Sunyata: Das Leben eines "selten geborenen Mystikers"
Von Gabriele Ebert
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Über dieses E-Book
Obwohl Sunyata nie als offizieller Guru fungierte und leugnete, eine "Lehre" zu haben, vertrat er eine advaitische Weltsicht und sagte von sich, er habe immer gewusst, dass "die Quelle und ich eins sind". Wie Ramana Maharshi betrachtete er die Stille als die höchste Lehre und das Herz aller Religionen, wobei er mit Stille das Verstummen von Wünschen, Eigensinn und Ich-Bezogenheit meinte.
Als Ramana Maharshi ihm den Satz "Wir sind immer bewusst, Sunyata" übermittelte, nahm er Sunyata als seinen spirituellen Namen an. Sunyata bedeutet die erfüllte Leere.
Sunyata verbrachte den größten Teil seines Lebens in Indien, v.a. in der Nähe von Almora im Himalaya. Er begegnete Rabindranath Tagore, Mahatma Gandhi, Jawaharlal Nehru, Anandamayi Ma, Ramdas, Lama Gofinda und vielen anderen.
In den 70ern wurde er von der Alan Watts Gesellschaft nach Amerika eingeladen, wo er den Rest seines Lebens verbrachte, Fragen beantwortete und Darshan gab. Im Alter von 94 Jahren kam er bei einem Autounfall ums Leben .
Gabriele Ebert
Theologin und Dipl.-Bibliothekarin, verfasste und übersetzte Bücher über Ramana Maharshi, Ramakrishna, Vivekananda, Sarada Devi und Sunyata.
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Buchvorschau
Sunyata - Gabriele Ebert
Inhalt
Einleitung
Rabindranath Tagore
In Indien
Begegnung mit Mahatma Gandhi
Begegnung mit Jawaharlal Nehru
Begegnung mit Ramana Maharshi
Anandamayi Ma
Peer A. Wertin (Ramanagiri)
In Almora
Wuti und Wuji
Besuche in Dänemark und Europa
In den USA
Lehre und Aussprüche
Chronologie
Glossar
Literaturverzeichnis
Einleitung
Der Däne Alfred Julius Emmanuel Sorensen (Sunyata) machte bereits von Kindheit an die advaitische Erfahrung der Einheit und Stille. Sie war stets sein natürlicher Zustand. Deshalb nannte Ramana Maharshi, der große Weise vom Berg Arunachala, ihn einen „selten geborenen Mystiker".
Sunyatas Erfahrung war dieselbe wie die Ramanas. Sie erkannten sich gegenseitig als Weise. In Indien gibt es den bekannten Spruch: „Nur ein Jnani [Weiser] kann einen anderen Jnani erkennen." Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Sunyatas Aussprüche an die von Ramana erinnern, obwohl er seinen eigenen Sprachstil entwickelte.
Obwohl Sunyata nie als offizieller Guru fungierte und leugnete, eine „Lehre" zu haben, vertrat er eine advaitische Weltsicht und sagte von sich, er habe immer gewusst, dass „die Quelle und ich eins sind". Wie Ramana Maharshi betrachtete er die Stille als die höchste Lehre und das Herz aller Religionen, wobei er mit Stille das Verstummen von Wünschen, Anstrengungen, Eigensinn und Ich-Bezogenheit meinte. Als Ramana Maharshi ihm den Satz „Wir sind immer bewusst, Sunyata" übermittelte, nahm er „Sunyata" als seinen spirituellen Namen an. Sunyata bedeutet die erfüllte Leere.
Quellen über sein Leben sind seine eigenen Berichte, u.a. seine Aufzeichnung „Memory" (Erinnerung), die er im Himalaya geschrieben hat und in der er die Erinnerung an seine Kindheit und seine ursprüngliche Erfahrung der Stille beschreibt.
Gabriele Ebert
Kindheit und Jugend
Sunyata wurde am 27. Oktober 1890 auf einer einsam gelegenen Farm im Norden Dänemarks in der Nähe von Århus geboren. Sein Geburtsname war Alfred Julius Emmanuel Sorensen. Seine Eltern waren der Farmer Soren Sorensen und seine Frau Maren. Er hatte zwei ältere Schwestern: Jeusine und Mary, die 12 bzw. 14 Jahre älter waren als er. Jeusine arbeitete als Krankenschwester beim Roten Kreuz, und Mary heiratete 1897.
Sein Vater war ein stiller Mann, der sehr kompetent in seinem Beruf war, aber sich nicht in häusliche Angelegenheiten einmischte. Emmanuel schreibt: „Obwohl mein Vater sehr aktiv die Farm bewirtschaftete, war er ausgesprochen ruhig und still. Er behauptete sich nicht und machte kein Aufsehen. Tatsächlich sprach er selten, außer wenn andere zu ihm kamen. So lehrte er unbewusst und ohne jede Anstrengung die Stille."¹
Emmanuels Mutter war gesprächiger und umgänglicher und führte mit Liebe und Effizienz den Haushalt. Sie nannte ihn Emmanuel und hatte ihm auch die Bedeutung des hebräischen Namens erklärt. Im Evangelium wird erzählt wie der Engel Gabriel bei Maria eintrat und die Botschaft von der Geburt Jesu verkündet. Joseph erfährt in einem Traum, dass dieser Sohn der erwartete Emmanuel (Gott mit uns) sei (Mt 1,19-25). Emmanuel verstand seinen Namen immer in der Bedeutung des innewohnenden Christus.
Emmanuel wuchs in der friedlichen, glücklichen Umgebung der Farm auf, umgeben von Feldern und Tieren. Zur Erntezeit kamen Erntehelfer auf die Farm, und alle lebten harmonisch miteinander.
Über seine frühe Kindheit sagte er: „Sie war so einfach und bedingungslos, sodass die ersten sieben Jahre als Vor-Ego-Bewusstsein in Erinnerung bleiben. Das Ego und der Verstand machten keine Schwierigkeiten, denn es gab keine Zumutungen, keine Ausbildung, keine Disziplin und keinen Sündenkomplex. Aber es gab Gewahrsein und sogar ein gewisses unbewusstes Gewahrsein von Ganzheit, Einheit und lebendiger Harmonie, was er später als Erinnerung oder Gedächtnis² (memory,) bezeichnete. Sokrates hatte denselben Begriff ‚Gedächtnis‘ [anamnesis] verwendet, um sich auf die Erinnerung an ein Licht des Bewusstseins zu beziehen, das vor der Geburt vorhanden ist. In ähnlicher Weise sah Mencius, der chinesische Weise, der ein Jahrhundert nach Sokrates lebte, den Zweck der Erziehung darin, sich an sein ‚ursprüngliches Herz‘ zu erinnern. Es ist weise, diese Erinnerung nicht in Wortsymbolen zu zerstreuen und zu verwischen oder zu versuchen, sie anderen zu erzählen, auszudrücken oder zu erklären. Wenn man innerlich versteht (innerstands), gibt es nie das Verlangen, etwas zu beweisen oder zu behaupten oder ein Schmeicheln, um Verständnis oder Liebe zu erlangen."³
„Bäume und Tiere verstanden, und sie verlangten nicht, behaupteten nicht und versuchten nicht zu erklären. Mit ihnen fühlte er den wortlosen Austausch, den heilsamen, reichen Inhalt. Sie wussten wortlos, lebendig, und allein mit ihnen fühlte er sich nie einsam oder verloren."⁴
Emmanuel akzeptierte alles, was geschah, genoss es, ertrug es und empfand keinen Drang, die Gesellschaft von anderen zu suchen. Er war ein stiller Zuhörer, Beobachter und sehr mitfühlend.
Er erzählt, dass er mit acht Jahren begann, Wünsche und ein Ego-Bewusstsein zu entwickeln und in Gefahr war, dieses ursprüngliche „Gedächtnis" zu verlieren. Als Erinnerung, sein Selbst nicht zu vergessen, stellte er einen großen Stein wie ein Lingam am Wegesrand auf. „Der Gedenkstein schrie nicht laut genug. Die Erinnerung (memory) wurde immer unregelmäßiger im Bewusstsein, und der Wikingerjunge geriet in den Griff der Begierden. Der klare Blick und die ruhige Anmut wurden durch das Spiel des Ich-Bewusstseins verwischt. Aber nicht ganz. Auch da gab es immer noch die seltenen Momente, in denen das Zusammenspiel von Einsamkeit und Stille das Lied meines Selbst wiedererweckte."⁵
Schließlich erlangte er seine „Unschuld wieder, wie er es formulierte. „Die erste und die zweite Unschuld scheinen ähnlich zu sein, doch ihr unmittelbarer Hintergrund ist unterschiedlich. Wie durch unsere Leiden, wenn sie realisiert und lebendig angenommen werden, etwas hinzugefügt wird, so wird auch in der zweiten Unschuld etwas hinzugefügt. Die Erinnerungen an ein kürzlich aufgeführtes Schattenspiel sind, obwohl sie in den Details verblasst sind, selbst wie Schatten auf der Leinwand der Erinnerung und machen uns das Licht der Leinwand der Stille bewusster.
⁶
„Zu gegebener Zeit kam der Einfluss der Schule und der Spielkameraden. Die erwachsenen Kinder versuchten, Wujis⁷ Werte- und Wahrheitsbewusstsein zu reformieren, zu verbessern