Theragāthā: Palikanon – Das Buch der Lehrreden des Buddha (Die Lieder der Mönche)
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Über dieses E-Book
Theragatha ist ein buddhistischer Text, eine Sammlung von Gedichten in Pali-Kanon, die Mitgliedern der frühen buddhistischen Sangha zugeschrieben werden. Es wird als Teil des Khuddaka Nikaya, der Sammlung kleinerer Bücher im Sutta Pitaka, klassifiziert. Das Theragatha besteht aus 264 Gedichten, die in 21 Kapiteln unterteilt sind. Für die Gesamtzahl der Verse in der Sammlung gibt es verschiedene Angaben - die mündliche Überlieferung behauptet 1360, 1294 werden in Zusammenfassungen innerhalb des Textes erwähnt, aber eine einfache Zählung der Verse ergibt eine Zahl von 1279.
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Buchvorschau
Theragāthā - Siddhartha Gautama Buddha
Vorrede
Inhaltsverzeichnis
Die Lieder der Mönche und Nonnen Gotamo Buddhos gehören dem Pali-Kanon an. Sie sind der dritten, der so genannten Kürzeren Sammlung, Khuddakanikāyo, einverleibt worden, jenem Schriftenkomplex, der im Gegensatze zu den anderen vier großen Sammlungen vorwiegend rein metrische Texte enthält.
Auch von den Liedern sind uns nur Bruchstücke überkommen, einzelne Strophen, welche der Meister oder hervorragende Jünger einst, geeigneten Ortes, gesagt haben. Diese Aussprüche, die schon bei Lebzeiten Gotamos gesammelt und sorgfältig aufbewahrt und bald nach seinem Tode nüchtern fixiert wurden, sind von den Ordnern der Texte nach einem beliebten äußeren Schema hier zusammengestellt, nämlich als Einser-Bruchstück, Zweier-Bruchstück, Ekanipāto, Dukanipāto, und so fort, nach Anzahl der jeweiligen Strophen. Wenn also zwar eine kleinere oder größere Reihe von Strophen zusammenhängt und zusammengehört, so haben die Lieder, die metrischen Texte überhaupt, im allgemeinen einen echt rhapsodischen Charakter und sind weit davon entfernt abgerundete Darstellungen zu liefern, welche den anderen Sammlungen, besonders dem Majjhimanikāyo, vorzüglich eignen.
So treu die Überlieferung des Textes ist, bietet sie doch, wie das bei einer anfangs nur mündlich gepflegten Tradition nicht anders sein kann, gelegentlich Varianten. Freilich sind diese zumeist, als Solöcismen und dergl., recht untergeordneter Art, obwohl nicht immer. Gerade in den Liedern finden sich manche der schönsten Belege, des klassischen Pāli zerstreut in den verschiedenen Codices vor. Die neueren Redaktoren unseres Textes wählten nun, sehr begreiflich, jene Lesarten, die ihnen am verständlichsten schienen, wobei die Frage offen steht, ob es auch die richtigeren, besseren, älteren gewesen: die abweichenden verzeichneten sie dann im Kommentar; oder aber andere Diaskeuasten und Scholiasten nahmen sie in ihre Handschriften auf.
Nur eine, jetzt erst durchführbare, möglichst vollständige Vergleichung der Parallelen und Parathesen kann den Wert bedenklicher Pleographien für uns bestimmen. Ihn habe ich bei der Textgestaltung, die meiner Übersetzung zugrunde liegt, zu finden gesucht.
Manche von Oldenberg und Pischel in ihrer vortrefflichen Textausgabe von 1883 gemiedene Variante ist aufgenommen, manche vice versa vertauscht, zuweilen kombiniert, je nach Maßgabe der mir besser dünkenden Lesarten und der besten Zeugnisse.
Natürlich wurde hierbei auch der Kommentar Dhammapālos gebührend gewürdigt, jener letzte Behelf, der, ein Jahrtausend jünger als der Text, nur mit äußerster Skepsis benützt werden darf. Wichtigere kritische Ergebnisse sind in den Anmerkungen kenntlich gemacht; Nebensächliches wird der Forscher leicht selbst bemerken.
Die Form der Lieder ist reich und mannigfaltig; und zwar sind alle die ursprünglichen, aus dem Volke und seinen Barden hervorgegangenen, nicht die künstlich geschaffenen, Versmaße vertreten. Ein Merkmal ist ihnen samt und sonders eigen: der Anuprāsas, d. i. der Stabreim.
Dieser Stabreim ist nicht weniger mächtig als bei den Griechen, oft noch stärker und elementarer geartet. Er läßt sich auch wohl dem altnordischen Bruder vergleichen ist aber, bei aller Wucht des Ausdrucks, wesentlich bildsamer: er zeigt Kraft und Anmut in innigster Verbindung, ist beiden entsprossen, als neues Produkt. So stellt er, um den Tropus beizubehalten, eine völlig einzige Mischung herber Unbeugsamkeit und feiner Geschmeidigkeit dar; was eben ganz den Anlagen des indischen āryers entspricht. Dies alles wird selbstverständlich durch eine Übersetzung - und wäre sie gleich eine identische - vielmehr erraten als wirklich gesehen werden.
Bei der unverkennbaren Volkstümlichkeit im besten Sinne, die dem Pāli von Haus aus eigen ist und es über das Sanskrit stellt, darf jedoch eins nicht übersehn werden: die Lieder, und die Texte überhaupt, Sprüche wie Reden, müssen von einer künstlerisch hochbegabten Persönlichkeit gestaltet worden sein, einem Manne, der dem Ganzen seinen Geistesstempel aufgeprägt hat, so unauslöschlich, daß auch die Jünger, wo immer sie auftreten, damit gezeichnet sind, und die einzelnen Individualitäten von jener alles überragenden und umfassenden gleichsam eingerahmt erscheinen.
Erst in verhältnismäßig späteren Texten begegnen wir wieder einer selbständigen Weiterbildung, d. h. Entartung, die bei unseren Liedern noch fehlt. Bereits im Suttanipāto, «Den Bruchstücken der Reden», trifft man z. B. das Dogma von den zweiunddreißig lakkhanāni des mahāpuriso, und so noch anderes, das trotz des hohen Alters dieser Anthologie, wofür kein Geringerer als Asoko einsteht, ohne Zweifel schon einer jüngeren Periode zugehört.
Der Vortrag des Liedes ist heute noch wie in den alten Zeiten, ja wie er es meist schon bei Entstehung der einzelnen Strophen und Stanzen war, durchaus melischer Natur.
Die Lieder wurden und werden gesungen, aber nicht in unserem landläufigen Sinne, sondern ähnlich den a capella Gesängen Palestrinas, also in langgezogenen, einförmigen Melodien.
Der musikalische Kanon der christlichen Kirche, den Palestrina vorfand und zur höchsten Vollendung brachte, ist nun sicher östlichen Ursprungs; daher läßt sich sogar ein gewisser historischer Zusammenhang der einerseits so verschiedenen, anderseits aber so ähnlichen Weisen kaum unbedingt ableugnen. Und ungewöhnlich wie die Melodie dieser Lieder ist der Inhalt.
Wer etwa das Buch zur Unterhaltung in die Hand genommen hat, wird es wohl nach wenigen Minuten hübsch beiseite legen und besser tun das Canticum canticorum oder andere aufzuschlagen.
Asketische Poesie und asketische Musik kann billig nicht jedermanns Sache sein. Wird doch selbst die asketische Ethik, trotz aller inneren Wahrheit, immer ein Fremdling auf Erden, immer paradox bleiben. Stets wird der Weltmann dem Weltüberwinder sehr vernünftig entgegenhalten: «Ach, dann wäre ja diese ganze Welt, so gut und schlecht sie eben ist, mit ihren Millionen tüchtiger Menschen, Armeen und Ameisen, mit all ihren Laboratorien, Kirchen und Kuppeln, Museen und Theatern, Bahnen und Banken, nur eine kolossale Mystifikation, der hie und da einmal ein Heiliger ein Ende machte» - und es soll ihm, um des Friedens willen, nicht widersprochen werden.
Er mag, nach dem Rate der Weisen, jeden in seiner Art gelten lassen, da man ihn gelten läßt, und bedenken, daß die asketische Einfalt wirklich eine menschliche Eigentümlichkeit und unvertilgbar ist; wie die modernen Belege, die ich zu den Versen 919 und 1149 der Lieder der Mönche und zu Vers 218 der Lieder der Nonnen als einige jüngste Tatsachen beigebracht habe, deutlich genug dartun.
Ein anderes ist allerdings brahmanische und christliche Askese, und ein anderes buddhistische Askese; nicht dem Wesen nach, sondern sofern es sich darum handelt, die wahre Motivation zu verstehen. Dort mythologische Verschwommenheit, hier wolkenlose Klarheit. «Die der höchsten Erkenntnis entsprechendste Sprache», sagt Richard Wagner, seiner Zeit weit vorauseilend, im 6. Briefe an Röckel, «hat jedenfalls jener indische Buddha geredet.» Man kann die buddhistische Lehre Philosophie der Heiligkeit
nennen.
Wien, Mitte Mär
K. E. N.
Das Einser-Bruchstück
Inhaltsverzeichnis
ERSTER TEIL
Subhūti
1. ¹
Die Hütte hier, vor Wind gewahrt, sie schützt mich schon:
So riesle, Wolke, regne recht!
Ich hab' das Herz gar fein gerafft, entfesselt,
Bin rüstig wohlberaten - regne, Wolke!
Vergl. 325. - Cf. Anguttaranikāyo 1.12.2.1. ¹
Kotthito
2. ²
Ein Mönch, der losgelöst, entlebt,
Von Hochmut frei, zu sprechen weiß,
Der schüttelt Böses eilig ab,
Gleichwie der Sturmwind welkes Laub.
Vergl. Dhp. 363; zu Kotthito: 43. Rede. ²
Kankhārevato
3. ³a
Die Wissenschaft Vollkommner magst erkennen,
Gleichwie man Fackeln mitternächtig wahrnimmt:
Sie leihen Licht, verleihen Aug' und Einsicht,
Gewißheit wirkend jedem der hinzu kommt.
Cf. Anguttaranikāyo 1. 14. 2. 7. – Ähnlich Amrtanadopanisat 1. (Nārāy) u. II. (Samkar) v. 1: Sāstrānyādhitya medhāri. ³a
Punno Mantāniputto
4. ³
Mit Edlen einzig sei gesellt,
Mit Weisen, die da wirklich sehn:
Ein Wohl, gewaltig, tief erzeugt,
Erkennbar kaum, so köstlich zart,
Erwirbt gemach ein teurer Mann,
Der tätig klug ist, aufgeklärt.
Vergl. Samyuttakanikāyo vol. I p. 17 f., 56 f,; Zu Punno Mantāniputto: Majjhimanikāyo 24. Rede, Anguttaranikāyo 1, 14, 1. ³
Dabbo
5. ⁵
Wer, unbezähmbar, duldend sich bezähmt,
Dabbo, der selig Sichre, fraglos Freie,
Der siegend alle Furcht hat überwunden,
Erloschen ist er, ledig, unerfaßbar.
Vergl. Udanām VIII. 9 u. 10; Dighanikāyo 29. Rede, siam. vol. III. P. 148 f. ⁵
Sītavaniyo
6.
Im Kühlen Walde weilt ein Jünger gern,
Allein zufrieden, froh, geheilt im Herzen,
Hat siegend alles Ängsten überwunden,
Bewacht sich eifrig selber, ernst besonnen.
Bhalliyo
7.
Wer jäh das Heer des Todesherrn verjagt hat,
Wie Röhricht rasch gefegt ist fort von Hochflut,
Ein Sieger sitzt er, aller Furcht entwesen,
Gelassen, wahnerloschen, unerfaßbar.
Vīro
8.
Wer, unbezähmbar, duldend sich bezähmt,
Ein selig sichrer Held, ein fraglos Freier,
Hat siegend alles Ängsten überwunden,
Als Held erloschen, ledig, unerfaßbar.
Pilindavaccho
9. ⁹
Gefunden hab' ich's, nicht verfehlt,
Kein übel Ding bedünkt es mich,
Von allem was die Welt gewährt
Hab' ich das Beste auserwählt.
Zu samvibhattesu dhammesu yam tad upāgamim cf. Die Parallele in Asoko's IV. Felsenedikt, Girnār 1. 10.: Esa hi seste kamme ya dhammānusāsanam. Vergl. Meine Zusammenstellung einer Reihe ähnlicher Reminiszenzen im XI. Bande der Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, p. 156-160. ⁹
Punnamāso (1)
10.
Vorbei die Sucht herüber, Sucht hinüber
In ihm der weiß, in ihm der einig west,
Von aller Artung ewig abgeschieden
Der Welt Entstehen, Welt Ersterben anschaut.
ZWEITER TEIL
Cūlagavaccho
11. ⁴
Der heiter hegt als ernster Mönch
Des Auferwachten Meisterwort
Gewinnt gewiß der Ruhe Reich,
Wo selig endet Unterschied.
Vergl. L(ieder) d(er) N(onnen) 6, 182; Dhp 368, 381. Dighanikāyo ed. siam. vol. III. p. 254 : Akanham asukkam nibbān. ⁴
Mahāgavaccho
12. ¹²
In Weisheit weck, in Tugend immer tüchtig,
In Schauung innig eingeübt, besonnen,
Um Notdurft einzig Nahrung noch genießend,
Erharre du das Ziel der Zeiten heilig.
Vergl. Majjhimanikāyo vol. I. P. 103 u. 273. ¹²
Vanavaccho (1)
13. ⁵
Das wolkenblaue Strahlenriff,
Von Wasserstürzen kühl durchblitzt,
Umschwärmt von Faltern, bunt gefärbt,
Mein Felsenjoch gefällt mir wohl.
= 1063. ⁵
Sīvako
14.
Mein Lehrer sagt mir Lebewohl:
Von dannen geh' ich, Sīvako!
Da bleibt im Dorfe nur der Leib,
Zum Walde folgt mein Sinn ihm nach;
Und weil' ich auch, ich wandre doch:
Nicht kann man Kenner fesseln an.
Kundadhāno
15. ⁶
Zerfälle Fünf, laß' fahren Fünf,
Von Fünfen mach' dich völlig los:
Bist frei du, Mönch, vom Fünferfron,
So bist du frei von jeder Pein.
= 633, Dhp v. 370. — Die fünf Hemmungen sind gemeint: Gier, Hass, Stolz, Trägheit, Zweifel; siehe Majjhimanikāyo vol. I. p. 181, passim. ⁶
Belatthasīso
16. ⁷
Gleichwie der edle Büffelstier
Die Pflugschar nachzieht nackenstark
Mit leichter Mühe, Tritt um Tritt:
So laß' ich laufen ab die Zeit
Mit leichter Mühe, Tag um Tag
Im ungemischten Glücke gleich.
Vergl. 45. ⁷
Dāsako
17. ⁸
Wer matt und müd' ist, Nahrung einzig absieht,
Ein Schläfer, schlaff am Lager umgelegen,
Wie alter Elefant genährt in Gnaden,
Geburten wechselnd wandelt er erbärmlich.
= Dhp v. 325. ⁸
Singālapitā
18. ¹⁸
Ein Siegersohn hat einst geweilt,
Ein Jünger hier im Wilden Harst,
Als Knochenhügel angesehn
Die ganze Erde, hochgeballt:
Und wahrlich hatt' er Wunschbegier
Gar eilig also