Bruder Klaus
Von Heinrich Federer
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Über dieses E-Book
Vier Erzählungen rund um Bruder Klaus:
- Das Land der Griechen mit der Seele suchend
- Wunder in Holzschuhen
- Wie Bruder Klaus lesen lehrt
- Ein Besuch beim Eremiten
Digitalisiert, sanft bearbeitet und neu herausgegeben von Tanja Alexa Holzer, Wortfeger Media
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Buchvorschau
Bruder Klaus - Heinrich Federer
Das Land der Griechen mit der Seele suchend
Wer hat den wunderbaren Vers noch nie erlebt? Ich bedaure ihn. Entweder sitzt der Kerl satt und gleichgültig in der steten Ofenwärme seines Heims, ohne sich je darüber Rechenschaft zu geben, was das für ein seliger Besitz ist, ein genau so blasierter Stubenhocker, wie es blasierte Stubenlose gibt. Oder er lebt in der Fremde, hat sich einen neuen Rock und eine neue Seele angetan oder besitzt überhaupt nur neue Röcke, aber keine Seele, und in seinem Ohr ist sein Gesang und in seinem Auge sein Glanz von einst. Er lebt von der Minute, von dieser Mücke der Gegenwart. Die Schwalben der Vergangenheit hinter ihm hört er nicht rauschen. Aber wer die Sehnsucht der Vergangenheit nicht kennt, mit erhobenen Fingern kann ich’s beschwören, der kennt auch den frischen abenteuerlichen Mut der Zukunft nicht. Er rechnet vielleicht überaus richtig in seinem Geschäftsbuch, aber entsetzlich falsch im Lebensbuch.
Wie süss und wie männlich ist die Sehnsucht nach der Kindheit! Nach der Wiege! Welch herzhafte Schritte gibt sie dem Sarg entgegen! Verbindet sie doch das ganze Leben in Eins, die Wurzeln mit der Krone und dem letzten absterbenden Zweiglein. Nichts ist verloren, alles bleibt.
In diesem Bewusstsein habe ich das «Mätteliseppi» geschrieben und in diesem Sinn zwingt es mich, immer wieder ins Bruder Klausenland, ins bergschöne Obwalden, zurückzukehren, an seinen stillen See, zu seinen glockenreichen Dörfern, in seine Alpen hinauf und vor allem in jenen wunderbaren Ranft, der halb wilde Schlucht, halb sonniges Versteck und Trostplätzchen ist, und wo der gewaltige Geist des Bruder Klaus noch heute aus seiner Zelle und Kapelle redet.
Meine zwei Büchlein «Das Wunder in Holzschuhen» und «Der Früchtemacher» sind in der Verehrung für diesen heiligen Ort entstanden. Aber noch immer dünkte mich, ich hätte den Ranft und seinen unvergleichlichen Menschen nur gestreift. Mich zwang es förmlich, das Wesen des Bruder Klaus besser zu ergründen, in seine bäuerliche Gelassenheit, seine tiefe Mystik, seine Güte und himmlische Schlauheit, in seinen irdischen Spass und sein überirdisches Adlerleben, in dieses einzigartige Gemisch von Himmel und Erde inniger einzudringen und es mit den scheinbar lockern und spitzbübischen, aber im Grunde furchtbar ernsten Menschenschicksalen der Umwelt zu verknüpfen.
So entstand meine neue Erzählung «Spitzbube über Spitzbube» (nicht in dieser Ausgabe enthalten). Dabei half so vieles am Buch mit: vaterländisches Gefühl, eine grosse Krisis der Politik, hundert Ähnlichkeiten mit der Gegenwart und vor allem der ewige, damals wie heute besonders starke Bruderschrei nach Sichverstehen, Sichkennenlernen, Sichlieben. Ja, mir wurde aus der Sehnsucht nach der Vergangenheit eine Sehnsucht nach der Zukunft; ich suchte nicht mehr das alte Obwaldnerland, die alte Schweiz, die alte Welt, sondern noch viel mehr ihr Zukünftiges, und oft unter den Zeilen meinte ich, ihre leuchtenden Gestade von fern aufblitzen