannte los, um sie einzuholen.

    »Und wie ich das kann! Lassen Sie mich los!«, entgegnete sie vehement. »Ich habe damit nichts zu tun, und wenn ich jetzt nicht gehe, komme ich zu spät zur Arbeit.«

    »Hören Sie, Miss«, sagte er, »mein Kollege und ich müssen runter zu ihm. Aber Sie haben die Sache gemeldet, und Sie müssen uns erklären, wie Sie ihn entdeckt haben. Das lässt sich nun mal nicht vermeiden. Wir machen es so kurz wie möglich. Und nachher bringe ich Sie mit dem Wagen zur Arbeit und erkläre Ihrem Chef alles. Sie bekommen bestimmt keine Schwierigkeiten. Aber bitte laufen Sie nicht fort. Wir brauchen unbedingt Ihre Aussage, aber zuerst müssen wir nachsehen, ob wir für den armen Kerl noch was tun können.«

    Shirley Millings war geschmeichelt, dass er sie mit Miss angesprochen hatte, und die Vorstellung, in einem Streifenwagen an ihrer Arbeitsstelle vorzufahren, gefiel ihr auch.

    »Na schön«, meinte sie. »Ich warte am Ende der Brücke.«

    Constable Clifford und der andere Polizeibeamte stiegen wieder in den Wagen und fuhren über die Brücke bis zur Kreuzung Queen Street, während sie über Radiotelefon kurz Meldung machten. Ein paar Stufen führten in der Nähe eines Gasthauses zum Watt hinunter. Der Mann lag ungefähr fünfzig Meter entfernt, ein Stück stromabwärts von den Stufen aus. Um hinzukommen, mussten sie durch den Schlamm waten. Bis zu den Knöcheln sanken sie ein, doch unter der weichen Schlammdecke war der Grund hier fest. Die Wanderung war schmutzig, aber nicht beschwerlich.

    Ein Blick genügte, um ihnen zu sagen, dass der Mann tot war.

    »Da können wir nichts mehr tun«, sagte Clifford zu seinem Kollegen. »Am besten lassen wir alles so, wie es ist. Die Kriminalpolizei wird sowieso gleich kommen. Wenn du hier aufpasst, rede ich inzwischen mit der Frau und fahre sie zu ihrer Arbeitsstelle. Ich glaube, dass wir hier im Schlamm warten, verlangt keiner. Es ist sicher in Ordnung, wenn wir ans Ufer zurückgehen.«

    Eine kleine Menschengruppe hatte sich um Shirley Millings versammelt und beobachtete die Vorgänge im Watt. Constable Clifford winkte Mrs. Millings zu sich heran und brachte sie zum Wagen. Sie konnte ihm aber nicht viel berichten – nur, dass sie einen Moment auf der Brücke stehengeblieben war, um den Fluss zu betrachten; dass sie durch die Möwen aufmerksam geworden war und dann den Toten entdeckt hatte. Sie nannte ihm Namen und Adresse, und dann fuhr Constable Clifford sie zu dem imposanten Bürogebäude in der Upper Thames Street, gleich um die Ecke.

    Sie hatte sich einige Minuten verspätet, doch Constable Clifford hielt sein Wort. Obwohl es ihm ungeheuer peinlich war, mit seinen verschlammten Stiefeln durch das Gebäude zu marschieren, sprach er mit der Aufseherin der Büroreinigungsgesellschaft, bei der Mrs. Millings angestellt war, und erklärte, dass Mrs. Millings sich nur deshalb verspätet hatte, weil sie der Polizei Hilfe geleistet hatte. Die Aufseherin war zunächst verärgert über den Schmutz, den Constable Clifford hereintrug, erwärmte sich dann aber so weit für den höflichen, jungen Mann, dass sie ihm sogar eine Tasse Tee anbot. Constable Clifford hätte den Tee gern angenommen, lehnte aber mit der Erklärung ab, dass er zur Unglücksstelle zurückmüsse.

    Inspector Ian Redpath von der Kriminalpolizei hatte mit der Themse bei Ebbe genug Erfahrung, um in seinem Wagen immer ein Paar Gummistiefel liegen zu haben. Dr. Gillespie, der Polizeiarzt, war ähnlich gut ausgerüstet. Dr. Gillespie war gerade dabei, den Toten zu untersuchen, als Constable Clifford zurückkehrte.

    »Mittleres Alter«, stellte Dr. Gillespie fest. »Zwischen fünfundvierzig und sechzig, wahrscheinlich eher Mitte oder Ende fünfzig. Körperlicher Zustand gut, soweit ich sehen kann. Volles Haar. Ah ja – Schädelfraktur. Das dürfte die Todesursache gewesen sein. Ein kräftiger Schlag mit einer Eisenstange, um die man ein weiches Tuch gewickelt hatte, würde ich sagen. Oder jedenfalls etwas Ähnliches. Kann er sich keinesfalls selbst beigebracht haben. Tut mir leid, Inspector, aber mir scheint, Sie haben es da mit einem Mord zu tun.«

    »Können Sie sagen, wie lange er schon tot ist?«

    »Nur ungefähr. Erliegt schon eine ganze Weile im Wasser. Die Kleider sind klatschnass, der Körper ist unterkühlt. Nach der Obduktion kann ich es Ihnen genauer sagen. Im Moment kann ich lediglich sagen: nicht weniger als etwa sechs Stunden, nicht mehr als zwei Tage.«

    »Können Sie hier noch etwas tun?«

    »Nichts. Je eher Sie ihn ins Leichenhaus bringen lassen, desto besser. Ich sehe zu, dass ich die Obduktion noch heute vornehmen kann. Sie bekommen den Befund dann, sobald es geht.«

    Der Polizeifotograph machte die letzten Aufnahmen von dem Toten, als zwei Männer mit einer Bahre die Stufen zum Watt herunterkamen.

    »Ihr könnt ihn gleich wegbringen«, sagte Redpath zu ihnen.

    Die Männer stellten die Bahre neben den Toten und bückten sich, um die Leiche hochzuheben.

    »Mann, ist der schwer«, sagte der eine.

    Redpath war verwundert. Auf ihn hatte der Tote eher schmächtig gewirkt. Mit Mühe hoben die Männer ihn auf die Bahre, und da fiel Redpath auf, dass die Hosentaschen des Toten auffallend ausgebeult waren. Es stellte sich heraus, dass sie vollgestopft waren mit Gewehr- oder Maschinengewehrpatronen. Ebenso verhielt es sich mit den Taschen seines Jacketts.

    Redpath befahl den Männern, dafür zu sorgen, dass der Tote im Leichenhaus nicht ausgezogen wurde; dann ließ er sie losfahren. Er selbst sah sich genau die Stelle im Watt an, wo der Tote gelegen hatte. Noch war der Abdruck des Körpers im Schlamm deutlich zu erkennen, doch die ersten dünnen Rinnsale sickerten schon in die Mulde. Bald würde die Flut kommen, und dann würde nichts mehr zu sehen sein. Im Schlamm glitzerte etwas, und Redpath zog eine Patrone heraus. Kugel und Hülse intakt. Er suchte das Gebiet rundum ab, fand aber nichts mehr. Vermutlich ist sie ihm aus einer Tasche gefallen, dachte Redpath.

    Spuren irgendeiner Waffe waren nirgends zu entdecken. Doch das war kaum verwunderlich. Es war höchst fraglich, ob der Mann überhaupt an dieser Stelle getötet worden war.

    In dem Gefühl, getan zu haben, was er konnte, stieg Redpath die wenigen Stufen zur Straße hinauf. Am liebsten hätte er sich jetzt gleich darangemacht, die Kleider des Toten zu untersuchen, um den Mann möglichst rasch zu identifizieren; doch zuvor hatte er noch etwas anderes zu erledigen.

    Inspector Redpath gehörte zur City Division der Londoner Polizei, die für Unglücksfälle und Verbrechen im unmittelbaren Bereich des Flusses eigentlich nicht zuständig war. Solche Fälle waren Sache der River Police, und da der Tote im Fluss gefunden worden war, musste die River Police auf jeden Fall informiert werden.

    Redpath fragte gleich nach Superintendent Carstairs, der zum Glück gerade im Dienst war. Der Superintendent kannte und mochte Redpath, der schon eine Anzahl von Fällen mit seinen Leuten gemeinsam bearbeitet hatte.

    »Morgen, Ian«, begrüßte er ihn. »Ich freu’ mich natürlich immer, Sie zu sehen, wenn ich auch gestehen muss, dass ich hoffte, ich könnte hier wegkommen, ehe sich wieder was Neues tut. Ich vermute, Sie kommen wegen des Toten unten im Watt, gleich unterhalb von der Southwark-Brücke?«

    »Sie wissen also schon Bescheid?«

    »Oh, Sie glauben doch nicht, dass auf dem Fluss was passieren kann, ohne dass wir davon erfahren? Ja, eines unserer Boote hat den Toten gesichtet, aber da war gerade Ebbe, und es war nicht so einfach, vom Boot aus hinüberzukommen. Im Übrigen sahen meine Leute im selben Moment zwei uniformierte Beamte runterkommen und hielten es für das Beste, ihnen die Sache einstweilen zu überlassen. Kurz danach hat dann Ihre Dienststelle bei uns angerufen und uns mitgeteilt, dass Sie hingefahren sind, um sich die Bescherung anzusehen. Ich habe Sie also schon erwartet.«

    »Hm, das erleichtert einiges, aber ich weiß nicht, ob das nun Ihr Job ist oder unserer.«

    »Das wird sich schon noch zeigen. Erzählen Sie mir erst einmal, was eigentlich los war.«

    »Der Tote wurde von einer Frau entdeckt, die auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle über die Southwark-Brücke ging. Sie hielt einen Streifenwagen an und zeigte den Beamten die Leiche. Constable Clifford, der Fahrer des Wagens, ließ sich Namen und Adresse von ihr geben und nahm ihre Aussage auf, die allerdings nicht viel mehr enthält, als dass sie von der Brücke zum Fluss hinunterschaute und plötzlich den Toten sah. Die beiden Beamten liefen dann schleunigst zum Watt hinunter, um dem Mann eventuell zu helfen, falls er noch am Leben sein sollte, aber sie sahen gleich, dass er tot war. Daraufhin machte Clifford uns Meldung, und ich bin mit Dr. Gillespie und einem Fotographen sofort losgefahren. Der Mann lag im Schlamm. Eine gründliche Untersuchung konnte der Arzt dort natürlich nicht vornehmen. Seiner Meinung nach ist der Tod infolge eines Schädelbruchs eingetreten, der von einem Schlag mit einem schweren, aber nicht harten, sondern eher weichen Gegenstand verursacht wurde. Er meinte, es könnte beispielsweise eine Eisenstange gewesen sein, um die man ein Tuch gewickelt habe. Es kann aber auch ein Sandsack oder etwas in dieser Art gewesen sein. Keinesfalls kann der Mann sich den Schlag selbst beigebracht haben. Wir haben es also mit Mord oder Totschlag zu tun. Solange wir nichts Näheres wissen, müssen wir davon ausgehen, dass es sich um Mord handelt. Als der Mann dann weggebracht wurde, zeigte sich etwas Merkwürdiges – seine Taschen waren vollgestopft mit Gewehrpatronen. Eine habe ich hier, sie lag im Schlamm. Vermutlich war sie aus einer seiner Taschen gefallen.«

    Der Superintendent holte ein Papiertaschentuch aus einer Schublade in seinem Schreibtisch, und Redpath ließ die Kugel aus seinem Taschentuch auf das Zellstofftuch fallen.

    »Sieht aus wie Armeemunition«, stellte der Superintendent fest. »Nicht abgefeuert. Sie hat nicht lange genug im Wasser gelegen, um Rost anzusetzen. Auf der Patronenhülse ist ein guter Fingerabdruck – stammt wahrscheinlich von Ihnen.« Er rieb den Boden der Patrone behutsam mit einem Stückchen Zellstoff ab. »Hier am Rand sind ein paar Zeichen unter dem Schmutz – Herstellerzeichen oder Serienzeichen, würde ich sagen. Ein Fachmann müsste sie identifizieren können. Sie

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