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Ich unter anderem
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eBook197 Seiten2 Stunden

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Über dieses E-Book

Aus Fritz Meyers Roman, der im Zürich der frühen vierziger Jahre und in einer Stadt am Meer spielt, spricht ein Suchender. Ein Skiunfall mit kompliziertem Beinbruch fesselt den Erzähler, elternlos und Lehrling bei Spörri & Co, ein paar Monate ans Krankenhausbett. Bald empfindet er die regungslose Rückenlage als Zustand des Glücks. Der Blick nach oben, ins Offene, begünstigt das Denken, und er begibt sich in das Labyrinth des eigenen Selbst. Da warten die rückbezüglichen Tätigkeitswörter, die ihn schon immer verwirrten, Erinnerungen an Kindernächte in der Höhle des Elternhauses, die Entdeckung der Welt. Und die der Liebe. Wenn sie erwacht, braucht sie einen Gegenstand, sonst ist sie für nichts. Allein, Katharinas Anrufe sind ausgeblieben. Die junge Frau aus besseren Kreisen, die wie er Kurse an der Volkshochschule belegt und engagiert über Eros diskutiert, sieht er erst am Tag seiner Entlassung wieder – ein denkwürdiger Tag, an dem nichts mehr ist, wie es vorher war.
Ich unter anderem zieht mit langen, atmenden Sätzen, die an Camus erinnern, in den Bann. Die Modernität in Ton und Erzählung des erstmals 1957 erschienen Romans versetzt in Erstaunen, und man stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass eine solch hochinteressante literarische Stimme vollends in Vergessenheit geraten ist?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Feb. 2022
ISBN9783715275017
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    Buchvorschau

    Ich unter anderem - Fritz Meyer

    I

    Am Anfang des Jahres habe ich bei der Abfahrt von Haggenegg, kaum war ich am Kreuz vorbei, den linken Unterschenkel gebrochen. Auf dem Röntgenbild, wenn ich es gegen das Licht hielt, sah ich deutlich die beiden Knochen, das Schienbein und das dünnere Wadenbein, die sich der spiralförmigen Bruchfläche entlang um etwa zwei Zentimeter verschoben, wahrscheinlich durch Muskelzug, sodass an einen Gipsverband vorerst nicht gedacht werden durfte, sollte das Bein nicht kürzer bleiben, sondern der Fersenknochen mit einem rostfreien Draht durchbohrt werden musste, an den vermittels einer sinnreichen Vorrichtung, die dem erfindenden Chirurgen zu Ehren mit dessen Namen benannt ist, »Kürschner« oder »Kistner«, ich erinnere mich nicht, Gewicht angehängt werden kann, das den Zug der Muskeln ausgleicht und das Bein so lange streckt, bis die Knochenenden richtig zueinander stehen. So lag ich einige Wochen meist unbeweglich auf dem Rücken, das Bein von einem Gestell in der Höhe getragen, über die hinweg ich nicht sah, weil das Federbett weiß und steil vor meinem Gesicht sich aufrichtet.

    Jener Tag war ein Sonntag gewesen, neblig und kalt, schon als ich frühmorgens aus der Stadt wegfuhr seltsam zögernd oder gar schleppend, als wolle er nicht werden, lange noch dunkel, und man saß bei der trüben Beleuchtung elektrischer Birnen schläfrig im warmen Abteil. Strich draußen ein Licht vorbei, beim Passieren eines Bahnhofs etwa, dann leuchteten am Fenster die Eisblumen auf, und man hatte alle Zeit, während der darauffolgenden Fahrt sich ihre Formen ins Bewusstsein zu rufen, um bei nächster Gelegenheit mit denen des Fensters sie zu vergleichen; stimmen die Bilder nicht überein, so ist der Grund hierfür auch darin zu suchen, dass, bis draußen das nächste Licht erscheint, die Blumen in der Winterluft sich wohl verändert haben.

    Die Reise dauerte nahezu zwei Stunden; es wurde Tag unterdessen; der Kondukteur drehte die Lampen aus, einige spannten Seehundfelle unter ihre Skis oder klebten solche auf die Gleitfläche, solange man noch an der Wärme war und das Wachs sich verreiben ließ; die Scheiben blieben undurchsichtig, und nur wenn man dagegen hauchte oder die Fingerbeeren eine Zeit lang daranhielt, konnte man durch solche Taulöcher feststellen, dass draußen noch immer ein dichter Nebel stand.

    Von einer bösen Vorahnung will ich nicht reden, obschon, wie ich später mit verdrehten Schenkeln im Schnee lag, ich mich darob nicht weiter verwunderte und diesen Unfall als durchaus programmmäßig empfand, umso mehr, als ich keinerlei Schmerzen verspürte und hingestreckt war wie zu einer freiwilligen Rast. Ganz ahnungslos, nur etwas verdrießlich über das unfreundliche Sonntagswetter stieg ich in der langen Kolonne, deren Spitze zu erreichen ich mich vergeblich bemühte, gegen den Berg, und auch jetzt schien mir, es wolle nicht werden, woran vor allem der Nebel Schuld trug, der jede Aussicht verschloss; man meinte, an Ort zu gehen. Eingeengt zwischen Vorder- und Hintermänner, konnte ich meinen gewohnten Schritt nicht finden und stolperte mehr, als dass ich voranglitt; so verließ mich ein gewisses Unbehagen während des ganzen Aufstieges nie, und wie nun der Wind mit zunehmender Höhe heftiger wurde, dass man zuweilen gar anhalten musste und sich abwenden, um den Atem zu finden, wodurch die Kolonne noch ärger ins Stocken geriet, der Hintere auflief, man gegen den Vorderen stieß, da wäre ich doch lieber zu Hause geblieben und am Nachmittag mit Katharina ins Kino gegangen, wo ich im Dunkel sie hätte umarmen können und abends dann heimbegleiten; an einen Unfall aber dachte ich nicht, nicht einmal bei dem Sturz, den ich, kaum war der Gipfel verlassen, über einen nur dünn verschneiten Baumstamm tat, wo ich doch sonst sturzfrei zu fahren gewohnt bin, da ich von Kindsbeinen an auf Skiern stand.

    Auch andere stürzten; ich sah sie, während ich lag, aus dem Nebel auftauchen, ihre gespannten Gesichter, als blickten sie scharf nach gefährlichen Punkten, an mir vorbei in die Tiefe fahren und im Nebel wieder verschwinden; ich hörte Skis über Eisflächen kratzen und Rufe Hep! Hep!, von denen ich nicht wusste, woher sie kamen; zudem wurde die Sicht durch den beginnenden Schneefall noch schlechter. Ich beeilte mich, der Weg war mir wohlbekannt, er führte nun mäßig steil bis zum Kreuz, teils durch Pulverschnee, teils über verblasene Stellen, wo man die Kanten einschlagen musste, dann ging es in lichtem Wald talwärts, an Heuschobern vorbei, zwischen Zäunen hindurch; ich fuhr schnell und überholte die Zögernden, denen die Route unbekannt war, und fühlte, wie sie im Rücken sich in meiner Spur in den Nebel einwarfen. Und dann fiel ich vornüber, als ich für einen Augenblick zweifelte, ob rechts oder links (gradaus schien etwas Dunkles im Wege, es war ein Stall), und lag darauf mit verdrehten Skiern im Schnee, wusste auch sogleich, dass ich den linken Schenkel gebrochen hatte. Ich löste die Bindung, nahm den schweren Schuh in die Hände und legte ihn richtig; dann hatte ich nur noch zu warten, bis einer hinter mir aus dem Nebel kam. Es dauerte nicht lange; er fiel, ohne sich zu verletzen, wollte mir aufhelfen, aber das ließ sich nicht machen, und ich bat ihn, den Bewohner des nächsten Hauses zu benachrichtigen, den ich gut kannte, da ich jedes Jahr, nicht nur im Winter, ein paar Tage bei ihm verbrachte. Andere kamen vorbei, erkundigten sich und tauchten langsam und vorsichtig in den Nebel hinab; ich erkaltete mehr und mehr, auf dem Rücken liegend und mit dem zunehmenden Schneefall im ungeschützten Gesicht. Ich erinnere mich nicht, an Katharina gedacht zu haben, aber ich weiß noch, dass mich nach einem Körper verlangte, dass meiner vielmehr nach einem anderen unruhig wurde, nach einem tierischen, warmen, der ihn geborgen hätte.

    Es dauerte nur zwanzig Minuten, wie ich später erfuhr, bis Helge mich holte, auf einen Schlitten lud und mich zum Haus hinab zog; nun schmerzte das Bein sehr, und als er mich auf den Armen die enge Treppe hinauftrug, da konnte ich es nicht mehr verbeißen und schrie. Helge legte mich auf ein Feldbett, das er im kleinen Zimmer neben der Stube für sich aufschlug, wenn über das Wochenende Gäste da waren, gab mir Zigaretten und löste den Schuh, während ich den Rauch so tief in mich einzog, dass mich ein leichter Schwindel befiel; später kam er mit einer hölzernen Schiene aus der Werkstatt zurück und band mit Schnüren das Bein daran fest. Essen mochte ich nicht, nur rauchen, und so lag ich eine unbestimmte Zeit zwischen Wachen und Schlaf; Helge fuhr ins Tal und telefonierte um einen Krankenwagen. Mittlerweile war aber ein Sturm losgebrochen, und man könne mich heute nicht mehr transportieren, sagte er, die Straßen seien verweht; er hätte mit den Bauern verabredet, dass für den nächsten Tag ein Pferdefuhrwerk bereitstehe und ein paar Männer mit Schaufeln; in Einsiedeln werde man mich in die Bahn verladen, und in Wädenswil stehe das Krankenauto bereit. So geschah es; am Montag um die Mittagszeit trug man mich in den Operationssaal unter den mitleidigen Blicken weiß gekleideter Schwestern; man entfernte die Schiene, fuhr mich ins Röntgenkabinett, und aufgrund des Bildes wurde dann der Draht durch den Fersen gebohrt und Gewicht angehängt.

    Über Helge, der damals in den Vierzigern stand und schon seit Jahren dort in den Bergen hauste, ist viel gemunkelt worden. Niemand wusste genau, warum er aus Norwegen flüchten musste. Er lebte ganz allein in einem der Bauernhäuser, wie sie an jenen Hängen verstreut sind, trieb etwas Handel, hauptsächlich mit Petrol, das er fassweise kaufte und das von den Nachbarkindern in Bierflaschen bei ihm abgeholt wurde, sammelte Beeren und Pilze und führte eine Privatpension, die starken Zulauf fand, besonders im Winter, denn das Umgelände ist für den Skilauf günstig. Vorab junge Leute kamen dahin, um die Nacht auf den Sonntag in den kleinen Schlafzimmern zu verbringen, in die Helge mit ein paar Brettern das obere Stockwerk abteilte; am Morgen gab es eigen gebackene Brötchen und Konfitüre aus Bergbrombeeren; es war billiger als im Hotel und ungestörter. Katharina ist nie mit mir zu Helge gekommen; einmal war ich mit Gertrud hier über Nacht und bekam das Doppelbett, doch wir wussten beide nicht wie und vermieden am Sonntag, uns in die Augen zu schauen. Sonst schlief ich bei Helge, wenn ich da hinaufkam, um in den Felsen zu klettern oder Ski zu laufen; er hat nie etwas Böses an mir getan.

    Das war in meinem achtzehnten Jahr, als meine Eltern schon gestorben und ich bei Spörri & Co. eben die Lehre antrat, abends auf der Volkshochschule Vorlesungen besuchte und dabei mit Katharina Bekanntschaft schloss. Ihr Vater war Bibliothekar, und sie gehörte den besseren Kreisen an, während ich aus armen Verhältnissen stammte, jedoch voll guten Willens, mich zu ihrer Höhe heranzubilden, nach der ich aufschaute. Was die Beziehung der Geschlechter betrifft, so hatte ich einiges von Helge vernommen, doch zeigte Katharina sich dermaßen abwehrend, wenn ich etwa auf dem Heimweg von der Volkshochschule im Schatten der Kastanien sie an mich zu drücken versuchte, dass ich bald davon abließ und nur weiter aufschaute zu ihr, sie begleitete bis ans Tor, im Kino einen Arm um ihre Schultern legte und in den Nächten, da ich mit Helge im Bett lag, mir vorzustellen versuchte, wie es sein müsste mit Katharina, jedoch mir nicht einmal ein Bild machen konnte davon, so wenig erfahren war ich. Nur was man im Strandbad, in Reklamen, reproduzierten Kunstwerken oder jenen meines früh verstorbenen Onkels an Weiblichem sah, war mir bekannt, und wenn ich auch aus belauschten Gesprächen bei Spörri & Co. oder früher, in der Schule, einiges gehört, dessen ich noch niemals ansichtig geworden, so blieb mir diese Beziehung doch voller Rätsel; selbst in der Gesellschaft von Helge ward ich nicht inne, worum es ging.

    Nachdem er mein Bein auf der Schiene befestigt hatte, ließen die Schmerzen nach, aber essen mochte ich noch immer nicht; der Tag nahm schon bald wieder ab, und mir schien, er sei überhaupt nicht hell geworden, als Helge nun das Petroleumlicht anzündete und den Radio neben mich rückte. Der Empfang war schlecht, vielleicht wegen des Sturmes, der so heftig ums Haus fuhr, aber etwas Musik hörte ich doch, ein Werk für Orchester, es hätte Mozart sein können. Ich träumte dann bei geschlossenen Augen, schlief aber nicht, da ich über mein gebrochenes Bein glaubte wachen zu müssen, und, das weiß ich genau, ich war beinahe glücklich dabei. Mehr will ich nicht sagen davon, denn jene Nacht ist lange vorbei, und ich könnte mich täuschen; das Glücksgefühl hingegen spüre ich heute noch, wenn ich mich zurückversetze dorthin. Es entsprang vielleicht der plötzlichen Ruhe, der des Winters und die aus Winden gemacht war, aus gelbem Lampenlicht und Helges Händen, wenn sie ein Kissen mir unter den Rücken schoben, immer mehr aber auch aus innigem Andenken an Katharina, je länger ich unbeweglich und nach oben gerichtet lag. Die Nacht ist vergangen, und ich habe manches Mal ihren Namen still vor mich hin gesagt, als könnte ich sie derweise rufen; am Morgen, noch immer im Sturm, trug Helge mich behutsam die Treppe hinunter und band mich mit Stricken auf einem Schlitten fest, fuhr zu Tal damit bis zur Straße, wo man ein Pferd vorspannen konnte, und dann wurde ich stundenlang durch hohen Schnee gezogen und geschüttelt, dass ich vor Schmerz in die gefrorene Decke biss.

    Was mich in jener Zeit beschäftigte, schon, ich erinnere mich, in früher Kindheit beschäftigt hatte und seit Kurzem, angeregt durch das, was ich in der Volkshochschule hörte, noch mehr, das waren rückzielende Tätigkeitswörter: sich waschen, sich freuen. Im Ganzen lag ich vierzehn Wochen im Spital, die Hälfte davon mit hochgelagertem Bein, aber auch nachher, durch den schweren Gipsverband gezwungen, fast regungslos auf den Rücken gestreckt, und diese Lage war meiner überlegenden Beschäftigung günstig. Ich glaube auch, dass sie verstärkt und dringender wurde, nicht länger ein bloßes Gedankenspiel hätte genannt werden können, sondern so tief in mein Leben einging und aus ihm herauskam, wie in der frühesten Zeit, durch meine Bekanntschaft mit Katharina. Noch heute aber ist es mir kaum möglich, davon zu berichten; nicht nur, weil meine Bemühungen resultatlos verliefen, sondern eben des Anteiles wegen, den mein ganzer Körper, das Eingeweide nicht ausgenommen, an jenen denkerischen Versuchen nahm. Ich müsste Fotografien hier einkleben von mir, besser noch unterbrechen und zum Besuch einer Filmvorführung einladen, deren Held mein Körper während jener gedanklichen Vorgänge wäre; aber auch das würde letztlich ungenügend bleiben, selbst wenn es sich um einen tönenden, farbigen, plastischen Film einer Röntgenkamera handeln könnte.

    Die Rückenlage nun war insofern günstig, als ich dadurch, während längerer Zeit unverändert, zur Welt in einem besonderen Verhältnis stand. Tote, kleine Kinder und Kranke werden so gebettet; außerdem kommt diese Lage der Frau als klassische Stellung beim Liebesakt zu, die eine Empfängnis begünstigt. Man liegt in der Mitte, so etwa meint man, in der Mitte von allem, ist selber die Mitte; der Blick ist nach oben gerichtet, nach der Decke, dem Himmel oder weiter dann: ins Offene, dem man allein noch gegenüber ist; auf der anderen Seite, spürt man, geht es ebenso weit ins Offene, der Erde, der Unterwelt zu; so lebt man rücklings, sieht von der Umwelt ab und schaut empor, ist bereit, in die Gruft versenkt zu werden (wie der Tote) oder aufgehoben (wie das Kind) oder (wie die Frau) zu empfangen, auf- und niederzugehen wie ein Ding in der Schwebe. Sodann, und nicht nur das kleine Kind, das die Zehe zum Mund bringt, die in der Liebe innig hingegebene Frau – jeden ergreift die Bewegung gegen den Zeiger der Uhr, wenn er so ausgestreckt liegt, und er rollt rückwärts, wieder ein in den Schoß. Das habe ich wochenlang getan, und verstanden hat es wohl nur Schwester Veronika, die mich pflegte; obschon sie noch jung war, noch nicht einmal in den Orden aufgenommen, musste sie dieses Rollen schon öfters erfahren haben, und ich meinte zu wissen, dass sie derweise manchen empfing und so ihre Erfüllung gefunden. Von allen, die mich besuchten, hatte ich nur zu ihr ein solches Verhältnis, über das niemand sprach (es brauchte so wenig der Worte wie das kleine Kind, der Tote und die Frau) – ich, selbst wenn ich gewollt hätte, nicht sprechen konnte, da ich in meiner Unerfahrenheit kein anderes kannte, sie schweigend an mir das Unangenehme verrichtete, das Schwestern an ihren Kranken tun müssen, mich aber eingehen ließ dabei und sie täglich erfüllen.

    Wer sonst an mein Bett trat, der stand über mir; so habe ich die Augen vieler gesehen, wenn sie auf mich niederschauten, und in allen war etwas, das man sonst nie gewahrt, als läge es in den Menschen verborgen und tauchte nur auf, wenn sie sich über einen Liegenden beugen. Es war immer das Gleiche, obschon es in den verschiedenen Augen verschieden aussah; in langen Wochen lernte ich es kennen; es war eben der Anblick jener um sich kreisenden Mitte, die der auf dem Rücken darbietet. Angst, Triumph, Zärtlichkeit, Ekel, Mitleid, Grausamkeit – ich meine, wenn ich vollständig sein wollte, müsste ich alles nennen, was je schon benannt worden ist von den inneren Dingen, die nun in den niederblickenden Augen erschienen, da sie nach mir auf dem Rücken schauten.

    Trotz der mannigfachen Benennung aber war es nur eines, das eben bei solchem Sich-Neigen in den Augen auftaucht, ein Namen- und Bodenloses, jenem verwandt, von dem ich sagte, dass es mich damals besonders beschäftigt und

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