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Mord in New York mal 13: 13 Krimis im Paket
Mord in New York mal 13: 13 Krimis im Paket
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eBook2.254 Seiten19 Stunden

Mord in New York mal 13: 13 Krimis im Paket

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Über dieses E-Book

Mord in New York mal 13: 13 Krimis im Paket

von Alfred Bekker, Chris Heller, Thomas West

 

Über diesen Band:

 

 

 

Dieser Band enthält folgende Krimis:

 

Chris Heller/Thomas West: Kommissar Jörgensen und die Bankräuber

Alfred Bekker: Satansjünger

Alfred Bekker: Killerjagd

Alfred Bekker: Tod eines Schnüfflers

Alfred Bekker: Mord am East River

Alfred Bekker: Die Tote ohne Namen

Alfred Bekker: Ein Sarg für den Prediger

Alfred Bekker: Feuer und Flamme

Alfred Bekker: Der Killer, dein Freund und Helfer

Alfred Bekker: Mörderspiel

Alfred Bekker: Verschwörung der Killer

Alfred Bekker: Ein Killer läuft Amok

Alfred Bekker: Der Killer von Manhattan

Im Kampf gegen das Verbrechen setzt der smarte Ermittler Bount Reiniger auf ungewöhnliche Methoden - hin und wieder aber auch auf die Schusskraft seiner Automatik.

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

SpracheDeutsch
HerausgeberAlfred Bekker
Erscheinungsdatum4. März 2023
ISBN9798215021064
Mord in New York mal 13: 13 Krimis im Paket
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Mord in New York mal 13 - Alfred Bekker

    Mord in New York mal 13: 13 Krimis im Paket

    von Alfred Bekker, Chris Heller, Thomas West

    Über diesen Band:

    ––––––––

    Dieser Band enthält folgende Krimis:

    Chris Heller/Thomas West: Kommissar Jörgensen und die Bankräuber

    Alfred Bekker: Satansjünger

    Alfred Bekker: Killerjagd

    Alfred Bekker: Tod eines Schnüfflers

    Alfred Bekker: Mord am East River

    Alfred Bekker: Die Tote ohne Namen

    Alfred Bekker: Ein Sarg für den Prediger

    Alfred Bekker: Feuer und Flamme

    Alfred Bekker: Der Killer, dein Freund und Helfer

    Alfred Bekker: Mörderspiel

    Alfred Bekker: Verschwörung der Killer

    Alfred Bekker: Ein Killer läuft Amok

    Alfred Bekker: Der Killer von Manhattan

    Im Kampf gegen das Verbrechen setzt der smarte Ermittler Bount Reiniger auf ungewöhnliche Methoden - hin und wieder aber auch auf die Schusskraft seiner Automatik.

    Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

    © Roman by Author /

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

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    Alles rund um Belletristik!

    Kommissar Jörgensen und die Bankräuber

    Krimi von Thomas West & Chris Heller

    In Hamburg ereignen sich vier Banküberfälle innerhalb von acht Wochen, und alle tragen dieselbe Handschrift: Zwei Maskierte stürmen kleine Bankfilialen, und mit der fetten Beute gelingt ihnen in einem wartenden Wagen ungehindert die Flucht. Dabei ist es kein Zufall, dass jedes Mal die beiden Polizisten Paul und Bertold vergeblich die Verfolgung aufnehmen. Für die Aufklärung der Überfälle werden die Kommissare Uwe Jörgensen und Roy Müller vorübergehend der „Ermittlungsgruppe Banküberfall" zugeteilt.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author 

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen 

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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    Alles rund um Belletristik!

    1

    Hamburg ist meine Stadt. Ich wuchs hier auf und habe hier mein ganzes Leben verbracht. Die Stadt hat viele Vorzüge, aber auch einige Probleme. Eines der Hauptprobleme ist die Kriminalität. Die Polizei hat immer wieder damit zu kämpfen, organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Ein weiteres Problem ist der Hafen. Er ist ein wichtiger Umschlagsplatz für Drogen. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen und Gewalt.

    Wir tun dagegen, was wir können.

    Glauben Sie mir.

    Aber das ist längst nicht so einfach, wie Sie vielleicht denken.

    Man kann sich die Welt nunmal nicht so machen, wie man sie gaben will.

    Man muss sie nehmen, wie sie ist.

    Mit all ihren Fehlern.

    Und das gilt insbesondere für die Menschen.

    Es geht immer darum, das Beste aus allem zu machen.

    Und da strengen meine Kollegen und ich uns schon ziemlich an, auch wenn uns natürlich klar ist, dass wir die Welt nicht in einen Ort verwandeln können, an dem das Gute regiert.

    Das ist einfach nicht der Fall.

    Vielleicht wäre das auch gar nicht erstrebenswert, wenn ich so darüber nachdenke. Mein Name ist Uwe Jörgensen. Ich bin Kriminalhauptkommissar und Teil einer in Hamburg angesiedelten Sonderabteilung, die den etwas umständlichen Namen ‘Kriminalpolizeiliche Ermittlungsgruppe des Bundes’ trägt und sich vor allem mit organisierter Kriminalität, Terrorismus und Serientätern befasst.

    Die schweren Fälle eben.

    Fälle, die zusätzliche Resourcen und Fähigkeiten verlangen.

    Zusammen mit meinem Kollegen Roy Müller tue ich mein Bestes, um Verbrechen aufzuklären und kriminelle Netzwerke zu zerschlagen. Man kann nicht immer gewinnen, pflegt Kriminaldirektor Bock oft zu sagen. Er ist der Chef unserer Sonderabteilung. Und leider hat er mit diesem Statement Recht.

    "Was ist das Schlimmste, was du je in deinem Job erlebt hast, hat mich mal eine Freundin gefragt, die dann auch nicht lange meine Freundin war. Sie hatte schöne Brüste. In so fern bedauerlich, dass es nicht länger gehalten hat. Aber ich sag immer: Charakter kommt zuerst. Vor allem anderen.

    Wie meinst du das?, fragte ich sie.

    Na, es gibt doch vielleicht Dinge in deinem Job, die man einfach nicht vergessen kann. Bilder, die einem immer wieder im Kopf herumspuken, auch wenn man das gar nicht will.

    Ja, kommt vor, sagte ich.

    Ich hatte eigentlich nicht vor, über schwierige Themen zu reden.

    Ich hatte eigentlich nur vor, ihren Brüsten beim Wippen zuzusehen und mal an etwas anderes zu denken als an Clan-Bosse, irre Serienkiller oder fiese Drogenhändler, die sich gegenseitig aus dem Weg räumen und ihre Kundschaft in ein Heer von abhängigen Zombies verwandeln.

    Aber sie wollte es einfach wissen.

    Jetzt und hier.

    Für die Stimmung war das nicht ganz so gut, wie Sie sich vielleicht denken können.

    An die Dinge, die sie ansprach, wollte ich im Moment eigentlich gar nicht so erinnert werden.

    Aber sie ließ nicht locker.

    Eine Eigenschaft, die ich in anderer Hinsicht durchaus schätze.

    Aber nicht immer.

    In diesem speziellen Moment zum Beispiel nicht.

    Also dann erzähl ich es dir.

    Bitte.

    Da war mal eine Frau, die festgenommen worden war. Wir hatten damals noch ein Großraumbüro.

    Okay.

    Die Frau tickte aus.

    Wie meinst du das?

    Sie war offenbar auf Drogen.

    Und dann tickt man einfach so aus?

    Ja. Das kann passieren. Bei dieser Frau war es so. Außerdem war sie nicht ordentlich durchsucht worden, was sich jetzt als Fehler herausstellte.

    Hm.

    Sie stand plötzlich mit einer Spritze da und rief: Ich mach euch alle Aids!

    Oh...

    Es herrschte Tumult im Großraumbüro. Die Frau wirbelte durch den Raum und musste irgendwie gestoppt werden.

    Und ich nehme an, dieser Eine, der sie stoppen konnte, warst dann du.

    So ist es.

    Wie hast du es getan? Ich nehme an, bei so einer Irren ist das nicht ganz einfach.

    Sie war in meiner Nähe. Ich habe sie zu stoppen versucht.

    Wie?

    Indem ich ihr sehr kräftig zwischen die Beine getreten habe.

    Oh.

    Das hat sie tatsächlich auch gestoppt. Aber anders als ich dachte.

    Wieso?

    Was wir alle nicht wussten war folgendes: Sie hatte in ihrer Vagina einen Revolver versteckt.

    Sowas geht?

    Du bist doch die Frau von uns beiden. Aber ja, das geht. Wo ein Kind Platz hat, da passt auch ein kleinkalibriger Revolver spielend rein. Das Problem war dasselbe wie mit der Spritze: Sie war nicht gründlich genug durchsucht worden.

    Verstehe.

    Als ich der Frau zwischen die Beine trat, ging der Revolver los. Er zerfetzte sie quasi von innen. Blut und was sonst noch mitgerissen wurde, klebte an der Decke. Es regnete quasi Organreste und es gab im ganzen Großraumbüro wohl niemanden, der nichts abbekommen hätte. Jede Akte, jedes Stück Papier und jeder Kollege. Weißt du, sowas vergisst man nicht.

    Das kann ich mir vorstellen.

    Nein, sagte ich. Das kannst du nicht. Das kann nur jemand, der dabei war. Und der eigentliche Ärger begann erst danach.

    Weil es dich traumatisiert hat?

    Nein.

    Weshalb dann?

    Weil die irre Frau die Schwester eines libanesischen Clan-Chefs war.

    Aber...

    Der wollte mich daraufhin umbringen.

    Du konntest doch gar nichts dafür! Wie hättest du das mit der Pistole wissen können?

    Revolver. Nicht Pistole. Eine Pistole ist etwas grundsätzlich anderes als ein Revolver.

    Okay...

    Es kommt noch besser: Eigentlich hätte der Clan-Chef seine Schwester gerne selbst umgebracht.

    Warum das?

    Wegen der Ehre. Für ihn war sie eine Schlampe.

    Eine Schlampe?

    Um sich den strenge Regeln der Familie zu entziehen war die Schwester des Clan-Chefs nämlich getürmt. Und weißt du wohin?

    Keine Ahnung?

    Sie ging für einen Zuhälter der Russen-Mafia auf den Strich. Aber den Russen-Zuhälter konnte der Libanese nicht töten, weil das gleichzeitig sein wichtigster Drogenlieferant war.

    Ein Dilemma.

    Und was für eins. Aber ich habe ihm unfreiwillig herausgeholfen. Er konnte jetzt die Familienehre wiederherstellen, indem er mich tötete.

    Aber das ist nicht passiert. Sonst wärst du nun nicht hier.

    Er hat es versucht und mir aufgelauert. Es ist ihm nicht gut bekommen.

    Du hast ihn verhaftet?

    Ich habe ihn erschossen.

    Jetzt herrschte eine Weile Schweigen.

    Heute wird das nichts mehr, dachte ich.

    Heute nicht. Die Stimmung hatte sich irgendwie verändert.

    Du hast einen ungemütlichen Beruf, sagte sie dann schließlich.

    Das kann man so sagen, stimmte ich zu.

    *

    Die Ampel sprang auf Grün. Der cremefarbene Ford bog von der Krieterstraße nach links in die Strauß-Straße ein.

    Sieh zu, dass du einen Parkplatz direkt an der Ecke kriegst!, sagte der kleine, hagere Mann auf dem Beifahrersitz.

    Der Fahrer, ein untersetzter, dunkelhaariger Bursche von höchstens zwanzig Jahren mit auffallend hochstehenden Wangenknochen, nickte stumm. Er ließ den Wagen langsam auf den Parkplatz zurollen. Aus dem Autoradio dröhnte laute Musik.

    Da fährt gerade einer raus, Pjotr. Der Mann auf dem Rücksitz deutete auf einen grünen Toyota am Straßenrand, der nach links blinkte und eben anfuhr. Dass man in dieser mit Blech vollgestopften Stadt mal einen Parkplatz erwischt ...

    Ein gutes Omen, Andi. Der Mann auf dem Beifahrersitz sprach mit hoher Fistelstimme. Ein sehr gutes Omen. Mit seinen Gedanken war er schon bei dem Eingang der Bank, die hier, an der Ecke Strauß-Straße lag. Aufmerksam beobachtete er eine Frau, die eben die Glastür öffnete.

    >Ein gutes Omen<, der Mann auf dem Rücksitz schnaubte verächtlich. Er griff in den Fußraum hinter den Fahrersitz und zog einen großen Aktenkoffer aus schwarzem Leder zu sich herauf. Reiner Zufall. In aller Ruhe klappte er den Koffer auf und holte die Einzelteile einer Maschinenpistole heraus. Weiter nichts.

    Es ist kein Zufall, meckerte der Kleine auf dem Beifahrersitz. Du bist ein ungläubiger Schweinehund, Andi! 

    Andreas Hurst lachte trocken. Und du bist ein bigotter Spinner, Rickie. Er sprach langsam, fast schleppend. Nur noch ein schütterer, rötlicher Haarkranz umrahmte die glänzende Platte über seinem Vollmondgesicht. Was hat dir denn deine Wahrsagerin diesmal prophezeit? Mit einem metallischen Schnappen rastete das Magazin der Maschinenpistole ein.

    Sie hat mir heute Nacht die Geldkarte gelegt. Richard ‚Rickie‘ Raspoldi wandte sich an den jungen Fahrer. Mach' den Motor aus, Pjotr!

    Der schweigsame Mann drehte den Zündschlüssel um.

    >Die Geldkarte Andi warf den Kopf in den Nacken und lachte dieses wiehernde, dreckige Lachen, das Rickie fast regelmäßig auf die Palme brachte. Warum zum Teufel zwingt mich der Schakal mit so einem abergläubischen Spinner wie dir zusammenzuarbeiten? He - verrat mir das!

    Weil er weiß, dass du den Instinkt einer Dampfwalze und den Verstand eines Suppenhuhnes hast. Rickie öffnete das Handschuhfach und angelte ein dunkles Stoffknäuel heraus. Ohne mich wärst du doch Dauergast im Knast. Er dröselte das Knäuel auseinander und reichte eine der beiden Strumpfmasken über seine linke Schulter nach hinten.

    Und dass ich stattdessen drei Banken mit dir geknackt habe, liegt natürlich nur daran, dass du jedes Mal vorher in der Kirche eine Kerze angezündet hast. Seelenruhig überprüfte Andreas Hurst die fertig zusammengesetzte Waffe und legte sie dann quer über seine Oberschenkel.

    Nein, sagte Rickie und drehte sich zu seinem Partner um. Es liegt daran, dass ich immer zwei angezündet habe. Auch heute Morgen. Eine für mich und eine für dich.

    Andi verdrehte die Augen.

    Ach du Scheiße! Er zog drei Leinensäcke aus der Tasche und warf sie Rickie auf den Schoß. Wie ich dich kenne, setzt du die Kerzen dem Schakal auf die Spesenrechnung.

    Selbstverständlich, sagte Rickie mit todernstem Gesicht.

    Hoffentlich hast du dir beim Kerzenanzünden nicht die Pfoten verbrannt. Andi holte einen kurzstieligen Vorschlaghammer aus der Tasche und reichte ihn zwischen den beiden Vordersitzen hindurch nach vorn. Du musst nämlich noch gewaltig zulangen heute.

    Rickie nahm ihm den Hammer ab.

    Ich weiß, was ich heute zu tun habe. Er zog den Reißverschluss seiner schwarzen Windjacke herunter und steckte das Werkzeug unter die Jacke. Kümmere dich lieber um deinen Job!

    Das Gespräch verstummte. Rickie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Andi trommelte nervös mit den Fingern auf dem Magazin der Maschinenpistole herum. Der Mann auf dem Fahrersitz - ein russischer Emigrant namens Pjotr - beobachtete aufmerksam den Rückspiegel. Die Minuten verstrichen.

    Lassen sich verdammt viel Zeit heute, murmelte Andi ungeduldig. Wird doch nichts dazwischen gekommen sein?

    Dann hätten sie uns gewarnt, sagte Rickie, ohne die Augen zu öffnen.

    Wieder eine Zeit lang Schweigen. Nur Rickies gleichmäßige Atemzüge und das Trommeln von Andis Fingern auf dem Metall der Waffe waren zu hören.

    Sie kommen, Herr Raspoldi, sagte der Fahrer plötzlich. Er sprach mit einem schwerfälligen, russischen Akzent. Seine Augen hingen am Rückspiegel.

    Rickie und Andi drehten sich fast gleichzeitig um. Ein Streifenwagen näherte sich.

    Na endlich, knurrte Andi.

    Der Streifenwagen drosselte die Geschwindigkeit und rollte langsam heran. Als er auf gleicher Höhe mit ihrem Ford war, kroch er nur noch im Schneckentempo. Rickie und Andi starrten die beiden Polizisten in dem Wagen an.

    Am Steuer saß ein breitschultriger Hüne mit Quadratschädel und blondem Bürstenhaarschnitt. Der Beifahrer war kleiner - ein drahtiger, schwarzhaariger Lockenkopf mit einer großen, scharf geschnittenen Nase. Er bewegte lässig zwei Finger seiner an das Seitenfenster gelehnten Hand. So, als wollte er Rickie und Andi grüßen.

    Die Luft scheint rein zu sein, brummte Andi. Sie sahen dem Streifenwagen hinterher, bis er kaum zwanzig Schritte vor ihnen nach rechts in die nächste Straße abbog.

    Also - ran an den Speck! Andi stieß die Tür auf.

    Rickie bekreuzigte sich und stieg ebenfalls aus. Mit schnellen, kleinen Schritten ging er seinem Partner hinterher. Der schaukelte bei jedem Schritt und sah sich nervös nach allen Seiten um.

    Erst auf der Treppe vor dem Glasportal der Bank streiften sie sich die Strumpfmasken über. Mit der Schulter drückte Andi die Tür auf und holte die MP unter seiner Windjacke heraus. Wie auf Kommando rannten sie los, stießen die innere Flügeltür auf stürmten in die Bank.

    Überfall!, brüllte Andi und fuchtelte mit der Maschinenpistole herum. Pfoten hoch! Sprachlos vor Entsetzen rissen die Kunden im Schalterraum und die Bankangestellten hinter dem Tresen und an der Kasse die Arme hoch.

    Rickie stand schon am verglasten Kassenraum. Er holte den Hammer aus seiner Jacke und holte zum Schlag aus. Krachend fuhr der Zehnkilokopf des Hammers in die Glasscheibe. Die große, blonde Frau hinter dem splitternden Spezialglas riss Augen und Mund auf, als hätte der Schlag sie getroffen.

    Ich will niemanden sehen, der nach einem Alarmknopf greift!, brüllte Andi. Ich schieß' ihn ab! Ich schieß' ihn ab!

    Immer wieder führte Rickie wuchtige Hammerschläge gegen die Trennscheibe. Erst beim siebten Schlag ging sie endgültig zu Bruch. Die Kassiererin rutschte neben der Tür des kleinen Kassenraums an der Holzwand entlang auf den Boden und presste die Hände vor den Mund. Rickie warf ihr die Leinensäcke zu.

    Nur Scheine!, flüsterte er.

    Doch die Frau war nicht fähig, sich zu rühren.

    Verflucht noch mal!, schrie Andi. Einer von euch zu ihr! Los!

    Ein kleiner dicker Mann, der mit erhobenen Händen hinter einem Schreibtisch stand, lief zum Kassenraum und schloss die Tür auf. Er ließ Andi dabei nicht aus den Augen. Auch nicht, als er sich nach den Leinensäcken neben seiner Kollegin bückte. Hastig räumte er die Kasse leer und versenkte Geldbündel um Geldbündel in den Säcken.

    Andi beobachtete ihn fasziniert. Eine Kopfbewegung Rickies ließ ihn herumfahren. Hinter dem Tresen, ganz am Ende des Schalterraums, hatte ein junger Mann eine Hand heruntergenommen und griff unter die Oberfläche des Schranktisches. Ohne nachzudenken zog Andi durch. Die Salve peitschte durch den Schalterraum, einige Kunden zogen die Schultern hoch, eine Frau schrie laut auf und zwei Männer warfen sich auf den Boden.

    Hände hoch, hab' ich gesagt!

    Der junge Bankangestellte knallte mit dem Oberkörper auf den Tresen, rutschte langsam seitlich weg und verschwand dann hinter dem Schalterschrank. Dumpf schlug sein Körper auf den Marmorfliesen auf.

    Rickie riss dem Mann an der Kasse die Leinensäcke aus der Hand. Er gab seinem Partner einen Wink und rannte auf die Tür zu. Andi ging ihm rückwärts hinterher. Erst als er die Außentür erreichte, ließ er die Waffe sinken und spurtete hinter Rickie her zum Wagen zurück.

    2

    Gib ein bisschen Gas, Berti! Polizeimeister Paul Würgels zog eine zerknautschte Packung Marlboro aus der Brusttasche seines blauen Uniformhemdes. Eine Einbahnstraße zwischen uns und der Bank könnte nicht schaden, wenn der Notruf kommt.

    Sein Polizeikollege Bertold Handau nahm die nächste Einbahnstraße in Richtung Norden. Kurz vor der Buddestraße parkte er in der zweiten Reihe.

    Zünd' mir mal eine von deinen Kippen an, Paulie! Handau warf einen begehrlichen Blick auf die Zigarette seines Partners.

    Der runzelte die Stirn.

    Schon wieder blank? Hey - sind noch fast zwei Wochen bis zum Ersten! Er fischte eine Marlboro aus seiner Brusttasche.

    Teures Wochenende, brummte Handau und schob sich die Zigarette zwischen seine wulstigen Lippen.

    Verloren?

    Der große Blonde schlug mit der Faust auf das Lenkrad.

    Sie haben den Jockey gekauft, jede Wette! Blizzard war in Bestform! Ich hab den halben Tag damit verbracht, die Pferde zu studieren! Er wurde blass vor Wut. In Bestform - glaub' mir! Und in der letzten Runde lässt dieser Wichser von Jockey das Prachtstück zurückfallen. Wenn ich ihn in die Finger krieg ...

    Ist ja gut, ist ja gut, Berti, Würgels legte seinem Partner die Hand auf den Arm. Jedenfalls hast du auf Sieg gesetzt und musst den Rest des Monats Haferflocken fressen, seh ich das richtig? Verlegen strich sich der andere über seinen blonden Bürstenhaarschnitt. Würgels schüttelte den Kopf. Du bist unverbesserlich, Berti.

    Wann schiebt denn der Schakal die Kohle rüber?, wollte Handau wissen. Würgels ahnte, was als Nächstes kommen würde. Er ließ seinen Partner zappeln.

    Nach dem nächsten Wochenende. Noch lässt er es uns über Raspoldi zukommen. Wir sollen am Montag in seine Bar kommen.

    Kannst du mir nicht bis bis dahin was leihen, Pauli?

    Würgels musterte den Blonden streng. Trotz seiner achtunddreißig Jahre hatte Handau das Gesicht eines Schuljungen - glatt und rosig. Aus seinen braunen, treuen Hundeaugen blinzelte er den kleineren und vier Jahre jüngeren Partner an.

    Wenn du deine Finanzverwaltung nicht deiner Mutter überlassen willst, dann solltest du mich dafür engagieren, seufzte Würgels und holte seine Brieftasche heraus. Du kannst so unschuldig gucken wie mein Jüngster, wenn er Schokolade aus dem Küchenschrank geklaut hat. Er kramte eine Hundert-Euronote aus der Brieftasche und drückte sie seinem Partner in die Hand. Kann dir einfach nichts abschlagen.

    Wagen zwölf, kommen. plärrte das Funkgerät plötzlich. Ihr Revier in der Wilhelmstraße funkte sie an.

    Zwölf hört. Würgels hatte sich das Mikro geschnappt. Handau fuhr an.

    Standort?

    Brennerstraße, Höhe Friedhof, log Würgels.

    Banküberfall in der City-Bank, Filiale in der Strauß-Straße. Zwei Bewaffnete. Kommen, ob verstanden.

    Strauß-Straße, verstanden! Handau hatte Blaulicht und Sirene eingeschaltet und bog eben in die Wehrmannstraße ein.

    Wir schicken noch einen zweiten Wagen. Ende!

    Würgels knallte das Mikro in die Halterung.

    Scheiße!, zischte er. Diesmal musst du dich beeilen, Berti! Wir müssen vor den Kollegen da sein!

    Vier Minuten später stoppten sie vor dem Jugendstilhaus, in dem die City-Bank ihre Filiale in Hamburg-Mitte untergebracht hatte. Auf der Treppe des Eckeinganges fuchtelte ein glatzköpfiger, dicklicher Mann mit beiden Armen. Er sah aus, als hätte man ihn gerade nach allen Regeln der Kunst verprügelt.

    Sie sind Richtung B75 geflüchtet!, rief er. In einem cremefarbenen Ford! Gerade eben!

    Ein Ambulanzwagen kam die Straße heruntergefegt und bremste scharf. Dahinter der angekündigte zweite Streifenwagen. Zwei Polizisten sprangen heraus.

    Wir verfolgen sie, schrie Würgels seinen Kollegen zu und hechtete zurück auf den Beifahrersitz. Los, hinterher!

    Sie bretterten die Straße hinunter und sahen den Ford links auf die B75 abbiegen.

    Verdammt! Was für ein Lahmarsch!, schimpfte Würgels.

    Der junge Russe hat keine Ahnung vom Autofahren, brummte Handau verächtlich. Wie kann man so einen hinter's Steuer setzen ...

    Etwa einen Kilometer weit jagten sie dem Ford auf der B75 in nördliche Richtung hinterher. Sie sahen ihn zwar in die Rothäuser Straße abbiegen, fuhren aber über die Kreuzung hinweg. Erst nach hundert Metern bremste Handau scharf und wendete.

    Der Ford stand vor einem der zahlreichen Blumenläden in der Straße. Handau hielt wenige Meter hinter ihm.

    Zwölf an Revier zehn, kommen!, bellte Würgels ins Mikro.

    Revier zehn hört, kommen.

    Wir haben das mutmaßliche Tatfahrzeug gefunden.

    Würgels gab Standort und Kennzeichen durch. Mit gezogenen Dienstwaffen näherten sie sich dem Ford. Würgels deutete mit dem Kopf auf einen großen Kühlwagen für Blumen, der in der Hofeinfahrt eines Blumengeschäftes etwa zwanzig Schritte hinter dem Ford stand. Handau nickte. Zwei Minuten später funkte Würgels wieder das Revier an.

    Schicken Sie Verstärkung - die Insassen des Fords sind spurlos verschwunden. Müssen sich hier irgendwo versteckt haben.

    In dem Augenblick fuhr der Blumentruck an. Handau hielt ihn auf und ließ sich vom Fahrer die Papiere zeigen. Er überflog sie kurz und reichte sie wieder durch das offene Seitenfenster des Lieferwagens. Der bog in die Jeffestraße ein und verschwand Richtung Norden.

    3

    Die Frau lag auf einer Trage. Sie war groß und blond und zitterte so heftig, dass das Aluminiumgestell der Trage klappernd auf die Marmorfliesen schlug. Ich ging neben ihr in die Hocke und sah fragend den Arzt an, der ihr gerade eine Kanüle in die Armbeuge schob.

    Schock, sagte er leise. Diabetischer Schock. Sie ist zuckerkrank. Ein Teppich kleiner Schweißperlen bedeckte das Gesicht der Frau. Stress kann so etwas ganz schnell auslösen. Vor allem kurz vor dem Mittagessen. Der Arzt nahm eine Spritze entgegen, die einer der Sanitäter ihm anreichte. >Glucose< las ich auf der Ampulle in der Hand des Sanitäters. Der Arzt drückte die Flüssigkeit in die Vene und schloss dann eine Infusion an. In fünf bis zehn Minuten können Sie mit ihr sprechen, schätze ich.

    Es war der vierte Bankraub innerhalb von acht Wochen. Und alle trugen dieselbe Handschrift: Zwei maskierte Kerle stürmen eine kleine Bankfiliale in Hamburg-Mitte oder Hafen-City, einer hält Kunden und Belegschaft mit einer Maschinenpistole in Schach, der andere zertrümmert die Glasverkleidung vor dem Kassenschalter mit einem Vorschlaghammer und lässt sich weiße Leinensäcke mit Scheinen füllen.

    Seit dem zweiten Überfall ermittelten Roy und ich in dem Fall. Oder genauer: Die >Ermittlungsgruppe Banküberfall< - eine Sondereinheit für Banküberfälle, die wir vom Präsidium gemeinsam mit der Hamburger Polizei unterhielten. Die Einheit hatte in den letzten Wochen eine Menge Ausfälle zu verkraften gehabt. Deswegen waren Roy und ich vorübergehend zu dieser Einheit abkommandiert worden.

    Roy stand mit einigen Sanitätern, zwei Leuten der Gerichtsmedizin und Georg Suhlbach hinter dem Schaltertresen im Geschäftsraum. Suhlbach gehörte zur Sondereinheit. Er war mittelgroß, ständig unrasiert, und trug fast ausschließlich helle Anzüge, bordeauxrote Krawatten und Cowboystiefel.

    Dem schwarzen Gewucher nach, das seinen Schädel bedeckte, stand er morgens fünf Minuten vor dem Spiegel, um sich die Haare so lange zu raufen, bis von einer Frisur nichts mehr übrig war. Der Siebendreißigjährige sah eher aus, wie der chronisch unausgeschlafene Manager eines Fußballclubs als wie ein Polizist. Aber er war ein Polizist. Und was für einer.

    Ich ging hinter den Tresen. Einer der Männer von der Gerichtsmedizin zog eben den Reißverschluss eines Leichensackes hoch. Betreten starrten wir auf den Plastiksack. Der Mann darin war höchstens fünfundzwanzig Jahre alt. Heute Morgen hatte er vielleicht noch mit seiner Freundin über Urlaubspläne gesprochen. Vor einer Stunde hatte er möglicherweise noch an seiner Karriere gebastelt. Und vor zwanzig Minuten hatte er als einziger den Mut aufgebracht - oder den Leichtsinn besessen - den Alarmknopf zu drücken. Jetzt war er tot.

    Es ist das erste Mal, dass sie geschossen haben, sagte Roy, müssen ziemlich nervös gewesen sein.

    Vielleicht auch nur kaltblütig bis in die Haarspitzen. Georg Suhlbach steckte die Hände in die Hosentaschen. Bei den anderen Überfällen hatten sie einfach keinen Grund zu schießen.

    Polizeiobermeister Suhlbach muss es mal wieder besser wissen, knurrte Roy, Klugscheißer! Suhlbach grinste nur. Irgendwie gerieten die beiden sich ständig in die Wolle. Ich hatte noch nicht herausgefunden, wie ernst ich das nehmen musste.

    Wir sprachen mit dem Filialleiter, einem kleinen glatzköpfigen Schreibtischmalocher. Er schien völlig erschlagen zu sein. Er war der Letzte, der mit dem jungen Mann gesprochen hatte, den unsere Kollegen jetzt in den Leichenwagen schoben.

    Wir ließen ihm ein wenig Zeit, seinen Kummer auszusprechen. Er war fassungslos und konnte sich kaum beruhigen.

    Wie viel Geld lag in der Kasse?, wollte Roy schließlich wissen.

    Etwa sechzigtausend Euro, sagte der Mann kleinlaut. Die ganzen Wochenendeinnahmen wurden uns heute Vormittag gebracht. Er hob beide Arme, als wollte er sich entschuldigen. Die Hotels und Restaurants, die bei uns Kunden sind - das >Panorama Hotel< liegt praktisch um die Ecke, dann der Nachtclub und die große Pizzeria auf der anderen Seite der Straße, und in der Wilhelmsburger-Halle gab's am Samstag einen Boxkampf. Die Stimme des Mannes bekam eine weinerliche Nuance. Der Veranstalter ist Kunde bei uns - er allein hat fast zwanzigtausend eingezahlt!

    Ist das Geld registriert?, wollte Georg Suhlbach wissen.

    Der Filialleiter schüttelte traurig den Kopf.

    Nur die zehntausend Euro, die ich heute Morgen aus dem Tresor geholt habe. Die waren noch fein säuberlich gebündelt.

    Wir notierten alles Wissenswerte und verhörten die Kunden und Angestellten noch an Ort und Stelle. Auch mit den beiden Polizisten, die das Tatfahrzeug verfolgt und gefunden hatten, sprachen wir.

    Nach zwei Stunden wussten wir nur, was sowieso schon feststand. Wir hatten es exakt mit denselben Tätern zu tun wie bei den anderen Banküberfällen. Diesmal würden wir unserer kargen Spurensammlung allerdings ein trauriges Beweismittel hinzufügen können: einige Kugeln aus der Maschinenpistole der Täter.

    Vor der Bankfiliale dann Presse und Fernsehen. Eine schwarzhaarige Frau Ende zwanzig streckte uns ein Mikrophon entgegen. Frederike Parker - sie berichtete schon seit dem zweiten Überfall dieser Art über unsere Ermittlungen. In irgendeinem Hamburger Nachrichtensender. Wir schätzten ihre Arbeit alle drei. Vor allem wegen der aufregend kurzen und engen Kostüme, die sie trug.

    Was können Sie unseren Zuschauern über den brutalen Überfall sagen? Sie richtete die Frage an Roy. Überhaupt wandte sie sich meistens an Roy. Eine Tatsache, die Suhlbach mit einem gewissen Missmut zur Kenntnis nahm. Jedenfalls hatte ich den Eindruck.

    Ich huschte an der Frau vorbei die Treppe hinunter. Fernsehauftritte lagen mir noch nie. Im Vorübergehen schnappte ich eine Nase voll Parfümduft auf. Tief sog ich die Luft ein. Wie immer roch Frederike verlockend.

    Auch Suhlbach erwies sich mal wieder als medienscheu und verdrückte sich. Frederikes Kameramann hielt also auf Roy, und der tat seine Pflicht und erzählte das, was er erzählen konnte.

    Nachdem der Kameramann sein Gerät in den Van des Fernsehsenders verfrachtet und Frederike ihr Mikro abgeschaltet hatte, plauderte sie noch ein wenig mit meinen beiden Kollegen.

    Wie wäre es, wenn wir an einem der nächsten Abende mal zusammen essen gehen, strahlte Georg die Lady an.

    Sehr gerne, strahlte sie zurück, Sie werden doch sicher mitgehen, Roy, oder?

    Eine halbe Stunde später saßen wir im Präsidium im Büro unseres Chefs. Ein massiger, großer Mann mit rotem Gesicht, Tränensäcken und Doppelkinn wartete schon in der Konferenzecke. Etwa fünfzig Jahre alt und in zerknittertem, dunkelgrünem Anzug. Äußerlich in jeder Hinsicht so ziemlich das Gegenteil von unserem Chef.

    Er hieß Norbert Rüther und war Polizeihauptmeister der Hamburger Polizei. Als leitender Beamte der >Ermittlungsgruppe Banküberfall< war er für die Ermittlungen verantwortlich. Zusammen mit unserem Chef, versteht sich.

    Wir lieferten unseren Bericht ab.

    Auffällig scheinen mir vor allem drei Tatsachen, sagte Roy. Erstens: Der kleine Gangster mit dem Vorschlaghammer spricht nie ein Wort, während der andere herumbrüllt wie ein wild gewordener Schwarzbär.

    Du meinst, er ist Ausländer?, unterbrach ich ihn.

    Roy zuckte mit den Schultern.

    Oder er hat einen Sprachfehler.

    Oder seine Stimme ist den Bankangestellten bekannt, meinte Suhlbach.

    Schwer vorzustellen, dass die Mitarbeiter verschiedener Bankhäuser zufällig ein und denselben Mann kennen, überlegte Jonathan Bock laut.

    Wenn es ein hoher Beamter von der Finanzbehörde ist, warum nicht? Roy grinste. Aber Spaß beiseite - ich tippe auch mehr auf den Ausländer. Zweitens: Bei jedem Überfall ist überdurchschnittlich viel Geld in der Kasse. Dieses Mal vor allem durch die Boxveranstaltung in der Wilhelmsburger Halle. Die Burschen müssen also über eine gute Informationsquelle verfügen. Wir sollten die Kunden noch einmal sorgfältig durchsehen, die an den entsprechenden Tagen ihr Geld zur Bank getragen haben. Und drittens - das Fluchtfahrzeug ist jedes Mal in Altona gestohlen worden.

    Und die Täter jedes Mal in der Gegend der Rothäuser Straße verschwunden, ergänzte Norbert Rüther. Er rieb sich über seinen ansehnlichen Bauch.

    Ich hatte während der Wochen, die wir mit ihm zusammenarbeiteten, beobachtet, dass er das immer dann tat, wenn er angestrengt nachdachte.

    Irgendwelche Informationen von unseren V-Leuten?, fragte Jonathan Bock in die Runde.

    Die sind merkwürdig schweigsam in letzter Zeit. Roy rieb sich nachdenklich sein Kinn. Einer allerdings gab einen Hinweis auf Altona. Dort sei vor einigen Wochen ein junger Russe aufgetaucht, der weiter nichts tut, als ab und zu mal einen Wagen zu stehlen. Mehr konnte mir unser Informant nicht sagen.

    Dann sollten wir uns zur Abwechslung mal wieder in Altona umschauen, schlug ich vor.

    Aber ohne Dienstausweis, brummte Rüther. Wäre ein Job für dich, Georg, was meinst du?

    3

    Ich möchte Herrn Buchmann persönlich sprechen. Der Mann legte seine teure Ledermappe auf den Tisch des Kundenberaters und nahm unaufgefordert Platz.

    Haben Sie denn einen Termin, Herr ...? Der knapp dreißigjährige Bankangestellte bemühte sich um einen verbindlichen Ton. Er hatte den Mann in dem dunkelblauen Anzug noch nie in der Bank gesehen. Sein kantiges Gesicht hatte etwas Raubvogelartiges, die angegrauten Haare waren mit Pomade nach hinten gekämmt. Altersmäßig siedelte er ihn irgendwo zwischen achtunddreißig und fünfundvierzig an.

    Der Mann schob ihm seine Visitenkarte über den Tisch.

    Herr Peter Romano, las der Bankangestellte murmelnd. Das Modehaus R&S in Harburg?

    Richtig, junger Mann. Meines Wissens müsste Herr Buchmann heute im Hause sein, sagte Peter Romano gelangweilt. Bitte melden Sie mich an. Er schlug die Beine übereinander und sah sich in der weiträumigen Schalterhalle um.

    Die einzelnen Beratungsplätze waren durch schwere spanische Wände abgeteilt. Den wartenden Kunden standen Sitzecken mit Sesseln aus dunkelrotem Leder zur Verfügung. Sie waren durch riesige Yuccapalmen von den eigentlichen Geschäftsräumen und voneinander getrennt. Teilweise berührten die Pflanzen die Gewölbedecke. An den holzgetäfelten Wänden hingen Ölgemälde italienischer Barockmaler, und ein dicker, anthrazitfarbener Teppichboden verschluckte die Schritte.

    Man kam sich ein wenig vor wie in einer zweckentfremdeten Kirche. Romano grinste, als ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging.

    Gar nicht so verkehrt, dachte er, schließlich dreht sich hier alles um die Vermehrung und Verehrung der wichtigsten Sache der Welt.

    Statt einem Altar stand ein runder Kassenschalter in der Mitte der Halle. Hinter Panzerglasscheiben bediente ein halbes Dutzend Kassierer die Kundschaft. Beim Hereinkommen hatte Romano gesehen, dass mitten in dem pavillonartigen Aufbau eine Wendeltreppe nach unten führte. In den Tresorraum nahm er an.

    Der Kundenberater ihm gegenüber telefonierte inzwischen mit seinem Chef, dem Direktor der Hamburger Filiale der Postbank.

    Ist in Ordnung, Herr Buchmann ... selbstverständlich, Herr Buchmann ... sofort, Herr Buchmann.

    Romano musterte den devoten Mann am Telefon verächtlich. Der deutete sogar kleine Verbeugung an, während er mit seinem Chef sprach.

    Wie unangenehm, unten zu stehen, dachte er.

    Niemals wollte er so etwas erleben. Er vertrat die erste Generation der Romanos, die ganz oben stand.

    Aber er konnte sich gut an seine Kindheit erinnern. An die kleine Schneiderwerkstatt seines Großvaters. Mühsam hatte er sich seinen Betrieb nach der Einwanderung aus Sizilien aufgebaut, hatte sich vor Behörden und Kunden verbeugen müssen, um sich den Weg nach oben zu bahnen.

    Franklin Romanos Vater dann, Anthony Romano, war aus anderem Holz gewesen. Er hatte sich vor niemandem verbeugt. Auch nicht vor dem Gesetz. Mit harter Hand hatte er sich sein Vermögen erarbeitet - und mit harten Mitteln. Freilich hatte er die Hälfte seiner Jugend dafür im Gefängnis verbracht.

    Darf ich Sie zu Herrn Buchmann bringen? Der junge Schnösel hatte aufgelegt und war noch höflicher als zuvor.

    Ich bitte darum, sagte Romano und folgte ihm.

    Sie verließen die Schalterhalle durch eine schwere Doppeltür mit handgeschnitztem Türblatt und gelangten in eine kleine Zimmerflucht, an deren Ende sich eine Tür öffnete. Eine ältere Dame erschien im Türrahmen.

    Herr Romano? Der Kundenberater nickte und verabschiedete sich übertrieben freundlich. Romano fand ihn widerwärtig. Die Frau, Buchmanns Sekretärin, ging ihm voraus durch das Vorzimmer und öffnete den rechten Flügel einer ledergepolsterten Tür.

    Herr Buchmann erwartet Sie.

    Sie sind also Herr Romano, freundlich lächelnd kam Buchmann hinter seinem schweren Jugendstilschreibtisch und streckte Romano die Hand entgegen. Endlich lerne ich den Geschäftsführer des exzellenten Herrenausstatters persönlich kennen. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie heute kommen, hätte ich einen Anzug angezogen, den ich bei Ihnen gekauft habe. Buchmann lachte, als hätte er etwas besonders Witziges gesagt.

    Romano war verblüfft über die Offenheit, mit der Buchmann ihn begrüßte. Ein gutmütiger Mann, so schien es - aber Romano kannte gutmütig wirkende Männer, die Kehlen durchschnitten und Löcher in Schädel schossen, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Deswegen hielt er sich mit einem endgültigen Urteil noch zurück.

    Nehmen Sie Platz, Herr Romano! Was kann ich für Sie tun?

    Mit einem Blick taxierte Romano die schwammige Gestalt Buchmanns. Er war weder klein noch groß, weder dick noch dünn, hatte aber etwas Weiches, Rundes an Körper und Gesicht.

    Vermutlich lag das daran, dass der Bankdirektor seit dreißig Jahren vor allem hinter seinem Schreibtisch lebte. Dass Buchmann ein Workaholic war, hatte Romano mehr als einmal gehört. Von irgendwelchen Geschäftspartnern, auf irgendwelchen Gesellschaften des Hamburger Geldadels.

    Ich möchte mit Ihnen ins Geschäft kommen, Herr Buchmann.

    Oh - das klingt zunächst einmal nicht schlecht, lächelte Buchmann. Trinken Sie etwas? Romano nahm ein Glas Soda. Was für eine Art von Geschäft?

    Nichts Besonderes. Ich möchte einige meiner Geschäfte in Zukunft über Ihr Haus abwickeln, und ich möchte einen Teil meines Vermögens bei Ihnen anlegen. Einen nicht unbeträchtlichen Teil.

    Buchmann lehnte sich in seinen ledernen Drehsessel zurück und bot Romano eine Zigarre an. Der lehnte ab, und Buchmann zündete sich allein eine an.

    Das ist gar kein Problem, Herr Romano. Das ist sogar sehr erfreulich für mich. Aber gestatten Sie mir die indiskrete Frage - sind Sie mit Ihrer Bank nicht mehr zufrieden?

    Nun, es ist so .... Romano faltete die Hände und legte sie auf den Schreibtisch seines Gegenübers. Ich arbeite bisher mit der Hamburger Sparkasse und der Commerz-Bank zusammen. Und beide Institute haben sehr viel Geld in den Tigerländern investiert, wie Sie vielleicht wissen. Und sehr viel Geld dort verloren. Die Anlagezinsen sind drastisch gesunken in den letzten Wochen.

    Verstehe. Buchmann paffte an seiner Zigarre, und Romano hatte das Gefühl, dass der Mann sich geschmeichelt fühlte. Langsam gewann er ein Bild von seinem Opfer.

    Dann sollten wir uns verabreden, um die Einzelheiten durchzusprechen, Herr Romano.

    Zu diesem Zweck würde ich sie gern zum Essen einladen. Romano lächelte charmant. Das war der entscheidende Augenblick seines Besuches. Er bemerkte, wie ein Anflug von Verwirrung über das Gesicht seines Gegenübers huschte: Die Lippen öffneten sich leicht, und die Brauen zuckten in der Mitte kaum merklich nach unten.

    In dieser Phase des Gesprächs ließ Romano seine Augen keinen Moment vom Gesicht des anderen.

    Ich dachte an das >Chez Pierre<, sagte er, als hätte Buchmann schon zugestimmt. Oder mögen Sie es lieber amerikanisch? Dann würde ich >The Four Seasons< empfehlen.

    Buchmann zögerte einen Moment.

    Wissen Sie, Herr Romano, er lächelte verlegen. Eigentlich gehe ich sehr selten aus, ich habe einen exzellenten chinesischen Koch angestellt und ...

    Ich weiß - Sie haben den Ruf, eher zurückgezogen zu leben, mein Bester - und doppelt so viel zu arbeiten wie der deutsche Durchschnitt. Und doppelt so gut. Romano ließ das Kompliment einen Moment wirken. Dem Gesicht seines Gegenübers sah er an, dass er sich gebauchpinselt fühlte. Sofort setzte Romano nach. Aber wissen Sie - in meiner alten Heimat wurden wichtige Geschäfte immer bei einem guten Essen und einem edlen Wein abgeschlossen. Das habe ich von meinem Großvater und meinem Vater gelernt. Bitte tun Sie mir den Gefallen!

    Zehn Minuten später verließ Romano das Gebäude der Bank, das in der Stresowstraße direkt an der Elbbrücke lag. Er war zufrieden. Sehr zufrieden - am Donnerstag nächster Woche würden er und der Bankdirektor in >Chez Pierre< in der Tunnelstraße miteinander speisen. Und noch ein dritter Gast, von dem Buchmann nichts ahnte.

    Der erste Schritt eines langen Weges war getan. Eines Weges, der - wenn alles nach Romanos Vorstellungen lief - direkt in Buchmanns Tresorraum führen sollte.

    4

    >Rickie's< stand in roten, geschwungen Leuchtbuchstaben über der Tür. Die rote S-Klasse bog in die Hofeinfahrt neben der kleinen Nachtbar in der Hopfenstraße ein. Bertold Handau und Paul Würgels zogen es auch heute vor, ohne Uniformen und spät abends in Raspoldis Kneipe aufzutauchen. Durch die Hintertür, vorbei an den Toiletten, betraten die beiden die Bar. Wie meistens ging Würgels voran. Nicht nur auf Streife spielte er die Rolle des Teamleaders.

    Rauchschwaden schwebten in schummrigem Licht. Klänge eines Pianos und eines Saxophons verschränkten sich zu einem schläfrigen Rhythmus. An der Bar drängten sich Männer auf eng zusammengerückten Hockern. Sie alle hatten sich von der Theke abgewandt und stierten gebannt auf ein kleines Podest neben dem Klavier.

    Dort bog eine blonde Frau ihren nur noch mit schwarzem Slip bekleideten Körper schlangengleich zum Rhythmus der Musik. Mit beiden Händen presste sie ihre großen Brüste zusammen, und präsentierte sie den gierigen Zuschauern.

    Handau blieb wie angewurzelt stehen. Sein Mund wurde trocken, und er verschlang den prallen Busen der Frau mit den Augen. Sie führte die Fingerspitzen an ihren großen, feucht glänzenden Mund und leckte sie mit ihrer Zunge ab. Langsam ließ sie ihre Hände nach unten tanzen. Über Hals, Brustwarzen und Bauch bis zum Rand ihres Höschens.

    Handau schluckte und hielt seinen Partner an dessen Lederjacke fest.

    Mensch Paulie, schau dir diese Titten an, flüsterte er.

    Würgels grinste.

    Du guckst wie ein Junge vor dem Bescherungstisch. Er versuchte ihn mit sich zu ziehen. Doch Handau war nicht von der Stelle zu bewegen.

    Würgels verdrehte die Augen und ging allein zur Bar. Er stand nicht auf diesen Frauentyp. Außerdem war er mit einer Frau verheiratet, deren Körper sein Blut auch nach neunjähriger Ehe noch in Wallung brachte.

    Während das Saxophon nur noch heiser krächzte, und das Piano ganz verstummt war, fuhr sich die Nackttänzerin mit beiden Händen in ihr Höschen. Die Männer an der Bar fingen an zu johlen. Einige klatschten anfeuernden Beifall.

    Die Frau drehte sich mit dem Rücken zu ihrem Publikum. Das Saxophon spielte einen lang gezogenen Ton, der sich allmählich die Tonleiter hinaufschraubte und anschwoll. Sie bog ihren Körper nach hinten. So weit nach hinten, dass ihr langes Blondhaar den Boden berührte. Ihre Brüste wogten über ihren Schlüsselbeinen. Plötzlich setzte das Klavier wieder ein. Die Tänzerin riss ihren Oberkörper nach oben, ihre blonde Mähne peitschte durch die Rauchschwaden. Dann wirbelte sie herum und riss sich den Slip vom Leib.

    Das Publikum grölte laut, und Handau stand immer noch da ähnlich wie die Statue von Störtebeker am Störtebeker Ufer. Die Frau drehte sich auf dem Podest und zeigte was sie hatte. Das überwiegend männliche Publikum applaudierte wild. Diejenigen, die am Podest saßen, streckten gierig die Hände aus. Die Tänzerin entzog sich den Griffen, deutete eine Verbeugung an und verschwand hinter einem blauen Vorhang.

    Hier, Berti. Würgels war mit zwei Gläsern Bier zu seinem Partner zurückgekehrt. Halt dich daran fest! Das wird dich ein bisschen abkühlen. Mit einer Kopfbewegung bedeutete er Handau ihm zu folgen. Raspoldi sitzt im Hinterzimmer.

    Durch eine Tür neben der Theke gelangten sie in einen schmalen Flur, von dem aus Türen in vier Räume führten. Würgels öffnete gleich die erste Tür links.

    Vier Männer saßen um einen runden Tisch und hielten Karten in ihren Händen. Unter der tief abgehängten Lampe waberten die Rauchschwaden noch dichter als in der Bar. Und unter den Rauchschwaden stapelten sich Münzen neben Euronoten und umgedrehten Karten. Es roch nach Schnaps und schwarzem Tabak.

    Hi, Paulie, strahlte Rickie Raspoldi, als er die beiden Polizisten erkannte. Andre Hurst sah nur kurz auf. Kommt, setzt euch - bin gleich so weit.

    Würgels und Handau lehnten sich mit ihren Biergläsern an die Wand und beobachteten die Pokerspieler. Sie kannten nur Raspoldi und Hurst. Dass die anderen beiden ihr Geld nicht unbedingt in der Stadtverwaltung oder bei der Post verdienten, lag nahe. Aber Würgels und Handau hatten sich angewöhnt, nicht so genau hinzuschauen, wenn sie sich in diesen Kreisen bewegten. Und nicht zu viele Fragen zu stellen.

    Die Runde ging an Raspoldi.

    Hey - ihr habt mir Glück gebracht!, rief er und versenkte seine Euros in der Hosentasche. Er griff sich sein Jackett von der Stuhllehne und verließ das Zimmer. Würgels und Handau folgten ihm durch die gegenüberliegende Tür. Ein kleiner Schreibtisch und zwei altmodische Aktenschränke aus Blech standen an den Wänden des winzigen Raumes. Und ein paar Stühle.

    Rickie Raspoldi nahm einen Stapel Aktenordner aus einem der Schränke. Ein Wandsafe wurde sichtbar. Er öffnete ihn und nahm einen prall gefüllten Briefumschlag heraus.

    Fünf Prozent für euch, sagte er, zählt nach!

    Würgels holte das Geldbündel heraus und zählte die Hundert-Euronoten. Dreitausendzweihundert, sagte er nach einigen Sekunden. Vierundsechzigtausend Euro habt ihr also gemacht. Raspoldi nickte.

    Sucht euch 'n ander'n Fahrer!, maulte Handau, während er seine Fünfzehnhundert in der Innentasche verstaute. Der Russe versaut euch den nächsten Coup, verlass dich drauf!

    Dann fahr eben nicht so schnell, Berti, sagte Raspoldi, der gegen den blonden Hünen geradezu zwergenhaft wirkte. Der Schakal, in seiner Großzügigkeit, schiebt euch fünf Prozent rüber, wechselte er übergangslos das Thema. Andi und ich kriegen vierzig. Den Rest verschlingt er.

    Würgels lachte.

    Fast wie bei uns - wir machen die Arbeit und unser Chef sitzt sich für das doppelte Gehalt den Arsch platt.

    Ich biete euch zehn Prozent. Wieder ging Raspoldi nicht auf die Bemerkung des anderen ein.

    Wie - >zehn Prozent Würgels‘ Augen wurden schmal. Handau' Augen weiteten sich gierig.

    Ich dreh das nächste Ding auf eigene Faust und teil nur mit Andi. Und ihr kriegt zehn Prozent. Was ist daran so schwer zu kapieren?

    Kein Problem, tönte Handau, klar machen wir mit.

    Würgels legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen.

    Raspoldi merkte es nicht, und sein faltiges Gesicht entspannte sich etwas.

    Hab doch gewusst, dass ihr eine fruchtbare Geschäftsbeziehung nicht einfach so aufgebt ...

    Moment, unterbrach Würgels. Ich muss mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

    Raspoldi ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken.

    Tu das, Paulie! Aber denk dran: Wir sind schon längst ein Gespann. Du kannst dich nicht so ohne weiteres herausziehen. Und findest du nicht, dass unsere Zusammenarbeit unter einem guten Stern steht?

    Würgels musterte ihn mit einem Gesicht, dass weder Misstrauen noch Wohlwollen zeigte. Wie gemeißelt wirkte er plötzlich. Handau kannte seinen Partner. Bei dieser Miene war es das Beste keine Fragen zu stellen und zu tun, was Paulie sagte.

    Ich ruf' dich morgen an, Rickie.

    Und jetzt bekommt ihr euer Trinkgeld. Wieder der abrupte Themenwechsel. Raspoldi ging den beiden Polizisten voran in die Bar. Bestellt euch noch was! Er wies auf die wenigen Frauen, die an der Theke saßen. Sucht euch eine aus!

    Würgels reagierte nicht. Er lehnte sich lässig an den Tresen und bestellte einen Whisky.

    Ich will die Tänzerin, sagte Handau ohne lange nachzudenken.

    Raspoldi breitete bedauernd die Arme aus.

    Das geht leider nicht, Berti. Sie arbeitet nicht für mich. Sie gehört dem Schakal.

    Ich will sie. Der große Blonde knallte sein Bierglas auf den Tresen und durchquerte mit Riesenschritten die Bar. Auf dem Tanzpodest verschwand er hinter dem blauen Vorhang. Er klopfte an eine der Garderobentüren. Erst hinter der zweiten fand er die Tänzerin. Sie saß in ein Badetuch gewickelt vor einem ovalen Spiegel und schminkte sich ab. Ihre blonden Haare steckten unter einer Duschhaube.

    Ich bin ein Freund von Raspoldi ... Handau mühte sich redlich, seine Geilheit hinter einer krampfhaften Freundlichkeit zu verbergen. ... und ein Freund des Schakals.

    Die Frau drehte sich um und runzelte unwillig die Stirn. Sie hatte eine hohe Stirn.

    Komm zur Sache, Bursche - was willst du? Ihre grünen Augen und ihr schmallippiger, großer Mund mit der trotzig vorgewölbten Unterlippe verrieten eine eigensinnige Frau.

    Doch für solche Feinheiten hatte Handau keine Antennen.

    Ich will dich, Schätzchen - was sonst? Mit zwei Schritten war er bei ihr und schob seine riesige Pranke zwischen ihre Brüste.

    Sie stieß die Hand von sich und sprang auf.

    Verpiss dich, Bursche! Ist mit scheißegal, wer hier wessen Freund ist! Ich such mir die Leute ganz allein aus, denen ich den Arsch hinhalte, kapiert?!

    Er glotzte sie ungläubig an. Dann riss er sie an seinen breiten Brustkorb, presste sie an sich und versuchte seinen Mund auf ihre Lippen zu pressen. Im nächsten Moment brüllte er auf, ließ die Frau los und klappte zusammen. Sie hatte ihm ihr Knie zwischen die Beine gerammt.

    Hilfe!, schrie sie an der offenen Tür. Hilfe!

    Würgels stand plötzlich im dunklen Gang. Sie drängte sich an ihm vorbei und suchte hinter ihm Schutz.

    Handau wankte aus der Garderobe. Er stöhnte. Mehr vor Wut, als vor Schmerz.

    Verfluchtes Miststück! Ich werd' dich ... Er erkannte seinen Partner und verstummte.

    Der ging drohend auf ihn zu. Würgels‘ dunkle Augen sprühten vor Zorn. So nahe trat er an seinen Partner heran, dass dessen Atem ihm von oben heiß über die Stirn wehte. Er sah zu ihm hinauf. So lange bis Handau den Blick senkte.

    Du kannst so dämlich sein, Berti!, zischte er.

    Verzeihen Sie. Würgels wandte sich zu der Frau um. Es wird nicht wieder vorkommen. Ich entschuldige mich für meinen Freund und garantiere Ihnen, dass er sich in Zukunft benehmen wird.

    Sie funkelte Handau böse an und verschwand wortlos in ihrer Garderobe.

    Die Frau arbeitet eng mit dem Schakal zusammen, du blöder Hund!, schimpfte Würgels, als sie ein paar Minuten später wieder in Bertis S-Klasse saßen. Sandy Kollar heißt sie, 'ne ziemlich große Nummer. Kostet mehr als zweitausend die Nacht. Also vergiss sie. Er guckte Handau giftig an. Kapiert? Der andere brummte irgendetwas Zustimmendes. Und jetzt gibst du mir dein Handy. Würgels griff in die Außentasche des Jacketts seines Partners und angelte das Mobiltelefon heraus.

    Rufst du den Schakal an? Würgels nickte und tippte die Nummer ein.

    Eine Männerstimme meldete sich.

    Ihr Mitarbeiter Herr Raspoldi will sich selbstständig machen, Herr Romano. Er hat uns zehn Prozent geboten. Schweigen am anderen Ende.

    Dann: Was halten Sie davon, Paulie?

    Wir stehen auf Ihrer Gehaltsliste, Herr Raspoldi, sagte Würgels ungerührt, und wir stehen auf der Gehaltsliste der Hamburger Polizei. Ich denke, das reicht. Er bemerkte den enttäuschten Blick seines Partners neben sich am Steuer.

    Ich habe keine andere Antwort von Ihnen erwartet, Paul.

    Ich bin noch nicht fertig. Würgels bedeutete Handau mit einem Blick auf den Tacho, die Geschwindigkeit zu drosseln. Er gehorchte. Irgendwann wird Raspoldi uns erpressen. Und spätestens dann ist er auch ein Unsicherheitsfaktor für Sie.

    Ich verstehe, Paul. Erledigen Sie das für mich!

    Gleich darauf rief Würgels in Raspoldis Kneipe an.

    Okay, Rickie - ich hab mir's überlegt. Wir steigen bei dir ein. Für zehn Prozent. Sag rechtzeitig Bescheid, wann die Sache starten soll!

    5

    Wir hatten uns in einer Wohnung in der Gerhardstraße einquartiert. Gegenüber der verkommenen Pension, in der Georg Suhlbach seit gut einer Woche hauste.

    >Wohnung< war natürlich Schönfärberei. Die Tapete hing stellenweise herunter, und vor allem in den Ecken der beiden winzigen Räume dehnten sich braune Flecken auf ihr aus. Der Teppich schien aus den vierziger Jahren zu stammen und war von zahllosen Brandlöchern übersät. Der Mann, der hier wohnte - ein Kleindealer, den unsere Zentrale mit einer >Informant - vertraulich< Nummer führte - schien seine Zigaretten und Joints grundsätzlich auf dem Teppich auszutreten.

    Statt einem Bett lag ein halbes Dutzend speckiger Matratzen in einer Ecke, und die Sessel waren mit alten Armeedecken zugedeckt, damit man ihren zerfledderten Bezug nicht sah. Kurz: Ein ziemlich dreckiges Rattenloch.

    Unser Informant hatte uns die Bude vorübergehend überlassen. Und wir hatten ihn vorübergehend auf eine Entziehungskur geschickt. Auf Staatskosten.

    Natürlich standen jetzt ein paar Dinge in dem erbärmlichen Loch, die sonst nichts hier zu suchen hatten: Ein leistungsfähiger PC, ein Telefon, und eine hochsensibles Funkgerät mit dem wir ständig den Minisender im Gürtel unseres Undercover-Mann anpeilen konnten. Und im Notfall konnte er auch Funkkontakt mit uns aufnehmen.

    Im Augenblick saß er mit Roy und mir in unserem armseligen Beobachtungsposten und lieferte seinen täglichen Bericht ab.

    Er heißt Pjotr Kajurin.

    Suhlbach holte nacheinander zwei Waffen aus den Taschen seiner abgewetzten Lederjacke. Ja - er trug seit einer Woche keine hellen Anzüge mehr. Nicht mal Krawatten. Unter der Lederjacke hatte er ein ehemals weißes T-Shirt an, und die Jeans schien er sich aus einem Second-Hand-Shop geholt zu haben. Nur seine roten Stiefel - auf die hatte er nicht verzichten können.

    Du siehst gar nicht schlecht aus so glatt rasiert, sagte ich.

    Und der Stachelkopf wird dir vermutlich die Frauenherzen dutzendweise sturmreif pieksen, Roy grinste schadenfroh. Tatsächlich sah Suhlbach ziemlich verhunzt aus mit seiner neuen Frisur.

    Er ging nicht auf Roys Stichelei ein, sondern legte die Waffen auf den Tisch. Eine Smith-&-Wesson - und eine 44er Magnum.

    Die hatte er nicht mal nehmen wollen, als ich ihm erklärte, dass sie damit in Kenia auf Elefantenjagd gehen, grinste Georg. Er wollte ums Verrecken den ,Arminius‘ spezial.

    Mit deutschen Waffen haben die Russen so ihre Erfahrung, Roy nahm die beiden Faustfeuerwaffen mit einem Tuch auf und ließ sie in einen Plastikbeutel fallen. Der Russe hatte beide gründlich begrapscht. Und an der Fahrertür des Fords hatte unser Labor Fingerabdrücke sichergestellt, die nicht dem bestohlenen Besitzer gehörten. Ziemlich deutliche Fingerabdrücke.

    Er arbeitet in einer Pizzeria in der Heinestraße. Nicht älter als zweiundzwanzig, der Bursche. Georg rückte seinen Sessel an den Tisch und zog den Becher zu sich hinüber, den ich ihm eben mit Kaffee gefüllt hatte.

    Ist seit anderthalb Jahren in Hamburg. Dafür spricht er ganz gut Deutsch. Bisschen einsam, der Bursche. War nicht schwer, mit ihm Kontakt zu kriegen. Heute Abend gehen wir was trinken. In einer Bar in der Hopfenstraße - >Rickie's< heißt die Kneipe.

    Okay, ich nickte zufrieden. Vielmehr kann man nach einer Woche nicht erwarten. Halt die Ohren steif, Georg! Ich stand auf und nahm ein kleines Holzkästchen vom Funkgerät. Hier sind die Wanzen. Die Abhörerlaubnis hat fast fünf Tage auf sich warten lassen.

    Unser V-Mann, der den Hinweis auf den Russen gegeben hatte, war von der Staatsanwaltschaft Hamburg dem zuständigen Richter als Zeuge präsentiert worden. Und unser Chef hatte eine eidesstattliche Erklärung abliefern müssen, dass der Russe uns mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den Drahtziehern der Banküberfälle von Hamburg-Mitte führen würde.

    Das war etwas gewagt gewesen. Aber auf andere Weise rückten die Bürokraten in den Gerichten keine Abhörerlaubnis heraus.

    Die kleineren sind die Harmonikakäfer.

    >Harmonikakäfer< sind Hochleistungsmikros, die in Telefonen versteckt werden. Man aktiviert sie, indem man die betreffende Nummer anwählt und dabei einen bestimmten Ton auf einer Mundharmonika spielt. Dann deaktivieren diese Wanzen das Klingelzeichen und nehmen Gespräche in dem Raum auf, in dem das Telefon steht.

    Geh vorsichtig damit um, Kollege, grinste Roy, du weißt, dass unsere Richter da keinen Spaß verstehen.

    Klar, Herr Kommissar! Georg versenkte das Kästchen mit den elektronischen Kostbarkeiten in seiner Lederjacke. Wer ist heute hier?

    Bis um sechs wir beide, sagte ich, „dann lösen uns Tobias und Ludger ab."

    Und wir gehen mit einer Dame essen, die du auch gut kennst, wieder grinste Roy schadenfroh.

    George runzelte die Stirn. Frederike? Roy nickte. Na, dann viel Erfolg, Kommissar Müller. Wortlos verließ er die Wohnung. Durchs Fenster sahen wir ihn die Straße überqueren und in der Erichstraße verschwinden.

    Er wird sich an dir rächen, Partner, sagte ich zu Roy. Glaub mir - Burschen wie Georg sind immer für eine Überraschung gut.

    Der eitle Pfau ist vorläufig abgemeldet.

    Ich hätte mit Roy noch in der Wohnung in St. Pauli ein Wette abschließen sollen. Denn als wir gegen halb sieben den >Alten Ritter< in St. Georg betraten, saß Frederike nicht allein an dem runden Tisch neben dem uralten gusseisernen Ofen - Georg Suhlbach leistete ihr Gesellschaft. Beste Gesellschaft offensichtlich, denn die beiden lachten laut und Suhlbach saß auffallend dicht neben ihr.

    Dieser Gigolo, knurrte Roy.

    Ich hab dich gewarnt.

    Diesmal konnte ich eine gewisse Schadenfreude nicht unterdrücken.

    Hey, Georg - hast du nicht einen Job heute Abend?, begrüßte Roy den Kollegen unfreundlich.

    Doch, grinste er und fuhr sich über sein Stoppelhaar. Aber erst um halb zehn. Er trug einen blütenweißen Seidenanzug.

    Vor Frederike Parker lag eine langstielige Rose.

    Herr Suhlbach hat mich angerufen - Sie haben ihm gar nicht gesagt, wo wir uns treffen? Fast vorwurfsvoll sah sie uns an.

    Er ist im Dienst und dürfte eigentlich gar nicht hier sein, brummte Roy.

    Wir setzten uns.

    Was Sie nicht sagen? Frederike strahlte ihn an. Sie begriff, dass er nur ihretwegen gekommen war. Ich lehnte mich entspannt zurück. Der Abend versprach unterhaltsam zu werden.

    6

    Die Sache steigt Mitte nächster Woche. Rickie Raspoldi füllte Würgels‘ Glas mit einem bernsteinfarbenen Malt Whiskey. Er hatte rausgekriegt, dass der Polizist auf die schottischen Marken scharf war. Donnerstag. Die kleine Filiale an der Stresowstraße. Wir werden wie immer über die B75 verschwinden. Und ihr werdet uns eure Kollegen vom Hals halten und unseren Blumenwagen ungehindert passieren lassen.

    Würgels nickte.

    In acht Tagen also. Er erkundigte sich nach Einzelheiten: Uhrzeit, Wagentyp, Fahrer, zu erwartende Summen und so weiter.

    Eine halbe Stunde später ging er zurück in den Schankraum. Saxophonist und Pianist spielten. Die Tänzerin bewegte sich hüllenlos auf dem Podest. Handau saß kerzengerade auf einem Barhocker. Die Augen fielen ihm fast heraus.

    Komm! Würgels verpasste ihm einen unsanften Rippenstüber mit dem Ellenbogen. Der andere reagierte überhaupt nicht. Heiliger Strohsack! Würgels verdrehte die Augen. Komm, hab ich gesagt! Er zog Handau mit sich hinaus.

    Aus den Augenwinkeln sah er den jungen Russen nahe am Podest sitzen. Und bei ihm am Tisch einen Mann in schwarzer Lederjacke und mit Haaren, die nicht mal halb so lang wie ein Streichholz waren. Das Gesicht kam ihm bekannt vor.

    Du bist gemein, Paulie, jammerte Handau, während er den Motor anließ.

    Und du bist gefährlich mit deinem von Hormonspiegeln und Gefühlsduselei vernebelten Hirn, schimpfte Würgels. Du hast dich auf einen Tanz am Rande des Vulkans eingelassen, kapier das endlich! Wenn du dich zu weit hineinbeugst, stürzt du ab! Ist das klar?

    Handau nickte betreten.

    Aber ich hab doch sonst auch die Frauen bei >Rickie's< gevögelt, die ich vögeln wollte.

    Aber keine, die was dagegen hatte, und keine, die für den Schakal arbeitet.

    Sie fädelten sich in den trotz der späten Abendstunde dichten Verkehr ein und fuhren Richtung Hamburg-Mitte.

    Wir werden jetzt unser Date mit dem Schakal abhaken. Er hat irgendwas Wichtiges auf Lager, und vor allem holen wie uns die Kohle für den Hit am Donnerstag. Er sah seinen Partner genervt an. Und danach werde ich dich in einem Bordell abliefern. Das wird dich ein bisschen beruhigen, hoffe ich.

    7

    Sandy Kollar brachte sich mit einer doppelten Umdrehung aus dem Bereich der nach ihr tätschelnden Hände. Das Saxophon spielte einen Tusch. Sie verbeugte sich und blinzelte dabei einem Mann zu, der ihr schon zu Beginn ihrer Stripnummer aufgefallen war - einem kurz geschorenen Adonis in schwarzer Lederjacke. Er saß bei dem jungen Russen am Tisch, der seit Kurzem für Rickie Raspoldi arbeitete. Und er hatte genau das Feuer in den Augen, dass Sandy bei den meisten Männern vermisste.

    Sie verschwand in ihrer Garderobe, wickelte sich in ihr Badetuch und schminkte sich ab. Immer wieder wanderte ihr Blick zur Uhr. Gleich zehn. Um halb elf hatte sie einen Termin mit ihrem Chef. Romano saß schon seit einer halben Stunde mit einem Mann namens Buchmann in einem teuren Speiserestaurant in Hamburg-Mitte.

    Buchmann hieß der Typ. So viel wusste sie. Und dass er ein dicker Fisch war. Und sie den Köder spielen sollte, der ihn anbeißen ließ. Sie hatte sich lange geziert, den Job zu übernehmen. Aber der Schakal hatte ihr sage und schreibe zwanzig Riesen geboten. Ungefähr die Summe, die Sandy noch fehlte, um den leidigen Job bei Raspoldi an den Nagel zu hängen und sich ganz auf ihre Karriere als Modell zu konzentrieren. Also hatte sie zugesagt. Sie bestellte ein Taxi und zog sich an. Es klopfte. Der Mann, dem sie bei ihrem Abgang zugezwinkert hatte, kam herein. Er schloss die Tür und beobachtete, wie sie in ihr enges Kleid schlüpfte. Ein spöttisches Grinsen lag auf seinem Gesicht.

    Guck nicht so blöd, fauchte Sandy ihn an. Mach mir lieber den Reißverschluss zu! Sie drehte ihm den Rücken zu.

    Ich wüsste nicht, was ich lieber täte, sagte der Mann und schloss ihr das Kleid.

    Lüg nicht, sagte sie trocken. Lieber würdest du mir den Fummel ausziehen. Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn herausfordernd. Wie heißt du?

    Nenn mich Will, okay? Er nahm sie in den Arm. Und du bist Sandy?

    Sie wehrte sich nicht. Heiß wurde ihr in seinem Arm. Auch als seine Hand sich in ihr blondes Haar eingrub und er sie küsste, ließ sie es sich gefallen.

    Glaub bloß nicht, dass jeder so hereinkommen könnte, flüsterte sie und machte sich von ihm los. Aber irgendwas ist an dir, was mich heiß macht. Sie strich ihr Kleid glatt und ordnete ihr Haar. Kann ich gar nicht brauchen jetzt. Sie lächelte ihn an. Es gab nicht viele Männer, die das Vergnügen hatten, Sandy lächeln zu sehen.

    Sie öffnete ihre Handtasche und zog eine Visitenkarte heraus.

    Hier - ruf mich an! Ich muss jetzt gehen. Mein Taxi wartet schon.

    Verlass dich drauf! Der Mann streichelte ihr Gesicht.

    Und jetzt geh zurück in die Bar, sagte Sandy. Es ist nicht gut, wenn man uns zusammen sieht. Er nickte und verließ die Garderobe.

    Sandy starrte die Tür an und lachte trocken. Es passierte nicht oft, dass sie sich aus dem Stand in einen Mann verliebte. Nicht die Spur eines Verdachtes kam ihr, dass sie eben mit einem Undercover-Ermittler der Ermittlungsgruppe Banküberfall angebändelt hatte.

    8

    Natürlich fühlte sich Ronald Buchmann geschmeichelt von der Höflichkeit und der bedingungslosen Anerkennung seines charmanten Gastgebers. Unter den Kronleuchtern und dem Wolkenhimmel des >Chez Pierre< - so ziemlich das teuerste Restaurant in der Gegend - öffnete er sich seinem neuen Geschäftspartner mehr und mehr.

    Das Essen war ganz nach Buchmanns Geschmack - Canard à L'Orange mit feinsten Kroketten, und einem Rotkohl, wie ihn Buchmann schon lange nicht mehr gegessen hatte. Er ließ sich das Rezept vom Chefkoch persönlich erläutern und notierte sich sogar die Adresse des Feinkostladens, bei dem der Koch die Orangen kaufte.

    Romano verfolgte das Gespräch mit einem süffisanten Lächeln. Er war hochzufrieden mit dem Verlauf des Abends. Mit dem bisherigen Verlauf. Der Hauptprogrammpunkt, von dem Buchmann nichts ahnte, stand noch aus. Verstohlen spähte Romano nach seiner Rolex, während Buchmann mit dem Chefkoch plauderte. Kurz vor zehn. Sandy musste jeden Moment auftauchen.

    Das werde ich morgen Hong auf den Tisch legen, lächelte Buchmann und steckte sein Notizbuch zurück in die Anzugsjacke.

    Ihr Koch?, erkundigte Romano sich höflich. Er merkte, dass sein Gast immer redseliger wurde.

    Genau, strahlte der Banker, er hat in Hongkong gelernt. Ich werde Sie in den nächsten Wochen mal zu einer Penking-Ente von ihm einladen ... Er plauderte munter drauf los, und sein freundlicher Gastgeber hörte aufmerksam zu.

    Buchmann war mehr als angetan von Romano. Der Geschäftsmann aus Harburg sprühte vor Witz und Charme. Bald kam es Buchmann vor, als würde er ihn schon lange kennen. Die Gegenwart des Mannes löste ihm die Zunge und tat ihm gut. Fast so gut, wie die Geschäfte, die sie im Laufe des Abends vereinbart hatten. Romano würde eine siebenstellige Summe in der Bank anlegen. Und in knapp zwei Monaten würden sie über ein Vielfaches dieser Summe verhandeln, die Romano als Kredit brauchte, um in eine neue Produktionsstätte im Baltikum zu investieren.

    Buchmann rieb sich innerlich die Hände. Und sprach bestens gelaunt dem Beaujolais-Villages zu - Jahrgang 1976 - den sie sich vom Maître de Cuisine hatten empfehlen lassen.

    Und dann tauchte plötzlich die blonde, vor Selbstbewusstsein sprühende Frau mit dem hautengen Kleid auf.

    Hallo Sandy!, begrüßte Romano sie. So ein Zufall! Er machte Buchmann mit der Frau bekannt. Meine Nichte, stellte er sie vor. Sie leitet eine meiner Filialen in hier in Deutschland.

    Buchmann bekam zunächst Bauchschmerzen. Eine Reaktion seines Körpers, die ihm von Jugend auf vertraut war. Kaum hielt er sich in der Gegenwart einer schönen und selbstbewussten Frau auf, bekam er einen trockenen Mund, und alles in ihm verkrampfte sich. Steif begrüßte er die junge Frau. Er schätzte sie auf gut fünfundzwanzig bis dreißig Jahre jünger als er.

    Der Beaujolais federte Buchmanns Verkrampfung etwas ab. Romano, der genau spürte, was mit seinem Gast los war, riss ein paar Witze und brachte den Mann wieder zum Lachen. Und zum Reden. Sandy spielte die unerfahrene Frau, die die Leistung

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