Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

"Aber Mama - wir kiffen doch nur!": Erfahrungen und Hilfestellungen im Umgang mit drogenabhängigen Kindern
"Aber Mama - wir kiffen doch nur!": Erfahrungen und Hilfestellungen im Umgang mit drogenabhängigen Kindern
"Aber Mama - wir kiffen doch nur!": Erfahrungen und Hilfestellungen im Umgang mit drogenabhängigen Kindern
eBook259 Seiten3 Stunden

"Aber Mama - wir kiffen doch nur!": Erfahrungen und Hilfestellungen im Umgang mit drogenabhängigen Kindern

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Eine niederschmetternde Entdeckung: Meine Tochter hat nicht Pubertät, sie ist definitiv drogenabhängig. Unser aller Leben verändert sich. Wir kommen mit ihr nicht mehr klar. Sie tauscht tatsächlich Drogen gehen ihre Freiheit ein, die ihr so wichtig ist. Ja, sie kifft sich mit jedem Joint tiefer in die Drogensucht. Eine lange wechselhafte Zeit mit Konflikten, Krisen und viel Kummer in meinem Herzen beginnt. Wie reagieren wir richtig? Mit Drogen kennen wir uns nicht aus, da fehlt uns jede Erfahrung, die jetzt weiter helfen könnte. Kann ich meinem Kind überhaupt helfen ein suchtfreies und selbstbestimmtes Leben zu führen? Das funktioniert nur, wenn sie selbst will. Ich will nicht kapitulieren, sondern einen guten Weg finden, um ihr Leben zu retten. Doch meine Liebe allein reichte nicht aus, um gegen diese grausame Sucht anzukämpfen. Wie kämpft man gegen einen unsichtbaren Feind, den man erstmal kennenlernen muss. Spannend ist, dass meine Tochter ihr Leben aus ihrer Sicht erzählt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum11. Nov. 2022
ISBN9783347696129
"Aber Mama - wir kiffen doch nur!": Erfahrungen und Hilfestellungen im Umgang mit drogenabhängigen Kindern
Autor

Christel - Irene Falk

Christel – Irene Falk ist seit über 40 Jahren verheiratet, hat vier erwachsene Kinder und wohnt im idyllischen Weserbergland. Ihr Traum war immer ein glückliches Familienleben. Sie hat diesen Traum gelebt, bis sie dahinter kam, dass ihre Tochter drogenabhängig ist. Ein absoluter Schock! Von nun an führte Christel ein Leben, das sie so nicht wollte. Aber Aufgeben war nie eine Option. Die Liebe zu ihrer Familie gab ihr die Kraft, für ihre Tochter und den Traum einer intakten und glücklichen Familie zu kämpfen. An ihrer Seite war Jesus, der ihr als bester Freund immer treu zur Seite stand. Durch ihn bekam sie Tag für Tag neu Kraft, Mut und Hoffnung.

Ähnlich wie "Aber Mama - wir kiffen doch nur!"

Ähnliche E-Books

Persönliche Memoiren für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für "Aber Mama - wir kiffen doch nur!"

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    "Aber Mama - wir kiffen doch nur!" - Christel - Irene Falk

    Viva Italia

    Wir lieben das italienische Leben und besonders die italienische Küche: Nudeln, Pizza, Eiscreme und Vino! Italien ist das Lieblingsurlaubsland meiner Familie. Wir sind vom Strandleben genauso begeistert wie von Sightseeing-Touren durch die alten, schönen Dörfer und Städte. Und die Landschaft – ein Traum, zum Genießen schön! Ein Besuch in Venedig gehört natürlich unbedingt dazu. Ein herrlicher Tag, wenn wir in der Gondel elegante durch Venedig schippern und der Gondoliere sein „O sole mio" singt. Urlaub in Italien ist für uns perfekt!

    Das einfache Leben auf dem Campingplatz mögen wir sehr. Das Beste für unsere Kinder sind die attraktiven Animationsabende, die von jungen Studenten aus den verschiedensten Ländern gestaltet werden. Dafür sind wir alle Feuer und Flamme! Das ist wie die Samstagabendshow im Fernsehen − nur live, und wir sind fröhlich mit dabei. Sobald die Erkennungsmelodie durch die Lautsprecher vom Campingplatz läuft, gibt es für unsere Kinder kein Halten mehr. Sie lassen alles stehen und liegen und rennen los, weil sie keine Minute verpassen wollen. Wir Eltern kommen kaum hinterher. Wir erkennen unsere Kinder kaum wieder, wie sie da hüpfen, tanzen und lauthals die Lieder singen oder besser: grölen. Sie lieben es, sich von diesen gut gelaunten jungen Leuten bespaßen zu lassen. Alle Eltern, die wollen, dürfen ihre Kinder bei den Spielen unterstützen. Natürlich machen wir mit! Da wird unser Wissen mit Ratespielen getestet. Unsere Geschicklichkeit dürfen wir im Kampf um die Punkte unter Beweis stellen. Wir haben viel Spaß! Jeder Abend macht uns neue Lust auf mehr.

    Eines Abends hat unsere Tochter Christin keine Lust, mit uns zu gehen. Sie zieht mit dem netten jungen Mädel aus dem Wohnwagen nebenan allein los. Das ist okay für uns, denn sie weiß ja, wo sie uns findet.

    Nach dem Abendprogramm taucht Christin jedoch nicht wieder auf. Wir machen uns auf die Suche nach den beiden Mädchen und finden sie am Strand. Sie sitzen mitten in einer großen Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in einem großen Kreis im Sand. In der Mitte des Kreises stehen viele Gläser, in denen Kerzen mit orangeroten Flammen wild flackern. Das Meer plätschert leise gegen den Strand und am wolkenlosen Himmel leuchten die Sterne. Drei Jugendliche spielen auf ihren Gitarren und einige summen die Melodien mit. Andere reden miteinander, kichern oder lachen. Eine besonders romantische Atmosphäre. Die Stimmung ist bestens. Ich sehe im Augenwinkel, wie eine Zigarette und eine Flasche Rotwein weitergereicht werden. Doch ich denke mir nichts dabei. Erst später erinnere ich mich daran, dass das keine normale Zigarette gewesen ist – sondern größer, dunkler und unförmiger als normale Zigaretten.

    Christin sitzt mit ihrer Freundin mittendrin und fühlt sich pudelwohl. Ihr glücklicher Gesichtsausdruck erstarrt, als sie uns entdeckt. Ich winke ihr zu, sie solle kommen. Sie sagt etwas zu ihrer Freundin und geht anstandslos, aber still mit uns zum Zelt zurück. Wir bringen unsere Kinder ins Bett und lassen den Tag gemütlich bei einem Glas Rotwein vor unserem Zelt ausklingen.

    Jahre später gesteht Christin mir, dass sie, als es auf unserem Stellplatz ruhig geworden ist, wieder aufgestanden ist. Sie hat mit ihrem großen Bruder ein eigenes kleines Zelt, und so ist sie, von uns unbemerkt, aus dem Zelt gekrochen und zurück zum Strand gelaufen. ~

    Rede und schweige nicht länger!

    „Fürchte dich nie, nie, niemals davor, das zu tun, was richtig ist, speziell dann, wenn das Wohl eines Menschen oder eines Tieres auf dem Spiel steht. Die Strafe der Gesellschaft ist nichts verglichen mit den Wunden, die wir unserer Seele zufügen, wenn wir wegschauen."

    Dr. Martin Luther King

    In der Zeitschrift „Lydia" fragt Elisabeth Mittelstädt, ob ich meine Geschichte erzählen will, damit andere Menschen Trost und Heilung, Ermutigung und neue Kraft zum Leben finden.

    Dazu sage ich: „Ja, dafür will ich es gerne tun!"

    Ob ich qualifiziert bin, ein Buch zu schreiben? Nicht wirklich – aber andererseits bin ich das natürlich schon. Das Leben selbst schenkt mir die Qualifikation dafür. Ich bin eine Mutter, die ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit ihrer drogenabhängigen Tochter aufschreibt. Ausgerechnet ich habe eine Tochter, die kifft! Dabei wollte ich mit Drogen nie in meinem Leben etwas zu tun haben. Niemals!

    Es ist mir mittlerweile unmöglich, nicht von dem zu reden, was Drogen in unserer Familie angerichtet haben und immer noch anrichten. Leicht ist es nicht, wirklich nicht! Mein Leben zu öffnen, damit alle Welt erfährt, was in meiner Familie geschieht, ist eine schwierige Entscheidung für mich. Schamgefühle lassen mich zögern, dazu die Angst vor den zu erwartenden Folgen. Unser guter Ruf kann beschädigt werden. Mit allem, was ich schreibe oder weglasse, muss ich für mich und müssen wir als betroffene Familie leben. Das gilt es, gut zu bedenken.

    Will ich es trotzdem riskieren, unsere Geschichte zu erzählen? Mein Herz sagt sofort: Ja, das riskiere ich! Mein Kopf braucht Monate, bis er sich entscheiden kann, den Weg meines Herzens zu gehen. Es braucht schon einen heldenhaften Mut für mich, über ein derart familiäres, privates Thema zu schreiben.

    Aber: Drogensucht ist kein privates Problem!

    Du darfst jetzt einen Blick in mein Leben werfen. Begleite mich und uns eine Zeitlang. Du bekommst dabei neue und tiefe Einblicke in das, was alles zu einem Drogenleben gehört. Friede und Freude gibt es da durchaus – aber eben auch viel Kummer, Leid und Schmerz. Du wirst von unserem Schicksal und von unseren leidvollen Erfahrungen profitieren. Du ahnst nicht, in wie vielen Familien Sucht eine große Rolle spielt. In unserem Land gibt es unzählige Menschen, denen es ganz genauso geht, wie uns. Sie müssen sich mit den Auswirkungen von Drogen auseinandersetzen, ob sie wollen oder nicht. Auf so ein entsetzliches Leben ist niemand vorbereitet. Und niemand kommt einfach so davon, ohne Blessuren. So ist das Leben, das einem die Drogen bescheren. Du kriegst das ganze Paket, das volle Programm, und nicht nur ein bisschen.

    Wir sind eine glückliche und zufriedene Familie gewesen. Starke Familien haben starke Kinder – so steht es in guten Büchern geschrieben. Kinder aus guten Familien gehen auf dem Königsweg durch ihr Leben. Unsere Tochter aber wird drogenabhängig! Dies ist keinesfalls ihr Lebensziel. Unsere Tochter liebt die Freiheit, schon immer – und sie will frei leben! In dem Moment, als sie jedoch „Ja" zu einem Joint sagt und ihn raucht, beginnt ihre Unfreiheit – und das Elend für unsere Familie. Drogen krempeln unser Familienleben von da an durch und durch um. Drogen rauben uns eine Menge Lebensqualität und Glück.

    Drogensucht ist wie ein Krieg, und die Angehörigen sind die ungewollt Beteiligten. Darum ist mir wichtig, dass die Menschen am Beispiel meiner Familie erfahren, welche schwerwiegende Konsequenzen Drogensucht für mit sich bringt. Wer ahnt denn schon von diesem harten Los, von diesem täglichen Leid, das die Drogensucht imstande ist, anzurichten? Es ist eine furchtbare Katastrophe! Und wer davon hört, ist entsetzt und reagiert geschockt: „Dass es so schlimm ist, habe ich nicht gewusst!"

    Ein drogenabhängiges Kind zu sehen, tut mir in der Seele weh. Ich kann nicht nur „Null-Toleranz gegen Drogen" fordern, ich muss und ich werde meinen Teil dazu beitragen, andere aufzuklären. Wenn es um Drogen geht, mische ich mich ein. Ich kann nicht untätig zusehen – ich weiß einfach zu viel. Ausreden gibt es nicht und Rausreden gilt nicht – nicht für mich. Wenn nicht ich den Mund aufmache, wer dann? Also ran!

    Drogen verschlagen einem die Sprache. Doch jetzt habe ich meine Stimme zurückbekommen. Dieses Buch ist für mich zu einer echten Herzensangelegenheit geworden. Ein Buch wie dieses hätte ich mir in der schweren Zeit, die wir durchgemacht haben, sehr gewünscht. Google und Internet gibt es noch nicht, als Drogen in unsere Familie einziehen. Das bedenke bitte, wenn du dieses Buch liest.

    Ich sage mir: „Mut wird immer belohnt!" So schreibe ich jetzt das Buch, das ich damals gerne gelesen hätte. Ich will mein Wissen nicht für mich behalten, sondern es teilen. Und über meine Nöte und Sorgen reden.

    „Weisheit, die man für sich behält, ist wie ein

    vergrabener Schatz: Beide sind nutzlos!"

    Apokryphen, Jesus Sirach 20, Vers 30, Luther-Bibel

    Deshalb erzähle ich jetzt, was wir in den letzten Jahren durchgemacht haben. Ich werde endlich das sagen, was ich all die Jahre verschwiegen und runtergeschluckt habe.

    Das Buch wird sich für dich als nützlich erweisen. Du bekommst Informationen und Einblicke darüber, wie ein Leben mit dem Kiffen und den Drogen aussieht. Da gilt es, Nöte durchzustehen, Probleme zu bewältigen und jede Menge Schwierigkeiten zu überwinden. Das kann aus deinem Leben einen Alptraum machen, weil sich alles nur noch um die Sucht dreht.

    Du wirst durch meine Geschichte vieles besser verstehen und entsprechend handeln können. Aus unseren Erfahrungen kannst du lernen. Du wirst gestärkt und getröstet! Denn wie heißt es so schön: „Hinterher weiß man immer mehr und ist schlauer!" Und das stimmt! Ich würde sehr viel darum geben, wenn ich mit meinem heutigen Wissen noch einmal von vorne leben dürfte, aber das geht nun einmal nicht. Doch ich kann dir davon berichten, was wir erleben mussten und was ich heute anders machen würde.

    Woher habe ich diese besondere Kraft, der Drogensucht über so viele, lange Jahre die Stirn zu bieten? Diese übernatürliche Kraft hat mir Gott gegeben. Unsere Geschichte beweist das. Und nur Gott und ich wissen, was uns diese Jahre wirklich gekostet haben. Die Liebe zu meiner Tochter allein hätte niemals ausgereicht, eine so lange Zeit durchzustehen.

    Ich habe eine lebendige und von Gott geschenkte Hoffnung und Zuversicht. Ohne Gott wäre ich verloren gewesen. Ohne Gott hätte ich vor vielen Jahren längst aufgegeben. Ohne Gott hätte unsere Geschichte kein gutes Ende genommen. Ohne Gott gäbe es auch dieses Buch nicht. Es ist ein von Gott geschenktes Wunder, dieses Buch schreiben zu können.

    Nimm Gott ernst! Wenn einer helfen kann, dann ist es Gott, der Allmächtige. Ein Gespräch mit Gott ist immer eine gute Idee, weil Gott auf jedes unserer Gebete hört und reagiert. Gott hat mich niemals hängen oder im Stich gelassen! Er hat stets zur richtigen Zeit das richtige Wort, das mir Kraft zum Weiterleben gab. Was Gott für mich getan hat, kann er auch für dich tun.

    Wer versteht diese entsetzliche Sucht? Wer kann sie anderen Menschen verständlich machen? Nur, wer seine Erfahrungen mit dieser furchtbaren Sucht machen musste. Wer diesen Weg selbst gegangen ist, der hat ehrliche, hilfreiche und klare Worte. Darum kann ich Menschen ermutigen und ihnen neue Freude zum Leben und Kraft zum Durchhalten schenken!

    Sei zuversichtlich, egal, wie die Umstände auch sind! Ich will dich und euch von ganzem Herzen ermutigen: Gib dein Kind niemals auf! Gott ist ein Gott, der dich sieht, in deiner Hilflosigkeit und in deiner Verzweiflung. Kämpfen lohnt sich ganz sicher!

    Ja, ich öffne dir mein Herz und biete dir gerne meine Hilfe an.

    Und wenn dir das Buch am Ende geholfen hat, dann erzähle auch du anderen Menschen davon. Wenn wir das tun, können wir einander in schweren Zeiten sehr viel besser helfend zur Seite stehen. Wir müssen nur voneinander wissen. Reden wirkt Wunder.

    Das verhängnisvolle Geheimnis meines Lebens

    Ja, ich gebe mein wohlgehütetes Geheimnis preis. Ich muss es endlich loswerden, und das geht nur, wenn ich dir erzähle, worüber ich mich bislang niemals zu reden getraut habe. Denn nur dann wirst du verstehen, warum der Glaube an Gott für mich eine so bedeutende und wichtige Rolle spielt. Viel zu lange habe ich mich nur geschämt und still leidend schwiegen. Dieser eine verhängnisvolle Tag in meinem Leben hat fatale Folgen für mich, denn er hat mich in eine tiefe Krise mit negativen Langzeitfolgen gestürzt. Himmel noch mal, so ein schmerzvoller Schritt, du ahnst nicht, wie schwer das für mich ist! Bis heute war es mir unmöglich, darüber zu reden. Ich hätte mit meinen Kindern über dieses Thema reden müssen. Sie hätten aus diesen Fehlern für ihr Leben gelernt. Doch das war mir unmöglich. Es ging einfach nicht, so leid es mir tut.

    Und dies ist meine Geschichte mit Jesus Christus, der zu meinem Lebensretter, Erlöser und Heiler, Helfer und Tröster geworden ist:

    Ich wuchs mit meinen zwei Brüdern sehr behütet in einem christlichen Elternhaus auf. Wir lebten in einer kleinen heilen Welt. Jeden Sonntagmorgen gingen wir in unsere Baptistengemeinde. Das war ein langer Fußmarsch, vorbei an den offenen Fenstern der Reifenfabrik Continental in Hannover. Ich erinnere mich heute noch an diesen scheußlichen Gummigestank, der aus den weit geöffneten Fenstern in meine Nase drang.

    Meine Eltern gingen in den Gottesdienst, und wir drei Geschwister liefen fröhlich die Treppe hinunter in den Keller zur Sonntagschule. Dort sangen wir laut und liebend gern die tollen Kinderlieder und machten die lustigen Bewegungen dazu. Mit großen Ohren hörten wir uns mucksmäuschenstill die spannenden Jesusgeschichten aus der Kinderbibel an. Wir bastelten, spielten und hatten alle viel Spaß. Aber dass Jesus wirklich lebt, wurde für mich erst zu einer Tatsache, nachdem ich eine traumatische Erfahrung in meiner Jugend gemacht hatte.

    Er war ein smarter, gutaussehender Mann, der Traum von einem perfekten Schwiegersohn. Er war einer von denen, die glauben, sich alles erlauben zu dürfen. Er war auf der Jagd nach Mädchen, und wenn er sie hatte, waren sie für ihn erledigt. Er missbrauchte Mädchen nicht nur aus unserem Dorf. Das erfuhr ich allerdings erst viele Jahre später. Ich gehörte zu ihnen.

    Unsere Mütter waren beste Freundinnen. Nachdem ich zu einem kurzen Besuch in seinem Elternhaus gewesen war, brachte er mich zu Fuß nach Hause und nahm den Umweg durch den Wald – weil wir so nett miteinander redeten, wie er mir lächelnd ins Gesicht sagte. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als er mich auf einer Lichtung umarmte und zärtlich küsste. Dann ging alles sehr schnell. Er überrumpelte mich total. Weil ich einen Rock trug, gab ihm das noch einen großen Vorteil. Er hatte ein leichtes Spiel mit mir. Ich war so naiv und leicht reinzulegen. Ich schwöre, ich wusste wirklich nicht, was mir gerade geschah. Das wurde mir erst hinterher klar, als ich nach Hause lief. Igittigitt!! Selbst die längste Dusche meines Lebens konnte mir nicht wirklich helfen, mich wieder sauber zu fühlen.

    Das hatte ich so nicht gewollt: Mein „erstes Mal" war weg – unwiderruflich weg! Mein erstes Mal wollte ich mir doch für die Hochzeitsnacht bewahren, für meinen Ehemann, als Zeichen meiner Liebe! Das wollten zu jener Zeit viele Mädchen, genau wie ich. Er wollte dieser Mann nicht sein. Für ihn galt wohl das Motto: Warum denn die eine nehmen, wenn ich alle kriegen kann?

    Sein Interesse an mir galt nur für diesen einen Moment – das war eine sehr schmerzhafte Demütigung für mich. Ich war schwer gekränkt, weil er mir so wehgetan hatte. Das war eine Gemeinheit von der ganz üblen Sorte! Ich hatte einen seelischen Knacks weg und war völlig am Boden zerstört. An diesem Nachmittag, vor meinem Besuch bei ihm, hatte ich das letzte Mal mit meiner geliebten schönen Lieblingspuppe gespielt. Am Abend war meine heile Welt zerbrochen.

    Mit meinen Eltern konnte ich unmöglich darüber reden. Das durften sie niemals erfahren, so eine Angst hatte ich vor meinem Vater. Schließlich hatte er damit gedroht, den Mann, der mir die Unschuld raubt, mit nacktem Po auf einen Ameisenbau zu setzen und an einen Baum zu binden, nur für eine Nacht. Als Soldat hätte er ganz sicher freudige freiwillige Helfer dafür gefunden und auch einen Ameisenhaufen im Wald, wie er mir versicherte. Das war kein leeres Gerede, das hätte er hundertprozentig getan! Dieses nächtliche Ameisenerlebnis hätte ich ihm natürlich gegönnt. Gar keine Frage.

    So blieb ich nach diesem Missbrauch bitter enttäuscht, verschmäht und verzweifelt allein. Meine Kindheit war mit diesem Tag endgültig vorbei, meine Gefühlswelt ein Chaos. Ich verstand die Welt nicht mehr, und meine Eltern begriffen mich ebenfalls bald nicht mehr, weil ich plötzlich so schwierig war. Sie sorgten sich verzweifelt um ihre „Püppi".

    Vor lauter Scham vermied ich es, im Ort gesehen zu werden. Ich wollte mit niemand mehr etwas zu tun haben. Einem Jungen zu vertrauen, war von nun an schwierig für mich. So ein schreckliches Erlebnis wollte ich nicht noch einmal haben. Darum vermasselte ich mir auch jede noch so nette Beziehung in kürzester Zeit, weil ich keinem mehr so richtig glauben konnte. Wenn der erste Mann zur Enttäuschung wird, kann es für einen anderen ein steiniger Weg zum Herzen des Mädels werden. Das waren wirklich sehr schwere Tage in meinem Leben. Für meine Zukunft hatte ich bald keine große Hoffnung mehr.

    Es beeindruckt mich bis heute, wie in wenigen Sekunden einer Menschenseele ein unheilbarer Schaden zugefügt wird. Eine Vergewaltigung, wie auch immer sie geschieht, ist ein ungeheuerliches Gewaltverbrechen. Missbrauchte Menschen brauchen eine gute Seelsorge, um dieses Trauma zu überwinden. Jeder Missbrauch hinterlässt eine hässliche Narbe im Herzen, das kann ich heute bestätigen. Solch ein Erlebnis ist nur schwer loszuwerden. Vergessen geht gar nicht! Diese Erinnerung ist stark, sie bleibt ein ganzes Leben lang.

    Wenn ich von Missbrauch und Vergewaltigung höre oder lese, dann reagiere ich empfindlich darauf. Ich weiß, was das bedeutet: Leiden ohne Ende für die Opfer. Mein Blut kommt in Wallung, wenn diese Täter nicht oder nur so lasch oder gering bestraft werden, dass das für andere keine Abschreckung darstellt. Die Opfer tragen schweigend ihr Leid, meist ein Leben lang. Wenn unsere Kinder nicht vor Vergewaltigungen beschützt werden, dann wird uns die Quittung, die wir als ganzes Volk dafür erhalten, nicht gefallen. Missbrauch zu ignorieren, geht gar nicht. Wenn Vertrauen missbraucht wird, wiegt das schwer. Das ist wahr, und darum muss ich es sagen.

    Eine Wiederherstellung ist möglich, wenn Jesus die Seele und das Herz eines Menschen mit seiner Liebe heilt. Und genau das erlebte ich mit Jesus. Er heilte meinen Schmerz!

    Als ich mein erstes Auto, meinen VW Käfer hatte, bat Mutti mich oft, sie am Sonntagvormittag zum Gottesdienst zu fahren. Natürlich ging ich mit ihr in unsere Gemeinde, denn der Rückweg war zu weit. Es hätte sich nicht gelohnt, zwischendrin nach Hause zu fahren. Wieder sang ich die schönen Glaubenslieder und hörte mir die Predigten unseres Pastors an. Und mit jedem Sonntag verstand ich mehr: Wenn mir einer helfen kann, dann ist das Jesus Christus. Mir kam es so vor, als ob Jesus mir die Hand reichte und mich bat, ihm mein Leben mit allem, was mir Not machte, anzuvertrauen. Ich fing an, meine Bibel zu lesen, und was ich darin las, ermutigte mich. Es berührte mein Herz.

    „Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, soll gerettet werden!" Römer 10, Vers 13, Luther-Bibel

    Ja, genau das wollte ich! Jesus sollte auch zu meinem Retter werden. So ging ich an einem Sonntagnachmittag vor meinem Bett auf die Knie und faltete meine Hände. Ich erzählte Jesus weinend alles, was mir so schwer auf meinem Herzen lag. Danach lud ich Jesus in mein Leben ein und bat ihn, mir meine Fehler und meine schlimmen Sünden zu vergeben. Da hatte sich so einiges angesammelt. Jesus war da und es war, als ob er mich liebevoll umarmte. Mir wurde dabei ganz leicht ums Herz und ein tiefer Friede breitete sich in mir aus, wie ich das niemals zuvor erlebt hatte. Ich erlebte in diesem Moment, wie groß Gottes Liebe zu mir ist, obwohl er wirklich alles von mir wusste. Das war so erstaunlich! Nach

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1