Mein Besuch bei den Göttern: Geschichten aus einer AG Kreatives Schreiben
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Über dieses E-Book
Clara Baumann
Clara Baumann wurde 2010 geboren und geht in die 7. Klasse des Riedberg Gymnasiums in Frankfurt am Main. Sie hat schon immer gerne gelesen und begann in der 3. Klasse mit dem Schreiben von Geschichten. Wenn sie sonst noch Zeit hat, schwimmt oder filzt sie gerne.
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Buchvorschau
Mein Besuch bei den Göttern - Clara Baumann
Clara Baumann
Über den Wolken
(Geschichte aus einer Zeitungsmeldung)
Als wir klein waren, sahen wir Fremde den Berg besteigen, geführt von Männern aus unserem Dorf. Immer, wenn sich eine neue Gruppe an den Aufstieg wagte, meldete sich ein leises Gefühl der Neugier in mir. Ich wollte auch dort hoch. Ich wollte auch dieses Glitzern in den Augen haben. Doch alles was ich tat, war kochen. Kochen für die Bergsteiger. Immer wenn ich in der Küche stand und Silpancho ¹ kochte, wünschte ich, dass mir jemand dieses Essen kochte.
Eines Tages sprach ich mit meinen Freundinnen darüber und war überrascht, dass sie meine Sehnsucht teilten. So kam es, dass wir vor ein paar Jahren beschlossen, unseren Berg zu erklimmen.
Als wir unseren Familien von unserem Plan erzählten, lachten sie lauthals, sie dachten es wäre ein Scherz. Doch wir lachten nicht mit und sagten, dass wir am übernächsten Tag losziehen wollten.
Am nächsten Tag packten wir unsere Tragetücher; Helme, ein wenig Essen und Kletterausrüstung. Ich suchte mir alles zusammen, aber ich fand kein Steigeisen. Schließlich fragte ich meinen Bruder nach einem solchen. Er starrte mich und mein fast fertiggepacktes Tragetuch ungläubig an, doch langsam sah ich das Verstehen in seinen Augen. Wortlos brachte er mir sein bestes Steigeisen.
Schon bald brach der nächste Morgen an, meine Freundinnen und ich trafen uns am Fuß des Berges und machten uns fertig. Der Gedanke, dass wir uns für unser Vorhaben besser Hosen hätten besorgen sollen, kam uns nicht und niemand hatte uns dazu geraten. Wir brachen so auf, wie wir aussahen, in unseren Cholitas. Cholitas heißen unsere farbenprächtigen, traditionellen Röcke, aber gleichzeitig ist es auch ein abfälliger Begriff für Frauen unseres Volkes. Nun würden wir allen zeigen, was wir Cholitas draufhatten. Wir waren die Cholita Climbers!
Scheinbar hatte sich die Nachricht, dass wir wirklich den Berg besteigen wollten, herumgesprochen.
Das ganze Dorf war da und wollte uns zusehen, verabschieden oder, in seltenen Fällen, uns zujubeln. Zu diesen Wenigen gehörte mein Bruder. Als wir dem Dorf den Rücken zukehrten, rief er:
„Du schaffst das Lidia! Zeig allen, dass du diesen Berg besteigen wirst!"
Ich drehte mich lächelnd zu ihm um und schrie zurück:
„Das werde ich, verlass dich drauf!"
Der Berg war nicht der größte oder anspruchsvollste, aber es war unser Berg. Wenn alles gut lief, würden wir den Gipfel in vier Stunden erreichen. Am Abend wollten wir schon wieder zurück sein.
Und so gingen wir los, eine leuchtende, bunte Schar von Frauen.
Die Welt, die wir betraten, entsprach nicht unseren Vorstellungen. Sie übertraf sie. Leise wiegten sich die Gräser im Wind. Wir sahen einen Adler über uns kreisen und hatten einen würzigen Geschmack auf unseren Zungen. Es war der Geschmack nach Abenteuer, der Geschmack von etwas Neuem. Unsere Röcke flatterten wie siegesgewisse Flaggen hinter uns her.
So liefen wir den Bergpfad entlang. Das erste Stück war nicht besonders steil, man konnte es gut zu Fuß gehen. Doch dann stand eine Felswand fast senkrecht vor uns. Der Aufstieg begann. Ein paar von uns hatten mit ihren Geschwistern Klettern geübt, doch einige fielen mehrmals in die haltenden Seile. Plötzlich rutschte Kyara ab. Die zierliche Anya stand unten und hielt Kyara, sie wurde durch den Ruck von den Füßen gerissen. Geistesgegenwärtig sprang Sela, eine meiner frühesten Freundinnen, die mich gerade sicherte, nach oben und bekam das Seil mit einer Hand zu fassen. Mit einem kräftigen Ruck brachte sie Anya auf den Boden und wartete, bis Kyara sich gefangen hatte. Ich hatte mich während der Rettungsaktion an den Felsen geklammert, um nicht herunterzufallen. Schließlich hatte Sela genug mit den anderen beiden zu tun. Danach gab es zum Glück keine Unfälle mehr.
Schon bald waren wir alle auf das Plateau geklettert. Die ganze Aufregung hatte sich gelohnt. Es war, als wären wir in einer anderen Welt. Die Häuser meines Dorfes wirkten so klein, dass ich sie mit meiner Fingerspitze verdecken konnte, die große Flaggenstange mit der bolivianischen Fahne, die im Dorf nicht zu übersehen war, war von hier nicht einmal erkennbar. Alles wirkte friedlich, schön und unberührt.
An diesem Ort machten wir Rast, aßen Salteñas², genossen den Augenblick und träumten uns schon auf den Gipfel des Berges.
Noch einmal schaute ich zurück und wollte diese Aussicht eigentlich viel länger genießen, aber wir mussten weiter nach oben.
Ein kleiner, schmaler Weg schlängelte sich bis ganz hinauf. Er führte zu unserem Glück.
Im Gegensatz zu davor, stiegen wir schweigend weiter. Es war ein gutes Schweigen, ein Schweigen der Erwartung und Vorfreude.
Langsam wurde es unangenehm kalt, so kalt, dass uns selbst all unsere Kleidungsschichten nicht warmhalten konnten. Aber es fühlte sich keineswegs unangenehm an, denn auf diese Weise fühlten wir uns außergewöhnlich lebendig und existent. Wir waren aus dem Schatten in die Sonne getreten. Unser erster Gipfel war nur noch einen Katzensprung entfernt. Wir meisterten noch eine weitere Kletterpartie, wanderten durch eine Nebelwand und dann … waren wir da.
Wenn das Plateau magisch gewesen war, dann war dieser Ort der Himmel. Wir fühlten uns, als wären wir auf einem anderen Planeten! Die Nebelwand, die wir durchquert hatten, war eine Wolke! Von hier aus sah man kein Dorf, keine Fahnenstange, nichts. Hier waren nur Stein, Schnee und die Wolken. Ein Gefühl der Ruhe überkam mich. Alles war gut. Hier konnte ich einfach genießen. Doch da war auch ein Siegesgefühl. Ich wollte die ganze Welt wissen lassen, dass wir, die Cholita Climbers, diesen Berg erklommen hatten. Also tat ich es:
„Wir haben es geschafft!", brüllte ich den Berg hinunter und hoffte, dass es das ganze Dorf hören würde.
Das alles ist nun lange her. Vieles hat sich verändert. Wir bestiegen noch viele Berge, kleine und große. Doch dieses Triumphgefühl ist immer wieder da. Wie ein guter Freund, ein Freund, der, uns, die Climbing Cholitas noch lange begleiten wird.
Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Die „Climbing Cholitas" beklettern seit 2015 verschiedene Berge in Lateinamerika. Die Cholitas, die sie dabei tragen, sind Teil ihrer Kultur, der Kultur der Aymara. Zudem ist Lidia der echte Name einer der Bergsteigerinnen.
¹ ein Essen bestehend aus Reis, Rindfleisch und gedämpften Kartoffeln mit Spiegelei
² ein Gebäck, gefüllt mit Eintopf aus Oliven, Rosinen und Gemüse
Constantin Meys
Pedro
(Böser Charakter – Menschen sind vielschichtig)
In den letzten anderthalb Jahren habe ich in Brasilien gewohnt, da mein Vater dort arbeiten musste. Die Sprache war kein Problem, da meine Mutter aus Portugal stammt und wir anderen auch alle einigermaßen flüssig portugiesisch sprechen. Die Zeit war eine wichtige Erfahrung für mich und ich habe viel gelernt und erlebt. Meine Eltern hatten zwar genug Geld für eine Privatschule, aber sie wollten, dass ich das Land kennenlernte, wie es wirklich war. Eines der Erlebnisse in Brasilien hat mich lange beschäftigt und tut es auch jetzt noch. Deshalb möchte ich es mit euch teilen:
Als ich eines Abends aus dem Kino kam, sah ich einen meiner Klassenkameraden zum Supermarkt laufen. Ich war überrascht und beschloss, ihm zu folgen, da ich neugierig war und sehen