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Psychische Spätfolgen von NS-Zeit und Krieg bewältigen: Ein Schichtenmodell für die therapeutische Praxis
Psychische Spätfolgen von NS-Zeit und Krieg bewältigen: Ein Schichtenmodell für die therapeutische Praxis
Psychische Spätfolgen von NS-Zeit und Krieg bewältigen: Ein Schichtenmodell für die therapeutische Praxis
eBook227 Seiten2 Stunden

Psychische Spätfolgen von NS-Zeit und Krieg bewältigen: Ein Schichtenmodell für die therapeutische Praxis

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Über dieses E-Book

Bei der Betrachtung psychischer Spätfolgen von Zweitem Weltkrieg und NS-Zeit stehen eher Opfererfahrungen als eine NS-Täterschaft in der Familie im Fokus. Bei allem heutigen historischen Wissen zum Nationalsozialismus findet sich bis in die Gegenwart häufig eine Meidung dieses Themas im familiären Kontext. Unter Rückgriff auf die Archäologie-Metapher von Sigmund Freud stellt Ulrike Pohl ein psychoarchäologisches Schichtenmodell vor, das den Zugang zu dieser Thematik erleichtern kann. Subjektive Erfahrungen werden hier als aufeinander aufbauende psychische Schichtungen aufgefasst. Auf diese Weise können Komplexität und Widersprüchlichkeit menschlicher Erfahrungen dargestellt werden. Es bietet sich eine Möglichkeit, dem dichotomen Opfer-Täter-Denken zu entgehen und eine engere Verbindung zwischen Familiengeschichte und historischen Fakten herzustellen. Hinweise für das therapeutische Vorgehen und Fallbeispiele geben Anregungen für die praktische Anwendung.


Die Autorin:

Dipl.-Psych. Ulrike Pohl studierte Psychologie und Sozialwissenschaften. Nach klinischer und wissenschaftlicher Tätigkeit im psychiatrischen Bereich ist sie als Psychologische Psychotherapeutin niedergelassen. Neben ihrer Praxistätigkeit in Bad Krozingen ist sie als Dozentin im Rahmen psychotherapeutischer Fort- und Weiterbildung zu den psychischen Langzeitfolgen von NS-Zeit und Zweitem Weltkrieg tätig.


Die Mitautoren:

Dr. med. Dipl.-Psych. Peter Streb, Studium der Psychologie und Medizin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin, ist nach langjähriger Tätigkeit als Oberarzt in den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel und der Psychiatrie Baselland seit 2011 in eigener Praxis in Basel tätig. Schwerpunkt ist die Behandlung von Traumafolgestörungen. Er ist Mitglied der Ethikkommission der DeGPT.


Mag. Cristina Budroni ist systemische Familientherapeutin, EMDR-Traumatherapeutin, Leiterin der Kinder- und Jugendabteilung in ESRA. Neben ihrer Tätigkeit in eigener Praxis in Wien mit den Arbeitsschwerpunkten Trauma, transgenerationale Weitergabe von Traumata, Migration, interkulturelle Psychotherapie, Familienaufstellungen, Supervision und Coaching hält sie Vorträge und Seminare zur transgenerationalen Weitergabe von Traumata sowie zu Kinder- und Jugendlichen-Traumapsychotherapie.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum12. Apr. 2021
ISBN9783647994949
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    Buchvorschau

    Psychische Spätfolgen von NS-Zeit und Krieg bewältigen - Ulrike Pohl

    1 Auswirkungen von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg

    Die Jahre von 1933 bis 1945 gelten als die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte und haben bis in die Gegenwart tiefe Spuren hinterlassen. Die Bundesrepublik ist zutiefst von der Auseinandersetzung mit dieser Zeit geprägt. Nach Jahren der Tabuisierung begannen in den 1960er Jahren mit den Auschwitzprozessen, dem Eichmann-Prozess und der Rebellion der 68er die Konfrontation mit den NS-Verbrechen und eine wachsende historische Forschung dazu. Die Tabuisierung ließ allmählich nach, die Schuld der NS-Verbrechen wurde öffentlich anerkannt und das Wissen um das Ausmaß der Verbrechen und die Verstrickung der »ganz normalen« Deutschen wuchs. Mit wachsendem zeitlichen Abstand und dem schwindenden Einfluss der Tätergeneration wurde den Opfern des Nationalsozialismus eine zunehmende Bedeutung gegeben. Das öffentliche Gedenken, die Entwicklung der deutschen Erinnerungskultur, spielte hier eine zentrale Rolle.

    Parallel zu diesen Prozessen rückten auch die seelischen Folgen bei den nicht verfolgten Deutschen zunehmend in den Vordergrund. Nachdem der Schwerpunkt zunächst auf den Auswirkungen des Nationalsozialismus gelegen hatte, traten ungefähr mit der Jahrtausendwende die Folgen von z. B. Bombardierungen und damit auch Opfererfahrungen immer mehr in den Fokus.

    Deutlich wurde allmählich ein Spannungsverhältnis: Auf der öffentlichen Ebene wird intensiv der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, während auf der privaten Ebene Leiderfahrungen der eigenen Familie oft großen Raum einnehmen.

    1.1 Die öffentliche Ebene: Erinnerungskultur

    Der Begriff »Erinnerungskultur« ist in den letzten Jahrzehnten sehr populär geworden. Nach Christoph Cornelißen (2012) beinhaltet er die bewusste Erinnerung an historische Ereignisse, Persönlichkeiten und Prozesse, was Formen des kollektiven Gedächtnisses, den geschichtswissenschaftlichen Diskurs sowie private Erinnerungen – soweit sie in der Öffentlichkeit Spuren hinterlassen haben – umfasst. Verbunden damit sei häufig ein funktionaler Gebrauch der Vergangenheit für die Gegenwart in Richtung einer historisch begründeten Identität.

    Das Phänomen eines kollektiven Gedächtnisses wurde in den 1920er Jahren von Maurice Halbwachs und Aby Warburg beschrieben, in den 1980er Jahren von Pierre Nora wieder aufgenommen und fand mit den Arbeiten von Aleida und Jan Assmann ab Ende der 1980er Jahre in Deutschland weite Verbreitung (für einen Überblick: Erll, 2011).

    An dieser Stelle ist vor allem Halbwachs’ Konzeption von Interesse. Er unterscheidet mehrere Formen des kollektiven Gedächtnisses: zum einen die soziale Bedingtheit des persönlichen Gedächtnisses, d. h. kollektive Einflüsse auf das Gedächtnis des Individuums, zum anderen die Bezugnahme von sozialen Gruppen und Kulturgemeinschaften auf die Vergangenheit, die wiederum in ein Generationengedächtnis und die Tradierung kulturellen Wissens über große Zeiträume hinweg zu untergliedern sind. Zentrale Funktion des kollektiven Gedächtnisses ist für ihn die Identitätsbildung; so zeigt die Teilhabe eine Gruppenzugehörigkeit an (nach Erll, 2011, S. 16–20).

    Aufbauend auf den Arbeiten von Halbwachs unterscheiden Aleida und Jan Assmann (1994) beim kollektiven Gedächtnis zwei »Gedächtnis-Rahmen«: das »kommunikative« und das »kulturelle« Gedächtnis. Das »kommunikative Gedächtnis« entsteht durch informelle Alltagskommunikation, konstituiert sich im Umgang mit anderen, die einen Begriff ihrer Eigenart und damit ein Bewusstsein einer gemeinsamen Vergangenheit haben. Damit beinhaltet es einen Zeitraum von ca. 80 bis 100 Jahren (Assmann, 1988). Das »kulturelle Gedächtnis« hingegen meint einen »Bestand an Wiedergebrauchs-Texten, -Bildern und -Riten […], ein kollektiv geteiltes Wissen […] über die Vergangenheit, auf das eine Gruppe ihr Bewusstsein von Einheit und Eigenart stützt« (Assmann, 1988, S. 15). Hiermit sind mehr formalisierte und institutionalisierte Formen der Erinnerung gemeint, wie z. B. Gedenkstätten oder Gedenktage. Da mittlerweile die meisten jener, die NS-Zeit und Zweiten Weltkrieg erlebt haben und ihre Erinnerungen daran weitertradieren können, verstorben sind, befinden wir uns nach den Assmann’schen Überlegungen vor dem Ende der kommunikativen Erinnerung an diese Zeit (nach Papendick et al., 2019).

    Das kollektive Gedächtnis in Form von Erinnerungskultur hat in Deutschland in den letzten Jahren eine große Bedeutung gewonnen. Insbesondere dem öffentlichen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wird eine zentrale Rolle eingeräumt, was sich in zahlreichen Gedenkstätten, Mahnmalen, »Stolpersteinen« und Ähnlichem zeigt. Die deutsche Erinnerungskultur gilt international als beispielhaft. Die Bedeutung, Reichweite und Aussagekraft der zugrunde liegenden Konzepte werden allerdings teils kritisch infrage gestellt (z. B. Jureit u. Schneider, 2010; Knigge, 2010). Die Diskussion kreist z. B. um die Fragen, ob Erinnern nicht oft moralisch aufgeladen werde und ob es in der wohlmeinenden Absicht, sich mit den Opfern zu beschäftigen, nicht zu einer Identifizierung mit diesen und auf diese Weise für die Täternachkommen zu einer Entlastung kommen könne (zur Diskussion: Hertfelder, 2019).

    Das Familiengedächtnis – als ein Teil des kommunikativen Gedächtnisses – war Gegenstand einer Studie der Arbeitsgruppe um Harald Welzer: Die Mehrgenerationenstudie mit dem sprechenden Titel »Opa war kein Nazi« (Welzer, Moller u. Tschuggnall, 2002) untersuchte Familiengespräche zum Nationalsozialismus. Die Ergebnisse zeigen, dass die Nachkommen ihre Eltern bzw. Großeltern überwiegend als Opfer, Helfer oder im Widerstand sehen – und dies zum Teil im Widerspruch zu explizit geäußerten Informationen. Damit kann ein geschöntes Bild nicht auf eine Verleugnung seitens der Vorfahren zurückgeführt werden, sondern vielmehr auf die Bedürfnisse der Nachfahren. Hiermit wurde eine Kluft zwischen dem öffentlichen und privaten Erinnern gezeigt. Bei allem Wissen um historische Fakten über den Nationalsozialismus fällt es vielen Menschen offensichtlich sehr schwer, dieses auf ihre eigene Familie zu beziehen, vor allem wenn es um eine mögliche Täterschaft geht.

    Dass sich dieser Befund in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert hat, ergaben neuere Studien zur Erinnerungskultur in Deutschland. Der »Multidimensionale Erinnerungsmonitor« (MEMO) I, II und III zeigte 2018, 2019 und 2020 im Rahmen einer Vielzahl von Ergebnissen zur Erinnerungskultur, dass die Befragten ihre Vorfahren erheblich öfter zu den Opfern als zu den Tätern (MEMO I: im Zweiten Weltkrieg; MEMO II und III: im Nationalsozialismus) zählen (Zick, Rees, Papendick u. Wäschle, 2018; Rees, Zick, Papendick u. Wäschle, 2019; Zick, Rees, Papendick u. Wäschle, 2020). Zudem zeigte sich, dass in vielen Familien eine Sprachlosigkeit bezüglich des Nationalsozialismus herrscht (für eine Zusammenfassung von MEMO I und II siehe Papendick et al., 2019). Der Transfer der öffentlichen Erinnerung auf das Private, die Beschäftigung mit möglichen familiären Verstrickungen in den Nationalsozialismus bzw. einer Täterschaft in der eigenen Familie, scheint in den meisten Familien bis heute eine heikle Angelegenheit sein.

    1.2 Die individuelle Ebene: Psychische Langzeitfolgen

    Zu den psychischen Auswirkungen von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg existiert eine Fülle von Literatur. Diese reichen von klinischen Falldarstellungen, qualitativen Interviewstudien, Fragebogenuntersuchungen bis hin zu Studien, die mit einer Vielzahl von Methoden zu Aussagen gelangen. Die Forschung beschäftigte sich zunächst mit den Opfern der Verfolgung, den Holocaustüberlebenden und ihren Nachkommen. Im zweiten Schritt wurden die Kinder der Täter- und später der Mitläuferseite in den Fokus genommen. Danach traten allmählich die Opfererfahrungen der nicht verfolgten Deutschen in den Vordergrund. Unter den Stichworten »Kriegskinder« und später »Kriegsenkel« entstanden hier eine umfangreiche Forschung und Literatur. Im Folgenden sollen einige der wichtigsten Schwerpunkte und Ergebnisse – soweit sie hier von Interesse sind – im Überblick dargestellt werden.

    Ab den 1960er Jahren entstanden Arbeiten im Zusammenhang mit Holocaustüberlebenden und NS-Verfolgten (z. B. Niederland, 1980). Zunächst wurden die Überlebenden selbst, die während der Verfolgung Erwachsene (»Survivor«) oder Kind (»Child Survivor«) gewesen waren, in den Blick genommen, später deren Kinder, die »zweite Generation«, und dann wiederum deren Kinder, die »dritte Generation«.

    Im Zusammenhang mit der »zweiten Generation«, die hier kurz dargestellt werden soll, wird oft der Begriff der »transgenerationalen Traumatisierung« verwendet (z. B. Kellermann, 2011). Die traumatischen Erfahrungen der Eltern finden auf verschiedene Weise ihren Niederschlag bei den Nachkommen. Mittels Identifizierungsprozessen nicht nur mit der Person, sondern der gesamten Lebensgeschichte, entsteht eine Teilhabe am Leben der Eltern und deren traumatischen Erlebnissen bei der Verfolgung. Das führt dazu, dass die Kinder oft in zwei verschiedenen Realitäten leben und die Welt der Konzentrationslager für sie ständig präsent sein kann. Die Grenzen werden durchlässig, die Trennung von Gegenwart und Vergangenheit, von Selbst und Objekt, Phantasie und Realität wird aufgehoben (Kogan, 2009). Für diese Phänomene wurde z. B. der Begriff »Zeittunnel« (Kestenberg, 1998) eingeführt. Diese Kinder fühlen sich in die unbewussten, verschwiegenen Inhalte des elterlichen Lebens ein, werden von diesen auch zur Regulierung ihres eigenen Selbstwertgefühls benutzt. Häufig haben die Kinder eine Ersatzfunktion bekommen, z. B. die Namen von ermordeten Angehörigen, fühlen sich ganz für die elterlichen Bedürfnisse zuständig, empfinden unter Umständen keine eigene Existenzberechtigung. Die Autonomieentwicklung ist entsprechend oft von Schuldgefühlen behindert. Oft findet sich ein Misstrauen, eine Alarmbereitschaft gegenüber antisemitischen Erfahrungen und anderen möglichen Bedrohungs- und Verfolgungserfahrungen.

    Diese Phänomene wurden klinisch vielfach beschrieben. Auf der Symptom- und diagnostischen Ebene finden sich unterschiedliche Befunde. Man geht heute insgesamt davon aus, dass es sich bei dem sogenannten »second generation syndrome« nicht um eine generelle psychopathologische Belastung, sondern eher um eine erhöhte Vulnerabilität für die Entwicklung von psychischen Symptomen handelt. Und daneben zeige sich oft eine erhöhte Resilienz als konstruktive Bewältigung der Vergangenheit (Kellermann, 2011). Im Unterkapitel 5.2 stellt Budroni unter Rückgriff auf diese Arbeiten einen Fall zur »zweiten Generation« dar.

    Ab den 1980er Jahren stellte sich allmählich die Frage nach den Kindern der NS-Täter, den »Täterkindern«. Parallel zu den sich entwickelnden historischen Täterstudien entstand eine umfangreiche Forschung zu den seelischen Auswirkungen der NS-Zeit, die bis heute andauert (Eckstaedt, 1992; Bar-On, 1993; Rosenthal, 1997; Müller-Hohagen, 2005; Kindler, Krebs, Wachsmuth u. Gahleitner, 2013). Schuld und Schamgefühle spielen eine zentrale Rolle, der Drang, Buße zu tun, und auch Abwehrstrategien zur Entlastung finden sich häufig. Schwierigkeiten der Identitätsbildung, Distanzierung von der Elterngeneration und Angst vor eigenen Täteranteilen werden beschrieben (Überblick bei Moré, 2013). Zentrales Thema sind Loyalitätskonflikte. Der Wunsch, das kindliche Bild von guten Eltern zu erhalten, führt zur Anerkennung des elterlichen Schweigens, wodurch das bewusste Bemühen um Aufdecken oft konterkariert wird. Der Nationalsozialismus bzw. die elterliche Beteiligung daran sind oft ein Tabu in der ganzen Familie. Das zeigt sich in einer besonderen Form des Sprechens bei diesem Thema, wie z. B. Ablenken, Verweigern, Schweigen. Besonders Letzteres kann sich auf sehr unterschiedliche Weise äußern. Die Aufrechterhaltung des Tabus kann auch aggressiv über Drohungen von Ausschluss eingefordert werden. Über Erziehungsideale von Härte und Stärke, verbunden mit körperlicher Gewalt, wurde die NS-Ideologie oft nahezu unverändert weitergegeben (Bohleber, 2009).

    Ab Mitte der 1990er Jahre tauchte zunehmend die Frage nach Opfererfahrungen der nicht verfolgten Deutschen auf. Das wurde zu dieser Zeit möglich, nachdem die historische Schuld Deutschlands allgemein und öffentlich anerkannt worden war. Der Begriff der »Kriegskinder« verbreitete sich. Kritisch wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass damit – auch im Zusammenhang mit einem sich immer mehr verbreitenden Traumabegriff – die Täterseite in den Hintergrund treten könnte: »Und wer könnte noch Täter sein, wenn alle Opfer sind?« (Welzer, 2009, S. 82). Es etablierte sich eine immense Forschung zu »Kriegskindern«, bei der man sich meist mit den Auswirkungen von Kriegsgeschehnissen, Vaterlosigkeit etc. beschäftigte und damit auf die Erfassung von möglichen Traumatisierungen abzielte. Die psychischen Folgen von Schuld und NS-Verstrickungen traten in den Hintergrund. Parallel dazu wurde der Begriff »Kriegskind« in der Öffentlichkeit populär (z. B. Bode,

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