Waidmannsheil: Krimi
Von Jens Waschke
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Über dieses E-Book
Waren die in Nodus‘ erstem Fall beschriebenen Methoden der alternativen Gewinnung anatomischer Präparate nicht schon erschreckend genug, um in echt noch schneller von der Realität eingeholt zu werden, als man sich vorstellen mag, verblüfft Nodus‘ zweiter Fall mit haarklein erzähltem, anatomischen Insiderwissen, der Beschreibung kreativen
Studiendesigns (zum Wohle der Investoren) und profunder Kenntnis der Gothic Rock-Szene.
Dass das Hirn möglicherweise überbewertet wird, die Blut- Hirn-Schranke auch übertragene Bedeutung haben kann und es drei Typen Jäger gibt ...
Waidmannsheil ist ein faktenreich und unterhaltsam erzählter Krimi, der beweist, dass ein Krimi nicht das Gegenteil von Humor sein muss.
Der Autor, Mitherausgeber des Sobotta Atlas der Anatomie, lehrt und forscht in München.
Jens Waschke
Jens Waschke ist ein deutscher Anatom, Lehrbuchautor und Professor für vegetative Anatomie an der LMU München. Waschke studierte Humanmedizin an der Universität Würzburg und promovierte dort. 2002 wurde er als Arzt approbiert. Anschließend war er bis 2008 Assistent am Würzburger Institut für Anatomie und Zellbiologie. Seit 2005 ist er Fachanatom der Anatomischen Gesellschaft. Nach der Habilitation für Anatomie und Zellbiologie im Jahr 2007 wurde er 2008 an der Universität Würzburg auf einen Lehrstuhl für Anatomie und Zellbiologie berufen. Im Jahr 2011 übernahm er den Lehrstuhl für vegetative Anatomie an der LMU München. Waschke ist einer der beiden Herausgeber des Sobotta Atlas der Anatomie sowie weiterer Lehrbücher der Anatomie.
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Buchvorschau
Waidmannsheil - Jens Waschke
Waschke
Waidmannsheil
Professor Nodus’ zweiter Fall
PIC
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://www.dnb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
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Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen.
© 2023. Lehmanns Media GmbH
Helmholtzstr. 2-9
10587 Berlin
Design: Jens Waschke
Grafik: Andreas Dietz
Satz & Layout: LaTeXVolker Thurner
Umschlag: Jasmin Plawicki
Druck und Bindung: Totem • Inowrocław • Polen
ISBN 978-3-96543-426-4 www.lehmanns.de
für meine Familie.
Meine Liebe und Inspiration
ChatGPT
Is the human being a threat for the globe and should it be allowed to survive?
As an AI language model, I cannot express an opinion or make value judgments about human beings. However, I can provide you with some factual information and insights that may be relevant to your question.
Human beings have had a significant impact on the planet, and some of that impact has been negative. For example, human activities such as burning fossil fuels, deforestation, and intensive agriculture have contributed to climate change, loss of biodiversity, and soil degradation. These changes can have far-reaching effects on ecosystems and the health of the planet.
However, it is important to note that humans have also developed technologies and practices that have helped to mitigate some of these negative impacts. For example, renewable energy sources, such as wind and solar power, are becoming increasingly common, and there are efforts to reduce waste and pollution.
In terms of whether humans should be allowed to survive, that is a complex ethical and moral question that cannot be answered definitively. Some might argue that humans have a right to exist and that efforts should be made to ensure their survival. Others might argue that humans have caused irreparable harm to the planet and that it would be better for other species and the planet as a whole if humans were to cease to exist.
Ultimately, the question of whether humans are a threat to the globe and should be allowed to survive is a matter of perspective and values. It is up to individuals, communities, and societies to determine what actions are necessary to ensure a sustainable future for all life on the planet.
5.3.2023
ChatGPT (deutsche Version)
Ist der Mensch eine Bedrohung für die Welt und soll er überleben dürfen?
Als künstliche Intelligenz habe ich keine persönlichen Ansichten oder Überzeugungen, sondern ich biete nur Informationen und Perspektiven aufgrund von Daten und Fakten an.
Aus einer neutralen Perspektive betrachtet, kann man sagen, dass der Mensch sowohl eine Bedrohung als auch ein Segen für die Welt ist. Auf der einen Seite hat der Mensch den Planeten in vielerlei Hinsicht geschädigt, zum Beispiel durch Übernutzung von Ressourcen, Verschmutzung der Umwelt und Zerstörung von Ökosystemen. Andererseits hat der Mensch auch viele positive Veränderungen und Errungenschaften hervorgebracht, wie zum Beispiel die Medizin, Technologie und die Errungenschaften in der Kunst und Kultur.
Ob der Mensch überleben sollte oder nicht, ist eine moralische Frage, die unterschiedliche Meinungen hervorruft. Als künstliche Intelligenz kann ich keine moralische Entscheidung treffen, sondern ich kann nur darauf hinweisen, dass der Erhalt der Menschheit als Ganzes von verschiedenen Faktoren abhängt, wie zum Beispiel der Bewältigung von Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Erhaltung der Biodiversität und der Verteilung von Ressourcen auf der Welt.
6.8.2023
Kurzes Erwachen
Milchglas. So kam es ihm vor. So wie früher, als er sich beim Spielen in ihrem Allgäuer Dorf bei Kempten zwei leere Milchflaschen vor die Augen gehalten hatte, um damit im Spiegel einem unheimlichen Tiefseefisch zu gleichen.
Aber das hier war anders.
Mühsam gelang es ihm, den Kopf zu drehen. Dabei registrierte er, dass vor dem Milchglas Bewegung war. Wesen in weißen Gewändern huschten eilig vorbei, ohne von ihm Notiz zu nehmen. Er selbst dagegen war unter einer Glocke gefangen, die seinen Kopf wie ein Astronautenhelm umhüllte. Bewegen konnte er sich nicht, da Arme und Beine fixiert waren. In der Ellenbeuge spürte er ein leichtes Brennen wie von einer heißen Nadel. Er versuchte zu sprechen, doch seine Stimme gehorchte ihm nicht. Mehr als ein kläglicher Krächzlaut, der sicher nicht reichte, um irgendjemanden in seiner Umgebung auf ihn aufmerksam zu machen, kam nicht über seine Lippen. Stattdessen spürte er, wie tief aus seiner Brust ein grollender, trockener Hustenstoß emporquoll, der seinen ganzen Körper erbeben ließ. Er spannte sich mit maximaler Kraft gegen seine Fesseln und fürchtete, im darauf einsetzenden Hustenkrampf zu ersticken. Sofort trat ihm Schweiß aus allen Poren. Als der Husten endlich vorüber war, japste er nach Luft. Jetzt erst bemerkte er, dass er unter einer Sauerstoffmaske lag, die seinen ganzen Kopf umgab. Erschöpft sank er in die Kissen.
Er verstand die Welt nicht mehr. Wenn er sich nicht völlig täuschte und am Ende schon im Himmel war, dann war das hier eine Intensivstation. Vage Erinnerungen an die Zeit, als er zum letzten Mal wach gewesen war, kamen hoch. Lange hatte er im Krankenhaus zugebracht, auch wenn er nicht mehr wusste, warum. Aber Sauerstoff hatte er zuletzt keinen mehr gebraucht, da war er sich eigentlich sicher.
Und dann fiel es ihm wieder ein: Ernst Unbehagen war auf der Insel Zakynthos begraben worden. Aber auch das ergab mal wieder überhaupt keinen Sinn, da Unbehagen seines Wissens Bayern noch nie verlassen hatte. So war es schon bei vielen anderen Gedanken in den letzten Tagen und Wochen seines Lebens gewesen. Falls das hier Leben war….
Mit diesen wirren Gedanken tauchte er ab in eine tiefe Bewusstlosigkeit.
Prolog
Nulllinie! Das Intensiv-Team steht ratlos am Bett der Mittsechzigjährigen. Ihr Zustand hatte sich seit der Aufnahme stetig verschlechtert. Bereits bei der Einlieferung durch den Notarzt war die Dame kaum ansprechbar gewesen und konnte bei der Anamnese nicht mehr recht Auskunft darüber geben, wann sie das letzte Mal klar bei Bewusstsein gewesen war. Danach wurde sie zunehmend somnolent und war bereits eine Stunde später auch durch Schmerzreize nicht mehr erweckbar, sodass man sie als komatös bezeichnen musste. Die Diagnostik hatte nichts ergeben. Im Blut waren keinerlei Entzündungszeichen feststellbar gewesen und auch das Notfall-CT, mit dem der ganze Körper gescannt worden war, hatte keinen Hinweis auf einen Tumor oder einer anderen Erkrankung ergeben. Nur das Hirn selbst wirkte verschwollen und aufgetrieben, die einzelnen Hirnwindungen waren nicht mehr deutlich zu unterscheiden und auch die Grenze zwischen Hirnrinde und Mark war nur unscharf erkennbar. Ein Hirnödem – was ohne Elektrolytentgleisung und Trauma bei einem normal schlagenden Herzen schon ungewöhnlich war. Während die diensthabende Anästhesistin noch rätselte, war ihnen das Schicksal jedoch zuvorgekommen. Der Blutdruck rutschte in den Keller, die Herzfrequenz verlangsamte sich zunehmend und die Atmung war nur noch schnappend. Mit der Blutsättigung, die auf eine schwere Ateminsuffizienz schließen ließ, würde die Frau keine Stunde mehr überleben.
„Schnell, den Defibrillator!"
Sie rissen die Dame aus dem Bett und legten sie auf dem Boden der Intensivstation auf eine harte Unterlage. Dann gaben sie ihr drei Elektroschocks hintereinander in den entblößten Brustkorb über dem Herzen. Vergeblich!
„So eine Scheiße!", entfuhr es dem Intensivpfleger, der gerade zur Nachmittagsschicht erschienen war.
Das Intensiv-Team des kleinen Krankenhauses in Niederbayern konnte sich keinen Reim auf den Verlauf machen. Über die Patientin war zwar nicht viel bekannt, aber bisher war völlig unklar, was die schwere Hirnschädigung verursacht haben könnte, die letztlich zu einer Einklemmung des Hirnstamms mit einer irreversiblen Zerstörung des Herz-Kreislauf- und des Atemzentrums geführt hatte.
*
In dem klimatisierten Büro der Biotech-Firma war die Niedergeschlagenheit greifbar. Vier Personen starrten auf die Monitore vor ihnen. Mit der Dame waren in den letzten sechs Monaten bis auf einen alle ihrer fünf Patienten verstorben, die vor vielen Jahren an einer Studie mit einem neu entwickelten Antikörper gegen Tumornekrosefaktor teilgenommen hatten. Das Forschungsprojekt war damals zwar nur eine Phase I-Studie gewesen und über das Stadium zur Erforschung potentieller Nebenwirkungen nicht hinausgekommen. Anfang der Achtzigerjahre war das aber Pionierarbeit gewesen. Biologische Medikamente, die also nicht einfach aus chemischen Verbindungen bestanden, sondern aus körpereigenen Stoffen, waren noch nicht auf dem Markt, obwohl sie bereits um die Jahrtausendwende zum Standardrepertoire in der Behandlung von verschiedenen Formen von Blutkrebs wie Leukämien und Lymphomen, aber auch einiger Autoimmunerkrankungen und Rheuma gehören sollten. Die Forscher hatten bei ihren Studien damals einen Antikörper im Blut eines Probanden ausgemacht, der zu Forschungszwecken Blut gespendet hatte. Sie hatten den Antikörper aufwendig in Zellkulturen vermehrt und ausgiebig getestet. Bemerkenswert war, dass er in der Lage war, eine überschießende Immunreaktion bei einer durch Bakterien und Viren hervorgerufenen Blutvergiftung zu verhindern.
Die Studie war damals ohne Probleme verlaufen und eigentlich seit langem abgeschlossen. Das Produkt war nie bis zur Marktreife entwickelt worden, da der Firma das Geld ausgegangen war. Da ihre Firma aber vor kurzem von einem Krankenhauskonzern kontaktiert worden war, der Interesse an der kommerziellen Nutzung ihrer Ergebnisse aus der zurückliegenden Studie geäußert hatte, machten im Laufe der Zeit die Wissenschaftler die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen ausfindig. Das war nicht schwer gewesen, da die Firma diese in den letzten Jahren immer noch regelmäßig zu Routine-Nachkontrollen einbestellt hatte. Bisher war immer alles unauffällig gewesen. Umso schockierter war das Forschungsteam, als zum letzten Termin vor zwei Monaten zwei Studienteilnehmerinnen nicht mehr erschienen waren. Sie wollten zunächst den folgenden Kontrolltermin abwarten und dann überlegen, was zu tun sei, sollten die beiden Damen weiterhin nicht zu erreichen sein.
Bei zwei anderen Kandidaten, einem Ehepaar inzwischen fortgeschrittenen Alters, hatten sie es etwas leichter gehabt, da die Senioren zugestimmt hatten, die Körperfunktionen über eine Smartwatch registrieren und an ihre Firma zum Zwecke der Überwachung schicken zu lassen. Das Forschungsteam hatte im Gegenzug zugesichert, sich im Falle von Unregelmäßigkeiten sofort bei den beiden zu melden. Gerade das hatten sie aber nicht getan, als die Dateneingänge vor ein paar Wochen erkennen ließen, dass die Herzkreislauffunktionen und auch der allgemeine Wachheits-Zustand der beiden Eheleute, die inzwischen in Hamburg lebten, teilweise heftige Schwankungen aufwiesen. Im Abstand von nur wenigen Tagen waren sie ins Krankenhaus eingeliefert worden und nun unter den gleichen Umständen verstorben wie die anderen beiden. Die Vitalfunktionen der soeben verstorbenen Patientin waren ihnen gerade mitgeteilt worden, da sie sich in das Krankenhausinformationssystem eingeschaltet hatten und so die Daten von EKG und Blutgasen auf ihrem Bildschirm in Echtzeit mitverfolgen konnten.
Diese letzte Patientin hatten sie in den letzten Wochen engmaschig überwacht, was ein gewisser Aufwand gewesen war, da die Arbeit von Privatdetektiven eigentlich nicht in ihren Kompetenzbereich fiel und sie auch so schon genug zu tun hatten, die kleine Firma über Wasser zu halten. Seit dem Börsencrash um die Jahrtausendwende, der viele Biotechfirmen in die Insolvenz getrieben hatte, war ihre Finanzsituation äußerst angespannt. Ihre Förderer und Aktienanleger erwarteten Ergebnisse. Und zwar handfeste Ergebnisse in Form vermarktbarer Produkte, damit sich das eingesetzte Kapital wenigstens nach Jahren einmal amortisieren würde. Da war das plötzliche Interesse des Krankenhauskonzerns ein unerwarteter Lichtblick gewesen und das Leitungsteam der Biotech-Firma hatte bereits wieder Hoffnung geschöpft. Und nun das! Vier von fünf Probanden waren tot und auch der letzte verbliebene ehemalige Studienteilnehmer war nach einigen Monaten im Krankenhaus und auf einer Reha-Station körperlich ein Wrack. Aber immerhin lebte er noch!
VI
NOX
Im Wald
In dem Moment, als sie den Zeigefinger am Abzug beugte und sich der Schuss krachend aus der schweren Beretta Bockdoppelflinte löste, spürte sie die Spannung zwischen ihren Beinen. Katharina von Klettenburg wusste eigentlich auch nicht so recht, warum es sie so erregte, wenn sie auf Tiere schoss. Ihre Hände wurden feucht und ihr Atem beschleunigte sich. Vor allem aber konnte sie die pulsierende Erektion in den Schwellkörpern ihrer Vulva fühlen. Wir Frauen sind doch nicht so anders als die Männer, auch wenn viele das vielleicht glauben möchten, dachte sie mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen.
Schon als kleines Mädchen, als sie noch nicht mal eine vage Vorstellung davon hatte, was sexuelle Erregung überhaupt bedeutete, war sie immer ganz aufgeregt und durcheinander gewesen, wenn sie mit ihrem Vater auf der Jagd war. Und auch jetzt war es so, dass sie den Moment, wenn sich der Schuss löste, mehr erregte als der Sex mit ihrem Freund. Inzwischen war Katharina zu einer attraktiven, selbstbewussten Frau geworden. Am aktuellen Freund schien es auch nicht zu liegen, denn keiner ihrer Liebhaber zuvor war anders oder besser gewesen. Und in den achtundzwanzig Jahren ihres Lebens waren ein paar Partner zusammengekommen. Letztlich hatten die Beziehungen nie besonders lange gehalten. Der Sex war meist nur ein Problem unter mehreren gewesen. Zumindest war es keinem gelungen, seiner Partnerin wirkliche Lust zu verschaffen. Katharina war eher kühl – und auch im Bett eher unbeteiligt, wenn es zum GV kam, wie sie anstelle von Geschlechtsverkehr immer zu sagen pflegte. Allein diese Abkürzung ließ ihren Männern bestenfalls die Härchen auf den Armen senkrecht stehen, Erektionen an anderen Stellen als den Haarfollikeln war der Begriff eher abträglich. Umso mehr hatte es ihre Partner schon des Öfteren verstört, wenn sie mitbekamen, mit welcher Leidenschaft Katharina von den Momenten berichten konnte, in denen sie mit eigenen Händen den Tieren im Wald das Leben nahm. Zumal Katharina keinen Jagdschein hatte und auch keine Veranlassung verspürte, solch eine Lizenz zu erwerben. In ihren Augen reichte es, dass ihr Vater, Professor Dr. med. Dr. med. habil. Ulf von Klettenburg, einen Jagdschein besaß und ein eigenes Jagdrevier gepachtet hatte. Um dort mehr oder weniger zu tun und zu lassen, was ihm beliebte. Zumindest bei der Jagd.
Heute hatte sie wie immer ihren Bentley Bentayga am Beginn des Forstweges stehen lassen und war vor gut zwei Stunden den letzten Kilometer zu Fuß bis in das Revier marschiert. Dieses SUV war ihr ein und alles. Schon der Name soll angeblich in irgendeiner Stammessprache „von oben herabschauen bedeuten, was sie als ungeheuer passend fand. Und zwar weniger, weil man unbestreitbar in diesem Geländewagen über eine erhöhte Blickachse verfügte, die ihr als Fahrerin einen besseren Überblick im Straßenverkehr bot. Für Katharina zählte eher, dass man die Überlegenheit allein durch den Kaufpreis des Fahrzeugs zum Ausdruck brachte, für den man in den noch nicht gentrifizierten Regionen des Landes ganze Einfamilienhäuser erwerben konnte. Und darüber hinaus konnte man auch eine Spur von Understatement an den Tag legen, da eben nicht jeder wusste, dass man für den gleichen Preis drei gleichwertige Fahrzeuge anderer heimischer Automarken erstehen konnte. Es war einfach ein Privileg, über entsprechende finanzielle Mittel verfügen zu können. Frei nach dem Angebot, dass sie bei ihrem letzten Kurzurlaub in Dubai auf dem Flughafen auf einem Ferrari gesehen hatte:
Buy two – get one free!"
Heute konnte sie sich Zeit lassen. Den Rehbock hatte sie so genau vor Korn und Kimme bekommen, dass sie sich hundertprozentig sicher war, einen Blattschuss gesetzt zu haben. Der Bock war entsprechend umgefallen wie vom Schlag getroffen und hatte nach ein paar Zuckungen der Hinterläufe still auf der Lichtung gelegen. Katharina schmiegte sich also noch für ein paar Minuten in ihren Damenparka von Fjällräven, den sie erst gestern bei Frankonia erstanden hatte, wo ihre gesamte Familie seit Generationen ihren Outdoorbedarf deckte und daher Stammkunde war. Schließlich hielt sie es nicht mehr länger aus. Sie leckte sich über die vor Erregung trockenen Lippen und stieg die Leiter vom Hochsitz herab. Langsam ging sie vom Waldrand auf die Lichtung, die vom Vollmond fast taghell ausgeleuchtet war.
Als sie sich dem Tier näherte, sah sie an der Dunstwolke, dass der Bock noch atmete. Umso besser, und die Erregung durchflutete erneut ihren Unterleib. Sie kniete sich neben das Tier, dessen Herz noch wild schlug. Sie nahm das große Jagdmesser, das wie die Flinte ihrem Vater gehörte und brach den Leib des sterbenden Tieres auf. Sie zerschnitt das Mittelfell und den Herzbeutel und legte ihre Hände um das Herz, das weiterhin pumpte. So verharrte sie andächtig für einen Moment, bis die Erregung ihr nicht mehr ausreichte. Sie brauchte mehr. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass es mit dem Leben des Tieres schnell vorübergehen würde, wenn sie die Hauptschlagader direkt am Abgang aus dem Herzen eröffnen würde. Daher legte sie die Halsschlagader frei und bohrte ganz vorsichtig und nahezu zärtlich die Spitze des Messers durch die Gefäßwand. Sofort spritzte ein feiner Blutstrahl hervor und besprühte pulsierend ihr Gesicht. Das war der Höhepunkt schlechthin für die junge Medizinerin. Das warme Blut benetzte ihr Gesicht und schmeckte nach Eisen, wenn sie es gierig mit der Zunge von ihren Lippen