Rassismussensible Beratung und Therapie von geflüchteten Menschen: Handlungs- und Interventionsmöglichkeiten
Von Eben Louw und Katja Schwabe
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Über dieses E-Book
Eben Louw
Eben Louw, Gesundheitspsychologe (MSc), Fachberater für Psychotraumatologie, Supervisor, Systemischer Psychotherapeut und Berater, arbeitet als Psychotherapeut und Fortbildner im Bereich Opferberatung und Antidiskriminierung.
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Buchvorschau
Rassismussensible Beratung und Therapie von geflüchteten Menschen - Eben Louw
1Einleitung
Wir leben in einer Welt, in der sich laut UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) mehr als 70 Millionen Menschen (Tendenz steigend) aufgrund humanitärer Krisensituationen wie z. B. Krieg, Hungersnot usw. auf der Flucht befinden, während zeitgleich der Nationalismus und Rechtspopulismus in Europa zunehmen. Greven (2019) weist darauf hin, dass »in Europa […] Rechtspopulist*innen und auch Rechtsextreme in jüngerer Zeit größeren Zulauf [haben]« (Greven, 2019, S. 1.). Gleichermaßen gehen Decker und Brähler (2018) von einem wachsenden Zuspruch zu rassistischen und rechtsextremen Einstellungen in Deutschland aus. Sie stellen fest: »Die bundesdeutsche Gesellschaft ist von rechtsextremen Einstellungen durchzogen. […] In Ost- wie Westdeutschland sind Ressentiments gegenüber Gruppen, die als fremd oder anders wahrgenommen werden, manifest oder mindestens latent vorhanden« (Decker u. Brähler, 2018, S. 113).
Rassistische Einstellungen und Rechtsextremismus stehen in engem Zusammenhang zueinander. Dennoch ist es notwendig, darauf hinzuweisen, dass rassistische Einstellungen und Rechtsextremismus in Europa und Deutschland keineswegs neu sind. Seit dem Nationalsozialismus der 1930er und 1940er Jahre kam es immer wieder zu einem verstärkten Auftreten von Antisemitismus, anti-Schwarzem Rassismus, Antiziganismus, antimuslimischem Rassismus und Hass gegen Geflüchtete. So kam es hierzulande zum Beispiel jeweils zu einem Zuwachs rassistischer Gewalttaten in den 1990er Jahren, nach der Silvesternacht in Köln 2015/2016 und im Zusammenhang mit der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015.
An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass rassistische Einstellungen sich von rechtsextremen Überzeugungen dahingehend unterscheiden, dass rassistische Einstellungen auch ohne eine rechtsextreme Gesinnung existieren können. Rassismus ist ein wesentliches Merkmal von rechtsextremistischen Einstellungen und gleichzeitig ein globales System und eine Denkweise, die mit der kolonialen Vergangenheit eng verwoben ist. Rechtsextreme Einstellungen beziehen sich auf ein politisches und ideologisches System, innerhalb dessen die ethnische Zugehörigkeit zu einer »Volksgemeinschaft« oder Nation postuliert wird. Dies dient zugleich dazu, das eigene »Volk« als rein und anderen überlegen zu erachten. Rechtsextremisten lehnen sowohl die Gleichstellung von Menschen als auch das demokratische System ab und billigen die Anwendung von Gewalt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nicht alle Menschen, die rassistisch handeln oder denken, rechtsextrem sind. Rechtsextreme Gesinnung ist aber stark an Rassismus orientiert.
In Deutschland begegnen rassifizierte Menschen¹ und sogenannte Menschen mit Migrationshintergrund aufgrund ihrer Hautfarbe, Sprache, zugeschriebenen Herkunft, religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit täglich rassistischen Einstellungen und Verhaltensweisen bis hin zu rassistisch motivierter Gewalt. Aufgrund von Marginalisierung auf verschiedenen Ebenen sind Geflüchtete jedoch besonders exponiert, ausgegrenzt und letztendlich gefährdet. Insofern liegt der Fokus in diesem Band primär auf den Erfahrungen von Geflüchteten. Dennoch gilt die Analyse der Problemlage auch für Rassismusbetroffene ohne (erkennbare) Fluchtbiografie.
Die psychischen (bzw. gesundheitlichen) Folgen von rassistischer Gewalt, Belastungen durch Alltagsrassismus und strukturelle Ausgrenzung für die hier lebenden Geflüchteten sind weitgehend nicht ausreichend untersucht. Dennoch kommen Autor*innen, die sich mit der Gesundheit von Geflüchteten befassen, vermehrt zu dem Schluss, dass sich Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen negativ auf die körperliche und psychische Gesundheit auswirken (vgl. Hargasser, 2014). Diese Tatsache erfordert neben der Sensibilisierung für das Thema Rassismus auch die Entwicklung neuer Konzepte und Handlungsansätze in der psychosozialen/psychotherapeutischen Versorgung von hier lebenden Geflüchteten. Es bedarf einer Auseinandersetzung mit strukturellem und Alltagsrassismus sowie mit postkolonialen Machtverhältnissen und deren Auswirkungen.
Rassismus ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Faktoren für die Lebensqualität vieler Geflüchteten und Migrant*innen, anderseits können wir nicht außer Acht lassen, dass verschiedene Diskriminierungs- und Unterdrückungsformen in einer Situation oder einem Vorfall kulminieren können. Durch die Verflechtungen bzw. das Zusammenwirken verschiedener Machtverhältnisse, wie beispielsweise Klassismus, Ableismus und Sexismus, kann die Belastung durch ein rassistisches Ereignis oder eine solche Situation potenziert werden.
Die Verwobenheit verschiedener Diskriminierungsmerkmale ist als Intersektionalität bekannt. Wie sich diese im Zusammenhang mit rassistischer Diskriminierung manifestiert, fasst Yeboah (2017) wie folgt zusammen:
»Gesellschaftlich induzierte Traumata basieren nicht nur auf Rassismus, sondern auch auf Klassenherrschaft, Sexismus, Heterosexismus, religiöser Intoleranz u. a. Die Analyse der jeweiligen Unterdrückungsform ist wichtig für das Verständnis, allerdings sind Menschen häufig von mehreren Traumata betroffen aufgrund mehrerer gesellschaftlicher Markierungen. Als Beispiel soll die Situation von Frauen, die wegen Gewalterfahrung in der Partnerschaft Schutz im Frauenhaus suchen, näher betrachtet werden. Die Schwarzen Frauen und Women of Color sind häufig betroffen von Armut, Arbeitslosigkeit (oder gering entlohnter Beschäftigung) und Unterqualifizierung« (Yeboah, 2017, S.