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EIN MANN OHNE ANGST: Der Krimi-Klassiker!
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eBook263 Seiten3 Stunden

EIN MANN OHNE ANGST: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Mark Stone, Inhaber der Havistone-Detektiv-Agentur, New-York-Paris, gab seinem Schaukelstuhl einen Ruck, um ans Telefon zu gelangen. Er hatte es sowieso schon viermal läuten lassen, weil er seiner französischen Sekretärin Caroline gerade zum hundertsten Mal erklärte, wie man einen Kaffee aufbrühen musste, damit ein Amerikaner ihn trinken könne. Seinen Schaukelstuhl hatte er vor drei Jahren aus den Staaten mit herübergebracht, nicht etwa, um einen Bandscheibenschaden günstig zu beeinflussen, sondern um seine langen Beine auch in Paris in aller Bequemlichkeit auf dem Schreibtisch ausstrecken zu können...

 

Der Roman Ein Mann ohne Angst des deutschen Kriminalschriftstellers Max Ulrich (* 6. März 1923 in München; † 21. November 1994 ebenda) beschreibt in kurzangebundenem, prägnantem Stil die aufregenden Abenteuer des von harten Verbrechern gefürchteten und von der holden Weiblichkeiten geliebten New Yorker Privatdetektivs Mark Stone.

Ein Mann ohne Angst erschien erstmals im Jahr 1964. Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum9. Mai 2023
ISBN9783755441809
EIN MANN OHNE ANGST: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    EIN MANN OHNE ANGST - Max Ulrich

    Das Buch

    Mark Stone, Inhaber der Havistone-Detektiv-Agentur, New-York-Paris, gab seinem Schaukelstuhl einen Ruck, um ans Telefon zu gelangen. Er hatte es sowieso schon viermal läuten lassen, weil er seiner französischen Sekretärin Caroline gerade zum hundertsten Mal erklärte, wie man einen Kaffee aufbrühen musste, damit ein Amerikaner ihn trinken könne. Seinen Schaukelstuhl hatte er vor drei Jahren aus den Staaten mit herübergebracht, nicht etwa, um einen Bandscheibenschaden günstig zu beeinflussen, sondern um seine langen Beine auch in Paris in aller Bequemlichkeit auf dem Schreibtisch ausstrecken zu können...

    Der Roman Ein Mann ohne Angst des deutschen Kriminalschriftstellers Max Ulrich (* 6. März 1923 in München; † 21. November 1994 ebenda) beschreibt in kurzangebundenem, prägnantem Stil die aufregenden Abenteuer des von harten Verbrechern gefürchteten und von der holden Weiblichkeiten geliebten New Yorker Privatdetektivs Mark Stone.

    Ein Mann ohne Angst erschien erstmals im Jahr 1964. Der Signum-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur.

    EIN MANN OHNE ANGST

    Erstes Kapitel

    Mark Stone, Inhaber der Havistone-Detektiv-Agentur, New-York-Paris, gab seinem Schaukelstuhl einen Ruck, um ans Telefon zu gelangen. Er hatte es sowieso schon viermal läuten lassen, weil er seiner französischen Sekretärin Caroline gerade zum hundertsten Mal erklärte, wie man einen Kaffee aufbrühen musste, damit ein Amerikaner ihn trinken könne. Seinen Schaukelstuhl hatte er vor drei Jahren aus den Staaten mit herübergebracht, nicht etwa, um einen Bandscheibenschaden günstig zu beeinflussen, sondern um seine langen Beine auch in Paris in aller Bequemlichkeit auf dem Schreibtisch ausstrecken zu können. Er nahm den Hörer und sagte: »Hallo.«

    »Hier Gringal, ich möchte Monsieur Stone sprechen.«

    Die Stimme konnte einem Admiral oder einem Auktionator gehören.

    »Am Apparat«, sagte Stone.

    »Ich habe einen 20.000-Francs-Auftrag für Sie. Das macht rund viertausend Dollar und dürfte Ihre sonstigen Honorare um das Zehnfache übersteigen. Ich halte mich zurzeit in La Baule auf. Wann kann ich Ihren Besuch erwarten, Monsieur Stone?«

    »In drei Monaten.«

    »Was soll das heißen?«

    »Dass Sie mir schon etwas mehr erzählen müssen, Gringal, bevor ich eine Spritztour an den Atlantik mache, nur um Sie zu sehen. Im Übrigen habe ich mir ausgerechnet, dass es für mich günstiger ist, in einer Stunde hundert Dollar zu verdienen als für Ihre viertausend vielleicht acht Tage arbeiten zu müssen.«

    »Nun geben Sie mal nicht so an, Stone. Die Stunde, in der Sie hundert Dollar verdienen, ist noch nicht angebrochen.«

    »Wenn ich die Zeit addiere, die Sie jetzt schon reden, komme ich auf mindestens dreißig Dollar entgangenen Gewinn.«

    »Sie wissen wohl nicht, mit wem Sie es zu tun haben! Ich bin George Gringal, Aufsichtsratsvorsitzender der ASOR-Chemie AG.

    Das ist die Holding des ASOR-Konzerns.« Gringals Stimme hatte jetzt ungefähr die Gemütlichkeit einer 40-mm-Schnellfeuerkanone erreicht.

    »Na und?« Stone spannte den Bogen noch etwas mehr.

    »Ich kann den Auftrag auch an jemand vergeben, dessen Erziehung nicht schon in den Flegeljahren unterbrochen wurde.«

    »Das können Sie nicht.«

    »So, das kann ich nicht? Und warum wohl nicht, Herr Detektiv?«

    »Weil ich die letzte Station bin, Gringal. Weil zu mir nur die Leute kommen, die schon überall hereingefallen sind. Und zwar hereingefallen mit gerade solchen, deren Erziehung darin besteht, vor dem Herumgeschnauze irgendeines Auftraggebers Männchen zu machen. Und wer vor ein paar hochgehaltenen Kröten Männchen macht, der kneift auch den Schwanz ein, wenn es hart auf hart geht. Und bei viertausend Dollar geht es immer hart auf hart. Wenn Sie so einen netten, ruhigen Auftrag zu vergeben hätten, den auch ein x-beliebiger Kollege bearbeiten könnte, dann hätte ich von einer Ihrer Sekretärinnen ein unauffälliges Schreiben erhalten: ...bitte mich in nächster Zeit einmal aufzusuchen... Aber nein, die Spitze des Aufsichtsrats persönlich. Also, was liegt an, Gringal?«

    »Ich kann Ihnen am Telefon nicht viel sagen, Stone. Ich benötige Ihre Dienste zur Durchführung von Recherchen, mit denen wir an einem toten Punkt angelangt sind. Ich habe den Eindruck, dass Sie der Mann sind, der uns weiterhelfen kann. Die ganze Sache ist äußerst dringend.«

    »Ich bin heute Abend bei Ihnen. Hinterlassen Sie Ihre Adresse bei meiner Sekretärin. So long, Gringal.«

    Stone gab Caroline ein Zeichen und telefonierte auf einer anderen Leitung mit Crignis, dem die Auskunftei tout savoir gehörte.

    » 'n Tag, Crignis«, sagte Stone, »ich brauche alles über einen Mann, der sich Gringal nennt, angeblich Aufsichtsratsvorsitzender des ASOR-Konzerns sein soll, und der sich zur Zeit in La Baule aufhält.«

    »Bis wann brauchst du die Angaben?«, fragte Crignis.

    »Wie immer, schon gestern«, drängte Stone und hängte ein.

    Caroline hatte die Adresse Gringals notiert, Ker Oberon, 25, Avenue des Flamingos, La Baule les Pins. Sie hatte veranlasst, dass der Wagen aufgetankt und Geld von der Bank geholt würde. Ferner hatte sie eine Karte von La Baule und Umgebung sowie Hoteladressen herausgesucht. Jetzt ging sie hinüber in Stones Privatappartement, um seinen Dreitagekoffer zu packen. Caroline war eine Perle. Eigentlich eine Zuchtperle, denn Stone hatte immerhin ein Jahr gebraucht, um ihr seine Junggesellenallüren als etwas durchaus Natürliches zu suggerieren. Sie war ihm bei der Entflechtung eines Mädchenhändlertrusts quasi als Nebenverdienst zugefallen. Damals hätte nicht viel gefehlt, und sie wäre in dem als Luxusyacht getarnten Harem eines Libanesen auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Seither war sie als seine Sekretärin tätig. Außer ihr beschäftigte er noch drei Detektive und ein Nachwuchsstudent mit dem Namen Fredy.

    Stone sah die Hoteladressen durch, entschied sich für das Mazy Plage im benachbarten Pornichet und sagte zu Caroline, die seinen Koffer brachte, sie möge ihm Crignis’ Bericht dahin nachsenden. Um ein Zimmer war ihm nicht bange. Es war erst Vorsaison. Caroline sollte aber zur Sicherheit trotzdem im Mazy Plage anrufen, Caroline versuchte, ein paar versteckte Ratschläge anzubringen, lehnte sich sehr weit zum Fenster hinaus und rief ihm ein kleines bonne chance nach, als sein Roadster mit ziemlicher Geschwindigkeit durch die Rue St. Honore davonfuhr.

    Stone wählte die Strecke über Le Mans-Tours-Nantes. Die Bucht von La Baule mit ihrem weißen Badestrand war ihm vertraut. Er hatte dort vor zweieinhalb Jahren einen Fall geklärt, der unter dem Schlagwort Spielbankmord große Wellen in der Presse geschlagen hatte. Wie immer war die Polizei schlecht dabei weggekommen, und das hatte Kommissar Dumail, der Polizeichef von La Baule, bestimmt noch in Erinnerung.

      Zweites Kapitel

    Das Zimmer im Mazy Plage war okay. Stone fuhr gleich weiter zu Gringal. Es war Viertel nach acht und schon fast dunkel. Er stellte seinen Wagen in einer Seitenstraße der Avenue des Flamingos ab. Er kletterte gerade hinaus, als ein Vorgang auf der abendlich ruhigen Straße seine Aufmerksamkeit erregte.

    Die Seitenstraße, in der er sich befand, war sehr schmal und wurde links von einer hohen Gartenmauer und gegenüber von dem Zaun einer Tennisplatzanlage begrenzt. Dazwischen bewegte sich in auffälliger Weise eine Frau. Stone hatte, als er die Wagentür öffnete, im Unterbewusstsein das Geräusch ihrer hohen Absätze auf dem Pflaster wahrgenommen. Dieses Tack-Tack wurde plötzlich schneller, und er blickte auf. Eine junge Frau in eleganter Kleidung lief mit allen Anzeichen höchster Aufregung auf ihn zu. Erst hielt sie sich links auf der Mauerseite, dann stockte sie und lief hinüber an den Tenniszaun. Irgendwie erinnerten ihre Bewegungen an ein Huhn. Auf einmal blieb sie stehen, und es hatte den Anschein, als wollte sie umkehren. Zuerst hörte man sie ein leises wohlerzogenes »zu Hilfe« sagen. Dann schrie sie »Hilfe! Hilfe!« Stone hatte den Grund für ihre Angst erkannt. Ein untersetzter Mann in einem Trenchcoat verfolgte sie. Er tat dies mit einer gewissen, breitbeinigen Gemächlichkeit. Er war seiner Sache sicher. Er war der Korken auf der Flasche, der Spielmacher sozusagen. Die beiden anderen standen im Schatten der Mauer und ließen das Mädchen herankommen. Ihr Anblick hatte es auf die andere Straßenseite getrieben. Mark Stone rannte los. Er war nur fünf Schritte hinter den beiden, als sie bei dem Mädchen anlangten. Sie waren nicht schlecht. Sie machten sofort kehrt und wandten sich dem ankommenden Gegner zu. Der Korken mochte noch dreißig Meter entfernt sein.

    Die beiden waren ein Team und verstanden sich ohne Zuruf. Sie machten auch gleich Ernst, ohne Ouvertüre. Der eine warf sich dem Gegner vor die Füße, wobei er nach den Knien angelte, um ihn zu Fall zu bringen, Der andere hatte bereits ein Messer in der Hand - er brauchte es nur aufrecht zu halten. Stone hatte nicht viel Zeit.

    Noch im Laufen machte er einen Zwischentritt wie ein Weitspringer, der mit dem richtigen Fuß an der Absprungplanke sein muss, verlagerte sein Gewicht auf das linke Bein, und der Tritt saß genau im Gesicht des Fußanglers. Stone wusste, ohne hinzusehen, dass ihm dieser Mann für die nächsten zehn Minuten nicht mehr gefährlich werden konnte. Da war auch schon der zweite Mann da. Er stand mit geteilten Beinen über seinem Kameraden. Die feststehende Klinge fuhr mit großer Wucht nach vorn. Der Stich war von unten nach oben geführt. Stone erwischte ihn beim Handgelenk, hob den Arm an und legte ihn sich mit einer Drehung über die Schulter. Der Mann schrie. Doch erst als der Arm ausgekugelt war, ließ er das Messer fallen.

    »Jetzt ist mal Schluss mit der Gymnastik.« Das war der Borken« Stone löste sich aus dem Knäuel und sah - der Kampf war erst einmal aus. Der Mann stand nur da, in vier Meter Abstand. Er kam nicht näher. Er hielt eine 7,65er Walther-Pistole im Anschlag, die er Stone genau auf die Leibesmitte richtete.

    Der versteht sein Geschäft, dachte Stone und blickte sich um. Die Frau stand da wie gelähmt. Durch ihre Ausdruckslosigkeit hindurch sah man ihre Klasse. Sie war von dem aparten Typ, der neben Wünschen auch Fragen suggeriert. Das Team rappelte sich hoch. Der Messerheld jammerte vor sich hin. Der Untermann musste sich am Rinnstein übergeben. Ihm fehlten vorne zwei Zähne. Die Nase war geschwollen.

    »Wir fahren jetzt ein bisschen ans Meer«, sagte der Korken. »Du, mein Freund, nimmst deine Arme hoch, und du, Heli, fahr einmal mit deinem gesunden Arm unter seine linke Achselhöhle. Ich habe da so eine verdächtige Beule bemerkt.«

    Der Mann, der Heli genannt wurde, holte aus Stones Tweedjacke einen .38er Colt hervor, der in einem Schultergürtel gesteckt hatte. Der Korken nahm ihn an sich und verteilte die Rollen. Eine dunkle Limousine war langsam näher gekommen.

    »Ihr zwei lasst euch verarzten. Aber nicht bei der gleichen Adresse. Und denkt euch was Plausibles aus. Ich komme mit Hassan schon zurecht. Du steigst vorne ein«, er gab Stone ein Zeichen,

    »...und lass dir ja keinen Trick mehr einfallen - es könnte dein letzter sein. Das Mädel kommt hinten zu mir.«

    Stone hatte schon so eine Ahnung, wo sie hinwollten, als der Fahrer in den Remblai, die breite Küstenstraße, einbog. Es gab draußen in Richtung St. Marc einen einsamen Strand, der zum Baden ungeeignet war, weil die Loire-Strömung auch den stärksten Schwimmer hinaus ins offene Meer trug. Diese Gegend war schon am Tage einsam. Abends würde sie es umso mehr sein. Der Verkehr auf dem Remblai war ziemlich rege. Es war zwar erst Vorsaison, aber das schöne Wetter und das Spielkasino von La Baule hatten den Hotels schon die erste Urlauberschwemme hereingetrieben. »Fahr langsamer, Hassan«, sagte der Korken; »ich will keine Karambolage.«

    Der Fahrer, ein Marokkaner, ging mit dem Tempo herunter. Stones Gedanken arbeiteten schnell aber exakt. Sie hatten bestimmt nicht zu viert einem Mädchen aufgelauert, um ihm die Handtasche zu entreißen. Es gab drei Möglichkeiten: Mord, Entführung, oder sie wollten etwas wissen.

    Falls sie die Frau aus irgendeinem Grunde umbringen wollen, dachte er, werden sie mit mir dasselbe versuchen. Sie können sich keinen Mitwisser leisten. Das hätten sie zwar schon in der Seitenstraße erledigen können, aber vielleicht wollen sie keine Spuren hinterlassen. Wenn es auf eine Entführung hinaus soll, werden sie mich - wenigstens für eine Zeitlang - auch verschwinden lassen, weil ich zwei von der Bande gezeichnet habe und über sie den ganzen Fall aufrollen könnte. Wenn sie nur etwas wissen wollen und das Mädchen quälen, werden sie mir jedenfalls einen gehörigen Denkzettel verpassen. Mal sehen, ob der Korken wirklich so gut ist, wie er tut.

    Mark Stone bewegte seine rechte Hand millimeterweise nach unten. Schon nach anderthalb Zentimeter sagte der Korken, er solle seine Hände vorn auf das Polster des Armaturenbretts legen.

    Sie mochten ungefähr fünfzehn Minuten unterwegs sein, als der Fahrer nach rechts in die Bucht von St. Marc einbog. Dann wurde es also ernst. Ein Körper, da draußen ins Meer geworfen, wurde in kurzer Zeit zwanzig Seemeilen hinausgetrieben. Der Wagen holperte einen Weg entlang, der nach einiger Zeit in den gemiedenen Strand von St. Marc mündete. Die reguläre Straße lief vierzig Meter oberhalb, parallel zur Küste, weiter.

    Der Korken sprang zuerst hinaus. Er gab sich keine Blöße. Er dirigierte Stone und das Mädchen zwischen sich und die Brandung, das Mädchen drei Meter weiter, etwas seitwärts, aber in der gleichen Schussrichtung.

    »Schau in seinen Taschen nach, Hassan, ich glaube, wir kriegen was zu lachen.«

    Der Marokkaner hatte in Windeseile den gesamten Tascheninhalt Stones beisammen. Er schlug die Brieftasche auseinander und ließ ein Bellen hören, das nach und nach in ein hohes Meckern überging. Es hing ziemlich lange in der Luft und klang unangenehm in den Ohren.

    So lacht ein Hysteriker, bevor sein Lachen in Schreien übergeht. Oder ein Transvestit, dem man die Frauenkleider versteckt hat, dachte Stone und sah ihn sich genauer an.

    Er war ungefähr dreißig Jahre alt. Sein Körper war schmal und sehnig. Der Kopf konnte einem Asketen gehören, einem blatternarbigen Asketen. Aber da war der Mund, der geschwungene, scharfgezeichnete Mund eines Kaschemmen-Caligula. In seinen Augen stand der blanke Wahnsinn. Der Anzug wies die übertriebene Fasson auf, wie sie von gewissen Kriminellen bevorzugt wird. In der äußeren Brusttasche steckte etwas, das aussah wie ein Füllfederhalter. Nach nochmaligem Hinsehen konnte Stone feststellen, dass es ein Rasiermesser war.

    »Du wirst es nicht glauben, Al, das ist der Mann, der vor zwei Jahren Valdas hochgenommen hat. Hier steht’s: Mark Stone, Detektiv-Agentur Havistone, New York-Paris«, sagte Hassan.

    »Dann muss Valdas nicht so schlau gewesen sein, wie wir immer geglaubt haben, wenn er diesem grünen Jungen auf den Leim gegangen ist. Der steckt ja noch in den Kavaliersschuhen. Die werden wir ihm gleich mal ausziehen. Untersuch jetzt unser Nora-Püppchen, aber gründlich. Sie muss das Kuvert noch bei sich haben. Und vor allem, keine Verletzungen. Es muss nachher alles aussehen wie ein gemeinsamer Freitod.«

    Hassan warf Stones Utensilien zu Boden und ging auf das Mädchen zu. Stone hatte den Eindruck, dass der Augenblick für das Ziehen der Notbremse nicht mehr viel länger hinausgeschoben werden konnte. Korken-Al hatte einen Fehler gemacht. Er fühlte sich unangreifbar und hatte die Katze aus dem Sack gelassen. Ja, es sollte alles aussehen wie ein Liebestod. Man würde sie erst einzeln fesseln, dann ersäufen und hinterher einfach davonschwimmen lassen. Mark Stone hatte gewiss nichts gegen das Baden. Aber unter anderen Voraussetzungen.

    Die Frau schrie: »Lassen Sie mich in Ruhe! Hier haben Sie das Kuvert.«

    Stone konzentrierte sich ganz auf den Korken. Er wollte ihn noch sicherer machen. Er wollte ihm zeigen, dass er es mit der Angst bekam.

    »Was könnt ihr denn schon davon haben, wenn ihr mich hier fertigmacht? Es wird nur Scherereien geben, und dein Boss setzt dich auf halbe Ration.«

    »Halt’s Maul, du Versager. Es wird gar keine Scherereien geben. Es wird alles ganz natürlich aussehen. Du wirst einen guten Romeo abgeben. Siehst du, vor der Kanone da hast du Angst. Das habe ich gleich gesehen.«

    Stone drehte sich um und raste los. Er hatte, als er aus dem Wagen gestiegen war, einen Felsblock gesehen, der von dem Platz, auf dem er zuletzt stand, ungefähr zehn Meter entfernt war. Er schlug einen Haken - noch einen -, ein langer Satz, und er lag hinter dem Stein, der einem liegenden Menschen volle Deckung bot. Er griff an sein linkes Fußgelenk, über dem er einen kleinen Browning festgeschnallt trug, und lugte um den Felsrand. Die Szene, die er vor sich hatte, hätte einem Surrealisten aus der Verlegenheit helfen können. Linker Hand stand im Mondlicht die Frau. Ihr Seidenkleid war an der Schulter völlig zerrissen. Der Abendmantel lag zerknüllt auf dem Sand. Dennoch glich sie in ihrer reglosen Schönheit einer antiken Statue. Hassen kniete wie ein dunkelhäutiger Phidias, der noch etwas am Fuß zu meißeln hat, vor ihr - ihm war das Kuvert hinuntergefallen. Dann glaubte Stone, seinen Augen nicht zu trauen: Der Korken-Al saß am Steuer der Limousine und fuhr in großem Bogen auf den Weg zu, auf dem sie den Strand erreicht hatten. Hassan lief, das Kuvert in der Hand, wie der Teufel hinterher.

    Oben auf der Straße hatte ein Auto angehalten, und ein Mann rief, dass das Baden an dieser Stelle gefährlich sei. Zwei Männer kamen den Hang herunter. Die Frau, die der Gangster Nora-Püppchen genannt hatte, stand immer noch reglos wie erstarrt. Stone lief auf sie zu. Er nahm sich keine Zeit zu ästhetischen oder sonstigen Betrachtungen. Ein kleines Bedauern darüber versank in seinem Unterbewusstsein. Er wusste, dass sich dieses kleine, verdrängte Gefühl in spätestens drei Tagen, unter Freimachung großer Energien, wieder ins Bewusstsein drängen würde. Und dann würde er sich Zeit nehmen.

      Drittes Kapitel

    »Komm, Kindchen, zieh das an«, sagte Stone zu der verstörten Frau in einer Tonart, die er an sich noch gar nicht kannte. Er hielt ihr den Seidenmantel hin, den er auf gerafft hatte. Als sie sich nicht rührte, legte er ihn um ihre Schultern. Zu mehr war nicht Zeit, weil die beiden Männer fast heran waren.

    »Sie dürfen hier nicht baden«, sagte der Ältere der beiden. »Die Strömung treibt Sie hinaus. Oh, entschuldigen Sie, ist der Dame nicht wohl?«

    Es war eine blödsinnige Situation. Stone hatte den Arm um ihre Schultern gelegt und hielt mit der Hand ihren

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