Glücklich fliegen – wie auf Wolke 7: So überwinden Sie erfolgreich Ihre Flugangst
Von Irene Rausch und Rudolf Rausch
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Buchvorschau
Glücklich fliegen – wie auf Wolke 7 - Irene Rausch
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KAPITEL 1
VON REISEVERWEIGERERN UND GLÜCKLICHEN FLIEGERN
»I ch hätte es nie für möglich gehalten, dass ich jemals gerne in ein Flugzeug steigen würde.«
Im Licht der Ankunftshalle des Flughafens strahlte mich Karoline mit ihrem sympathischen Lächeln an. Sie war offensichtlich glücklich, und wie es dazu gekommen ist, werden Sie neben anderen Erfahrungsberichten noch genauer erfahren.
Sollten Sie sich selbst bisher noch nicht zu den glücklichen Fliegern zählen, so könnte die Lektüre für Sie genau das Richtige sein. Es gibt dazu nur einen wichtigen Hinweis: Niemand kann und muss ständig glücklich sein, und genauso sollte niemand den Anspruch haben, sich im Flugzeug glücklich fühlen zu müssen.
Doch ursprünglich panisch gefürchtete Situationen aus eigener Kraft gut zu bewältigen, führt zu einer enormen Ausschüttung an Glückshormonen. Somit kann Fliegen wunderbar zu Ihrem Glück beitragen, auch wenn es noch nicht zu Ihren Lieblingsbeschäftigungen zählt.
Vielleicht kennen ja auch Sie das Gefühl, im Flugzeug auf 10.000 m Höhe angespannt auf einem engen Sitz zu verharren und in Verzweiflung zu geraten? Nicht zu wissen, wie Sie diese Flugstunden einigermaßen unbeschadet hinter sich bringen sollen? Vielleicht haben Sie auch schon versucht, sich mit Medikamenten oder Alkohol zu beruhigen und so diese quälende Empfindung des Eingesperrtseins zu verscheuchen? Emotionen, ähnlich einer Fahrt mit der Hochschaubahn, auf der es in rasender Fahrt rauf und runter geht. Und statt der freudigen Erwartung des lange ersehnten Urlaubs fühlen Sie nur peinigende Angst und fürchten sich schon jetzt, noch vor der ersehnten Auszeit, vor dem Rückflug.
Hatten Sie etwa alptraumhafte Vorstellungen, wenn zu Hause die Urlaubsplanung bevorstand und Freunde, Partner oder Familienangehörige statt der von Ihnen bevorzugten stunden- oder tagelangen Fahrten darauf bestanden, endlich wieder einmal weiter wegzufliegen?
Oder waren auch Sie schon in der fast noch unerträglicheren Situation, beruflich fliegen zu müssen, und hatten alle Ausreden, weshalb dies in nächster Zeit schlecht möglich sei, bereits verbraucht?
Wenn Ihnen solche oder ähnliche Konstellationen gut bekannt vorkommen, werden Sie erfreut sein, dass es in diesem Zusammenhang drei gute Nachrichten gibt:
Sie sind nicht allein, denn ein Drittel bis zur Hälfte aller Passagiere leidet an unangenehmer Flugangst.
Flugangst ist gut behandelbar.
Es ist viel leichter möglich, als Sie sich vielleicht bisher vorstellen konnten.
Die im Buch beschriebenen Strategien werden Ihnen helfen, schnell und effizient die passenden Utensilien aus einem »Handwerksköfferchen« hervorzuholen, um die für Sie richtigen Hilfestellungen einzusetzen. Dieses Köfferchen wird ab nun Ihr wichtiger Reisebegleiter, und Sie brauchen dafür nicht einmal zu bezahlen. Es ist kompakt, jederzeit verwendbar, und Sie nehmen je nach Bedarf das gerade passende Werkzeug heraus.
Für alle Angstgefühle gibt es entsprechende Bewältigungswerkzeuge, die Sie je nach Anlass einsetzen können, ähnlich wie bei Arbeiten zu Hause. Diese beruhigende Tatsache kann Ihnen helfen, quälende Angstgefühle immer leichter hinter sich zu lassen.
Vielleicht kommt Ihnen die Metapher des Werkzeugköfferchens bekannt vor. Psychologen ziehen sie gerne heran, um damit den Vergleich von praktischem Handwerkszeug mit psychologischen Tools – die genauso wichtig und hilfreich für die Behebung kleinerer oder größerer seelischer Unpässlichkeiten sind – herzustellen. Unlängst stieß ich zu meiner Überraschung sogar in einer Buch-Rezension von Michelle Obama auf ihren persönlichen Werkzeugkoffer, was ich sympathisch fand und mir als Bestärkung für die Vermittlung dieses Bildes erscheint.
Zunächst ist es wichtig, den Umgang mit all den einzelnen Werkzeugen zu erlernen. Genau dafür soll Ihnen dieses Praxisbuch eine gute und brauchbare Hilfe sein.
In meiner langjährigen Tätigkeit im Rahmen der Behandlung von Flugangst habe ich immer wieder die erstaunlichen und berührenden Erfahrungen gemacht, dass von Flugangst gepeinigte Betroffene manchmal schon innerhalb kurzer Zeit eine durchgreifende Verbesserung bis hin zum Freiwerden von Angst erleben konnten. In vielen dieser Fälle handelte es sich dabei nicht nur um leichte Ausprägungen der Angst, sondern um oft jahrelang bestehende schwere Beschwerden. Teilweise waren sie von zugrundeliegenden starken Angststörungen verschiedenster Art begleitet.
»Ich habe schon vieles erfolglos versucht und auch Therapien gemacht, doch erst jetzt habe ich von Ihnen die richtigen Tipps bekommen, wie ich diese Angst bewältigen kann.« Motiviert durch solche Aussagen und beeindruckende Erfolge, möchte ich nun meine Anleitungen an viele von Ängsten betroffene Menschen auch in Buchform weitergeben.
Die in den folgenden Kapiteln vorgestellten Behandlungsstrategien eignen sich genauso gut zur Bewältigung anderer Angstthemen, wie beispielsweise der Furcht vor engen, geschlossenen Räumen oder einer Agoraphobie, die mit der Angst vor Menschenansammlungen einhergeht und der Befürchtung, von irgendwo nicht schnell genug wegzukommen, um Hilfe zu erhalten. Diese Angst ist weit verbreitet und kann von Panikattacken begleitet werden.
Ganz bewusst bette ich die Strategien gelegentlich in verschiedene Fallbeispiele ein. Da ich bisher viele Hunderte Menschen auf ihren Flügen begleiten durfte, möchte ich diese ganz spezielle »Live«-Expertise einfließen lassen. Dies soll all jenen helfen, die vielleicht schon Ratgeber gegen Flugangst gelesen oder andere Hilfen in Anspruch genommen haben und damit noch nicht den erwünschten Erfolg erzielen konnten.
Sollten Sie im Allgemeinen dem Fliegen gegenüber skeptisch eingestellt sein und der Technik oder den Menschen dahinter nicht ganz vertrauen, so werden Ihre Fragen ebenfalls in einem ausführlichen Kapitel behandelt.
Der technische Teil basiert auf der Expertise meines Mannes Rudolf Rausch, eines erfahrenen Flugkapitäns. Wir haben als Team schon sehr vielen unter Flugangst leidenden Menschen geholfen. Da er außerdem auch Fluglehrer ist, umgerechnet eine Strecke von 16-mal zum Mond hin- und zurückgeflogen ist und auf über 10.500 Flügen mehr als 900.000 Passagiere sicher befördert hat, gelingt es ihm gut, sein Wissen anschaulich weiterzugeben und vielerlei Bedenken auszuräumen.
Ich möchte Ihnen aufgrund meiner Erfahrung Mut machen, dass auch scheinbar »einbetonierte«, lange bestehende und unangenehme Gefühle nicht zwingend schwer zu verändern sind. Natürlich ist jeder Mensch, jedes Symptom und auch jeder Bewältigungsweg individuell und unterschiedlich. Doch der Glaube an die eigenen, oft unterschätzten Fähigkeiten und das Wissen, dass ein zufriedenstellender Umgang selbst mit lange vorhandenen Ängsten gut möglich ist, kann zu Erfolgen führen, die oft leichter erzielbar sind, als man sich denken würde.
Ob man die Überwindung von Ängsten in Selbsthilfe anstrebt oder dabei psychologische Unterstützung in Anspruch nimmt, ist immer eine individuelle Entscheidung, die auch vom Ausmaß des Leidensdrucks abhängt.
Das vorliegende Buch ist sowohl zur Verwendung im Selbstmanagement als auch für eine begleitende Ergänzung zu Flugangstbehandlungen gut geeignet. Denn es ist nicht notwendig, psychotherapeutische Reisen in die Vergangenheit, Kindheit oder sonst wohin zu unternehmen, sondern einfach nur sein gut gefülltes Werkzeugköfferchen einzusetzen.
Und genau deshalb schreibe ich dieses Buch aus meinen Erfahrungen und dem Wunsch heraus, möglichst vielen Interessierten und Betroffenen diese »Best-Practice-Tipps« weiterzugeben.
Möge es auch Ihnen zu einem Zuwachs an Glück für Ihr weiteres Leben verhelfen, das wünsche ich Ihnen von Herzen!
Ihre Irene Rausch
KAPITEL 2
FLUGANGST ENTSTEHT IM KOPF
Olivers Augen sind geschlossen. Er spürt leichte Bewegungen, wie auf einem Schiff. Beinahe wohlig. Aber plötzlich holpert es, als würde man durch ein Schlagloch fahren. Er möchte die Augen nicht öffnen, atmet schwer und hört dumpfes Grollen. War da nicht irgendwo auch eine Stimme? Er könnte es nicht sagen. Er versucht sich zu konzentrieren, als es ihn leicht aus seinem Sitz hebt. »Oh, ah«, ruft er und bemerkt, dass seine Hände nass werden. Was geschieht jetzt?
Alles neigt sich zur Seite, und Oliver klammert sich an den Armlehnen fest. Wieder ein großer Ruck. Beim nächsten Schrei öffnet er leicht die Augen. Vor sich sieht er ein Flugzeugcockpit. Durch die Scheiben kann er die Landschaft erkennen. Mächtige Wolken verdunkeln den Himmel. Ein Blitz zuckt nicht weit entfernt und kracht mit einem lauten Knall zur Erde. Regen prasselt auf die Scheiben.
Oliver bekommt vor Angst kaum noch Luft. Es fühlt sich an, als ob das Flugzeug gleich auf dem Boden aufschlagen würde. Kurz denkt er an seine Frau, die gemeint hatte: »Mach das, alles wird gut, es kann dir nichts passieren.«
Wie konnte sie nur so etwas sagen? »Jetzt kann mir niemand mehr helfen«, schießt es ihm durch den Kopf. »Was hätte ich in meinem Leben noch alles vorgehabt. Weite Reisen wollten wir gemeinsam unternehmen, doch meine Flugangst hat uns immer abgehalten. Niemals werde ich mehr fremde Länder sehen.«
Immer noch wackelt es, und Oliver fühlt sich panisch. Kurz öffnet er die Augen und sieht die Landebahn auf sich zukommen. Viele Bildschirme leuchten in der Dunkelheit. Anzeigen laufen hin und her. Lichter blitzen auf. Diverse Töne sind zu hören. Er schreckt auf und spürt gleichzeitig, wie ihn jemand am Arm packt. Sonst nimmt er gar nichts mehr wahr. Vollkommene Stille umgibt ihn.
»Oliver, öffnen Sie die Augen und sehen Sie mich an«, hört er eine angenehme Stimme sagen. Vorsichtig schaut er auf. Es ist alles ruhig um ihn. Er verspürt keine Bewegung, keine Turbulenz. Auch das Prasseln des Regens und die Geräusche der Motoren sind verschwunden.
»Einatmen – ausatmen, einatmen und laaange ausatmen.« Das ist alles, was er hört. Ganz leicht berührt ihn eine Hand am Oberarm.
»Es ist alles gut. Atmen Sie noch ein paar Momente so, wie wir es gemeinsam schon geübt haben.«
Und wirklich, Oliver wird ruhiger und entspannter. Als er seine Lider ganz öffnet, sieht er in die Augen der Psychologin. Sie hat ihn während dieser Übung begleitet. Nun erinnert er sich, er ist gar nicht im Flugzeug, sondern in einem Flugsimulator. Der Pilot hat den Simulator angehalten. Es ist vollkommen still. Auch Oliver ist jetzt ruhig geworden.
»Ich weiß, dass es schwer für Sie war, doch Sie haben das gut gemacht«, sagt die Psychologin zu ihm. Wie geht es den anderen Teilnehmern?
Wir sind im Simulator – eine Gruppe von vier Teilnehmern, dazu der Fluglehrer und ich, die begleitende Psychologin. Zwei Teilnehmerinnen sitzen auf den Pilotensitzen und strahlen über das ganze Gesicht. Wie ist das möglich? Sie hatten doch zuvor genauso viel Angst wie Oliver.
Aufgeregt erzählt Clara, die links auf dem Kapitänsplatz sitzt, wie sie sich fühlt. »Herrlich«, sagt sie, »so etwas habe ich noch nie erlebt.«
»Aber die Turbulenz«, entgegnet Oliver, »und Regen und Blitz und die Bewegungen, es war so angsteinflößend, dass ich dachte, wir seien im Flug.«
»Das ist vom Pilotensitz aus, und wenn Sie die Augen offen haben, ganz anders zu erleben«, erkläre ich. »Beim nächsten Durchgang wechseln wir die Plätze, und Sie sitzen vorne am Pilotensitz. Dort können Sie alles genau verfolgen. Die beiden Damen werden dann hinten Platz nehmen und ihre Augen geschlossen halten. So üben wir, wie es sich anfühlen kann, wenn Sie als Passagier nicht im Cockpit zusehen können. Vor allem, wenn Sie sich von unrichtigen ›Katastrophengedanken‹ peinigen lassen.«
»Wir werden wieder ganz sanft beginnen«, sagt nun unser Flugkapitän. »Dann üben wir Turbulenzen und schlechte Wetterbedingungen, so wie sie auf den meisten Flügen gar nicht vorkommen. Doch hier haben Sie eine gute Möglichkeit, auch das einmal zu probieren. Und wenn sich jemand nicht wohlfühlen sollte, rufen Sie einfach ›Stopp!‹, und wir halten den Simulator wieder an.«
Jetzt ist Oliver schon viel zuversichtlicher und gespannt, was auf ihn zukommen wird, wenn er auf dem Pilotensitz Platz nimmt.
Und tatsächlich! Seinen nächsten Flug konnte er fast schon genießen und war ein wenig enttäuscht, dass dieser ruhig und ohne Turbulenzen verlief. Gerne hätte er noch mehr vom Handwerkszeug, das er erlernt hatte, ausprobiert. Doch er weiß, dass er es jederzeit einsetzen kann, und das gibt ihm viel Sicherheit.
Oliver ist seither immer wieder mit seiner Familie auf Nah- und Fernreisen unterwegs. Zu seinem Erstaunen empfindet er das Fliegen nun meistens sogar ohne besondere Emotionen.
Wie er das erlernt hat und wie man Flugangst dauerhaft besiegen kann, davon lesen Sie in den folgenden Kapiteln.
KAPITEL 3
BERUHIGENDE FAKTEN
Um Flugangst gut zu bewältigen, ist es hilfreich, sich einige Grundsätze bewusst zu machen:
Flugangst ist häufig
Mindestens ein Drittel aller Flugpassagiere leidet darunter. Alle Betroffenen befinden sich somit in guter Gesellschaft.
Flugangst wurde gelernt
Niemand kommt mit Flugangst auf die Welt, und alles, was erlernt wurde, kann auch wieder umgelernt werden.
Flugangst entsteht im Kopf
Der persönliche Gedanken-Kinofilm kann mit ein bisschen Übung und Ausdauer jederzeit geändert werden.
Unwissen und Fake-News erzeugen Flugangst
Informationen und Hintergrundwissen über das oft wenig bekannte Gebiet der Luftfahrt reduzieren Angst.
Fliegen ist sicher
Auch wenn falsche Vorstellungen bisher etwas anderes suggerieren wollten, so ist erwiesen, dass das Flugzeug zu den sichersten Verkehrsmitteln gehört.
Angst und Entspannung sind wie Tag und Nacht – sie können nicht gleichzeitig auftreten.
Bewusst eingesetzte Tools verhindern Angstgefühle.
Angst ist nicht schädlich
Auch starke Angstreaktionen sind zwar unangenehm, doch sie schaden der Gesundheit nicht.
Richtige (!) Übung verkleinert Ängste
Sollten Sie auch als Vielflieger unter Flugangst leiden, so sind Sie bisher zwar oft geflogen, doch Sie haben ein falsches Muster eingelernt. Mit den passenden Strategien ist es möglich, die Situation gut zu bewältigen, ja manchmal sogar zu einem freudigen Erlebnis werden zu lassen.
KAPITEL 4
1-2-3 SO – EINFACH – FUNKTIONIERT DIE BEHANDLUNG
Angst hat verschiedene Anteile, die sowohl für ihre Entstehung als auch für ihre Aufrechterhaltung eine Rolle spielen.
Diese Ebenen umfassen:
Körper
Gedanken/Gefühle
Verhalten
Die verschiedenen Komponenten treten nicht immer gleichzeitig oder gleich stark auf. Manche Menschen nehmen eher die körperlichen Signale wahr und bemerken sorgenvoll, dass ihr Herz wild pocht, dass sie schwitzen oder frieren, schnell atmen und das Gefühl haben, zu wenig Luft zu bekommen. Auch Schwindelgefühle, Mundtrockenheit, Übelkeit und so manch andere Beschwerden können Ausdruck des Angstgeschehens sein.
Auf der kognitiven und emotionalen Ebene beginnen sowohl die Gedanken als auch die Gefühle zu entgleiten, und es werden schlimmste Befürchtungen als nahezu real vorweggenommen.
»Bestimmt passiert etwas Schreckliches. Ich muss hier raus. Das Flugzeug wird abstürzen. Ich bekomme keine Luft. Es ist hier so eng. Womöglich werde ich ohnmächtig, bekomme einen Herzinfarkt … Ich halte das nicht aus …«.
Die Gedanken beginnen zu rasen, und Gefühle von Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein oder Panik werden als unerträglich erlebt und zwingen die gepeinigten Betroffenen in einen sich immer schneller drehenden Angstkreislauf, der die Symptomatik noch verstärkt. ¹
Die Verhaltensebene geht oft mit der Vermeidung gefürchteter Situationen oder Objekte einher. Wer unter Flugangst leidet, wählt lieber andere Fortbewegungsmöglichkeiten, wie das Verreisen mit dem Zug oder dem Auto, oder storniert schon bereits gebuchte Flüge.
Ist ein Flug unvermeidbar, so kommt es oft zu einem »erstarrten« Verhalten. Die Passagiere sitzen stundenlang wie festgebunden in ihrem Sitz, vermeiden jede Bewegung, sind kaum ansprechbar und höchst konzentriert mit ihrer Furcht beschäftigt.
Andere ungünstige Verhaltensweisen beziehen sich auf betäubende Maßnahmen, wie ein oder mehrere Schlückchen Alkohol als Bewältigungsstrategie oder die Einnahme von Beruhigungstabletten.
Auch aggressives Verhalten ist oft Ausdruck von Angst, und so steckt bei den glücklicherweise nicht häufig auftretenden »Unruly Passengers« meist eine Kombination von Flugangst in Verbindung mit Alkohol dahinter.
Ein weiterer Versuch, die Angst auf der Verhaltensebene zu bewältigen, ist eine Art hilflose Abhängigkeit von begleitenden Personen, die Schutz vermitteln, oder die Mitnahme diverser Notfallmedikamente.
Nach dieser nüchternen Bestandsaufnahme kommen wir zur guten Nachricht.
Bei der Bewältigung von Angst setzen wir gezielt an den richtigen Ebenen an.
Die körperlichen Angstsignale werden dort bekämpft, wo sie spürbar sind – zum Beispiel durch Atem- und Entspannungsübungen.
Wer entgleitende Angstgedanken kennt, sollte sie gedanklich wieder einfangen. Anfangs mag das ungewohnt sein, doch mit den entsprechenden Anleitungen und etwas Training ist es gut umsetzbar.
Und diejenigen, die Flüge so gut wie möglich umgehen oder auch schon storniert haben – ja vielleicht kurz vor Betreten des Flugzeuges oder bereits auf ihrem Platz kehrtgemacht und im Schnellschritt Richtung Ausgang marschiert sind –, können lernen, dieses Vermeidungsverhalten zu durchbrechen. Es bringt ja doch immer nur kurzfristige Erleichterung und verstärkt das Problem im Grunde.
In diesem Buch werden Sie viele Strategien kennenlernen, die Ihnen helfen, bisher furchtbesetzte Bereiche bewusst aufzusuchen. So können Sie Ihr erworbenes Repertoire an hilfreichen Verhaltens- und Denkweisen gezielt an den jeweiligen Ebenen einsetzen.
Konkrete Angstbewältigung während des Fluges finden Sie anhand zahlreicher Fallgeschichten in Teil I, wobei ergänzend dazu die ausführlichen Anleitungen in Teil III beschrieben werden.
Auch wenn ein dauerhafter und entspannter Umgang mit bisher gefürchteten Situationen gut möglich ist, so ist es doch wichtig zu wissen, dass das Ziel jeder Behandlung nicht das unwiderrufliche Verschwinden der Angst sein kann. Sollten Sie von irgendjemandem eine derartige Ankündigung hören, so wäre das eine unseriöse Versprechung, die nicht der Realität entspräche.
Gefühle begleiten uns täglich, und wir wären Roboter, würden wir keine Emotionen wahrnehmen. So wie Empfindungen von Ärger oder Aufgebrachtsein selbst buddhistischen Mönchen nicht gänzlich fremd sind, verhält es sich auch mit Angst.
Ängste sind ein normaler Bestandteil der menschlichen Gefühlspalette und haben einen wichtigen evolutionstheoretischen Hintergrund. Sie dienen dazu, Menschen vor realen Gefahren zu bewahren. Manchmal gaukeln sie jedoch auch Gefährdungen vor, die nicht vorhanden sind, und können irrational und quälend sein. Ähnlich wie die Reaktion des Immunsystems auf harmlose Pollen. Dagegen gibt es erfolgreiche Bewältigungsmaßnahmen, und genau darum geht es auf den folgenden Seiten.
Durch die vermittelten Strategien werden Sie trainiert, Situationen, die bisher gefürchtet waren, gut zu bewältigen. Dadurch verschwindet auch das belastende Gefühl, Ängsten hilflos ausgeliefert zu sein. Sobald Sie den ersten Schritt unternehmen und die passenden Bewältigungswerkzeuge einsetzen, beginnen Sie, dem imaginären, aufgeblasenen Angstmonster die Luft auszulassen. Irgendwann wird es so mickrig klein sein, dass Sie es möglicherweise gar nicht mehr wahrnehmen.
Lassen Sie sich bitte nicht schrecken, falls manchmal schon überwundene angstbesetzte Konstellationen aus verschiedenen Gründen, wie z. B. Stress oder belastende Lebensumstände, kurzfristig aktualisiert werden. Das kann, muss jedoch nicht der Fall sein und ist nicht mehr mit der Ursprungsbelastung vergleichbar. Denn nun sind ja die entsprechenden Bewältigungsstrategien bereits erlernt und können jederzeit wieder angewendet werden. Je geübter Sie darin sind, desto souveräner werden Sie ab dann mit diversen angstbesetzten Ereignissen umgehen können.
Als Nebeneffekt sind viele der vorgestellten Tools auch für die Kontrolle anderer unangenehmer Gefühlsüberflutungen,