Ungebrochen: Frauen erzählen von ihrem Leben zwischen normal und anders
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Buchvorschau
Ungebrochen - Books on Demand
Tamara Pabst mit Shinja Auf der Maur, Oezlem Bächli, Claudia Carlucci, Mareike Fuisz, Nora Junod, Claudia Alice Kollros, Lydia Landert, Marion Mahnke, Erika Suter, Daniela Thürlemann Klingele, Astrid Toma, Michaela Waldvogel, Elsi Weber.
Es sind Mütter und Frauen, starke Mütter und Frauen, die die Kraft in sich gefunden haben, eine unerwartete Herausforderung anzunehmen und daran gewachsen sind. Ihre Auseinandersetzung mit einer sogenannten Einschränkung zeigt, dass sich wahrer Reichtum an Orten findet, die anfänglich fremd erscheinen oder sogar Angst machen.
Dieses Buch ist allen mutigen Frauen und Müttern gewidmet, die sich unerschrocken auf den Weg der Heldin machen, jeden Tag aufs Neue.
Idee und Redaktion: Tamara Pabst
Warum es dieses Buch gibt
In den Worten der hier versammelten Frauen erkenne ich eine vielfältige Welt, geboren aus unerschrockenem Mut und wacher Offenheit. Dort will ich leben.
Herzlich danke ich Shinja Auf der Maur, Oezlem Bächli, Claudia Carlucci, Mareike Fuisz, Nora Junod, Claudia Alice Kollros, Lydia Landert, Marion Mahnke, Erika Suter, Daniela Thürlemann Klingele, Astrid Toma, Michaela Waldvogel, Elsi Weber für ihr Vertrauen in meine Idee und für ihre Unterstützung.
In Euch wird das, worauf ich hoffe, fassbare Realität.
Inhalt
Warum es dieses Buch gibt
Rund um Trisomie 21
Es ist normal, anders zu sein Shinja Auf der Maur
Gekämpft. Gelitten. Gewonnen. Oezlem Bächli
Wundertüte Alessandro Claudia Carlucci
Ich liebe meine Tochter. Ich verrate meine Tochter. Mareike Fuisz
Ein erfülltes Leben – trotz Einschränkungen Nora Junod
Feenstaub im Alltag Claudia Alice Kollros
Jeden Tag eine Lösung Lydia Landert
Jenseits von Normalität: special needs parenting Marion Mahnke
Die Welt in Pink Erika Suter
Wie gut es wir doch haben Daniela Thürlemann Klingele
Mut und Gelassenheit Astrid Toma
Leben im Hier und Jetzt Michaela Waldvolgel
Es geht immer weiter Elsi Weber
Die Lehren des kleinen Prinzen Tamara Pabst
Warum es dieses Buch gibt
Es ist normal, anders zu sein. Wage es, anders zu sein. Was heisst denn schon normal? Normal ist langweilig. Ich bin anders. Du auch. Erst das Anderssein macht einen Menschen interessant. Viele denken, dass Anderssein heisst, hässlich, komisch, einsam oder ungewollt zu sein. Das stimmt alles nicht. Anders zu sein heisst, einzigartig zu sein. Und einzigartig sein heisst, unverwechselbar zu sein. Wir werden nicht geboren, um alle gleich zu sein. Anderssein ist eine Superkraft.
Ein Kind mit besonderen Bedürfnissen. Ein besonderes Kind. Ein behindertes Kind. Ein aussergewöhnliches Kind. Ein einzigartiges Kind. Mit einem Chromosom mehr. Mit kognitiver Beeinträchtigung. Mit einer Lernbeeinträchtigung.
Wie alle Eltern drehe ich die verschiedenen Wörter und Beschreibungen, die auf dich zutreffen könnten, hin und her. Ich erkenne dich in keinem der Begriffe.
Du selbst hast lange gebraucht, bist du deinen Namen mit dir selbst assoziieren konntest. Nun bist du Rishi und sagt über dich selbst: „ich bin süss". Du weisst nun auch, dass du ein Junge bist. Und mein Sohn. Diese vier Eckpunkte definieren im Moment deine Identität. Anders, verschieden, nicht gleich wie die anderen Kinder – bis jetzt scheint es dir nicht aufzufallen und du scheinst auch nicht darunter zu leiden.
Das Anderssein entsteht in unserem Blick auf dich. Wir schätzen ein, inwiefern du bekanntem Verhalten und erwarteten Leistungen entsprichst. Erziehung zielt auch darauf ab (selbstverständlich neben der Erhöhung deiner Selbstwirksamkeit), dich angepasster und voraussagbarer zu machen.
Du bist anders, weil wir oft im Voraus nicht fähig sind, dich und dein Verhalten einzuschätzen und uns so mit etwas Unbekannten auseinander setzen müssen. Fremd, unverständlich und anders ist also nicht eine Eigenschaft, die dir zugeschrieben werden kann, sondern weist darauf hin, dass wir den Zugang zueinander nicht finden, noch nicht gefunden haben. Die Verständigungsbrücke müssen wir noch schlagen – nicht ein für alle Male, sondern täglich, stündlich aufs Neue.
Ein Wort, ein Geruch, eine Farbe: die Wahrnehmung der dich umgebenden Welt hat einen ganz eigenen Rhythmus und Bandbreite. Du schaust in die Nähe. Dir ist wichtig, was Beziehungen unmittelbar beeinflusst. Emotionen brechen ungefiltert über dich herein. Es braucht achtsame Resonanz von den Menschen, die dich umgeben, um nachvollziehen zu können, was du wahrnimmst und wie du es verarbeitest. In dem Masse, in dem ich mich dir annähere und die Welt durch deine Augen und Ohren betrachte, verringert sich die Distanz und das Gefühl des fremden Anderssein zwischen uns. Modell zu haben. Du ziehst an mir, formst mich neu, forderst Neues von mir.
Mit dir, überraschendes Du, werde ich weiter, sprenge ich meine Grenzen.
Rund um Trisomie 21
Menschen mit Trisomie 21 teilen unser Leben schon lange. Knochenfunde eines fünf- bis siebenjährigen Kindes, welche in Ostfrankreich auf einem Friedhof gefunden wurden, weisen darauf hin, dass dieses Kind mit Trisomie 21 gelebt haben muss. Ein weiteres, oft zitiertes Beispiel, welches anschaulich zeigt, dass Menschen mit Trisomie schon lange unter uns leben, ist das Bild „Die Anbetung Jesu" aus der Sammlung des New Yorker Metropolitan Museum of Art (1515, wahrscheinlich ein Schüler von Jan Joest von Kalkar). Das Bild zeigt einen Engel und einen Schafhirten mit breiten Gesichtern und mandelförmigen Augen. Ihre Gesichtszüge unterscheiden sich deutlich von denen der anderen Anwesenden. Der Schafhirte lugt hinter einer Wand hervor, die ihn ganz fast verbirgt. Es ist, als würde er nicht ganz dazugehören, sondern um seinen Einlass in die Szene kämpfen. Zur Rechten Marias