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Heimatluft: Die Drachen von Tashaa
Heimatluft: Die Drachen von Tashaa
Heimatluft: Die Drachen von Tashaa
eBook359 Seiten4 Stunden

Heimatluft: Die Drachen von Tashaa

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Über dieses E-Book

Delta hat ihren Platz in Tashaa gefunden. Die einstige, aus ihrer Heimat vertriebene Prinzessin von Kelkatamien hat sich ganz und gar in den Dienst des Fürstentums gestellt.
Aber was so ist, muss nicht so bleiben. Was, wenn die Familie sich an sie wendet und um ihre Hilfe bittet? Wird Delta dem Ruf der Heimat widerstehen oder wird die Feuerwächterin Tashaa und ihre Drachen verlassen?
Es gibt allerdings noch eine andere Möglichkeit und vor dieser fürchtet sich die ganze Welt.
Werden die Drachen Delta begleiten und ihr den Weg zurück auf den Thron von Kelkatamien ebnen?
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum29. Dez. 2023
ISBN9783969371336
Heimatluft: Die Drachen von Tashaa
Autor

Kar Arian

Wollen Sie eintauchen und alles um sich herum vergessen? Kar Arian schenkt den Blick hinter die Kulissen und beginnt dort, wo andere nie hinkommen. Erleben Sie hautnah mit, wie es ist, ein Drachengefährte zu werden und das Leben mit einem Drachen zu teilen. Wie leben diese mächtigen Lebewesen wirklich, wenn sie nicht als schnöder Panzerersatz in Kriege verwickelt werden? Wer Lust hat, Drachen pur zu erleben, jenseits von dem, was man üblicherweise von ihnen zu sehen bekommt, der folge Kar Arian in das Land Tashaa.

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    Buchvorschau

    Heimatluft - Kar Arian

    Kar Arian

    Der Oberste Konsiliator

    Band 2

    Heimatluft

    Fantasyroman

    Informationen über die Welt der

    Drachen von Tashaa

    finden Sie unter:

    www.drachen-von-tashaa.de

    Dort können Sie zum Beispiel die

    Übersetzung des Farbcodes der Drachen nachlesen.

    E-Book, Originalausgabe, erschienen 2023

    1. Auflage

    ISBN: 978-3-96937-133-6

    Copyright © 2023 LEGIONARION Verlag

    im Förderkreis Literatur e.V.

    Sitz des Vereins: Frankfurt

    www.legionarion.de

    Text © Kar Arian

    Coverdesign: © Dream Design – Cover and Art

    Umschlagmotiv: © shutterstock 428892673 / 257030473 / 53658646

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    logo_xinxii

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

    Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

    Dies gilt insbesondere für elektronische oder sonstige Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

    detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Die Handlung, die handelnden Personen, Orte und Begebenheiten dieses Buchs sind frei erfunden.

    Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, ebenso wie ihre Handlungen sind rein fiktiv, nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.

    Das Buch

    Delta hat ihren Platz in Tashaa gefunden. Die einstige, aus ihrer Heimat vertriebene Prinzessin von Kelkatamien hat sich ganz und gar in den Dienst des Fürstentums gestellt.

    Aber was so ist, muss nicht so bleiben. Was, wenn die Familie sich an sie wendet und um ihre Hilfe bittet? Wird Delta dem Ruf der Heimat widerstehen oder wird die Feuerwächterin Tashaa und ihre Drachen verlassen?

    Es gibt allerdings noch eine andere Möglichkeit und vor dieser fürchtet sich die ganze Welt.

    Werden die Drachen Delta begleiten und ihr den Weg zurück auf den Thron von Kelkatamien ebnen?

    Inhalt

    Visionen

    Burg Harnankor

    Die Feuerwächterin von Tashaa

    Ein Spiel zu viel

    Der Stein auf der Heide

    Im Sperrgürtel

    Brennende Fragen

    Lieder der Nacht

    Tarius

    Eldorado, das Fürstentum und die Länder der Welt

    Visionen

    Ich wollte nicht. Ich wollte nicht kommen, ich wollte nicht an den Sperrgürtel geschickt werden, um dort einen Drachen abzuholen. Ich wollte nicht – ich wollte nur eines. In Ruhe gelassen werden. In Eldorado bleiben können. Bei meinem Drachen sein.

    Sie sollten mich doch in Ruhe lassen. Alle. Die gesamte verdammte Menschheit.

    Ich konnte nicht schon wieder lostigern und irgendwelche Kastanien aus dem Feuer klauben.

    Aber du verbrennst dir dabei wenigstens nicht die Finger. Sie schon.

    Mistiger Einwand. Natürlich stimmte das. Natürlich riefen sie mich nicht, wenn es nicht irgendwo brannte. Natürlich hatte ich schon öfter genau über diesen Punkt lamentiert. Konnte man mich nicht auch mal einfach so anrufen? Nein, denn wenn sie das tatsächlich gewagt hätten, hätte ich ihnen vermutlich das Handy an den Kopf geworfen.

    Ihm. Dies. Aber jetzt gab es kein Handy mehr. Verdammte Kiste!

    »Brenn?«

    Er hörte sich zaghaft an. Natürlich. Ich an seiner Stelle hätte mich vermutlich nach Maus angehört. Saß in irgendeinem Loch und pfiff aus dem letzten.

    »Was ist los?«

    Dies. Ich verbiss mir diese Antwort in der letzten Sekunde. Damit wäre es der allerbeste Auftakt geworden. Nicht.

    »Ich komme ungelegen, nicht wahr? Brenn, ich kann mir das selber ausrechnen. Du…« hast dich nicht gemeldet.

    Nicht Bescheid gegeben, wie es uns ging. Wie es mir ging. Wie es den Drachen ging. Nichts.

    Kein Ton aus Eldorado.

    Tagelang. Wochenlang. Monatelang.

    Dies hatte darunter gelitten. Jetzt litt Tarius.

    Mist.

    Ich räusperte mich. »Es geht schon. Irgendwie geht es bestimmt. Wo ist der Drache?«

    »Kein Drache, Brenn.« Er hörte sich sehr verlegen an. Mein Instinkt brach warnend aus der Deckung, in die er sich gerade verzogen hatte.

    »Kein Drache? Warum brauchst du mich dann in Tashaa, Tarius?«

    »Wir haben ein staatspolitisches Problem.«

    Ähm. Das musste ich erst einmal verdauen. Sie hatten – was? Ein staatspolitisches Problem? Und darum rief er mich an?!? War er von allen guten Geistern verlassen?!?

    »Was soll ich denn dabei? Tarius, was soll das?«

    Das war ja wohl die Knallerbse des Jahres! Ich hockte hier doch nicht herum, drehte Däumchen und hatte nichts Eiligeres zu tun, als mich auf die Socken zu machen, wenn sie in Tashaa husteten! Verdammt, mit ihren Nachbarszwistigkeiten sollten sie mich verschonen!

    Ich hatte die Nase voll. Gestrichen voll. Ich wollte sofort an meinen Strand zurück und diesen blöden Klingelzug hätte ich am liebsten in irgendeine Ecke gefeuert. Dabei hatte ich ihn Tarius genau deswegen verpasst, damit er mich erreichen konnte, ganz egal, wo ich auch gerade in der Gegend herumgrollte.

    »Brenn, es wäre mir lieb, wenn du kommen würdest. Ich bin mir sicher, dass damit die größten Schwierigkeiten beseitigt werden können.«

    Wie schön für sie. Allein ich glaubte nicht daran. Ich hatte mit der Außenpolitik von Tashaa so viel am Hut wie ein Hütehund an einer Honigwabe.

    Berkom grollte verhalten. Er verstand diesen Vergleich auf Anhieb und er gefiel ihm auf Anhieb überhaupt nicht.

    Ein Hütehund hatte natürlich kein Interesse an einer Honigwabe. Aber ein Bär. Und wenn die Honigwabe im Baum neben der Wiese hing, auf der die zu bewachende Schafherde graste, dann hatte der Hütehund mit einem Mal alle Pfoten und womöglich Zähne voll zu tun. Womöglich ganz plötzlich.

    »Tarius, was ist denn nun wirklich los? Wer ist in Schwierigkeiten?«

    »Delta.«

    Ich atmete. Viel mehr tat ich eine Schrecksekunde lang nicht mehr. Dann brach es aus mir heraus: »Was ist mit ihr? Ist sie entführt worden? Wo muss ich sie rausholen? Gibt es schon eine Lösegeldforderung? Oder ist sie krank? Braucht sie eine besondere Medizin? Ich komme, Tarius. Wir sind in zwei…« Berkom drosch seine Pranke direkt neben mir auf den Boden. Ich zuckte zusammen und konnte den Satz nicht beenden.

    Lass ihn zu Wort kommen. Und wir sind nicht in zwei Tagen da. Es wird eine Woche dauern und das weißt du. Du willst doch verkehrstauglich dort landen, oder? Wenn du wie ein Irrer einen Marathonflug hinlegst, sind wir danach zum Wegwerfen. Das nutzt niemand etwas, Brenn, okay?

    Ich knurrte. Tief. Wütend. Delta! Jemand wollte ihr ans Leder. Verdammt!

    »Hör auf zu fluchen, Brenn. Niemand hat Delta entführt. Sie ist auch nicht krank.«

    Tarius holte tief Luft. Mein Knurren schien ihm zuzusetzen. Ich versuchte, mich zu mäßigen. Mit mäßigem Erfolg.

    »Es gibt Probleme mit ihren Geschwistern.«

    Oh verfluchte Scheiße! Tarius zuckte bei den Flüchen, die mir entwischten, schmerzlich zusammen. Dabei war er doch an Dies’ Fluchen gewöhnt! Der war damit auch immer recht freigiebig gewesen, zumindest, wenn es um mich ging. Ich hatte Tarius nicht als Waisenknaben in Erinnerung.

    Erinnerungen konnten trügen. Deltas Geschwister hatten sie in Ruhe gelassen und sich zurückgezogen, als sie naturalisierte Tashaanerin geworden war und einen festen Job als Rechte Hand der Fürstin angenommen hatte.

    Von ihren Geschwistern war nie mehr als eine Randnotiz aufgetaucht. Wir hatten sie abgehakt. Sie wollten sowieso von diesem schaurig unterentwickelten provinziellen Ländchen, in dem man sich sogar mit Drachen, pfui Teufel, abgab, nichts wissen. Delta hatte schon immer einen seltsamen Geschmack gehabt, sonst wäre sie ja auch keine Arenakämpferin geworden. Für eine Prinzessin, selbst eine vertriebene, war das eine reichlich exotische Lebensgestaltung.

    Und nun also doch. Nun wollte ihre Familie sie doch ins Boot holen, um sich die Herrschaft zurückzuholen.

    Wir hatten das befürchtet. Die Furcht war kleiner geworden, aber gewiss nicht ganz gewichen.

    Natürlich wollte Tarius mich unter diesen Umständen bei sich haben. Delta war eine Feuerwächterin Tashaas. Um genau zu sein, war sie meine Feuerwächterin. Wenn ich da war, galt ihr erstes Augenmerk mir. Umgekehrt war das auch so. Die politischen Ränkezüge ihrer Geschwister waren an dem Punkt für sie nicht mehr sonderlich wichtig.

    Hoffte ich jetzt mal. Sehr. Denn wenn das anders war, dann hatte ich ein Problem. Ein sehr, sehr großes.

    Würde es mir gelingen, Delta davon abzuhalten, etwas zu tun, was ihr den Kopf kosten würde? Was, wenn sie mich darum bat, für sie in ihrer Heimat zu kämpfen? Tarius würde mir das nie und nimmer gestatten. Aber Blutsbande wogen schwer. Sehr schwer.

    Und last but not least, was wollte Delta selbst? Wollte sie vielleicht gerne in ihre Heimat zurückkehren und dort wieder als Prinzessin leben?

    Möglicherweise reichte es ja, wenn sie mich einfach vor sich her marschieren ließ, um die Bevölkerung in Kelkatamien zum Umschwung zu bewegen? Dummheit. So funktionierte das nicht. Also, es funktionierte durchaus, aber das hatte keinen Bestand. Wenn man die Menschen mit Furcht und Gewalt unterjochte, mochte sich zwar eine Führungsriege damit etablieren, aber halten, und zwar auf Dauer, das gelang mit diesen Mitteln nicht so leicht. Ob aber Deltas Geschwister so weitsichtig waren und ihre Machtposition dann politisch klug absicherten, das war mir sehr unklar. Jedenfalls stünde ihr Haupttreffer, wenn sie denn wirklich auf mich reflektierten, sehr bald nicht mehr zu ihrer Verfügung.

    Berkom würde mir eine Fahrt übers Meer vielleicht gestatten, aber keinen jahrelangen Aufenthalt dort. Wenn aber das Trumpfass fehlte, dann stürzte das Kartenhaus schon mal zusammen.

    Und Delta würde darunter begraben werden.

    Die Spalte von Sandragrab war noch bösartiger als sonst. Sie schien meine eh schon rabenschwarzen Gedanken noch um einiges zu verstärken. Dabei hatte ich doch überhaupt keine Zeit dazu, mich auf den Knien darum zu quälen, ein paar Atemzüge zu machen, ohne dass mir schier der Mageninhalt zum Mund heraushüpfte. Es war ätzend. Buchstäblich. Irgendwann kam nämlich nur noch Galle.

    Tja, da kriegt der Lehrspruch doch gleich eine ganz besonders intensive Ausprägung. Du spuckst wahrlich Gift und Galle. Jetzt lass uns doch erst einmal anhören, was wirklich los ist, bevor du dich komplett festkletterst.

    Okay, das war ein vernünftiger Vorschlag.

    Ich kletterte mit weichen Knien auf Berkom und der trug mich einige Stunden lang geduldig sehr fürsorglich durch die Landschaft. Erst dann flog er wieder und dabei ließ er sich auch nicht erweichen. Ich konnte betteln, wie ich wollte. Er machte früh genug Pause, damit ich ausreichend lange schlafen konnte, um mich zu erholen. Natürlich hatte er recht. Ich erholte mich dadurch sehr rasch von den Auswirkungen der Spalte und wir konnten danach erheblich schneller unterwegs sein, als wir das sonst gekonnt hätten. Auf ein paar Tage hin gerechnet machte sich das schon bemerkbar.

    Wir landeten wie üblich im Stiftungswald und wie üblich würde gleich jemand auftauchen, um uns in Empfang zu nehmen.

    Ich bleckte meine Zähne. Es wäre nett gewesen, wenn es wirklich so gewesen wäre, aber in Wahrheit waren wir noch nicht so weit, dass man dieses Ereignis als eine Art Tradition bezeichnen konnte. Der Stiftungswald war noch keine Tradition. Aber er hatte definitiv das Zeug dazu, eine zu werden.

    Ich lehnte mal wieder an einem Baumstamm und wartete darauf, dass wir abgeholt würden. Das Empfangskomitee hatte unseren Anflug auf Garantie gemeldet bekommen und musste sich nur noch repräsentabel herrichten, um den richtigen Eindruck, bei wem auch immer, zu hinterlassen. Schließlich stand nur ich herum und für mich brauchten sie diesen Zinnober nicht zu veranstalten, aber vielleicht lauerte die Hofgazette um die Ecke, wer wusste das schon.

    Berkom hatte sich geruhsam hinter einer Waldecke hingelegt und sonnte sich. Drachen wussten eben aus jedem Päuschen das Optimale herauszuholen. Ich wollte lieber das Empfangskomitee in Empfang nehmen und das Warten reizte mich etwas. Vielleicht reizte mich auch mein sich sonnender Drache.

    Ich vergaß schlagartig seine und meine Stimmung. Ich vergaß alles.

    Er ritt auf mich zu und ich stierte sie einfach an, Mann und Pferd. Das war jetzt nicht wahr, oder? Doch. War es. Er war noch so jung, aber er hatte bereits die Statur eines Denkmals. Sartos saß auf ihm wie angegossen und die beiden zusammen waren einfach umwerfend. Sartos lächelte. Er sah vermutlich ganz genau, was in mir vorging, konnte es aus meinen Augen lesen. Er saß ab und nahm seinem Pferd alles ab, Sattel, Zaumzeug, alles, und er wusste nur zu genau, warum er das tat.

    Ich war bei ihm wie ein Windhauch. Bei seinem Pferd. Dem großen roten Hengst mit der schwarzen Mähne. Er stand still, als ich meine Arme um seinen Hals legte, mein Gesicht an ihn drückte. Etwa eine halbe Minute lang stand der Derwisch so still wie ein Denkmal, dann stieg er mit einem hellen Wiehern.

    Der Ton ging mir durch und durch, denn ich kannte ihn. Er war mein Willkommensgruß und meiner ganz allein. So rief er nur mich. Für Sartos hatte er ein ganz spezielles dunkles Brummeln. Ich ließ ihn den Griff meiner Hände sprengen, ließ mich abschütteln, drückte mich von seinem Leib weg, sprintete davon und Sartos’ Hengst raste hinterher. Ich schlug Haken, der Hengst folgte mir elegant auf der Hinterhand drehend. Ich wich seinen wirbelnden Hufen aus, als er nach mir schlug und schlug über einem zuschlagenden Drachenschwanz einen Salto. Der Derwisch sprang elegant über die rasiermesserscharfen Zacken hinweg.

    Das war der Moment, in dem ich so langsam zu mir kam. Berkom intervenierte? Der Derwisch verhielt kurz, dann schnaubte er laut und kam in einer geradezu vollkommenen Passage auf uns zu. Vor Berkom verharrte er, hob seinen Kopf und Drache und Pferd beschnupperten sich mit aller gebotenen Höflichkeit. Ich seufzte tief auf. Der rote Hengst tänzelte ein paar Schritte zur Seite. Berkom stieß ein wenig Wasserdampf aus, sorgfältig neben das Pferd gezielt. Sartos trat langsam zu uns und streifte seinem Hengst ein Halfter über.

    »Darf ich?«, fragte er höflich.

    Ich nickte gedankenverloren. Der Derwisch war jetzt eindeutig Sartos’ Pferd. Er hatte sich von ihm völlig unkompliziert aufhalftern lassen. Und er war genauso eindeutig immer noch der Derwisch. Er hatte sofort wieder gewusst, wie er mit mir spielen konnte. Ein träumerischer Ausdruck trat in meine Augen. Er würde absolut fantastisch zu TNT passen. Die beiden würden so genial miteinander spielen können! So schade, dass die beiden sich nie treffen würden.

    Aber vielleicht konnte ich ja den Derwisch mal in TNTs Träume schicken? Das wäre es! Ich würde die beiden voneinander träumen lassen! Dann konnten sie richtig gut zusammen spielen. Ein Prankenschlag riss mich von den Beinen und ließ mich drei Meter weiter heftig auf die Erde prallen. Ich überschlug mich und bevor ich hochkommen konnte, hatte ich eine Pranke mit spitzen Krallen auf meinem Leib. Ich bekam kaum Luft unter dem Druck des Drachenkörpers, der urplötzlich auf mir lastete.

    Wage es! Eine dunkelrote Schliere raste durch mein Gesichtsfeld. Es gibt nur einen Drachen, dessen Träume du teilst! Nur einen!

    Ich kam zu nichts mehr. Seine Hand legte sich auf mich. Mehr tat sie nicht, aber ich war ihr hilflos ausgeliefert und wusste das nur zu gut. Der Hand meines Drachen war ich immer machtlos ausgeliefert gewesen. Ich konnte mich nicht mehr rühren und nur eines tun. Es aushalten. Und das musste ich auch, denn er ließ seine Hand eine gefühlte Ewigkeit auf mir liegen. Mehr tat er zwar nicht, er riss mich nicht auf, er drückte nicht mal zu, es tat nicht weh, aber mein Körper hatte sich in Erwartung des Schmerzes verkrampft und verspannt und diese Verspannung konnte ich nicht lösen, solange er mich so festhielt.

    Letztendlich machte mich das fertig; diese Spannung über einen derartig langen Zeitpunkt konstant aufrechtzuerhalten, war anständig anstrengend. Endlich ließ er von mir ab. Ich begann regelrecht nach Luft zu schnappen. Die Spannung in meinem Körper löste sich, ich fiel praktisch in mich zusammen.

    Die Drachenläufer hatten einen weiten Ring um uns gezogen, sie ließen uns beträchtlich Raum. Sartos kam langsam näher. Er sah Berkom wachsam an, dann ging er vorsichtig neben mir in die Knie. »Brenn? Geht es wieder?«

    Ich nickte noch immer atemlos.

    »Was war das?« Natürlich, was Berkom da mit mir machte, konnten die Menschen nicht verstehen.

    »Er hat mir was verdeutlicht.«

    Sartos linste zu Berkom hoch. Der Blick war sprechend. Berkom stieß erneut Wasserdampf aus und drehte den Kopf diesmal von Sartos weg.

    »Okay. Und jetzt ist er damit fertig?«

    »Vorläufig. Glaube ich.«

    »Derwisch?«

    Ich schüttelte leicht den Kopf. »Nein, der Derwisch hat damit nichts zu tun. Der hat ihn ja höflich gefragt, ob er mit ihm spielen will und es anstandslos akzeptiert, dass Berkom diesmal nicht mitmachen wollte.«

    »Diesmal?«

    »Vielleicht macht er das auch nur bei Berkom so und bei anderen Drachen nicht. Er kennt Berkom eben schon von Fohlenbeinen an. Damals, in Hallerand, hat Berkom ja mit ihm gespielt, daran erinnert er sich wohl.«

    Sartos’ Blick strich zwischen mir und Berkom hin und her. Er sondierte die Lage. Mein Atem hatte sich wieder beruhigt. Ob Sartos die Situation beruhigend fand, wagte ich zu bezweifeln. Er hatte recht damit.

    Die Arme um meine Knie geschlungen und den Kopf darauf vergraben, wollte ich an diesem Tag, als das Lager aufgeschlagen worden war und das Leben seinen üblichen Gang nahm, nichts mehr von irgendjemand wissen. Natürlich hatte ich mir einen ordentlichen Platz dafür ausgesucht. Natürlich hatte ich den dafür passenden Zeitpunkt ausgesucht.

    Man konnte sich nicht gut von der Welt zurückziehen, wenn man zum Futtern gerufen wurde oder das Lagerfeuer anzünden sollte oder der eigene Pacivakator auftauchte, einen befriedete und irgendwas von einem wollte, zum Beispiel, dass man sich in ein Zelt verzog und ihm da zur Verfügung stand. Natürlich kam ich damit trotzdem nicht sonderlich weit. Ein Drache setzte sich höchst unerwünscht zwei Büsche weiter hin und guckte in die Gegend. Dann guckte er an, was ich gerade fabrizierte: einen granitharten Block Abwehr. Ich schottete ihn ab und hatte das rechtzeitig getan. Er kam nicht zu mir durch. Er versuchte es auch nicht. Er wartete eine Weile. Als sich nichts änderte, fauchte er leise. Das änderte auch nichts. Natürlich nicht. Gerade änderte das absolut nichts.

    Ja klar. Bockbeiniger Kerl. Du willst mal wieder nicht mehr mitmachen, was? Muffensausen der gehobenen Klasse, so, bist du jetzt an dem Punkt? Aussteigen?

    Ich reagierte nicht. Vielleicht blockte ich noch etwas stärker. Vermutlich. Berkom registrierte das.

    Also liege ich vollkommen richtig. Du weißt, dass du damit nicht durchkommst?

    Ach ja? Und wieso nicht, bitteschön? Ich konnte ja wohl sehr wohl aufhören, wenn mir danach war. Konnte doch jeder. Wenn man nicht mehr Geige spielen wollte, legte man sein Instrument eben in den Kasten und stellte den weg. Ende der Durchsage. Berkom fauchte leise. Ich drückte meine Arme fester um meine Beine und presste den Kopf stärker auf meine Knie. Ich wollte einfach nicht mehr. Ich wollte, dass es aufhörte.

    Man kann eine Gabe nicht an- und ausknipsen. Du hast sie nun mal und musst mit ihr leben. Es nutzt nichts, wenn du deinen Kopf in den Sand stecken willst. Sie wird sich nicht darum kümmern, sondern dich wieder packen, wenn es so weit ist.

    Aber ich hasste es! Na ja, gut, schön, nein, ich hasste es nicht. Ich hatte Angst davor. Denn alles, was mir meine Visionen gezeigt hatten, war auch wahr gewesen. Oder geworden. Das Schöne, wie das Schreckliche. Und ich wusste nicht, was ich noch sehen würde. Ich hatte Angst davor.

    Vor so langer Zeit hatte ich Sartos in der olivgrünen Uniform der Drachenläufer gesehen und gedacht, diese Vision würde nie Wahrheit werden. Wie denn! Er würde Dies bewachen und danach würde er bei Hera sein. Finis. Es hatte mich ungemein beruhigt, weil ich damit auch meine anderen Visionen als Träume einordnen konnte, die eben genau das waren. Träume. Manche wurden vielleicht wahr und manche nicht und damit hatten sie nicht mehr diese beängstigende Wucht, die Träume von Visionen unterschied.

    Nun trug Sartos die olivgrüne Uniform der Drachenläufer. Nun war er der Drachenkommandant und ritt einen roten Hengst. Und mich schüttelte die Angst. Eine Gabe? Diese Visionen sollten eine Gabe sein? Warum ich? Warum musste ich damit kämpfen? Darunter leiden?

    Jeder fand eine Gabe etwas ungemein Tolles. Es machte einen zu etwas Besonderem. Pfeifendeckel. Es war eine Last. Ich hätte gerne in irgendwas hineingebissen. Es geschüttelt, geknurrt, es totgeschüttelt. Irgendwo grollte es in den Tiefen der Erde. Na schön, ich wusste genau, wo. Ja, ja, er würde nicht ausbrechen. Berkom brauchte nicht mich zu schütteln. Auch nicht totzuschütteln.

    Mein Drache verdrehte die Augen. Wenn ich anfing, meiner Umgebung so auf die Nerven zu gehen, wurde es besser mit mir. Dann protestierte ich nur noch pro forma, war aber schon halbwegs dabei, mich mit der Situation zu arrangieren.

    Befriedigt stieß Berkom ein wenig Feuer aus und legte sich hin. Natürlich würde er mir nicht von der Pelle weichen, denn immerhin konnte ich schon noch einen besonders dämlichen Anfall bekommen und irgendwas Hirnrissiges probieren. Über eine Kante einen Berghang herunterfallen oder so ähnlich.

    Ich grollte dunkel. Schon recht. Wenn man ein begnadeter Geiger war und die Geige einfach wegpackte, wurde man ziemlich sicher krank. Bei Visionen hatte man erst recht keine Chance. Sie überfielen einen und man war ihnen nahezu wehrlos ausgeliefert. Wegdrücken? Ja klar. Man konnte sich zudröhnen, dann kamen sie nicht mehr durch. Alkohol, Sex, Drogen, passte alles dazu. Als Drachengefährte war nichts davon brauchbar. Als anständiger Drachengefährte sollte man keine Visionen haben.

    Ich mag es, wenn du Visionen hast. Ein rosafarbiges Bläschen trudelte in meine Richtung. Ich sah es, ohne den Kopf von den Knien heben zu müssen.

    »Und wenn es das Ende der Welt ist?«

    Er zuckte nicht mal mit dem Schwanz. Dann ist es das. Irgendwann kommt das Ende dieser Welt sowieso, das weißt du doch. Du doch ganz besonders. So oft, wie du schon dabei zugesehen hast. Im Schwanennebel und so.

    Ich zog den Kopf ein und löste mich instinktiv damit aus meiner Abwehrhaltung. Verdammt, wieso schaffte er es immer noch, mich so zu packen? Ich wusste doch, dass er alles mitbekam, was ich so trieb. Wenn ich mich irgendwo im Universum herumtrieb und zusah, wie ein Stern zum Roten Riesen wurde, dann blieb ihm das nun mal nicht verborgen.

    Die Sonne, die diese Welt hier beschien, würde irgendwann einmal auch so ein Roter Riese werden und dann würde diese Welt sterben, aufgesogen werden, vergehen. Bis es so weit war, würden sie Raumschiffe bauen müssen und andere weit entfernte Planeten finden und besiedeln müssen, sonst würde von ihnen nichts bleiben. Sie würden nicht überleben. Nichts von ihnen. Auch keine Drachen.

    Du meinst, auch die Drachen müssten in Raumschiffe untergebracht werden? Sie werden auch Drachen mitnehmen wollen? Berkom hob seinen Kopf und starrte mich an. Er war verblüfft.

    »Natürlich. Was sollten sie denn auf so einer neuen Welt ohne Drachen anfangen? Das wäre ja mal langweilig.«

    Berkom lachte schallend. Beim Himmel, komm her zu mir! Nur ein Drachengefährte kann auf so einen Gedanken kommen. Komm schon her!

    Ich zog mich schleunigst aus und dann leckte mich Berkom ab. Er machte es so intensiv, wie er es ab und zu gerne machte. Er bekam mich ohne Probleme an den Punkt, wo ich mich in Ekstase unter seiner Zunge wand und Bänder zwischen zerplatzenden Bläschenschauern in allen Farben in den Himmel stiegen.

    Am nächsten Tag erfuhr ich dann auch, warum wir, statt wie von Berkom und mir erwartet, nicht nach Schloss Remartine gebracht worden waren, sondern sofort in die andere Richtung, nach Südosten hin aufgebrochen waren.

    Der Prinz von Tashaa hatte sich mit einem besonderen Auftrag versehen auf eine Exkursion begeben. Er hatte sich diesen Auftrag selbst erteilt. Damon war abgehauen, um die Sache mit Delta und ihren Geschwistern im Alleingang zu regeln.

    Für den Prinzen war das natürlich absolut indiskutabel, er hatte sich damit ordentlich in die Nesseln gesetzt. Arlyn tobte. Es kam mal wieder alles zusammen: die außenpolitischen Probleme mit Delta und ihren Geschwistern, der pubertierende Prinz, der glaubte sich beweisen zu müssen, weil er ja der spätere Herrscher sein würde, und der Aufruhr am Sperrgürtel.

    Aufruhr am Sperrgürtel? Ich sah Tarius mit wachen Augen an. Das war mir neu. Der Oberste Konsiliator von Tashaa seufzte. Er sah den Drachenkommandanten ein bisschen hilfesuchend an. Der biss ein wenig die Zähne zusammen. Er würde sie also nicht auseinanderkriegen.

    Tarius gab sich einen Ruck. »Die Protektoren hatten in der letzten Zeit eine ganze Menge mehr zu tun als sonst. Wir befürchten, dass die vermehrten Versuche von Agenten, in den Sperrgürtel einzudringen, etwas mit dem kelkatamischen Vorgehen zu tun haben, und das, Brenn, das ist alarmierend. Taregon und Crespien tun ihr Bestes. Nach dem Vorfall mit den Seranschanern haben wir sofort die Protektoren personell, so gut es irgend ging, verstärkt. Aber der Sperrgürtel ist lang.«

    Sartos sah mich bedrückt an. Die Sache mit den Seranschanern hing ihm auch noch an. »Die Drachen sind in der letzten Zeit recht unruhig gewesen. Wir hatten viele Drachenbewegungen am Drachenpfad, aber auch anderswo und meine Leute waren dadurch sehr eingespannt. Brenn, wir können nicht mal garantieren, dass nicht doch ein paar Agenten in den Sperrgürtel vorgedrungen sind. Wenn ihnen das gelingt, woran die Seranschaner damals gescheitert sind, dann Brenn, werden wir mit Kelkatamien noch ganz andere Probleme bekommen, als wir sie jetzt schon haben!«

    Ich schluckte. Das verstand sich von selbst. Hatte Kelkatamien von dem Seranschanischen Vorstoß Wind bekommen und sich gedacht, sie könnten, zumal mit der Unterstützung ihrer Prinzessin, mehr Erfolg haben?

    Ich fragte nun doch, weil mich die Ungewissheit schier auffraß. »Wo ist Delta?«

    Wenn sie in der Burg in Tashaa inhaftiert war, wusste ich, was das bedeutete. Wenn sie durch das Land ritt, wusste ich auch, was das bedeutete. Im ersten Fall würde ich große Probleme bekommen. Im zweiten erst recht, denn dann konnte ich nicht wissen, ob sie im Sinne von pro oder contra familias unterwegs war. Sie in die Nähe der Agenten zu lassen, war brisant. Selbst wenn sie im Moment nicht bereit war, die

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