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11 Krimis für die Strandliege August 2023
11 Krimis für die Strandliege August 2023
11 Krimis für die Strandliege August 2023
eBook1.282 Seiten15 Stunden

11 Krimis für die Strandliege August 2023

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Über dieses E-Book

 

Dieses Buch enthält folgende Krimis:

 

Kommissar Jörgensen im Fadenkreuz der Rächerin (Chris Heller/Peter Haberl)

Commissaire Marquanteur und die Nächte von Paris (Alfred Bekker)

Mord am East River (Alfred Bekker)

 

Ein Profi gibt nicht auf (Alfred Bekker)

 

Stadt der Schweinehunde (Alfred Bekker)

 

Das linke Bein (Alfred Bekker)

 

Der Sauerland-Pate (Alfred Bekker)

 

Zum Dessert: ein Mord (Alfred Bekker)

 

Dein Albtraum wird zur Wirklichkeit (Alfred Bekker)

 

Die Gen-Bombe (Alfred Bekker)

Künstlerpech für Mörder: Thriller (Alfred Bekker)

 

 

Krimis in einem Buch - Thriller Spannung der Extra-Klasse - hart, actionreich und überraschend in der Auflösung. Ermittler auf den Spuren skrupelloser Verbrecher. Ideal als Urlaubslektüre!

Mal provinziell, mal urban. Mal lokal-deutsch, mal amerikanisch. Und immer anders, als man zuerst denkt.

 

 

Alfred Bekker ist Autor zahlreicher Romane und Erzählungen mit einer Gesamtauflage von über 4,5 Millionen Exemplaren. Er schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane und Bücher für junge Leser.

 

 

SpracheDeutsch
HerausgeberAlfred Bekker
Erscheinungsdatum14. Aug. 2023
ISBN9798223400240
11 Krimis für die Strandliege August 2023
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    11 Krimis für die Strandliege August 2023 - Alfred Bekker

    Alfred Bekker, Chris Heller, Peter Haberl

    11 Krimis für die Strandliege August 2023

    UUID: f424d3f7-b9cb-4072-9ca4-ca5135779558

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    11 Krimis für die Strandliege August 2023

    Copyright

    Kommissar Jörgensen im Fadenkreuz der Rächerin

    ​Commissaire Marquanteur und die Nächte von Marseille

    Mord am East River

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    Die Gen-Bombe

    Künstlerpech für Mörder: Thriller

    11 Krimis für die Strandliege August 2023

    von Alfred Bekker, Chris Heller, Peter Haberl

    Dieses Buch enthält folgende Krimis:

    Kommissar Jörgensen im Fadenkreuz der Rächerin (Chris Heller/Peter Haberl)

    Commissaire Marquanteur und die Nächte von Paris (Alfred Bekker)

    Mord am East River (Alfred Bekker)

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    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    COVER A.PANADERO

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

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    Alles rund um Belletristik!

    Kommissar Jörgensen im Fadenkreuz der Rächerin

    von Peter Haberl & Chris Heller

    : Mordermittlung Hamburg Kriminalroman

    Krimi

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.

    Freispruch für den Vergewaltiger. Sabrina Wachtendorf kann es nicht fassen, aus ihrer Wut auf den Mann wird tödlicher Hass. Dann werden gleich mehrere Triebtäter, zum Teil während der Tat, umgebracht, doch jedes Mal hat Sabrina Wachtendorf ein unumstößliches Alibi. Wer ist der selbsternannte Richter und Henker ohne Gnade?

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

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    Alles rund um Belletristik!

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    Nur wenige Städte in Europa haben eine so bewegte und abwechslungsreiche Geschichte wie Hamburg. Die Hansestadt an der Elbe ist bekannt für ihre vielfältige Kultur, ihren lebendigen Hafen und ihr aufregendes Nachtleben. In den letzten Jahren ist Hamburg aber auch in den Schlagzeilen wegen der zunehmenden Gewalt und Kriminalität in den Stadtteilen St. Pauli und Hamburg-Mitte. Die Polizei berichtet, dass immer mehr kriminelle Clans und Rockerbanden in Hamburg ihr Unwesen treiben. Drogenhandel, Erpressung und Raub sind an der Tagesordnung. Auch die Hamburger Hafengegend ist nicht mehr sicher. In den letzten Jahren gab es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Banden, bei denen auch Schusswaffen zum Einsatz kamen. Die Lage in Hamburg ist ernst und die Polizei steht vor einer schwierigen Aufgabe. Es bleibt abzuwarten, ob die Sicherheitskräfte die Situation in den Griff bekommen. In der Zwischenzeit sollten Touristen und Besucher der Stadt vorsichtig sein und sich nicht in Gegenden begeben, in denen sie sich nicht auskennen.

    In Hamburg leben viele kriminelle Clans, Rocker und Drogenhändler. Die Stadt ist bekannt für den Hamburger Hafen, in dem viele illegalen Aktivitäten stattfinden. In den letzten Jahren ist die Zahl der Shisha Bars in Hamburg stark gestiegen. Viele dieser Bars befinden sich auf St. Pauli, dem berüchtigten Rotlichtviertel der Stadt. Die Shisha Bars sind häufig Treffpunkt für kriminelle Banden und Drogenhändler. In einigen Fällen werden die Bars sogar von kriminellen Clans kontrolliert. Die Polizei ist häufig machtlos gegen die kriminellen Aktivitäten in den Shisha Bars.

    Fast jede Shisha Bar in Hamburg ist einbezogen in den Rocker- und Drogenkrieg der kriminellen Clans. Im Hamburger Hafen wird mit Waffen und Drogen gehandelt. Viele Menschen verlieren ihr Leben, weil sie in die Schusslinie geraten. Die Stadt versucht, das Problem zu lösen, aber bisher hat sich noch keine Lösung gefunden.

    Ich sitze in einer dieser Shisha Bars und unterhalte mich mit dem Mann, den man ‘den Libanesen’ nennt.

    Pass besser auf, du!, sagt er mir.

    Das sagst du jedes Mal.

    Wallah, ich sag dir, pass auf, Uwe!

    Bin vorsichtig.

    Nicht vorsichtig genug, sage ich! Wallah, du bist zu gutgläubig. du bist zu leichtsinnig. Du glaubst an das Gute in den Menschen, aber Allah weiß: die Menschen sind schlecht. und es gibt ein paar sehr mächtige leute, die dich nicht mögen.

    War doch schon immer so.

    Mag ja sein.

    Hast du jetzt heute was an Informationen für mich? Oder atme ich diesen Dampf völlig umsonst ein und ruiniere damit meine Gesundheit?

    Der Libanese bläst mir etwas von diesem Dampf ins Gesicht.

    Wallah, auch noch empfindlich, Uwe!

    Das nächste Mal lädst du mich in deinen auf der Reeperbahn ein.

    Der mit den Girls, die so schöne Titten haben?

    Genau der! Da kann man wenigstens atmen.

    Mein Name ist Uwe Jörgensen. Ich bin Kriminalhauptkommissar und Teil einer in Hamburg angesiedelten Sonderabteilung, die den etwas umständlichen Namen ‘Kriminalpolizeiliche Ermittlungsgruppe des Bundes’ trägt und sich vor allem mit organisierter Kriminalität, Terrorismus und Serientätern befasst.

    Die schweren Fälle eben.

    Fälle, die zusätzliche Resourcen und Fähigkeiten verlangen.

    Zusammen mit meinem Kollegen Roy Müller tue ich mein Bestes, um Verbrechen aufzuklären und kriminelle Netzwerke zu zerschlagen. Man kann nicht immer gewinnen, pflegt Kriminaldirektor Bock oft zu sagen. Er ist der Chef unserer Sonderabteilung. Und leider hat er mit diesem Statement Recht.

    *

    Der vorsitzende Richter Jakob Diekmann betrat mit seinen Kollegen den Gerichtssaal, sein Weg führte ihn zur Urteilsverkündung an den Richtertisch. Er warf einen kurzen Blick in die Zuschauermenge. Seine Miene verschloss sich, dann stemmte er sich schwerfällig auf seinen angestammten Platz.

    Alle anderen Anwesenden erhoben sich ebenfalls. Die Geräusche versanken in der eintretenden Stille. Im Gerichtssaal herrschte Atemlosigkeit. Alle Augen waren gespannt auf Jakob Diekmann gerichtet.

    Dieser verkündete mit unbewegtem Gesicht und Tenorstimme: „Im Namen des Volkes wird der Angeklagte vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen."

    In Sabrina Wachtendorfs blaue Augen senkten sich einen Augenblick lag Resignation und Enttäuschung. Doch dann begann es in ihnen zu flackern. Es war das Feuer eines grenzenlosen, vernichtenden Hasses…

    Im Gerichtssaal brandete tumultartiger Lärm auf. Die Zuschauer schrien durcheinander. Eine Frau brüllte aus Leibeskräften: „Der Hurensohn hat sie vergewaltigt! Man sollte ihn teeren und federn. Eine Mitstreiterin fügte kreischend hinzu: „In unserem Land wird mit zweierlei Maß gemessen! Wäre er kein angesehener Politiker, wäre die Entscheidung anders ausgefallen. Pfui Teufel! Das ist eine Riesenschweinerei …

    Richter Diekmann knallte seinen Hammer dreimal auf den Tisch, dass es krachte. „Ruhe!, brüllte er. „Wenn nicht augenblicklich Ruhe einkehrt, lasse ich den Gerichtssaal räumen.

    Die letzten Worte vernahm Sabrina Wachtendorf schon nicht mehr. Fast fluchtartig hatte die 25-jährige Frau mit den langen, blonden Haaren den Gerichtssaal verlassen. Resignation und Enttäuschung waren einem unbändigen Hass gewichen. Er durchflutete sie in rasenden, giftigen Wogen und ließ keinen anderen Gedanken zu. In der Tiefe ihrer Augen irrlichterte es. Die Begründung für den Freispruch wollte sie schon gar nicht mehr hören.

    wird der Angeklagte vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen!, hämmerte es unablässig durch ihren Verstand.

    Heiko Schneider hatte sie brutal missbraucht, sie gedemütigt, ihre Ehre mit Füßen getreten. Und jetzt durfte er noch über sie triumphieren.

    Es war verstandesmäßig kaum zu erfassen.

    Die Reporter und Fotografen, die im Flur und auf der Treppe warteten und sich auf sie stürzten wie die Aasgeier, beachtete sie nicht. Fragen prasselten auf sie ein. Sie drängte sich rücksichtslos durch die Meute, schlug eine Hand, die vor ihrem Gesicht auftauchte und ein Mikrofon hielt, ungestüm zur Seite.

    „Lassen Sie mich in Ruhe!, schrie sie fast hysterisch. „Kein Kommentar! Lasst mich durch … Die Glätte in ihrem Gesicht zerbrach, als sie sich fast gewaltsam einen Weg bahnte.

    Die Fotoapparate blitzten. Sabrina wollte ihr Gesicht hinter den Händen verbergen. Zu spät. Sie war einem wahren Blitzlichtgewitter hilflos ausgeliefert. Die grellen Lichtreflexe blendeten sie. Schon in den Nachmittagsnachrichten würde ihr verzerrt anmutendes Konterfei im Fernsehen gezeigt werden. Und am folgenden Tag würde es in allen Zeitungen Deutschlands, vor allen Dingen in den Blättern der Boulevardpresse, die Titelseite zieren.

    Die Medienleute ließen von Sabrina ab, als Heiko Schneider mit seinen Anwälten auf den Flur trat. Schneider grinste breit, selbstbewusst und ganz im Zeichen seines Sieges. Er stellte sich den Reportern nur zu gerne zur Verfügung und hielt eine flammende Rede wider die Schändlichkeit verleumderischer Elemente im Allgemeinen und den Rufmord, der an seiner Person verübt werden sollte, im Besonderen.

    Dann umarmte er im Aufglühen der Blitzlichter Frau und Tochter, schüttelte seinen Anwälten theatralisch die Hände und suhlte sich so richtig ausgiebig im Rampenlicht einer breiten Öffentlichkeit, die man noch am selben Tag per Flimmerkiste mit den Bildern füttern würde. Sein breites, strahlendes Lachen hätte jeder Zahnpastawerbung zur Ehre gereicht.

    Sabrina Wachtendof verließ als Geschlagene das Gerichtsgebäude und schritt, ohne von einem bewussten Willen geleitet zu werden, die breite Treppe hinunter, den Blick auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne gerichtet.

    Der eine oder andere, der das Gefühl hatte, von ihr angestarrt zu werden, blieb stehen und schaute der jungen, schönen Frau hinterher. Er konnte nicht ahnen, dass sie ihn gar nicht wahrgenommen hatte.

    In ihr war etwas zerbrochen – abgestorben. Der Glaube an die Gerechtigkeit, der Glaube an die Menschen, vielleicht sogar der Glaube an sich selbst. Sie war geschändet worden, man hatte sie durch die Medien gezogen. Die Anwälte Heiko Schneiders hatten alles daran gesetzt, ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Sie hatten sie im Gerichtssaal regelrecht vorgeführt. Sie empfand es als Zynismus par excellence!

    Mechanisch setzte Sabrina einen Fuß vor den anderen. Dann stand sie vor ihrem metallic-grünen Dreiergolf. Jetzt erst schien sie aus ihrer tiefen Versunkenheit zu erwachen. Sie hatte das Empfinden, von tausend höhnisch grinsenden Augen angestarrt zu werden. Angst vor der Zukunft legte sich tonnenschwer auf ihr Gemüt.

    Sie schaute sich um.

    Niemand beachtete sie.

    Sich ihrer Niederlage voll bewusst schloss sie den Wagen auf und setzte sich hinein. Der Motor sprang an. Der Golf rollte aus der Parklücke. Sabrina reihte sich in den fließenden Verkehr ein.

    2

    Drei Tage lang verkroch sich Sabrina in ihrer Wohnung. Reporter belagerten ihr Haus. Man fand die Adresse ihrer Mutter heraus. Aber Birte Wachtendorf war nicht bereit, ein Wort über die Sache zu verlieren. Das einzige Statement, das sie abgab, war, dass ihrer Tochter großes Leid zugefügt worden sei und dass die Justiz versagt habe.

    Am vierten Tag nach der Verhandlung erklärte sich Sabrina bereit, an die Öffentlichkeit zu treten. Ein lokaler Fernsehsender brachte das Interview. Der Moderator hatte Pause. Er musste Sabrina keine Fragen stellen. Es sprudelte nur so aus ihr heraus. Sie nahm kein Blatt vor den Mund und redete sich von der Seele, was sie bedrückte. Manchmal tränkte Hass ihre Stimme. Dann brach sie wieder in Tränen aus.

    Sie klagte Heiko Schneider bitter an, bezeichnete den Freispruch als Justizskandal, sprach von Korruption und Rechtsbeugung.

    Schneider erwirkte eine gerichtliche Anordnung, die Sabrina untersagte, ihn weiterhin der Vergewaltigung zu beschuldigen. Sabrina Wachtendorf wurden eine hohe Geldstrafe und Gefängnis in Aussicht gestellt, sollte sie der Anordnung zuwider handeln. Ein Zeitschriftenverlag, der mit ihr in Verhandlung stand und dem sie die Exklusivrechte an ihrer Geschichte für viel Geld verkaufen sollte, zog sich nach Bekanntwerden der gerichtlichen Verfügung zurück und brach jeglichen Kontakt mit Sabrina ab.

    Ihren Job als Sekretärin war sie los.

    Sie bemühte sich um andere Arbeit, es war jedoch vergebens. Eine Frau, die ihren Chef derart kompromittierte, wollte niemand. Denn nach allem, was in Funk und Fernsehen und in der Presse veröffentlicht worden war, musste man davon ausgehen, dass Sabrina versucht hatte, Schneider den politischen und gesellschaftlichen Todesstoß zu versetzen.

    Sabrina war der Verzweiflung nahe. Aber je mehr sie demoralisiert wurde, umso greller und leidenschaftlicher brannte der Hass auf Schneider in ihr.

    Wo immer Schneider sich in der Öffentlichkeit zeigte, Sabrina erschien in seiner Nähe. Stumm starrte sie ihn an. Er begann unsicher zu werden, entwickelte eine Art Verfolgungswahn. Die Verachtung, die er in ihrem Blick lesen konnte, die stumme Anklage und die unausgesprochene Drohung, die sie verströmte, setzten ihm zu. Er fühlte sich bedroht und erwirkte eine weitere gerichtliche Anordnung, die Sabrina gebot, sich aus der Umgebung des Politikers fernzuhalten. Wieder wurde ihr mit Geldstrafe und Gefängnis gedroht.

    Sie zog sich zurück. Es schien, als hätte sie resigniert.

    Aber sie war das Opfer. Und sie wurde nicht fertig damit, dass Schneider nicht nur ungeschoren davonkommen sollte, sondern dass er auch noch über sie triumphieren durfte. Ihr Hass wuchs ins Unermessliche!

    Die Vorsitzende der Initiative „Hilfe für missbrauchte Frauen" trat an sie heran. Sabrina arbeitete in der Initiative mit, zeigte sich ausgesprochen engagiert und erfuhr vom Leid anderer Frauen, die Ähnliches erlebt hatten wie sie.

    Ihr Hass weitete sich aus auf alle Männer, die sich Frauen mit Gewalt unterwarfen, die Frauen demütigten und missbrauchten.

    Sabrina Wachtendorf begann in verschiedenen Veranstaltungen Hass zu predigen. Sie rief auf zu Rache und Selbstjustiz. Den Verantwortlichen der Initiative wurden ihre Referate und Interviews zu aggressiv. Sabrina wurde zurückgepfiffen. Sofort schmiss sie den Krempel hin und verabschiedete sich aus der Initiative.

    Von dieser Stunde an verschwand Sabrina Wachtendorf in der absoluten Versenkung. Sie trat nicht mehr in Erscheinung.

    Heiko Schneider hatte Ruhe vor ihr.

    3

    Zwei Monate später

    Helena König machte Feierabend. Sie betrieb eine kleine Boutique für modische Neuheiten in Bremen. Helena schloss den Laden ab, warf den Schlüssel in die Tasche, die über ihrer Schulter hing, und strebte der Tiefgarage zu, in der sie ihren BMW untergestellt hatte.

    Es war 21 Uhr vorbei. An diesem Tag war es etwas später geworden, da eine neue Kollektion an Damenoberbekleidung eingetroffen war, die sie mit Preisen auszeichnete und an die Warenständer und in die Regale verteilte.

    Es war Ende März und schon finster, denn die Tage waren noch recht kurz. Und es war kühl. Helena fröstelte. Es war die Jahreszeit, in der der Mantel zu warm, Jacke und Bluse aber noch zu kalt waren.

    Die dunkelhaarige 26-jährige überlegte, ob sie den Aufzug in die unterste Etage des Parkdecks nehmen sollte, entschloss sich aber dann für die Treppe. In vergitterten Wandnischen brannten die Lampen. Die Gitter hatte die Stadtverwaltung anbringen lassen, da randalierende Jugendliche die Lampenschirme mit frappierender Regelmäßigkeit zerstört hatten. Tote Fliegen und Nachtschwärmer lagen auf den Böden der kleinen Nischen. Spinnennetze zogen sich. Die Wände des Abgangs waren mit Graffiti besprüht, mit sexistischen Sprüchen und politischen Parolen vollgekritzelt. Auf den Treppenstufen lagen McDonalds-Verpackungen, Cola- und Bierdosen.

    Zwei Typen um die zwanzig kamen Helen auf der Treppe entgegen. Sie befand sich bereits im 2. Untergeschoss. Der eine der beiden Kerle hatte einen Irokesen-Haarschnitt. Der Streifen Haare, der sich über sein Schädeldach zog, war grün gefärbt. Der andere trug seine Haarpracht in Form von Rasterlocken, die an alte Gerüststricke erinnerten. Darüber hatte er eine Haube gestülpt.

    Sie kamen nebeneinander die Treppe herauf. Für drei war kein Platz. Helen drückte ihren grazilen Körper hart gegen die kalte Betonwand.

    Die beiden blieben stehen, stießen sich an, lachten, der mit den Rasterlocken lärmte eine Idee zu aufgekratzt: „Hi, Honey, bist ‘ne heiße Schwester. Mit dir möchte Benny-Boy auch mal rosa Pampelmusen essen."

    „Bitte, murmelte Helena und wollte sich vorbeidrängen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals hinauf. Ihr war mulmig zumute. Die beiden vermittelten etwas, das sie zutiefst beunruhigte. Sie schaute hilfesuchend die Treppe nach oben, aber da kam niemand. „Ich hab es sehr eilig.

    Der Irokesenschopf hielt sie auf. „Du begegnest dem einmaligen Benny-Boy und dem vorzüglichen Iron Thunder und willst es eilig haben, Süße? Er lachte herablassend. „Ich glaub das nicht. Ich kann das nicht glauben.

    „Iron Thunder?", kam es brüchig und angstvoll von Helen. Ihr Hals war trocken. Das Schlucken fiel ihr schwer. Es war, als würgte sie eine unsichtbare Faust.

    „Das ist mein Kriegsname, grinste sie der Irokesenschopf hämisch an. „Gut, nicht wahr? Eiserner Donner. In meinen Kreisen hat der Name Klang. Aber vergiss den Namen wieder, Süße. Er spielt keine Rolle. Der Mann ist wichtig. Und der Mann ist allererste Garnitur. Den wirst du so schnell nicht vergessen.

    Seine Rechte schoss vor und packte Helena am Handgelenk. Der Eindruck von Boshaftigkeit und Brutalität, den er plötzlich vermittelte, war erschreckend.

    „Lassen Sie mich los, entfuhr es der Frau. Sie wollte ihren Arm losreißen, aber sein Griff hatte die Härte einer Stahlklammer. Helena zerrte und zog. „Hilfe!, gellte ihr panischer Schrei. „Hiiilfe!" Es gellte den Treppenschacht hinauf und ging oben im Lärm von der Straße unter.

    „Nicht doch!", zischte Benny-Boy, der Rasterlocken-Mann. Er glitt blitzschnell hinter Helen.

    „Hiiil …"

    Benny-Boys flache Hand verschloss Helens Mund. Sein anderer Arm legte sich um ihren Leib. Er drängte sie die Treppe nach unten. Iron Thunder, wie der Irokesenschopf sich nannte, zerrte an ihrem Arm. Mit der Linken öffnete er die Tür zum 2. Untergeschoss. Es war eine feuerfeste Tür, die ebenso besprüht und vollgekritzelt war wie die Wände. Sie quietschte in den Angeln.

    Helena wurde hineinbugsiert. Die Panik, die sie befallen hatte, war unbeschreiblich. Angst wäre ein zu gelindes Wort gewesen, um auszudrücken, was sie empfand. Das Herz drohte ihr in der Brust zu zerspringen. Ihr gequälter Verstand erinnerte sie daran, dass in dieser Tiefgarage in den vergangenen Wochen wiederholt Frauen vergewaltigt worden waren. Sie hatte sich eine Sprühdose mit Tränengas gekauft. Sie befand sich in ihrer Handtasche. Warnungen ihrer Bekannten und Freunde hatte sie lachend unter Hinweis auf ihre „Waffe" abgetan.

    Und jetzt …

    Ihr Widerstandswille flackerte auf, in dem Moment, als die schwere Tür hinter ihnen zuschlug. Die Neonröhren in den Ecken und an der Decke verstreuten nur düsteres Licht. Kein Mensch, der ihr helfen hätte können, war zu sehen. Das Grinsen aus den Gesichtern der Kerle war verschwunden. Ihre Mienen waren nur noch Physiognomien von Brutalität und böser Gier.

    Helena wand sich aus Benny-Boys Griff. Gleichzeitig trat sie nach Iron Thunder. Der Bursche mit dem Irokesenschnitt wich im letzten Moment aus. Ihr Fuß streifte ihn nur. Er schlug zu. Sein Handrücken landete bretterhart auf Helenas Wange. Benny-Boy griff sofort nach und erwischte sie an den Haaren. Brutal riss er ihr den Kopf in den Nacken. Helen schrie entsetzt und vom Schmerz getrieben auf. Im nächsten Moment aber lag wieder Benny-Boys Pranke auf ihrem Mund.

    „Süße, flüsterte Iron Thunder, „was wehrst du dich? Du willst es doch sicher mal richtig besorgt bekommen. Also stell dich nicht zickig. Du wirst es uns danken.

    Helena schwindelte. Vor ihren Augen schien sich alles im Kreis zu drehen wie ein Karussell. Sie war wie betäubt. Die Hand, die auf ihren Mund gepresst war, erstickte sie fast. Entsetzen und Verzweiflung brüllten aus ihren dunklen, weit aufgerissenen Augen. Übelkeit wollte in ihr hochsteigen.

    Die beiden Gangster zerrten und drängten sie zu einem alten Ford. Iron Thunder schloss ihn von der Beifahrerseite auf. Er klappte die Rückenlehne zurück. „Wenn du schön artig bist und dich brav hinlegst, Honey, keuchte er, „dann lassen wir dich hinterher auch wieder laufen. Andernfalls, er zog blitzschnell ein feststehendes Messer unter seiner Jacke hervor, „schneide ich dir den Hals durch." Er drückte ihr die Spitze der Klinge leicht gegen den Kehlkopf.

    Helena bekam alles nur noch wie im Trance mit. Sie war wie gelähmt, zu keiner Reaktion mehr fähig. Wie aus weiter Ferne war Iron Thunders Drohung an ihr Gehör gedrungen. Sie so richtig zu verarbeiten war Helenas gequälter Verstand nicht mehr in der Lage.

    Sie wurde auf den Liegesitz genötigt. „Ich zuerst!, meldete Iron Thunder mit heiserer, belegter Stimme seinen Anspruch an. „Zieh dich aus!, herrschte er Helena im nächsten Moment an. „Aber nicht mehr als nötig …"

    In diesem Moment begann am Ende des Parkdecks eine schwere Maschine zu dröhnen. Der Motor heulte kurz auf, dann sank das Geräusch wieder herab zu einem untertourigen Blubbern und näherte sich.

    Ein blonder Mann fuhr das Motorrad. Auf dem Rücksitz saß eine Frau mit ebenfalls blonden Haaren. Sie waren nackenlang. Beide trugen sie Sonnenbrillen. Beide waren in schwarzes Leder gekleidet.

    Benny-Boy und Iron Thunder waren abgelenkt. Auf dem Autositz lag Helen. Sie wimmerte leise, losgelöst, nur noch vom Unterbewusstsein geleitet. Dann war das Motorrad heran. Es rollte im Schritttempo. Die blonde Frau mit der Sonnenbrille griff unter ihre geöffnete Jacke. Als ihre Hand wieder zum Vorschein kam, umklammerte sie den Griff einer Mini-MPi. Sie schlug die Waffe an. Und sogleich begann die leichte MPi zu rattern. Feuergarben stießen aus der Mündung. Die beiden Vergewaltiger wurden von den Treffern herumgerissen und geschüttelt. Die Windschutzscheibe des Ford zerbröselte geradezu unter den Einschlägen. Stahlblech wurde zerfetzt!

    Iron Thunder fiel gegen das neben dem Ford parkende Auto und rutschte daran zu Boden. Das Messer entglitt seiner Hand und klirrte auf den Beton.

    Benny-Boy mit den verfilzten Rasterlocken kippte über die Motorhaube des Ford, wurde von zwei weiteren Treffern herumgeschleudert und rollte auf den Boden. Blut sickerte unter seiner erschlafften Gestalt hervor und zog eine dunkle Spur.

    Der Motorradfahrer gab Gas. Der Motor röhrte. Die Blondine ließ die MPi wieder unter der Jacke verschwinden. Die rote, chromblitzende Suzuki donnerte in Richtung Ausfahrt.

    4

    Tags darauf flatterte in der „Bremer Post" ein Brief auf den Schreibtisch des Chefredakteurs. Er beinhaltete nur einen einzigen Satz. Vergewaltiger müssen bluten, las der Mann. Unterzeichnet war der Brief nicht.

    Der Chefredakteur schaute nachdenklich, dann griff er zum Telefon. Als sich jemand meldete, sagte er: „Du warst doch gestern Abend in der Tiefgarage, wo die beiden komischen Vögel regelrecht von Kugeln zersiebt worden sind, nachdem sie versuchten, eine Boutique-Besitzerin zu vergewaltigen."

    „Ja. Ist was Neues bekannt geworden?", fragte der Reporter am anderen Leitungsende.

    „Nein, das nicht. Aber mir flattert soeben ein anonymer Brief auf den Schreibtisch. Vergewaltiger müssen bluten, steht da geschrieben. Ob dieser Brief vom Mörder der beiden Kerle ist?"

    „Wir sollten ihn auf jeden Fall der Mordkommission zuleiten, meinte der Reporter. „Ja, ich denke, die Morde und der Brief stehen in Zusammenhang miteinander.

    „Ich bin deiner Meinung. Danke. Ich setze mich gleich mit Kommissar Gärtner in Verbindung."

    Als er den Leiter der Mordkommission des Polizei Bremen an der Leitung hatte, und Tim Bühl – der Chefredakteur der „Bremer Post – von dem anonymen Schreiben berichtet hatte, knurrte Gärtner: „Ich schicke einen meiner Jungs vorbei, Bühl, der das Schreiben abholt. So ein Rächer der Enterbten fehlt mir gerade noch. Die drei Wörter, die auf dem Brief stehen, lassen doch tief blicken. Da scheint sich jemand gewaltig was vorgenommen zu haben.

    „Es wird Ihr Job sein, dem Rächer der Enterbten, wie Sie es ausdrückten, das Handwerk zu legen, Gärtner, kam es von Bühl. „Auf der anderen Seite ist es aber wohl so, dass der Rächer für Helena König im letzten Moment die Rettung war. Und es sieht nicht nach Zufall aus.

    „Vielleicht hat der Mörder sich in der Tiefgarage auf die Lauer gelegt, nachdem in den vergangenen Wochen immer wieder Vergewaltigungen da unten geschahen. Möglicherweise sogar eines der Opfer. Es gibt Leute, die beweisen oft, wenn es um ihre Interessen geht, bewundernswerte Energie und Ausdauer."

    „Und wo war die Polizei?", fragte Bühl etwas spöttisch.

    „Immer, wenn wieder ein Vorfall war, patrouillierten in den Tagen drauf Beamte durch die Tiefgarage. Solange sie da waren, geschah nichts. Kaum waren sie weg, nun – das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen."

    „Wie wär‘s mit ‘nem Lockvogel gewesen? Eine hübsche Polizistin, die …"

    Gärtner unterbrach den Redakteur. „Über einen solchen Einsatz wurde gesprochen und beraten, aber man hat sich noch nicht entschließen können."

    „Was ist mit Helena König?, wechselte Bühl das Thema. „Gestern stand sie ja ziemlich unter Schock, erzählte mir mein Reporter. Hat sie zwischenzeitlich schon irgendwelche Angaben machen können?

    „Sie hat nichts gesehen. Die arme Frau lag halb besinnungslos auf dem Beifahrersitz, als die Schüsse krachten. Sie glaubt, ein Motorrad gehört zu haben. Aber ganz sicher ist sie sich nicht. Sie zittert jetzt noch vor Angst. Wahrscheinlich bedarf sie psychologischen Beistandes, um wieder auf die Beine zu kommen und ihren inneren Frieden zu finden."

    „Gibt es irgendwann ‘ne Pressekonferenz?", wollte Bühl wissen.

    „Sie kriegen auf jeden Fall Bescheid", versprach Gärtner.

    5

    Franz Härtner verließ seine Wohnung in der Nähe des Rathauses. Es war finster. Der Bau mit der prächtigen Fassade wurde von Strahlern aus der Dunkelheit gehoben. Es mutete an, als wären die Fenster des Gebäudes im mittelalterlichen Stil transparent und von innen bis in den letzten Winkel erleuchtet.

    Franz Härtner war gegen Kaution auf freien Fuß. Sein Anwalt hatte dafür gesorgt. Die 16-jährige, der er Gewalt angetan haben sollte, hatte sich im Kreuzverhör in einige Widersprüche verwickelt. Er, Härtner, hingegen hatte genau abgewogene Antworten parat und immer wieder seine Unschuld beteuert.

    Das Mädchen war weinend zusammengebrochen. Die Fragen des Anwalts, der Härtner verteidigte, geißelten es geradezu. Sie konnte zuletzt nur noch stammeln, dass Härtner sie nach einem Discothekenbesuch nach Hause fahren wollte. Im Auto sei er dann über sie hergefallen.

    Es sprach viel gegen Härtner. In seinem Wagen wurden genetisches Material von der 16-jährigen und Fasern ihrer Kleidung gefunden. Das Mädchen wies Verletzungen auf, die für eine Vergewaltigung sprachen. Dennoch ließ man Härtner laufen!

    In der Ferne tobte ein heftiges Frühlingsgewitter. Immer wieder spalteten hinter dem Rathaus Blitze die Nacht. Fernes Donnergrollen war jedes Mal die Folge. Aber noch war das Gewitter nicht da. Der Regen würde noch ein wenig auf sich warten lassen. Franz Härtner hatte es nicht besonders eilig.

    Er ging, vor sich hin pfeifend, zu seinem Auto, das er am Straßenrand geparkt hatte. Es stand unter einem Laternenmast, der einen Lichtkreis auf Straße und Gehsteig fabrizierte.

    Härtner war guter Dinge. Er war schuldig. Ja, er hatte die Kleine hergenommen. Aber sein Anwalt würde das Ding schon schaukeln. Franz Härtner wollte zu der Disco, in der er das Mädchen kennengelernt hatte. Es gab ja schließlich auch willige Mädchen …

    Ein brauner Opel blubberte heran. Der Lichtfinger der Scheinwerfer glitten durch die Dunkelheit. Der Klang, der die Straße erfüllte, war dumpf und satt. Zwei Leute saßen in dem Wagen. Sie trugen trotz der Nacht Sonnenbrillen mit schwarzen Gläsern. Beide waren sie in schwarzes Leder gekleidet. Das Leder schimmerte im Licht der Straßenbeleuchtung, die in den Pkw fiel.

    Auf Franz Härtners‘ Höhe wurde der Opel abgebremst. Der Wagen schaukelte in der Federung. Die beiden Insassen sprangen heraus. Es waren ein Mann von etwa dreißig und eine Frau. Beide hatten sie blonde Haare. Die des Mädchens waren nackenlang und gerade nach hinten gekämmt.

    Das Bemerkenswerteste an den beiden aber waren die MPs, die sie in den Händen hielten.

    Härtner wurde aufmerksam. Er hatte die Autotür geöffnet und schon sein rechtes Bein aufs Bodenblech gestellt. Jetzt zog er das Bein wieder heraus und stellte es auf den Boden. Er wandte sich den beiden halb zu.

    Der Mann stand neben der Fahrertür, die MPi an der Hüfte im Anschlag. Die Frau hatte sich auf der anderen Seite des Opel postiert. Sie zielte über die Motorhaube auf Franz Härtner. Als dieser mit siedendem Schrecken begriff, streckte der Tod schon die Knochenfaust nach ihm aus.

    Die Schnellfeuergewehre ratterten. Franz Härtner brach neben seinem Auto sterbend zusammen. Das Peitschen stieß die Straße hinauf und hinunter. Dann warfen sich die beiden Killer in den Opel. Die Türen schlugen. Der schwere Motor dröhnte auf. Die Räder des Wagens drehten durch, dann raste er davon. Bei einer Querstraße leuchteten die Bremslichter kurz auf, dann verschwand das Fahrzeug mit kreischenden Pneus um die Kurve. Der Klang entfernte sich, wurde leiser und leiser.

    Am darauffolgenden Tag erhielt Tim Bühl von der „Bremer Post" wieder ein anonymes Schreiben. Alle Vergewaltiger werden bluten, stand da geschrieben, wie der erste Brief per Computer gefertigt und auf weißem Papier ausgedruckt.

    Bühl wusste über den Mord in der Nähe des Rathauses Bescheid. Einer seiner Reporter war am Abend am Tatort gewesen. Der Chefredakteur ließ sich mit Gärtner verbinden …

    6

    Kommissar Ben Gärtner startete im Zentralcomputer der Polizei Bremen einen Suchlauf. Er nahm sich sämtliche Vergewaltigungsfälle des vergangenen halben Jahres vor. Er war überzeugt davon, dass hinter den Morden an den Vergewaltigern eine Frau steckte, der ebenfalls Gewalt angetan worden war und die nun ihrem Hass freien Lauf ließ. Oder es steckte der Angehörige einer Frau dahinter, die missbraucht wurde und den dasselbe Motiv leitete – nämlich der Hass auf jeden Frauenschänder.

    Dass es sich bei den Morden um einen Rachefeldzug handelte, davon war Ben Gärtner überzeugt. Aus Gärtners Sicht waren das Hinrichtungen gewesen.

    Gärtner stieß auf einen Fall, der sein Interesse erregte. Es war die Sache Sabrina Wachtendorf. Das Bild, das eingescannt worden war, zeigte eine Frau Mitte der 20, hübsch, mit ihren langen, blonden Haaren ausgesprochen sexy – eine Frau, der jeder echte Mann einen zweiten Blick nicht verweigerte.

    Sie war die Sekretärin eines Heiko Schneiders, der in der Bremer Politik als Pressesprecher tätig war. Genau dieser Heiko Schneider sollte sie ziemlich übel in einem Hotel missbraucht haben, als er mit ihr zusammen auf einer Dienstreise war.

    Gärtner las aufmerksam die Ermittlungsergebnisse durch. Danach kam für ihn kein anderer als Schneider als Vergewaltiger in Frage. Nicht wenig überrascht war der Kommissar, als er von dem Freispruch las.

    Er fing an, eine Reihe von Gedanken anzustellen. Und am Ende seiner Gedanken entschloss er sich, Sabrina Wachtendorf einen Besuch abzustatten. Ihre Anschrift konnte er aus der elektronischen Ermittlungsakte entnehmen.

    Es war um die Mittagszeit, als er an Sabrinas Wohnungstür läutete. Sie öffnete. Gärtner wies sich aus. Er registrierte, dass sich Sabrina die langen blonden Haare abschneiden hatte lassen. Sie waren nur noch nackenlang und glatt nach hinten gekämmt. Der Blick, mit dem sie ihn ansah, wirkte erloschen und leer. Ihm entging nicht der herbe Zug, der sich in ihren Mundwinkeln festgesetzt hatte.

    „Ich hätte Sie gerne gesprochen, Frau Wachtendorf, sagte Grazano. „Es geht um die Sache Schneider.

    Sabrina zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Und jetzt belebte sich ihr Blick auch. Sekundenlang glühte es in ihren Augen auf, dann gab sie zu verstehen: „Die Sache ist erledigt. Der Schuft ist freigesprochen worden. Ich will nichts mehr davon hören."

    „Ja, Schneider wurde für nicht schuldig befunden, murmelte Grazano, indes er Sabrina aufmerksam beobachtete. Ihre Reaktion, die all den Hass reflektierte, der in ihr lebte, war ihm nicht verborgen geblieben. „Sie fühlen sich – hm, wie soll ich sagen …

    „Ich fühle mich verarscht, stieß Sabrina leidenschaftlich hervor. „Die Beweislage war ziemlich eindeutig, dennoch hat ihn das Gericht von jedem Vorwurf freigesprochen. Ich stand am Ende als diejenige da, die ihn verleumdete, die seinen Ruf schädigte, die ihm das gesellschaftliche und politische Aus bescheren wollte. Mein Name wurde durch die Medien gezerrt. Man veranstaltete eine regelrechte Hexenjagd auf mich. Ich bin arbeitslos seitdem. Wo ich mich auch beworben habe – jeder winkte dankend ab. Schneider hat mein Leben zerstört, Herr Kommissar.

    Ein trockenes Schluchzen folgte diesen Worten.

    „Kann ich einen Augenblick reinkommen?", fragte Gärtner.

    Sie nickte und ließ ihn an sich vorbei in die Wohnung treten. Dann saßen sie sich im Wohnzimmer gegenüber. Gärtner schaute sich um. Er sah eine moderne Einrichtung, wie es einer Frau in Sabrinas Alter zukam. Viel Chrom und Glas, moderne Drucke an den Wänden, einige Bücher …

    Schließlich fixierte Gärtner sie eindringlich und sagte: „In den vergangenen Tagen sind drei Morde in Bremen verübt worden. Tags darauf erhielt die Bremer Post jeweils eine anonyme Mitteilung, auf der nicht mehr und nicht weniger stand, als dass alle Vergewaltiger bluten müssen."

    Sabrina musterte den Polizisten regungslos. Eine ganze Weile hing zwischen ihnen lastendes Schweigen. Dann ertönte Sabrinas sarkastische Stimme: „Was liegt näher, als dass ein Vergewaltigungsopfer diese Morde begangen und die Briefe geschrieben hat, nicht wahr? O ja, es liegt auf der Hand. Und deshalb sind Sie hier, Herr Kommissar. Sie denken, dass ich, nachdem mir großes Unrecht zugefügt wurde, Amok laufe."

    „Ich verfolge nur Spuren, versetzte Gärtner. „Eine davon führt zu Ihnen. Ich darf nichts außer Acht lassen. Leben Sie alleine hier?

    Sabrina nickte.

    „Besitzen Sie ein Motorrad?"

    Die Antwort bestand zunächst in einem Kopfschütteln. „Ich fahre einen VW Golf, murmelte Sabrina dann. „Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ich ihn hergeben muss, wenn ich nicht bald eine neue Anstellung finde.

    „Wie stehen Sie zu Schneider?"

    „Ich hasse ihn!, stieß Sabrina leidenschaftlich hervor. Ihre blauen Augen hatten sich verdunkelt. „Und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass er in die Hölle fährt.

    „Harte Worte für eine Frau", meinte Gärtner versonnen.

    „Eine Frau, die gedemütigt und geschändet wurde, erklärte sie kehlig, „und die man zuletzt noch verhöhnte.

    „Ihre Art zu sprechen verrät viel über Ihr Innenleben, Frau Wachtendorf", knurrte Gärtner.

    „Mein Innenleben wurde abgetötet, antwortete sie schwer. Sie atmete tief durch, dann sank ihre Stimme herab und war nur noch ein fanatisches Geflüster: „Ich hoffe im Fall Schneider auf die himmlische Gerechtigkeit. Die irdische hat versagt. Aber früher oder später bekommt jeder, was er verdient. Ja, ich hasse Schneider. Aber das ist für mich kein Grund, x-beliebige Leute umzubringen. Wenn Sie eines Tages den Kadaver von Schneider irgendwo finden sollten, dann können Sie sich vielleicht an mich wenden. Aber nur dann!

    „Besitzen Sie seine Waffe?", fragte sie der Kommissar etwas pikiert.

    „Nein."

    „Darf ich mich in Ihrer Wohnung etwas umsehen?"

    „Jederzeit."

    Gärtner verzichtete letztendlich darauf und erhob sich. Er würde nichts Verdächtiges finden. Davon war er überzeugt. Falls sie eine Waffe besaß, dann verwahrte sie diese nicht in der Wohnung. Er ging zur Tür. Dort wandte er sich noch einmal um. „Ach ja, sagte er, „was ich beinahe vergessen hätte: Wo waren Sie am siebenundzwanzigsten März zwischen einundzwanzig und zweiundzwanzig Uhr, und wo gestern Abend zwischen acht und neun Uhr?

    „Am siebenundzwanzigsten?, überlegte Sabrina. „Das war heute vor genau einer Woche. Hm …

    „Sie wissen es nicht?", kam es wie aus der Pistole geschossen von Gärtner.

    „Wissen Sie, was Sie am siebenundzwanzigsten abends zwischen neun und zehn gemacht haben?"

    Gärtner lächelte. „Wenn ich nicht auf Verbrecherjagd war, dann hab ich wahrscheinlich in die Glotze geschaut. – Okay, was haben Sie gestern Abend zwischen acht und neun gemacht?"

    „Ich war bei meiner Mutter zu Besuch."

    Gärtner nagte an seiner Unterlippe. „Wird das Ihre Mutter bestätigen können?"

    „Ja. Fragen Sie sie ruhig, Herr Kommissar."

    „Wo wohnt Ihre Mutter?"

    Sabrina nannte ihm die Adresse. Gärtner verließ die Wohnung.

    Eine Stunde später wurde ihm von Sabrinas Mutter bestätigt, dass Sabrina schon am späten Nachmittag zu ihr nach Hause gekommen und fast bis Mitternacht geblieben sei.

    Also kam Sabrina Wachtendorf für ihn nach diesen ersten Erkenntnissen kaum als Mörderin in Frage. Trotzdem beschäftigte ihn sein ganzes Denken unablässig mit der schönen Frau, der man seiner Meinung nach übel mitgespielt hatte und die vom Hass auf Schneider verzehrt wurde.

    7

    Roy und ich befanden uns seit Montag auf einem Lehrgang, der im Präsidium in Bremen abgehalten wurde. Kommissar Bock, der Chef der Kriminalpolizeilichen Ermittlungsgruppe des Bundes, unser Chef also, hatte uns beide für diese Woche abgestellt und verschmitzt lächelnd gemeint, dass uns eine Woche der Entspannung mal nicht schaden könnte.

    Es ging um Strategien in der Terroristenbekämpfung, nachdem wir noch alle unter den Nachwirkungen der Ereignisse vom 11. September in den USA litten.

    Das mit der Entspannung war natürlich etwas, dem wir uns nicht verschließen konnten, und so fuhren wir. Heute hatten wir den zweiten Tag hinter uns gebracht. Wir hatten uns mit zwei Sonderkommissaren der Kriminalpolizei Bremen zum Abendessen verabredet. Es waren die Kommissare Bernd Janssen und Sophia Petersen, ein 26-jähriges, verdammt hübsches Mädchen.

    Es war 20 Uhr. Pünktlich trafen wir im „Cendrillon" ein. Philippinische Küche, ausgezeichneter Service, ausgezeichnetes Bier – so wurde uns der Laden geschildert.

    Fast zeitgleich mit uns kamen Bernd Janssen und die das Auge erfreuende Sophia Petersen an. Wir begrüßten uns. Sowohl Roy als auch ich hielten die weiche Hand des Mädchens etwas länger fest, als es für einen Gruß unbedingt erforderlich war. Sophia strahlte uns an, und ich war fest davon überzeugt, dass ihr Strahlen bei mir eine Idee strahlender ausfiel.

    Wir setzten uns, und als eine Bedienung kam und uns die Speisenkarten brachte, vertieften wir uns erst einmal in diese Lektüre. Schließlich bestellten wir. Unsere Konversation beschränkte sich auf den vergangenen Tag, wir kauten die eine oder andere Strategie durch, die uns die Ausbilder ans Herz gelegt hatten, und jeder von uns wusste, dass wir mit unserer eigenen Strategie wohl am besten fuhren.

    Es war 20 Uhr 25, als Bernd Janssens Handy in seiner Jackentasche zu dudeln begann. Er fischte es heraus, drückte Ok und hielt sich das zigarettenschachtelgroße Gerät ans Ohr.

    Bernd lauschte. Und je länger er lauschte, umso mehr strafften sich seine Gesichtszüge. Seine Brauen schoben sich zusammen. Über seiner Nasenwurzel standen zwei steile Falten.

    Wir beobachteten ihn gespannt. Bernd beendete das Gespräch, schaute von einem zum anderen, dann blieb sein Blick an Sophia hängen, und er presste zwischen den Zähnen hervor: „Auf den Pressesprecher Heiko Schneider wurde ein Briefbombenattentat verübt. Es soll ihm beide Hände zerfetzt haben. Wegen Personalmangels musste der Chef auf uns zurückgreifen, Sophia. Ich schätze, für uns ist der Lehrgang zu Ende."

    Sophia seufzte. „Man gönnt uns aber auch gar nichts. Philippinische Küche ade. – In seiner Wohnung?"

    Bernd schaute fragend.

    „Ich meine, ob das Attentat in seiner Wohnung auf ihn verübt wurde", verdeutlichte Sophia.

    „Ja. Bernd erhob sich. „Tut mir leid, Kollegen. Aber wir haben Order, uns sofort darum zu kümmern. Lasst euch das Essen schmecken. Bei passender Gelegenheit könnt ihr uns ja berichten, was noch so an Strategien entwickelt wurde. Bernd grinste grimmig nach diesen Worten.

    Auch Sophia stemmte sich in die Höhe.

    „Moment. Roy hatte die Rechte gehoben. „Nicht so schnell, Leute. Vielleicht fragt ihr mal den Kollegen Jörgensen und mich, ob wir mitkommen wollen. Brächte doch etwas Abwechslung ins lahme Spiel.

    „Wir möchten euch doch nicht um eure wohlverdiente Ruhe bringen", lächelte Sophia. Sie ging, um ihren Trenchcoat zu holen.

    Wie auf ein geheimes Kommando erhoben Roy und ich uns. Als Sophia zurückkam, griff ich nach dem Trenchcoat, kam Roy zuvor, und half Sophia hinein. Bernd, der seinen Übergangsmantel ebenfalls geholt hatte, musste sich allein anziehen.

    „Im Ernst, gab ich zu verstehen. „Wir würden gerne mitkommen. Briefbombe hört sich nach Terrorismus an. Verbinden wir die trockene Theorie des Lehrgangs eben gleich mit der Praxis.

    Die asiatische Bedienung eilte heran. „Gleich kommen Ihre Getränke und Ihr Essen, schnatterte sie. „Sie können doch nicht bestellen und dann einfach verschwinden. Soll ich das Zeug vielleicht selbst …

    „Wir bezahlen natürlich, was wir bestellt haben, beruhigte Bernd sie. „Machen Sie die Rechnung. Aber machen Sie schnell. Es ist dringend!

    Die Bedienung war zufrieden. Gleich darauf brachte sie einen Kassenbon. „Alles zusammen oder …"

    „Ja, ja", drängte Bernd und zückte seine Geldbörse. Er ließ ihr ein gutes Trinkgeld, dann drängten wir aus dem Lokal. Der Philippino, der das Lokal betrieb, hatte ein gutes Geschäft gemacht.

    Bernd und Sophia rannten zu ihren Autos. Roy und ich teilten uns den Wagen. Wenig später rollten wir durch die abendliche Stadt. Bernd fuhr voraus. Er wusste die Adresse. Man hatte sie ihm anlässlich des Gesprächs durchgegeben.

    Als wir bei Schneiders Haus in einem Nobelwohnviertel ankamen, war der Politiker schon vom Krankenwagen ins Krankenhaus gefahren worden. Seine Frau hatte ihn begleitet, während seine Tochter zurückgeblieben war.

    Im Haus wimmelte es von Polizisten. Die Kollegen von der Spurensicherung waren emsig am Werk.

    Die Halle des Hauses war geräumig und exklusiv eingerichtet. Dort, wo der Politiker den Brief geöffnet hatte, zeugten Spuren der Verwüstung von dem explosiven Inhalt. Die Reste des Kuverts lagen angekohlt auf dem Boden. Der Teppich wies Brandspuren und Blutflecke auf.

    Ein Kollegge stellte sich uns als Kommissar Ben Gärtner von der Mordkommission vor. Er hatte das Präsidium der Kriminalpolizei des Bundes verständigt. Denn wenn Bomben im Spiel waren oder wenn ein terroristischer Hintergrund zu vermuten war, dann war die Bundeskriminalpolizei gefordert.

    Obwohl die 18-jährige Tochter Schneiders noch ziemlich verstört war, hatte Gärtner bereits ein erstes Verhör durchgeführt. „Es läutete gegen neunzehn Uhr dreißig an der Wohnungstür, berichtete der Mann von der Mordkommission. „Ein privater Zustelldienst gab einen braunen Umschlag ab, der an Heiko Schneider persönlich adressiert war. Da die Familie gerade zu Abend aß, legte er den Brief hier in der Halle auf den Tisch.

    Gärtner wies auf besagtes Möbelstück, um das Polstermöbel gruppiert waren, die andere Leute nicht mal in ihrem Wohnzimmer stehen hatten. Dann fuhr er fort: „Nach dem Essen ging Schneider in die Halle, um den Brief zu öffnen. Was dann geschah, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Es gab einen Knall, Schneider brüllte wie am Spieß, das Mädchen sah nur noch Rauch und Blut."

    Roy und ich hörten nur zu.

    „Trug der Brief einen Absender?, fragte Sophia Petersen. „Oder ist der Poststempel noch zu erkennen, damit man feststellen kann, wo er aufgegeben wurde.

    „Hamburg, sagte Gärtner. „Denn Schneider sagte, als er den Brief in Empfang genommen hatte: Wer schickt mir denn einen Brief aus Hamburg?

    „Also trug er keinen Absender, mischte ich mich ein, „denn dann hätte er sich diese Frage nicht zu stellen brauchen.

    Roy klopfte mir anerkennend auf die Schulter. Er schwieg dazu. Aber er grinste niederträchtig.

    „Ein Mann wie Schneider hat unter Umständen viele Feinde, murmelte Bernd Janssen. „Nicht nur im gegnerischen Lager – ich meine, politisch gesehen. Wobei ich nicht glaube, dass die Opposition Briefbomben versendet.

    „Gab es eine Ankündigung oder Drohungen?", fragte ich.

    „Kaum, erwiderte Gärtner. „Damit hätte Schneider sicher nicht hinter dem Berg gehalten.

    „Wahrscheinlich steckt ein terroristischer Akt dahinter", meinte Bernd Janssen.

    „Da bin ich mir nicht sicher", verlieh Gärtner seinen Zweifeln Ausdruck. Vor seinem geistigen Auge erschien Sabrina Wachtendorf, die hübsche Blondine.

    Erwartungsvoll fixierten wir Gärtner. Der hob die Schultern, ließ sie wieder sinken und fuhr fort: „Es hat da eine Sache gegeben. Einen Prozess wegen Vergewaltigung, in dem Schneider freigesprochen wurde. Die Frau, die ihn des Verbrechens bezichtigte, ist voll Hass auf ihn. Ich hab mit ihr vor einigen Tagen gesprochen, weil drei Morde geschahen, die jedes Mal von einem anonymen Schreiben begleitet wurden, in dem es hieß, dass alle Vergewaltiger bluten müssen."

    Gärtner machte eine kurze Pause, kramte in seinem Gedächtnis, dann knurrte er: „Wenn eines Tages Schneider irgendwo tot aufgefunden werde, dann könnte ich mich an sie wenden, meinte sie, als ich sie wegen der Morde befragte."

    „Das ist ja interessant, murmelte Sophia. „Wo wohnt diese Sabrina Wachtendorf?

    Gärtner schrieb die Adresse auf die Rückseite seiner Visitenkarte und gab sie Sophia. Schließlich grollte sein Organ: „Dann kann ich jetzt ja wohl nach Hause fahren. Ich schreibe morgen einen Bericht und schicke ihn euch postwendend. Ich bin draußen aus der Nummer. Viel Glück, Leute. Hat mich gefreut, euch kennengelernt zu haben."

    Er kam nicht weit. Vor dem Haus wurde er von Reportern aller Medienrichtungen überfallen. Wir, also Sophia, Bernd, Roy und ich, schlichen uns vorbei und kamen unangefochten zu unseren Autos.

    8

    Sabrina war nicht zu Hause. Sie lebte in einer Wohnung in der 3. Etage eines Mietshauses in einer Wohnstraße mitten in Bremen. Eine Nachbarin konnte uns auch nicht weiterhelfen.

    Also beschlossen wir, vor dem Haus zu warten. Langsam machte sich bei uns allen der Hunger bemerkbar. Bernd fuhr also zu einem Burger King und holte ein Paar Hamburger. Diesmal übernahm ich die Rechnung.

    Die Zeit schien stillzustehen. Immer wenn ein Pkw die Straße entlangkam, riss es uns hoch. Im Autoradio gab es nichts als Sondersendungen wegen des Attentats auf den Sprecher der Regierungspartei in Bremen.

    Schließlich kam ein metallic-grüner Golf die Straße entlang gerollt. Mit diesem Tempo fuhr nur jemand, der eine Parklücke suchte. Und es war so. Der Golf wurde rückwärts eingeparkt. Hinter dem Steuer sahen wir eine Frau mit nackenlangen, blonden Haaren sitzen. Sie musste zweimal hin und her rangieren, bis der Wagen richtig stand. Dann wurde der Motor abgestellt, die Scheinwerfer verloschen, die Frau stieg aus. Sie schloss das Fahrzeug ab und näherte sich der Tür des Hauses, in dem Sabrina Wachtendorf wohnte.

    Bernd Janssen stieg aus seinem Wagen und folgte ihr mit langen Schritten. „Frau Wachtendorf!", rief er.

    Sie hatte schon den Drehknopf der Haustür in der Hand, als die Stimme sie erreichte. Sie blickte über die Schulter hinter sich und sah den Mann heraneilen. „Ja", sagte sie.

    „Kriminalpolizeit, rief Bernd. „Ich muss mit Ihnen reden.

    Jetzt stieg auch Sophia aus und überquerte die Fahrbahn. Roy stieß mich an. Auch wir verließen den Wagen.

    „Aha, rief Sabrina. „Ihr seid ja ziemlich schnell. Es ist wegen des Attentats auf das Schwein Schneider. Leider hat es ihm nur die Hände abgerissen.

    Bernd brauchte nicht zu fragen, woher sie ihre Kenntnis hatte. Wie schon gesagt: Es kam pausenlos im Autoradio durch.

    Bernd hatte Sabrina erreicht. Sophia stieß ebenfalls hinzu. Dann kamen wir.

    Sabrina musterte uns nach der Reihe. „Ist da irgendwo in der Nähe ein Nest mit Kriminalkommissaren?, fragte sie ohne die geringste Beunruhigung. „Sie haben mit Gärtner gesprochen wie?, wandte sie sich dann wieder an Bernd.

    Der nickte, dann fragte er: „Wo kommen Sie her, Frau Wachtendorf?"

    „Ich war bei meiner Mutter. Seit ich wegen Schneider meinen Job verloren habe und Dank der Pressehaie keinen neuen mehr finde, bin ich oft bei meiner Mutter. Ich bin nämlich auf ihre finanzielle Unterstützung angewiesen."

    „Nun, nach dem, was Sie Gärtner flüsterten, sehen Sie doch wohl ein, dass wir Sie ganz oben in der Reihe der Verdächtigen ansiedeln, Frau Wachtendorf, murrte Bernd. „Können wir uns mal etwas in Ihrer Wohnung umsehen?

    „Warum nicht?, meinte Sabrina achselzuckend. „Ich hab dem Schwein keine Bombe ins Haus geschickt. Ich hab nichts zu verbergen.

    Wir folgten ihr in ihre Wohnung. Wir durchsuchten alles. Roy und ich halfen Bernd und Sophia, obwohl wir in dieser Sache eigentlich nur als Statisten fungierten.

    Sophia setzte sich an Sabrinas Computer und fuhr ihn hoch. Dann sichtete sie sämtliche Textdateien, die sie finden konnte. Sie schaute auch im Papierkorb nach. Einen Brief mit dem Wortlaut „Alle Vergewaltiger müssen bluten" fand sie nicht. Auch keine Online-Anleitung für den Bau einer Briefbombe.

    Es gab überhaupt nichts, was darauf hingedeutet hätte, dass Sabrina mit dieser Sache irgendetwas zu tun hatte. Das einzige, was sie auffällig machte, waren der unverhohlene Hass auf Schneider und ihre wenig frommen Wünsche, was seinen Gesundheitszustand anbetraf. Sie hätte in den Nachrichten lieber vernommen, dass es ihn den Schädel weggerissen hätte.

    Das gab sie zumindest dazwischen einmal zu verstehen.

    Wir zogen also wieder ab. „Bei allem, was sie Schneider an den Hals wünscht, könnte man fast sicher sein, dass sie hinter dem Anschlag steckt, meinte Sophia, als wir wieder auf der Straße standen. „Andererseits hege ich ziemliche Zweifel. Gerade weil sie ihm so ziemlich alles Schlechte gönnt. Mörder verschweigen in der Regel ihre Gefühle. Außerdem frage ich mich, ob sie fähig ist, eiskalt zu morden und eine Briefbombe zu basteln.

    „Wir müssen sie auf jeden Fall in den möglichen Täterkreis einbeziehen, versetzte Bernd. „Doch jetzt sollten wir ins Büro fahren und uns mal wegen der Vergewaltigungssache kundig machen. Außerdem kann ich mir im Gegensatz zu dir sehr wohl vorstellen, dass Sabrina Wachtendorf in ihrem Hass zu einigem fähig ist, Sophia.

    Ich musste Bernd recht geben. Der Hass hat viele Gesichter. Bei vielen Zeitgenossen macht er sich gewaltsam Luft. Das sind die Amokläufer, die alles umnieten, was ihnen vor die Flinte kommt. Bei anderen lodert er im Verborgenen. Aber sie sind nicht minder gefährlich.

    Als wir im Sportwagen hinter Bernd her zum Präsidium fuhren, meinte Roy nachdenklich: „Was mir an der ganzen Sache spanisch vorkommt, ist die Tatsache, dass der Brief in Hamburg aufgegeben wurde."

    „Darüber hab ich mir auch schon meine Gedanken gemacht, Roy, erwiderte ich und nickte. „Zwischen Hamburg und Bremen liegen immerhin an die hundertdreißig Kilometer. Wenn diese Sabrina Wachtendorf dahintersteckt, dann muss sie mit dem Brief nach Hamburg gefahren sein, den Brief aufgegeben und sofort wieder die Rückfahrt angetreten haben. Aber warum ausgerechnet Hamburg?

    „Tja, knurrte Roy, „das ist hier die Frage.

    Im Büro von Bernd und Sophia angekommen, erfuhren wir sehr schnell, was sich hinter Sabrina Wachtendorf Hass verbarg. Und als wir alles gecheckt hatten, war jeder von uns davon überzeugt, dass Schneider wohl tatsächlich dem blonden Mädchen Gewalt angetan hatte. Der ganze Fall stank gewaltig nach einem Justizskandal.

    „Vielleicht sollten wir uns mal den guten Schneider ein wenig genauer ansehen", meinte Sophia.

    „Der wird uns auf den Urteilsspruch verweisen und im Übrigen keine Ahnung haben, wer ihm die Flossen wegsprengte", schnappte Bernd, der nach unseren kurzen Recherchen nicht mehr viel für den Politiker übrig zu haben schien.

    „Außerdem wird er kaum vernehmungsfähig sein", gab ich zu bedenken.

    Bernd und Sophia beschlossen, es für heute gut sein zu lassen und nach Hause zu fahren.

    Also machen Roy und ich uns auf, um ins Hotel zu kommen, um am nächsten Tag frisch und munter für die neuen Strategien in der Terroristenbekämpfung zu sein.

    9

    Der Brief, der einen Tag nach dem Anschlag auf Schneider bei der „Bremer Post" einging, beinhaltete zwei Sätze: Jetzt blutet auch das Schwein Schneider ! Aber er wird noch mehr bluten.

    Tim Bühl wandte sich sofort wieder an Ben Gärtner, der aber verwies ihn an die Kriminalpolizei.

    Wenig später hatte Bühl den Kommissar Bernd Janssen an der Strippe. Nachdem er Bernd von dem Schreiben und seinem Inhalt berichtet hatte, fügte er hinzu: „Wie schon die Sendung an Schneider mit der Briefbombe trägt auch dieses Schreiben einen Hamburger Poststempel, und zwar den von vorgestern. Die vorherigen Briefe jedoch wurden in Bremen aufgegeben."

    „Ich lasse das Schreiben und das Kuvert abholen", versprach Bernd Janssen.

    „Verfolgt die Kriminalpolizei schon eine heiße Spur?", wollte der Zeitungsmann wissen.

    „Eine Spur schon, sagte Bernd. „Aber sie scheint nicht sehr heiß zu sein, fügte er hinzu und beendete das Gespräch.

    Sophia Petersen, die über den eingeschalteten Lautsprecher das Gespräch mitverfolgen konnte, murmelte: „Der Brief wurde wahrscheinlich gleichzeitig mit der Sendung an Schneider zur Post gegeben. Man sollte vielleicht mal das Alibi Sabrina Wachtendorfss in der vergangenen Woche durchleuchten."

    „Ja, murmelte Bernd, „und das machen wir sofort.

    Sie fuhren zur Wohnung Sabrinas. Es war um die Mitte des Vormittags. Sabrina öffnete ihnen und ließ sie ohne zu zögern in die Wohnung. Auf die Fragen der beiden Beamten erklärte sie, dass sie in der vergangenen Woche in Bremen bei drei Firmen zur Vorstellung war und sie sich im Übrigen in ihrer Wohnung oder in der Wohnung ihrer Mutter aufgehalten habe. Das zu überprüfen bleibe den Kommissaren unbenommen.

    Bernd und Sophia überprüften natürlich die Angaben der jungen Frau. Die Firmen, bei denen sie sich vorgestellt hatte, bestätigten Sabrinas Aussage. Bernd und Sophia stellten fest, dass zwischen den Terminen jeweils ein Tag lag, so dass Sabrina unmöglich in Hamburg gewesen sein konnte. Außerdem erklärte Sabrinas Mutter, dass das Mädchen fast jeden Tag bei ihr zum Essen gewesen sei.

    Die Kommissare der Bremer Kriminalpolizei standen vor einem Rätsel. Sabrina wurde beschattet. Ihre Telefongespräche wurden überprüft. Das Ergebnis war gleich Null.

    10

    Am Freitag Mittag endete der Lehrgang. Roy und ich hatten am Morgen schon die Hotelzimmer geräumt und unsere Reisetaschen auf dem Rücksitz des Wagen verstaut. Wir fuhren noch bei Sophia Petersen und Bernd Janssen vorbei, um uns zu verabschieden.

    Wir hörten, dass die Ermittlungen bezüglich der drei Morde und des Anschlags auf Heiko Schneider stagnierten. Sophia wusste uns auch zu berichten, dass die linke Hand Schneiders amputiert werden musste, und dass er an der Rechten die vier Finger verloren hatte.

    Bernd meinte: „Wir haben den letzten Brief, der bei der Bremer Post einging, auf Fingerabdrücke checken lassen. Es gab einige Abdrücke, aber keiner stimmte mit denen Sabrina Wachtendorf überein."

    „Und die Abdrücke auf den anderen Briefen?", fragte ich.

    „Ebenso wenig."

    Nach der Verabschiedungszeremonie traten wir schließlich den Heimweg an. Ich gab dem Sportwagen Schnur, natürlich nur im Rahmen der zugelassenen Höchstgeschwindigkeiten. Die Phasen allerdings, in denen ich ihn treten konnte, dauerten meistens nicht sehr lange. Dann ging es wieder nur im Schritt voran oder wir standen und warteten, dass sich der Stau auflöste. Das war dann immer ein Anlass für Roy, darauf hinzuweisen, dass wir mit der guten alten Postkutsche oder einem Conestoga-Schoner auch nicht länger nach Hamburg unterwegs sein würden.

    Schließlich war es fast 19 Uhr, als wir in Hamburg eintrafen. Wir beschlossen, noch einen Blick ins Büro zu werfen, nach eingegangenen E-Mails zu sehen und uns einen Überblick darüber zu verschaffen, was uns am kommenden Montag für ein Wust von Akten erwartete. Außerdem rechneten wir schwer damit, dass Jonathan D. Bock noch anwesend war. Natürlich wollten wir es dann nicht versäumen, dem Chef unsere Aufwartung zu machen.

    E-Mails hatten wir genug bekommen. Lesen wollten wir sie erst am Montag. Die Akten, die sich auf unseren Schreibtischen angesammelt hatten, hielten sich in Grenzen, also schauten wir beim Chef vorbei.

    Erfreut begrüßte Herr Bock uns. Er forderte uns auf Platz zu nehmen, dann schaute er uns an, schließlich blieb sein Blick an mir hängen, und ich fühlte mich aufgefordert, zu sprechen.

    „Besonders viel Neues haben wir nach der Woche nicht zu bieten, sagte ich. „Es war alles mehr eine Vertiefung der Weisungen, die wir ja schon in Schriftform erhalten haben. Natürlich ging es um die Strategien bei der Umsetzung, aber da kann man keine starren Vorgaben machen. Das ist individuell – von Fall zu Fall unterschiedlich.

    „Na, wenn schon der Lehrgangsstoff nicht besonders ertragreich war, dann hoffe ich wenigstens, dass Sie beide sich einigermaßen erholt haben", kam es lächelnd vom Chef.

    „Fast zu sehr, erwiderte Roy. „Nach spätestens drei Tagen fehlte mir der echte, knochenharte Fall. In der Theorie kommt einfach kein Nervenkitzel auf.

    „Was nicht heißen soll, dass wir vollkommen verschont geblieben wären, wandte ich ein. Dann erzählte ich ihm von der Briefbombe, die Heiko Schneider die Hände zerfetzte, und von den Morden an den Vergewaltigern. „Die Briefbombe und der letzte Brief an die Bremer Post waren übrigens in Hamburg aufgegeben worden, endete ich.

    „Ja, von dem Anschlag auf Schneider habe ich gehört, nickte Herr Bock. „Die Nachricht ging durchs Land wie ein Lauffeuer.

    Roy berichtete dem Chef noch von Sabrina Wachtendorf, die nach allem, was wir feststellen konnten, wohl tatsächlich von Schneider vergewaltigt worden war und in der Rangfolge der Verdächtigen ganz oben stand.

    „Der Freispruch Schneiderss war nichts anderes als ein Rechtsbruch, murmelte Roy. „Alles sprach gegen ihn, und dennoch befand ihn das Gericht für nicht schuldig. Die Gerechtigkeit blieb wieder einmal auf der Strecke.

    „Das ist aber kein Grund, das Recht in die eigenen Hände zu nehmen, antwortete Herr Bock mit gerunzelter Stirn. „Die Zeiten der Selbstjustiz sind längst vorbei.

    „Das ist richtig, nickte Roy. „Aber versetzen Sie sich mal in die Lage dieser Sabrina Wachtendorf. Der Skandal hat ihr Leben zerstört. Sie hat ihren Job verloren, um einen neuen zu kriegen ist sie viel zu bekannt – nach dem Freispruch Schneiders negativ bekannt. Sie wurde gedemütigt und entehrt – und am Ende durfte Schneider über sie triumphieren. Können Sie sich nicht vorstellen, dass ein Mensch in dieser Situation den Glauben an das Recht verliert und es selbst in die Hand nimmt?

    „Sie heißen das doch nicht gut, Roy?", fragte der Chef erstaunt.

    „Gott bewahre, stieß Roy hervor. „Aber ein gewisses Maß an Verständnis könnte ich für Sabrina Wachtendorf schon aufbringen, Chef, unterstellt, sie hat Schneider die Bombe geschickt.

    „Wenn es Ihr Fall wäre, sagte der Chef fast schleppend. „Wo würden Sie dann den Hebel ansetzen?

    „Bei Sabrina – und bei Heiko Schneider", sagte ich und enthob Roy damit einer Antwort.

    „Heiko Schneider wäre raus, Uwe, murmelte der Chef. „Der Freispruch gilt, selbst wenn sich hinterher die Schuld des Mannes herausstellen sollte.

    „Dann würde ihn das Leben strafen, warf Roy grollend hin. „Von ihm nähme kein Hund mehr auch nur ein Stück Brot.

    Herr Bock nickte versonnen. „Und das wäre für einen Mann von seinem Schrot und Korn wahrscheinlich die größere Strafe als ein paar Jahre Gefängnis. – Okay, Uwe, Roy, genießen Sie das Wochenende und melden Sie sich am Montag in der Früh bei mir. Er schaute Roy an, und ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich hab sicher ein paar echte, knochenharte Fälle für Sie, Roy.

    Wir verabschiedeten uns.

    11

    Montag früh erhielten wir den Auftrag, gegen eine Handvoll Studenten zu ermitteln, die verdächtig waren, der Al-Qaida-Zelle Hamburg anzugehören. Es waren drei Araber, die sich an verschiedenen Universitäten oder Hochschulen der Stadt angemeldet hatten, die auch einen Studienplatz erhielten, aber noch nie in einer Vorlesung gesehen wurden.

    Nun, kein spektakulärer Auftrag, aber es ist eben so, dass im Leben eines Kriminalkommissars nicht jeden Tag die Kugeln fliegen …

    An diesem Abend aber änderte sich das schlagartig. Ich empfing den Funkspruch, dass in Wandsbek, in der Bäckerstraße, ein Mann seine Stieftochter als Geisel genommen habe. Er drohte massiv, dem Mädchen mit einer Pumpgun den Kopf von den Schultern zu schießen, sollte seine Frau nicht freiwillig in die Wohnung zurückkehren.

    Roy setzte das Blaulicht auf das Dach des Wagen, ich schaltete die Sirene ein, dann gab ich dem Sportwagen Zunder. Aber trotz Blaulicht und Sirene kamen wir nur langsam voran. Die Stadtautobahn war total verstopft. Das Hupkonzert der stehenden Pkws übertönte noch das Heulen der Sirene, es ging nur stückchenweise voran. Schließlich erwischte ich die nächste Ausfahrt und fuhr quer durch den Stadtpark zum. Und dann ging‘s wieder kerzengerade nach Norden.

    Es war 9 Uhr vorbei, als wir ankamen. Um 8 Uhr hatten wir den Funkspruch erhalten.

    Vor dem fünfstöckigen Haus mit der sechsstufigen Treppe zur Haustür war ein Konvoi von Einsatzfahrzeugen aufgefahren. Blaue Lichtreflexe von den Lichtbalken der Polizeiautos wurden gegen die Hauswände, auf die Straße und den Gehsteig geschleudert. Presseleute und Rundfunkreporter hielten sich in sicherem Abstand auf und sprachen in ihre Mikrofone. Wahrscheinlich brachten einige Sender das tragische Spektakel live. Die Polizisten waren in Deckung gegangen. Der Einsatzleiter stellte sich uns als Kommissar Gerd Becker vor.

    „Sein Name ist Fritz Fischer, achtundvierzig Jahre. Er hat das Mädchen schon seit über drei Stunden in seiner Gewalt, klärte er uns auf. „Der Kerl ist unberechenbar. Von seiner Frau wissen wir, dass er sich an Hanna – so heißt das Mädchen –, vergeht, seit sie zwölf ist. Vor Kurzem hat sich Hanna ihrer Mutter anvertraut. Die verließ ihren Mann auf der Stelle und zeigte ihn an. Da die Aussage des Mädchens gegen die des Mannes stand, ließ ihn der Haftrichter laufen mit der Auflage, dass er sich von Mutter und Tochter fernzuhalten und einmal in der Woche bei dem für ihn zuständigen Polizeirevier zu melden.

    „Und heute ist er durchgeknallt", sagte ich, ohne auf Antwort von irgendeiner Seite zu erwarten. Rein rhetorisch.

    „Ja, antwortete der Kommissar dennoch. „Ich denke, er will seine Frau erschießen. Dann das Mädchen – und schließlich sich selbst. Was sollte er sonst von ihr wollen? Dass er sie mit dieser verrückten Aktion nicht zwingen kann, zu ihm zurückzukehren, wird er sich an fünf Fingern abzählen können.

    „Habt ihr Scharfschützen postiert?", fragte ich.

    „Rundum in den Häusern, von denen aus die Fenster der Wohnung anzuvisieren sind."

    „Hat mit dem Kerl schon jemand gesprochen?, wollte Roy wissen. „Hat‘s schon ein Psychologe versucht?

    „Alles sinnlos. Gerd Becker winkte resigniert ab. „Er will seine Frau. Sie soll zu ihm in die Wohnung kommen. Das ist alles, was er verlangt. Im Moment zumindest.

    „Ist die Frau hergeholt worden?", fragte ich.

    „Natürlich ist sie da. Sie befindet sich in der Obhut zweier Kolleginnen und einer Psychologin." Er

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