Weltbewegerinnen 2: Starke Frauen - 40 neue Geschichten
Von Claudia Filker und Andrea Specht
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Über dieses E-Book
Frauen können alles bewegen gemeinsam sogar die ganze Welt! Dies beweisen die 40 neuen Geschichten starker Frauen, von denen die Autorinnen Claudia Filker und Andrea Specht in diesem Buch erzählen. Kurzweilig und spannend skizzieren sie das Leben von Frauen, die mit Mut und Tatkraft, Einfallsreichtum und Entschlossenheit, Glauben und Vision die Welt verändert und ein Stückchen besser gemacht haben. Frauen aus anderen Jahrhunderten genauso wie Frauen von heute. Lassen Sie sich von ihnen inspirieren, vielleicht auch Ihre eigenen Träume zu verfolgen
Die 40 Geschichten sind eine Auswahl der besten Porträts aus dem jährlich erscheinenden "FrauenTaschenKalender" und eine Anerkennung dessen, was Frauen für und mit uns bewegt haben.
Claudia Filker
Claudia Filker, Jg. 1957, ist Pfarrerin, Autorin, Referentin und Kommunikationstrainerin für Paare. Sie lebt mit ihrem Mann in Berlin.
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Buchvorschau
Weltbewegerinnen 2 - Claudia Filker
STELLA DEETJEN
ZURÜCK INS LEBEN
Von Magenkrämpfen geplagt sitzt die Vierundzwanzigjährige auf den Stufen zum heiligen Ganges in Benares, Indien, als ein leprakranker Bettler ihr sanft die Hand auf den Kopf legt. Eine Begegnung, die Stella Deetjens Leben komplett verändert. Eigentlich wollte sie zurück nach Nepal, bevor ihr Fotografiestudium in Rom beginnen würde; Benares war nur als Kurztrip gedacht.
Doch sie bleibt. Ohne Berührungsängste und Vorurteile freundet sie sich mit den von Lepra gezeichneten Frauen und Männern an, die aus der Gemeinschaft ihrer Dörfer ausgestoßen wurden und nun auf Almosen der Pilger angewiesen sind. Die tragischen Schicksale der aussätzigen Menschen gehen ihr zu Herzen. Stella kann und will es nicht hinnehmen, dass die Leprakranken rechtlos und unberührbar sind, ihnen jede Würde und Perspektive genommen wird.
Als eines Tages auf Anweisung der Polizei alle Bettler gewaltsam abtransportiert werden, setzt sich die junge Frau kurzerhand mit auf die Ladefläche. Abgeladen in einem Gefängnishof, sind sie sich selbst überlassen. Stella kämpft unermüdlich – und schließlich erfolgreich – für die Freilassung.
Dann erfährt die junge Frau durch eine schweizerische Ärztin, dass Lepra kaum ansteckend ist und sogar durch eine Tablettentherapie geheilt werden kann. Hoffnung keimt in ihr auf. Bislang hatte sie nicht viel über die Krankheit gewusst. 1996, in einer Zeit ohne Internet, lässt sie sich eine Broschüre der WHO schicken und liest dort auch, wie die Wunden versorgt werden müssen, um die Folgen der Krankheit einzudämmen. Mit den 100 Dollar, die ihr die Schweizerin geschenkt hat, startet Stella zusammen mit einer niederländischen Krankenschwester eine improvisierte Straßenklinik. Von nun an säubert sie täglich eitrige, von Maden zerfressene Wunden, legt Verbände an und berührt die Kranken durch ihre bedingungslose Annahme und selbstverständliche Zuwendung.
Wo nötig, bringt sie die Kranken auf eigene Kosten ins Krankenhaus und besorgt Medizin. Auch führt die junge Frau mit denjenigen, die möchten, die zweijährige Tablettentherapie durch und findet passende und kreative Einkommensmöglichkeiten für die Leprakranken. Beides mit Erfolg.
Parallel ermöglicht sie den Kindern der Ausgestoßenen Schulunterricht und Perspektiven aus der Armut. Spenden aus Deutschland helfen, die Arbeit und Projekte auszuweiten. Schließlich gründet Deetjen mit einigen Mitstreitern den Verein Back to Life e. V., der sich 2009 nach Nepal ausweitet – eines der ärmsten Länder der Welt, das Stella ebenfalls sehr am Herzen liegt. Auch hier bewegen sie Schicksale von Menschen, die ohne Unterstützung keinerlei Möglichkeiten haben, aus dem Kreislauf von Armut und Krankheit auszubrechen. In der abgelegenen Himalajaregion Mugu initiiert der Verein zahlreiche Projekte wie verbesserte Bildungschancen, Landwirtschaftsschulungen, Einkommensförderung, Trinkwasserzugang, Geburtshäuser, ärztliche Versorgungscamps und vieles mehr.
Was als kleiner Verein über Mund-zu-Mund-Propaganda begann, erhält heute Spenden in Höhe von 1,5 Millionen Euro jährlich und erreicht 45 000 Menschen mit Hilfe zur Selbsthilfe. Stella Deetjen leitet den Verein als Geschäftsführerin und hat für ihr unermüdliches Engagement bereits viele Auszeichnungen und Ehrungen erhalten, darunter den Womens World Award 2006. (AS)
STELLA DEETJEN
geb. 1970 in Bad Homburg, Entwicklungshelferin in Indien und Nepal
SABINE BALL
MUTTER TERESA VON DRESDEN
1993 kehrt Sabine Ball nach Dresden zurück. Dorthin ist sie seinerzeit mit dem kleinen Bruder aus Königsberg geflohen. In der furchtbaren Bombennacht im Februar 1945 entkamen sie knapp dem Tod. Nun ist sie achtundsechzig Jahre alt. Während andere in diesem Alter ihren Ruhestand genießen, beginnt Sabine das vielleicht größte Projekt ihres Lebens. Trostlose Graffiti, innerlich verwahrloste junge Menschen und heruntergekommene Häuser in Dresden Anfang der Neunzigerjahre rühren ihr Herz und verbinden sich mit ihren Erfahrungen, die sie mit Straßenkindern und Drogensüchtigen in den USA gesammelt hat, verbinden sich mit ihrer grenzenlosen Liebe zu Menschen und ihrem ansteckenden Gottvertrauen. Zwei Koffer und 1500 Dollar Startkapital hat sie für eine verrückte Idee. Schon bald wird man sie die „Mutter Teresa von Dresden nennen. Ihr faltiges Gesicht spiegelt immer noch ihre Schönheit wider, mit der ihr gelungen war, was sie sich als junge Frau vorgenommen hatte: „Ich heirate einen Millionär!
Die schlimmen Kriegserfahrungen prägen ihr Lebensgefühl: Nichts hat Bestand in dieser Welt. 1949 wandert sie in die USA aus, hinein in eine oberflächliche Suche nach dem Schönen und Leichten. Nach Luxus und Glamour. Sabine erlernt den Beruf der Hotelfachfrau und arbeitet anschließend in einem Jachtklub in Miami in Florida. Dort findet sie „ihren" Millionär. Sie findet, was sie suchte: sagenhaften Reichtum. Ein Leben im Überfluss, das allerdings schon bald zum Überdruss wird. Nach zehn Jahren entflieht sie mit ihren beiden Söhnen dem Alkoholismus ihres Mannes. Sie zieht nach Kalifornien. Auf der Suche nach Sinn hat sie Austausch mit Psychotherapeuten, Künstlern, Intellektuellen, unternimmt eine Reise nach Indien und verbringt Monate mit buddhistischer Meditation. Aber Sabine bleibt eine unruhig Suchende.
Sie lebt jetzt radikale Einfachheit, ist von den Hippies fasziniert. Um die jungen Leute von der Drogensucht zu befreien, erwirbt sie in der Nähe von San Francisco ein großes Stück Land. Dafür setzt sie ihr gesamtes Vermögen ein. Dort wird sie zur Hippiemutter, lebt in einer Kommune.
1972 begegnet sie Christen. Mit ihnen liest sie die Bibel. „Wie hat mich Gott berührt!", wird sie später berichten. Endlich ist sie mit ihrem unruhigen Herzen angekommen!
Wieder ein Ortswechsel: Sie macht Erfahrungen als ehrenamtliche christliche Sozialarbeiterin in New York. Schließlich kehrt sie 1980 für kurze Zeit nach Deutschland zurück. Schon lange hat sie auf die monatlichen Zahlungen ihres geschiedenen Mannes verzichtet. Sie ist bereit, auch mit Putzen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Weniges genügt.
Nach der Wende eröffnet sie 1993 in der Dresdner Neustadt in einem ehemaligen Schnapsladen das „Café Stoffwechsel, einen Treffpunkt für gefährdete Jugendliche und Kinder. Sabine Ball hat den Auftrag für ihren Lebensabend gefunden: „Denn wie sollen sie es wissen, dass es einen Gott gibt, der sie liebt und sie annimmt, so wie sie sind, dass er jeden Menschen als wertvoll ansieht?
Sabine Ball sagt es ihnen. Buchstäblich bis zu ihrer letzten Stunde. (CF)
SABINE BALL
1925–2009, Hotelfachfrau, Sozialarbeiterin
LORENA JENAL
WER LIEBT, KRIEGT KRAFT
Seit 1979 lebt Schwester Lorena in Papua-Neuguinea. Der Pazifikstaat ist die Liebe ihres Lebens. Da können die schönen Berge und Täler ihrer Schweizer Heimat einfach nicht mithalten. „Ich habe mich vor 40 Jahren in das Land Papua-Neuguinea verliebt. In seine Menschen. Und wer liebt, kriegt Kraft", erklärt Lorena ihren unermüdlichen Einsatz.
1970 geht Lorena ins Kloster – „um der Freiheit willen". Groß geworden in einem Bauerndorf