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Verfluchtes Seelenbuch
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eBook277 Seiten3 Stunden

Verfluchtes Seelenbuch

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Über dieses E-Book

Eigentlich will Zauberer Usi die Tochter des Pharaos zwingen, ihn zu heiraten. Doch seine Magie versagt und seine Seele ist in denselben Papyrusseiten gefangen wie die der Prinzessin. Mit zunächst Wut, dann Verzweiflung und zum Schluss eiskalter Kalkulation versucht er über Jahrtausende, den Zauber umzukehren.
Und stößt dabei an ungeahnte Grenzen: Die Mühlsteine moderner Burokratie und die Emanzipation heutiger Frauen.
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum8. Mai 2023
ISBN9783959593694
Verfluchtes Seelenbuch

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    Buchvorschau

    Verfluchtes Seelenbuch - Rika Mohn

    Cover Verfluchtes Seelenbuch

    Verfluchtes Seelenbuch

    Rika Mohn

    Seelenbuch geöffnet

    Informationen zum Buch: 

    Die Personen sind frei erfunden (oder schon lange verstorben), genauso wie die ganze Geschichte. Es ist eine reine Fantasy-Geschichte. Es gibt darin ein paar Schimpfworte und auch Beleidigungen. Nichts anderes, was der normale Mensch hin und wieder in bestimmten Situationen selbst nutzt.

    Rika Mohn

    Machandel Verlag

    Neustadtstr.7, 49740 Haselünne

    Cover und Illustrationen: Elena Münscher unter Gebrauch von Midjourney.com Elementen

    2023

    ISBN 978-3-95959-369-4

    Portraits von Mariton und Alexa

    Bücher sind ein Teil der Seele derer,

    die sie geschrieben haben.

    Inschrift über dem Eingang der Bibliothek Vogler

    Nicht viele Menschen haben das Glück, 

    ihren Seelenverwandten zu treffen.

    Umso glücklicher bin ich, 

    dass wir uns gefunden haben, liebe Erika.

    Deine Freundschaft ist es, 

    die mein Leben um vieles lebenswerter macht.

    Dafür danke ich dir.

    Prolog

    14. Jahrhundert v. Chr. – in der Nähe von Edfu in Kemet (Altägypten)

    Es ist Neumond, nur die Sterne der Milchstraße über der Wüste erhellen ein wenig die Umgebung. Zwischen den Bäumen der Oase sind die Zelte nur als kompakte Umrisse zu erkennen. Ein kleiner Schatten huscht zwischen ihnen hindurch, wird eins mit der Dunkelheit.

    Endlich.

    Der Zauberer Usi hat das gesuchte Zelt erreicht. Ein leises Rascheln ist zu hören, als er sich durch die Stoffbahnen hineinschiebt.

    Der Innenraum des Zeltes ist nicht ganz dunkel. In einer kleinen Schale brennt ein Ölfeuer. Es knistert und zischt leise, als sich die Flammen durch den sanften Windzug, den er verursacht, leicht bewegen. Schnell beruhigen sie sich wieder, als nichts mehr ihr Dasein stört. Selbst die filigranen Vorhänge, die der Flügelschlag eines Schmetterlings in Bewegung setzen könnte, hängen wieder still herab. Bewegungslos lauscht er in die Stille. Erst jetzt wagt er es, wieder zu atmen. Dabei steigt ihm der Duft von Zimt und Nelken in die Nase und erinnert ihn an eine längst vergangene Zeit.

    Wie sehr er den schweren Geruch der Duftöle und dem Nachtschlaf seiner verstorbenen Frau vermisste, wird ihm erst jetzt klar.

    Er lauscht. Ein Lächeln umspielt seine schmalen Lippen, als er das leise Atmen der Schlafenden hört. Er muss sich anstrengen, es überhaupt wahrzunehmen, weil die Wachen vor dem Zelt zu laut schnarchen.

    Seine Finger schließen sich fester um die alte Pergamentrolle in seiner linken Hand.

    Langsam und äußerst vorsichtig bewegt er sich über die dicken Teppiche voran, stets darauf bedacht, das Licht der Feuerschalen nicht zu sehr zu beeinflussen. Dann steht er vor dem großen Bett, welches nur aus Kissen und Stoffen zu bestehen scheint. Doch seine Mitte birgt etwas Kostbares, und genau das beansprucht der Eindringling für sich.

    Vorsichtig hebt er die Bahnen des Baldachins beiseite und schaut in das liebliche Gesicht von Prinzessin Mariton, siebte Tochter von Nofretete und Echnaton. Sie ist beinahe so schön wie ihre Mutter. Usi muss sich beherrschen, um nicht einen lauten Seufzer auszustoßen.

    Noch einmal lauscht er, ob sich jemand dem Eingang des Zeltes nähert. Doch außer dem Schnarchen der Wachen dringt nichts zu ihm. Das Schlafpulver verrichtet seinen Dienst, wie auch bei der Prinzessin und der Sklavin zu ihren Füßen.

    Vorsichtig entrollt er die Pergamentseiten und legt sie so zurecht, dass er jede einzelne Seite im Licht der Ölschalen lesen kann. Noch einmal schaut er sich das Gesicht der Prinzessin an, prägt sich jede Einzelheit ein.

    Wie lange er diese Frau schon begehrt! Aber sie hatte sich gegen ihn entschieden. Ihr Vater und König folgte ihrem Wunsch und lehnte das Ersuchen des Zauberers ab.

    Als ob du je eine andere Wahl gehabt hättest. Wir sind füreinander bestimmt – DU bist für mich bestimmt.

    Aus einer der vielen verborgenen Taschen in seinem Gewand holt er ein kleines Gefäß hervor, das mit einer goldenen Kette verbunden ist. Geschmeidig gleiten die einzelnen Glieder lautlos durch seine Finger. Als das Ende der Kette erreicht ist und er den kleinen Haken zwischen den Fingern spürt, befestigt er die Kette unter dem Dach des Baldachins. Das Gefäß hängt nun direkt über dem Kopf der Prinzessin. Danach öffnet er einen kleinen Mechanismus, und hellblauer Rauch schlängelt sich daraus hervor.

    Sein Blick ist jetzt vollkommen auf den Rauch fixiert. Er hebt beide Hände und murmelt leise vor sich hin. Die blauen Schlieren bewegen sich im Rhythmus seiner Worte auf das Gesicht der Prinzessin zu. Dann fließen die kleinen blauen Schwaden in ihre Nase und den Mund und verschwinden darin mit jedem Atemzug. Der Zauberer spricht so lange, bis von dem Rauch nichts mehr zu sehen ist.

    Langsam lässt er die Hände sinken und greift zum ersten Blatt der Pergamentseiten. Dann beginnt er mit kehliger Stimme zu lesen. Die Zeichen auf dem Pergament scheinen aufzuleuchten. Ein kurzer Blick hin zu Mariton lässt seine Stimme vor Aufregung kurz zittern.

    Wie zuvor aus dem Gefäß der blaue, dringt nun weißer Rauch aus Mund und Nase der Prinzessin. Dieser schlängelt sich in seine Richtung, umschmeichelt zuerst seine Handgelenke und dann die Finger, bevor er über das Pergament streicht, um darin zu versinken. Konzentriert liest Usi weiter, nimmt sich die nächste Pergamentseite vor. Die hellen Schwaden scheinen sich an seinen Bewegungen nicht zu stören. Sie berühren ihn fast, scheinen ihn liebkosen zu wollen. Das zweite Pergamentblatt ist nur zur Hälfte mit Zeichen und Symbolen bedeckt. Doch als der weiße Rauch darüber hinwegstreicht, erscheinen plötzlich neue Zeichen und füllen die Seite vollständig aus. Noch fünfmal wiederholt sich das Ganze. Als er die siebte und letzte Seite zu Ende gelesen hat, ist der weiße Rauch verschwunden. Er hat sich vollkommen in die Pergamentseiten zurückgezogen und sie neu beschrieben.

    Zufrieden richtet Usi sich zu seiner vollen Größe auf. Die sieben Blätter hat er wieder zusammengerollt und hält sie mit beiden Händen fest an seine Brust gedrückt. Noch einmal schaut er in das Gesicht der schlafenden Prinzessin. Ein wenig Wehmut drückt sein Herz zusammen, wenn er daran denkt, wie sie am nächsten Morgen aufwachen wird. Doch es muss sein, wenn sie ganz ihm gehören soll.

    Am nächsten Morgen lauscht Usi den Rufen, die über die kleine Oase wehen.

    „Prinzessin ... Prinzessin ...? Wollt Ihr nicht den neuen Tag begrüßen? Ihr verschlaft noch die Ankunft der Karawane." Khepri, die Lieblingssklavin der Prinzessin, versuchte scheinbar ihre Herrin wach zu bekommen.

    Während eine hektische Betriebsamkeit die Oase erfüllt, sitzt Usi gelassen zwischen den Kissen und genießt seinen Tee. Er ist sich sicher, dass er bald schon gerufen wird. So war es bisher immer, sobald die Menschen nicht mehr weiterwussten.

    Schon bald sieht er eine der Sklavinnen in seine Richtung laufen. Respektvoll verneigt sie sich vor ihm, und wartet darauf, dass sie sprechen darf. Mit einer Handbewegung gibt er ihr die Erlaubnis.

    „Großer Usi, Schreckliches ist geschehen. Die Nacht hat sich über die Prinzessin gelegt. Ihr werdet gebeten, Eure Künste zu wirken und die Prinzessin zu heilen. Es soll auch Euer Schaden nicht sein."

    „Ich diene Aton und den Göttern, die an seiner Seite sind. Wenn es sein Wille ist, werde ich der Prinzessin helfen." Mit der rechten Hand wedelt er herum, als wolle er etwas Lästiges davonwischen.

    „Ich danke Euch." Tief verneigt sich die Sklavin vor ihm. Er sieht die Erleichterung und die Angst in ihrem Blick, bevor sie sich umdreht und in Richtung Hauptzelt verschwindet. Zufrieden trinkt er seinen Tee aus, und erhebt sich mit einer fließenden Bewegung.

    Kurze Zeit später steht Usi wieder vor dem Bett der Prinzessin. Wie von ihm gewünscht, ist das Weiß der Augäpfel völlig verschwunden. Er sieht nur das Schwarz in ihren Augenhöhlen. Selbst jetzt, mit dieser Absonderlichkeit, hat die Prinzessin nichts von ihrer Schönheit eingebüßt. Bewegungslos wie eine Puppe sitzt sie in ihrem Bett.

    Er hat alle Sklaven und Wächter hinausgeschickt. Bis auf Khepri, für die er eine eigene Verwendung hat. Die Sklavin zittert vor Angst, wie fast jeder, der mit dem alten Zauberer zu tun bekommt. Deswegen lässt sie Usi nicht aus den Augen und beobachtet jede seiner Bewegungen, wie er mit einem Seitenblick feststellt.

    „Komm her!, befiehlt er. Zitternd folgt Khepri der Anweisung. Er bedeutet ihr, sich neben das Bett zu knien. „Beweg dich nicht, egal, was geschieht. Deiner Herrin wurde die Seele genommen und ich werde sie mit deiner Hilfe wieder zurückholen. So wie sie ihn ansieht, versteht Khepri kein Wort von dem, was der Zauberer sagt. Aber sie ist eine Sklavin und würde vermutlich alles tun, um ihrer Herrin zu helfen. Also nickt sie.

    Unter seiner Kleidung holt Usi verschiedene Utensilien hervor und legt jedes Einzelne sorgsam vor der Prinzessin aufs Bett. Tiegel und Töpfchen, Papyrusrollen und getrocknete Pflanzen. Mithilfe eines dünnen Hölzchens nimmt er Feuer aus der nächststehenden Schale und zündet den Inhalt verschiedener Tiegel damit an. Sofort steigen aromatische Dämpfe auf. Rauch bildet sich, der sich im ganzen Zelt verteilt.

    Tief atmet Usi ein, und ein großer Teil des Rauches verschwindet zwischen seinen Lippen. Als er ausatmet, fließt plötzlich gelblicher Rauch aus seinem Mund und formt sich zu einer Spirale, die sich über dem Bett dreht.

    Bedächtig öffnet er die Papyrusrolle und beginnt zu lesen. Halb durchscheinend weiße Schwaden quellen aus den Seiten des Papyrus und verwirbeln mit den Dämpfen über dem Bett der Prinzessin. Usi hebt seine Stimme. Seine freie Hand bewegt sich, als ob sie den Rauch mischen würde. Der dreht sich immer schneller. Das untere Ende der Spirale bewegt sich plötzlich auf die Prinzessin zu und will in deren Mund verschwinden. Doch kurz bevor das passiert, macht Usi eine schnelle Handbewegung und die Spirale ändert ihren Weg. Jetzt fliegt sie auf die Sklavin zu, die mit schreckgeweiteten Augen noch immer neben dem Bett kniet. Gerade als der Rauch in ihren Mund dringen will, springt Khepri erschrocken auf.

    Zwei Dinge geschehen gleichzeitig.

    Khepri reißt die Decke mit sich, auf der Usi seine Utensilien gelagert hat. Die Gefäße stürzen allesamt um. Der brennende Inhalt eines Tiegels ergießt sich über die Papyrusseiten und setzt diese in Brand.

    Die Spirale aus Rauch löst sich auf und sucht sich ihren Weg zurück in die brennenden Papyrusseiten.

    Kreischend versucht der Zauberer wieder Herr über das Chaos zu werden. Es gelingt ihm nur mit Mühe, die Papyri vor dem gierigen Feuer zu retten. Ungeachtet der Flammen, die bereits über seine Kleidung lecken, rafft er zusammen, was er zu fassen bekommt und stolpert hinaus. Dass er dabei die leichten Stoffe des Zeltes in Brand setzt, ist ihm in dem Moment nicht bewusst.

    Während drinnen Khepri erfolglos versucht, das Feuer zu löschen, um die Prinzessin zu retten, rennt ein Pulk von Menschen vor dem Zelt panisch hin und her. Die Flammen sind jedoch zu heiß, niemand wagt sich in das Zelt hinein. Und diejenigen, die es doch versuchen, werden Opfer der brennenden Stoffbahnen. So wie Khepri, deren kreischende Stimme von ihrer Todesangst zeigt, bis sie verstummt. Einige Menschen versuchen mit Krügen voller Wasser ein Übergreifen des Feuers auf die anderen Zelte zu verhindern. Niemand achtet dabei auf den alten Zauberer, der sich in den Sand geworfen hat, um die Flammen an seiner Kleidung zu löschen.

    Kopflos, die Papyri an seine Brust gedrückt, flieht er in sein Zelt. Dort rafft er einige Sachen zusammen und bindet sie in ein Tuch. Als er wieder herauskommt, sieht er gerade noch, wie das Zelt der Prinzessin brennend in sich zusammenfällt. Rauch schlägt ihm entgegen, mit brennenden Augen sucht er sein Kamel. Er will nur noch fort ...

    Kapitel 1

    Deutschland – heute

    Es sollte ein schöner Tag werden. Die Sorte Tag, die Alexa Fischer immer in beste Laune versetzte. Seit dem frühen Morgen arbeitete sie schon in ihrem Blumengeschäft, um die Bestellungen des Tages rechtzeitig fertigzustellen. Sie liebte ihren Beruf. Nicht nur die Arbeit mit den Pflanzen, auch dass sie ihre Kreativität ausleben konnte. Als Erstes kümmerte sie sich heute um eine größere Bestellung, die für eine Hochzeit gedacht war. Sie hatte nur wenig geschlafen, so sehr freute sie sich darauf, ihre Ideen dafür umsetzen zu können. Gegen elf Uhr sollte alles abgeholt werden. Den Anstecker für den Bräutigam und seinen Trauzeugen hatte sie bereits fertig und auch die Handsträuße standen im Wasser. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass sie noch zwei Stunden Zeit hatte.

    Die Türglocke ertönte. Alexa schaute durch das großzügige Fenster, das den Arbeitsbereich vom Verkaufsraum trennte. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie ihre beste Freundin entdeckte. Cora war nicht nur ihre Freundin, sondern auch ihre schärfste Kritikerin. Sie hatte das geübte Auge einer Malerin. Wann immer sie eine Disharmonie in Farbe oder Form erkannte, rupfte sie schnell einen Strauß wieder auseinander, den Alexa gebunden hatte. Außerdem war Cora eine zuverlässige Aushilfskraft für den Laden, wenn Alexa Verstärkung benötigte. So wie heute.

    „Hi, Lexi!" Cora legte ihre Tasche ab und gab ihrer Freundin einen Kuss auf die Wange. Dabei roch Alexa das herbe Parfüm, welches sie an ihrer Freundin so mochte.

    „Schön, dass du da bist, Cora. Kannst du gleich vorn anfangen und die alten Blumen aussortieren? Und danach brauch ich dich hier, für den Tischschmuck."

    „Klar, mach ich. Wow, die Handsträuße sind toll. Da bin ich auf den Brautstrauß gespannt. Hast du Vorgaben oder freie Hand?"

    „Ich habe freie Hand, was die Blumenwahl angeht. Die Farben wurden allerdings festgelegt, Beige und Lila."

    „Oh, da kannst du dich ja so richtig austoben."

    „Ja, stimmt. Schau mal, ich habe eine Zeichnung gemacht. Wie findest du meine Idee?" Alexa nahm ein Blatt Papier vom Sideboard und gab es ihrer Freundin. Dabei beobachtete sie genau, wie Cora reagierte. Schließlich war sie diejenige von ihnen, die mit ihrer Malerei und Kinderbuchzeichnungen ihr Geld verdiente. Über Coras Gesicht zog ein ehrliches Lächeln, was Alexa innerlich aufatmen ließ.

    „Wenn du den Strauß so hinbekommst, hast du dich einmal mehr übertroffen."

    „Vielen Dank. Es hat auch Riesenspaß gemacht, ihn zu zeichnen. Jetzt muss ich den nur noch so gebunden bekommen."

    „Das wirst du, da bin ich sicher. Ich geh nach vorn, damit du weitermachen kannst." Kaum war sie im Verkaufsbereich angelangt, blieb sie nicht lange alleine. Die erste Kundin betrat das Geschäft. Die nächsten zwei Stunden vergingen wie im Flug. Cora hatte den Tischschmuck fertiggestellt, während Alexa den Brautstrauß gebunden hatte. Anschließend waren beide vom Resultat ihrer Arbeit begeistert. Alexa war gerade mit den Aufnahmen der Sträuße und des blumigen Zubehörs für ihr Fotobuch fertig, als der Trauzeuge mit der Mutter des Bräutigams den Laden betrat.

    Die Begeisterung der beiden über den Brautstrauß war überwältigend, und das Trinkgeld für das gesamte Arrangement fiel entsprechend großzügig aus. Kurzentschlossen lud Alexa ihre Freundin zum Mittagessen ein.

    Am Nachmittag war Alexa wieder allein in ihrem Geschäft. Als der Ladenschluss nahte, schaute sie unwillkürlich immer wieder zur Eingangstür. Um diese Zeit betrat meist einer ihrer Stammkunden das Geschäft. Als sie ihn durch die Schaufensterscheibe über die Straße kommen sah, kam sie sofort hinter dem Verkaufstresen hervor und ging ihm ein paar Schritte entgegen.

    „Guten Tag, Herr Vogler! Schön, Sie zu sehen."

    „Ihnen auch einen schönen guten Tag, Frau Fischer!"

    „Ich habe heute ein paar besonders hübsche Sträuße fertig. Wenn Sie schauen wollen?"

    „Ach, Frau Fischer, Ihre Sträuße sind doch immer sehr hübsch, nicht nur heute."

    „Vielen Dank. Ich durfte heute eine Hochzeit ausstatten und habe von den bestellten Sträußen einige Ideen übernommen. Vielleicht gefällt Ihnen etwas davon."

    Alexa ging wieder hinter den Tresen und überließ ihren Kunden sich selbst. Sie wusste, dass er jetzt seine Ruhe haben wollte. Er kam jeden Freitag, fast immer um die gleiche Zeit, und kaufte meistens einen der kleineren Sträuße. Und das bereits seit einigen Wochen. Einmal hatte sie ihn gefragt, für wen er die Blumen kaufte, doch er hatte sie nur traurig mit seinen dunklen Augen angesehen und nicht darauf geantwortet. Sie respektierte sein Schweigen und fragte nicht weiter.

    Während sie sich die Bestellungen für den nächsten Tag in ihrem Notizbuch durchlas, beobachtete sie ihren Kunden. Wie immer, wenn er so in Gedanken versunken die Blumen anschaute, hatte sein Gesicht etwas Melancholisches. Zart strichen seine Fingerspitzen über einzelne Blüten, als würde er sie liebkosen. Seine hohe, schlanke Gestalt wirkte in den dunklen Farben, die er trug, noch schmaler.

    Viel wusste Alexa nicht über ihren Kunden. Gerade einmal seinen Namen, dass er gut roch und dass er nicht viel sprach. Immer nur das Nötigste und die üblichen Höflichkeitsfloskeln. Irgendwie reizte Alexa gerade das. Sie kommunizierte gern und viel. Eine ihrer Schwächen, das wusste sie. Aber sie konnte nichts dagegen tun. Ihr Verlobter zog sie damit gern auf, wenn sie wieder einmal etwas erzählte und sie dabei seiner Meinung nach das Luftholen vergaß.

    Als er sich für einen Strauß entschieden hatte, freute sie sich über seine Wahl. Der Strauß ähnelte denen, die sie als Tischstrauß für die Hochzeit gefertigt hatte. Nur, dass diesem hier die opulente Schleife fehlte und er ein wenig anders gebunden war.

    „Ein sehr schöner Strauß. Der ist tatsächlich etwas ganz Besonderes", lobte Herr Vogler.

    „Ich danke Ihnen. Alexas Augen strahlten, wie immer, wenn jemand ihre Arbeit würdigte und die Schönheit sah, die in jeder einzelnen Blume steckte. „Darf ich Ihnen den einpacken? Sie streckte die Hand aus und bekam den Strauß vorsichtig hineingelegt. Während sie ihn einwickelte, blieb ihrem Kunden Zeit, sich auf ihrem Ladentisch umzuschauen. Behutsam zog er ein abgegriffenes Buch, das Alexa zuvor achtlos beiseite geschoben hatte, unter einem Stapel von Zeitungspapier hervor.

    „Ägyptische Kunst – ein Taschenbuch von Rainer und Rose-Marie Hagen, las er den Titel und die Autoren laut vor. „Sie haben hier Zeit zum Lesen?

    Alexa schaute ihn zuerst erstaunt an und entdeckte dann das Buch in seinen Händen.

    „Um Himmels willen, nein! Sie lachte laut auf. Dann nahm sie das Buch aus seiner Hand und warf es achtlos hinter sich auf eine Ablage. „Das gehört meiner Freundin, die mir ab und zu im Laden hilft. Keine Ahnung, warum sie das dahin gelegt hat. Ich mag so alte Bücher nicht. Etwas in den Händen zu halten, in das fremde Menschen reingeniest, gehustet oder wer weiß was noch getan haben. Brrrr ... fürchterliche Vorstellung.

    Erst als Alexa die Reaktion im Gesicht ihres Gegenübers erkannte, schwieg sie. Sein Blick war plötzlich abweisend. Ohne ein weiteres Wort bezahlte Herr Vogler den Strauß und verließ grußlos ihr Geschäft.

    Betroffen schaute Alexa hinter ihm her. Das hatte sie nicht gewollt. Wieso reagierte er derart? Nur weil sie wegen des ollen Buches etwas gesagt hatte? Vielleicht war er auch so ein Kunstliebhaber wie ihre Freundin?

    „Ganz toll, Frau Fischer! Ja, das haben Sie wieder prima hinbekommen", schimpfte sie mit sich selbst.

    Abends zu Hause hatte Alexa den Vorfall noch immer nicht verdaut. Sie hockte in ihrem Sessel, die Knie angezogen, und malträtierte ihre Innenwange mit den Zähnen. Als Stefan sie darauf hinwies und fragte, was los sei, erzählte sie ihm, was vorgefallen war. Ihr Verlobter rügte sie zwar nicht direkt, aber seine Reaktion sprach Bände.

    „Liebes, sich hinterher Vorwürfe zu machen, macht es auch nicht wieder gut. Sei das nächste Mal einfach etwas vorsichtiger, wem du etwas

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