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Das beste am Norden ist der Kommissar: 5 Nordkrimis
Das beste am Norden ist der Kommissar: 5 Nordkrimis
Das beste am Norden ist der Kommissar: 5 Nordkrimis
eBook626 Seiten7 Stunden

Das beste am Norden ist der Kommissar: 5 Nordkrimis

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Krimis

von Alfred Bekker:





Kommissar Jörgensen und der programmierte Mord

Kommissar Jörgensen und die chinesischen Juwelen

Der Fall mit dem großen Chef

Der Fall mit den Todesbriefen

Der Fall mit dem Pastor



»Moin«, sagte ich. »Mein Name ist Kriminalhauptkommissar Uwe Jörgensen, Kripo Hamburg, Spezialabteilung. Und ich habe ein paar Fragen an Sie.« Ich befand mich in der JVA Fuhlsbüttel, im Volksmund auch Santa Fu genannt.
Der Mann, der mir gegenübersaß war über und über mit Tattoos bedeckt. Er war Rausschmeißer auf der Reeperbahn gewesen. Weil er jemanden zu heftig rausgeschmissen hatte, saß er jetzt hier. Der Betreffende war nämlich gestorben. Er hieß bürgerlich Jürgen Mückendorf. Aber auf St. Pauli war er immer schon als Queequeg-Jürgen bekannt gewesen. Queequeq - wie der tätowierte Harpunist in Moby Dick.
Queequeg-Jürgen hatte gute Ohren. Er bekam alles mit und viele erzählten ihm vieles. Darum lohnte es sich manchmal, ihm zuzuhören, wenn man was erfahren wollte.
»Sie sind das also«, sagte er.
»Ja, ich bin das.«
»Ich meine: Sie sind der Kerl, auf den es der Albaner abgesehen hat, wie man so hört.«
»Sowas hört man«, bestätigte ich.
Der 'Albaner' war ein bekannter Profi-Killer. Niemand kannte seine wahre Identität. Aber ich war gewarnt worden. Jemand hatte dem Albaner den Auftrag gegeben, mich zu töten. Jemand, der sich an mir rächen wollte. Jemand vielleicht, den ich nach Santa Fu gebracht hatte und der mir das einfach nicht verzeihen konnte. Jemand mit sehr viel Geld im Hintergrund natürlich, denn der Albaner war nicht billig.
Natürlich interessierte es mich, wer den Albaner beauftragt hatte.
Und Queequeg-Jürgen behauptete, dazu etwas sagen zu können.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum30. Nov. 2022
ISBN9783745225853
Das beste am Norden ist der Kommissar: 5 Nordkrimis
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Das beste am Norden ist der Kommissar - Alfred Bekker

    Das beste am Norden ist der Kommissar: 5 Nordkrimis

    von Alfred Bekker

    Dieser Band enthält folgende Krimis

    von Alfred Bekker:

    Kommissar Jörgensen und der programmierte Mord

    Kommissar Jörgensen und die chinesischen Juwelen

    Der Fall mit dem großen Chef

    Der Fall mit den Todesbriefen

    Der Fall mit dem Pastor

    »Moin«, sagte ich. »Mein Name ist Kriminalhauptkommissar Uwe Jörgensen, Kripo Hamburg, Spezialabteilung. Und ich habe ein paar Fragen an Sie.« Ich befand mich in der JVA Fuhlsbüttel, im Volksmund auch Santa Fu genannt.

    Der Mann, der mir gegenübersaß war über und über mit Tattoos bedeckt. Er war Rausschmeißer auf der Reeperbahn gewesen. Weil er jemanden zu heftig rausgeschmissen hatte, saß er jetzt hier. Der Betreffende war nämlich gestorben. Er hieß bürgerlich Jürgen Mückendorf. Aber auf St. Pauli war er immer schon als Queequeg-Jürgen bekannt gewesen. Queequeq - wie der tätowierte Harpunist in Moby Dick.

    Queequeg-Jürgen hatte gute Ohren. Er bekam alles mit und viele erzählten ihm vieles. Darum lohnte es sich manchmal, ihm zuzuhören, wenn man was erfahren wollte.

    »Sie sind das also«, sagte er.

    »Ja, ich bin das.«

    »Ich meine: Sie sind der Kerl, auf den es der Albaner abgesehen hat, wie man so hört.«

    »Sowas hört man«, bestätigte ich.

    Der ‘Albaner’ war ein bekannter Profi-Killer. Niemand kannte seine wahre Identität. Aber ich war gewarnt worden. Jemand hatte dem Albaner den Auftrag gegeben, mich zu töten. Jemand, der sich an mir rächen wollte. Jemand vielleicht, den ich nach Santa Fu gebracht hatte und der mir das einfach nicht verzeihen konnte. Jemand mit sehr viel Geld im Hintergrund natürlich, denn der Albaner war nicht billig.

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    Alfred Bekker

    © Roman by Author

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    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

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    Kommissar Jörgensen und der programmierte Mord

    von Alfred Bekker

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    Alles rund um Belletristik!

    Kommissar Jörgensen und der programmierte Mord

    von Alfred Bekker

    1

    Mein Name ist Uwe Jörgensen und ich bin Kriminalhauptkommissar in Hamburg. Zusammen mit meinem Freund und Kollegen Roy Müller gehöre ich einer Sondereinheit an, die sich vor allem mit den sogenannten großen Fällen beschäftigt, worunter meistens nichts anderes als die sogenannte organisierte Kriminalität zu verstehen ist.

    Kriminalpolizeiliche Ermittlungsgruppe des Bundes, so nennt sich die Abteilung.

    Einmal im Monat gehe ich auf den Schießstand, um mich in der Handhabung meiner Dienstwaffe zu üben.

    Ja, ich gebe zu: auch ich schieße manchmal daneben.

    Im Ernstfall könnte das ein Menschenleben kosten.

    Entweder mein eigenes oder das eines Kollegen oder einer Geisel… Da lassen sich viele verhängnisvolle Situationen konstruieren. Noch schlimmer wäre, wenn man im Einsatz den Falschen trifft - und auch sowas kommt vor. Oder man trifft jemanden, die Kugel durchschlägt den Körper und tötet am Ende noch jemand anderen, der völlig unbeteiligt ist. Auf das Problem von Querschlägern will ich an dieser Stelle gar nicht erst eingehen.

    Schießereien, bei denen nur das getroffen wird, was getroffen werden soll, gibt es nur im Film.

    Und selbst da geht manchmal was daneben.

    Also wäre es doch eigentlich schön, wenn es Munition gäbe, die sich ihr Ziel selber sucht.

    Munition, die ihr Ziel nicht verfehlen kann, egal wie schlecht oder unvorsichtig der Schütze ist.

    Munition, die programmiert werden kann und das Ziel verfolgt.

    Fast so, wie eine Drohne - nur viel kleiner.

    Glauben Sie mir: Das wäre ein Albtraum.

    Aber es wird längst daran gearbeitet, ihn wahr werden zu lassen.

    *

    Lee Jiang betrat mit seinem Gefolge das Nobellokal 'Schlemmertempel' in der Saarlandstraße. Der kahlköpfige Mann mit den asiatisch-starren Gesichtszügen wurde von einem Dutzend Männern in dunklen Maßanzügen begleitet. Die meisten von ihnen trugen MPis im Anschlag. Sie flankierten ihren Chef von allen Seiten.

    Lee Jiang selbst trug eine kugelsichere Kevlar-Weste unter dem Jackett.

    Der große Boss aus St Pauli blieb stehen, fixierte mit seinem Blick die Männer, die bereits an der langen Tafel Platz genommen hatten.

    Es handelte sich um Mario Savoca und seine kalabrischen ‘Ndrangheta-Leute. Blitzschnell gingen auch bei ihnen die Hände zu den Waffen. Ein Dutzend Mündungen von MPis und automatischen Pistolen zeigten in Richtung der Chinesen.

    Der Kellner wartete erstarrt neben dem Buffet.

    Sekundenbruchteile lang herrschte Stille.

    Dann murmelte Lee Jiang einen knappen Befehl auf Kantonesisch. Seine Männer senkten die Waffen. Das Gesicht des Chinesen blieb völlig unbewegt.

    »Verstehen Sie so einen Empfang etwa als Ausdruck Ihrer Gastfreundschaft, Herr Savoca?«, fragte er in makellosem Deutsch.

    Mario Savoca war noch keine dreißig. Ein fast zierlich wirkender Mann, mit kinnlangem, schwarzblauem Haar und dünnem Knebelbart, bis auf den Millimeter genau rasiert. Eine dunkle Sonnenbrille verdeckte seine Augen. Er zögerte noch eine Sekunde, machte dann seinen Leuten ein Zeichen.

    Auch die senkten jetzt die Waffen, die Lage entspannte sich.

    »Setzen Sie sich!«, bot Savoca an.

    Lee Jiang nickte. Zusammen mit einem Teil seines Gefolges trat er an die Tafel heran, während sich der Rest im Raum verteilte. Jemand zog für den Chef den Stuhl zurück, Jiang setzte sich.

    »Ein schönes Lokal haben Sie für dieses Treffen ausgesucht«, sagte der Mann anerkennend.

    Savoca grinste schief, kicherte, wischte sich mit dem Ärmel über den Mund.

    »Seit kurzem gehört es mir«, erklärte er.

    »Mein Respekt.«

    »Ihre Gorillas können hier ruhig herumschnüffeln, soviel sie wollen! Meinetwegen auch in der Küche! Ich habe nichts dagegen.«

    »Ich gehe davon aus, dass Sie ein Ehrenmann sind, Herr Savoca.«

    »Ach, ja?«

    Savoca grinste.

    Lee Jiangs Gesicht blieb unbeweglich wie eine Maske.

    »Sollte sich etwas anderes herausstellen, gibt es keinen Ort auf der Welt, an dem Sie noch sicher wären. Ich - oder mein Nachfolger - würden sich dann nicht nur damit begnügen, Sie einfach zu töten ...«

    Savocas Gesichtsausdruck wurde hart.

    »Wollen Sie mir drohen?«

    »Ich möchte das Geschäft mit Ihnen neu ordnen.«

    »Es wird uns niemand dabei stören«, erklärte Savoca.

    »Wie Sie sehen, haben wir diesen Nobelschuppen heute für uns ganz allein.«

    »Es gab in der Vergangenheit einige Unstimmigkeiten, die wir aus der Welt schaffen sollten. Einen Krieg können wir uns im Moment beide nicht leisten.«

    Savoca bleckte die Zähne.

    »Ich teile Ihre Analyse, Herr Jiang.«

    Einer der Bodyguards, die Jiang begleiteten, hatte sich an der großen Fensterfront postiert. Er blickte hinaus. 'Schlemmertempel' lag im 10. Stock. Man hatte eine traumhafte Aussicht auf den Stadtpark.

    Der Bodyguard genoss sie einige Augenblicke lang. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck.

    Es verzog sich zu einer Maske des Entsetzens.

    Er trat einen Schritt zurück, schrie ein paar Worte auf Kantonesisch.

    Die Chinesen an der Tafel wirbelten herum.

    Auch Savocas Männer starrten jetzt zur Fensterfront.

    Das Glas zersprang.

    Pfeilschnell drang ein Geschoss ins Innere des 'Schlemmertempel’'.

    Sekundenbruchteile danach gab es eine gewaltige Detonation, der einen Moment später noch eine zweite und dritte folgte.

    Die Todesschreie gingen im Lärm der Explosionen unter.

    Eine mörderische Druckwelle breitete sich aus, ließ menschliche Körper wie Puppen durch den Raum fliegen. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich 'Schlemmertempel' in eine grausame Flammenhölle.

    2

    Die Saarlandstraße war durch die zahllosen Einsatzfahrzeuge völlig blockiert. Wagen der Polizei und der Feuerwehr befanden sich dort. Außerdem mehrere Krankenwagen, Fahrzeuge von Notärzten, Einsatzwagen des Kriminalpolizei und dem zentralen Erkennungsdienst aller Hamburger Polizeieinheiten.

    Ich stellte den Sportwagen am Stadtpark ab. Roy und ich stiegen aus.

    Einige hundert Schaulustige hatten sich angesammelt. Die Kollegen der Polizei hatten ihre Mühe, sie davon abzuhalten, näher an den Tatort heranzugehen.

    Wir starrten die Fassade des Hochhauses hinauf. In Etage 10 war es geschehen. Die Folgen der gewaltigen Explosion, die sich ereignet hatte, waren auch von außen nicht zu übersehen. Eine Rauchsäule hing über dem Stadtpark. Aber es quoll nichts mehr aus der zerstörten Fensterfront der 10. Etage heraus. Offenbar war der Brand gelöscht.

    Ein gewaltiger Rußfleck verdunkelte die Fassade auf einer Fläche von mindestens zwanzig Quadratmetern.

    Roy und ich zeigten den Kollegen unsere Dienstausweise, nachdem wir uns durch die Schaulustigen gedrängelt hatten. Ein Polizist winkte uns weiter.

    Wir erreichten das Foyer.

    Die Security-Leute wirkten ziemlich hektisch. Der Einsatzleiter der Feuerwehr gab über Walkie-Talkie seine Befehle.

    Wir mussten noch einmal unsere Ausweise vorzeigen. Der Einsatzleiter wurde auf uns aufmerksam.

    »Kriminalpolizei?«, fragte er. »Ihre Kollegen vom Erkennungsdienst sind schon oben.«

    »Haben Sie eine Ahnung, was hier passiert ist?«, fragte Roy.

    »Fragen Sie mich Leichteres. Es sieht aus, als hätte jemand eine Handgranate durchs Fenster geworfen!«

    »In den 10. Stock?«, hakte Roy nach.

    »Ich sagte ja nur, dass es so aussieht. Wenn Sie wollen, können Sie hinauf, aber Sie müssen über das Treppenhaus. Die Aufzüge sind noch nicht wieder in Betrieb.«

    Ich atmete tief durch. Das hatte ich schon befürchtet.

    Aber das war bei jedem Hochhausbrand die eiserne Regel: Nie die Fahrstühle benutzen! Da konnte man nicht vorsichtig genug sein.

    So blieb uns nichts anderes übrig, als das Treppenhaus zu benutzen. Immer zwei Stufen nahmen wir auf einmal.

    »Nimm's als Konditionstraining!«, meinte Roy.

    »Ich dachte eigentlich, dass ich genug in dieser Hinsicht tue.«

    »Wird sich gleich zeigen, Uwe!«

    »Ach ja?«

    »Wenn wir oben sind und du kriegst immer noch Luft, dann bist du in Form.«

    »Sehr witzig!«

    Wir brauchten eine ganze Weile, bis wir die 10. Etage erreichten und jene Räume betraten, in denen sich noch vor kurzem ein Nobelrestaurant mit dem klangvollen Namen 'Schlemmertempel' befunden hatte.

    Der Anblick war entsetzlich, der Geruch beinahe unerträglich. Überall waren Spurensicherer bei der Arbeit.

    Kommissar Ronny Kiwinzky begrüßte uns.

    »Hallo, Uwe!« Er sah ziemlich mitgenommen aus. »Frag mich nicht, was hier genau passiert ist. Wir können mit Sicherheit nur sagen, dass eine gewaltige Detonation stattgefunden hat. Es gibt schätzungsweise zwanzig Todesopfer. Genau können wir das nicht sagen. Bis die Toten allesamt identifiziert sind, kann es eine Weile dauern.«

    »Ja«, nickte ich düster.

    Und Roy fragte: »Keine Überlebenden?«

    »Doch, zwei. Der eine heißt Georg Hummels und arbeitete hier als Kellner. Der Mann liegt im Koma, hat schwerste Verletzungen und wird vielleicht nicht durchkommen.«

    »Wie konnte er die Detonation überleben?«, erkundigte ich mich.

    »Er muss in der Tür zur Küche gestanden haben und wurde dann zurückgeschleudert.«

    »Und der andere?«, hakte ich nach.

    »Mark Millner der Koch des 'Schlemmertempel'. Er befand sich zum Zeitpunkt der Explosion in der Küche.«

    »Ist er ansprechbar?«

    »Körperlich fehlt ihm kaum etwas. Aber er steht unter Schock, redet nur noch wirres Zeug.«

    »Ich verstehe ...«

    »Der Besitzer dieses Ladens ist übrigens seit kurzem ein gewisser Mario Savoca«, berichtete Kiwinzky »Das ist für euch ja wohl kein Unbekannter!«

    »Allerdings«, nickte ich.

    Mario Savoca war unseren Informationen nach eine aufstrebende Größe in der Hamburger Unterwelt. Wir verdächtigen ihn in illegale Waffengeschäfte verwickelt zu sein. Bislang lagen allerdings nicht genügend gerichtsverwertbare Indizien vor.

    »Gibt es Hinweise darauf, ob Savoca unter den Toten ist?«, fragte mein Freund und Kollege Roy Müller.

    Kiwinzky hob die Augenbrauen.

    »Wie kommst du darauf?«

    »Weil wir von einem Informanten wissen, dass hier ein Treffen zwischen Savoca und Lee Jiang stattfinden sollte.«

    Kiwinzky pfiff durch die Zähne.

    »Eine Konferenz der Bosse!«

    »Ja, so könnte man sagen.«

    »Roy, wir haben keine Ahnung, wer die Toten sind. Noch nicht ...«

    In diesem Moment trafen unsere Kollegen Stefan Czerwinski und Ollie Medina ein. Sie wurden von dem Kollege Barkow, einem unserer Sprengstoffexperten, begleitet.

    Kollege Barkow ließ den Blick kreisen.

    »Das wird nicht einfach«, meinte er. Er wandte sich an mich. »Die Verwüstungen sind so groß, dass es schwer werden wird, noch irgendwelche aussagekräftigen Spuren zu finden.«

    »Eine Angabe zur Beschaffenheit des Sprengstoffs würde uns schon ein Stück weiterbringen«, sagte ich.

    Barkows Gesicht wurde skeptisch.

    »Du wirst Geduld haben müssen, Uwe.«

    Eine halbe Stunde später waren wir immerhin etwas schlauer. Die Videoüberwachungsanlage des privaten Sicherheitsdienstes hatte genau festgehalten, wer sich hier getroffen hatte.

    Savoca und seine Kalabrier waren etwa zwanzig Minuten vor Jiang und seinen Männern eingetroffen. Jetzt lebte vermutlich keiner mehr von ihnen.

    Genau wussten wir das erst, wenn wir überprüft hatten, wer von diesen Männern das Gebäude wieder verlassen hatte.

    Wir beschlagnahmten sämtliche Videobänder der letzten Tage. Unsere Innendienstler würden sie sich vornehmen müssen. Irgendwie musste die Sprengladung in das Restaurant 'Schlemmertempel' gebracht worden sein. Bislang hatten wir keine Ahnung, wie das geschehen sein konnte. Alle diejenigen, die uns darüber hätten Auskunft geben können, waren tot oder nicht aussagefähig.

    »Der Täter - beziehungsweise sein Auftraggeber - muss von dem Treffen gewusst haben«, stellte Roy fest. »Und er muss irgendeinen Nachteil von einer Einigung zwischen den Kalabriern und Jiangs Leuten befürchtet haben.«

    Ich nickte.

    »Wenn man unseren Informanten glauben kann, dann überschneiden sich die Interessen beider Gruppen beim illegalen Waffenhandel.«

    »Dann wette ich, dass wir in der Waffenhändler-Szene auch früher oder später auf jemanden treffen, der einen Vorteil von diesem Verbrechen hat.«

    Etwas später traf Tim Kordan ein. Kordan war der Geschäftsführer des 'Schlemmertempel'.

    Im Gegensatz zu dem bedauernswerten Koch, der jetzt die Hilfe eines Psychologen brauchte, war Kordan zur Zeit des Sprengstoffanschlags nicht im Gebäude gewesen. Wir unterhielten uns in einem Nebenraum mit ihm, der von den Security-Leuten als Umkleide benutzt wurde.

    »Herr Kordan, wann haben Sie von dem Treffen erfahren, das im 'Schlemmertempel' stattfinden sollte?«, fragte ich.

    Kordan, ein Mittdreißiger mit dunklen Haaren und kantigem Gesicht, hob die Augenbrauen.

    »Ich weiß nicht, von was für einem Treffen Sie reden«, behauptete er.

    »Spielen Sie nicht den Ahnungslosen!«, forderte ich. »Sie sind der Geschäftsführer. Sie können mir nicht erzählen, dass Sie nicht wussten, wer sich heute im 'Schlemmertempel' getroffen hat. Schließlich war das Lokal für alle anderen Gäste geschlossen.«

    Kordan atmete tief durch.

    »Kann ich meinen Anwalt sprechen?«

    »Natürlich, wenn Sie wollen ... Ich nehme an, es handelt sich um Herrn Rechtsanwalt Taubert, den Sie jetzt anrufen wollen.«

    Kordan wirkte verblüfft. »Wie ...?«

    »Taubert ist der Anwalt von Herrn Savoca - und der 'Schlemmertempel' gehört ihm doch seit kurzem.«

    »Eigentümer ist Herr Winfeld Kross«, korrigierte mich Kordan.

    »Ein Strohmann«, erwiderte ich.

    »Wollen Sie mir was anhängen, oder was? Ich bin der Geschäftsführer, nichts weiter, Herr Jörgensen.«

    »Irgendwie muss die Sprengladung in das Lokal gelangt sein. Haben Sie eine Ahnung, wie das geschehen sein könnte?«

    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«

    »Wissen Sie etwas über die näheren Umstände, unter denen 'Schlemmertempel' in Mario Savocas Besitz übergegangen ist?«

    Kordans Nasenflügel bebten.

    »Was soll das ganze Theater? Warum werden mir solche Fragen gestellt? Ich mache hier meinen Job und fertig. Das ist alles!«

    Ich nickte nur, wechselte einen Blick mit Roy.

    »Sie können gehen«, meinte Roy. »Wenn wir noch Fragen an Sie haben, melden wir uns.«

    Kordan blickte von einem zum anderen. Dann verließ er den Raum.

    »An dem Kerl ist etwas faul«, meinte ich. »Der weiß sehr viel mehr, als er uns weismachen will, da bin ich mir sicher.«

    »Ja, aber im Moment hat es wenig Sinn, mehr aus ihm herauspressen zu wollen.«

    Ich zuckte die Schultern.

    »Schon merkwürdig, dass der Geschäftsführer des 'Schlemmertempel' ausgerechnet an dem Tag nicht im Laden ist, an dem sich dort eine Explosion ereignet ...«

    Wir befragten noch Dutzende von Personen. Anlieger, Geschäftsleute, deren Büros im gleichen Gebäude lagen, Menschen die vielleicht irgendetwas beobachtet hatten.

    Zwischendurch rief Herr Bock an. Der Chef des Hamburger Kriminalpolizei hatte inzwischen jeden verfügbaren Beamten zu unserer Unterstützung abgestellt.

    Die Sorge, die dahinterstand, war klar.

    Das Attentat mochte der Vorbote eines Gangsterkrieges sein. Von den Spannungen in der Waffenhändlerszene wussten wir schon seit längerem. Auch davon, dass Mario Savoca ein sehr ehrgeiziger Mann gewesen war, der versucht hatte, den illegalen Waffenmarkt nach und nach unter seine Kontrolle zu bekommen.

    »Wer immer dieses Attentat ausgeheckt hat, wollte möglicherweise ganz bewusst beide aus dem Weg räumen - Lee Jiang und Savoca«, meinte Roy.

    »Du meinst, eine fremde kriminelle Vereinigung versucht hier mit Brachialgewalt Fuß zu fassen?«, fragte ich.

    Roy nickte.

    »Für mich sieht das so aus.«

    Am späten Nachmittag tauchte dann eine Spur auf, die unseren Ermittlungen später eine ganz andere Richtung geben sollte.

    Wir sprachen mit Cedric Martin, der ein Stockwerk unterhalb des 'Schlemmertempel' als Senior Director der Werbeagentur Martin & Friends fungierte.

    »Ich habe es genau gesehen«, behauptete Martin. »Ich stand am Fenster, blickte hinaus auf den Stadtpark ... Wissen Sie, manchmal kommt man in einer Kampagne einfach nicht weiter und dann ...«

    »Was genau haben Sie gesehen?«, hakte ich nach.

    »Etwas, das durch die Luft flog ... Ich meine, es ging so rasend schnell ... Ich dachte zumindest, dass da etwas fliegt. Ein Ding, das nicht größer als ein Stein gewesen sein kann!« Er atmete tief durch, fuhr sich mit einer nervösen Handbewegung durch das graue, kurz geschorene Haar.

    Er zeigte uns die Stelle in seinem Büro, wo er gestanden hatte. Der Brandgeruch war auch bis hierhin vorgedrungen. Aber die Scheiben der Fensterfront wiesen nur einige Sprünge auf. Weiter hatte die Explosion in der Etage darüber sie nicht in Mitleidenschaft gezogen - abgesehen von ein paar Eimern Putz, die von der Decke gerieselt waren. Ein weißgrauer Staubfilm lag über der gesamten Einrichtung der Agentur.

    »Hier genau habe ich gestanden«, sagte Martin. »Im ersten Moment dachte ich, ich bilde mir etwas ein, dann kam dieses Ding dahergezischt ... Es gab erst ein Geräusch wie von einem Aufprall, dann klirrte es, so als würde eine Scheibe zu Bruch gehen. Ich dachte erst an einen Vogel. Wissen Sie, es wäre ja nicht das erste Mal, dass so ein Tier in eine Scheibe hineinfliegt, weil sich der Himmel darin spiegelt.«

    »Aber dies war kein Vogel?«, hakte ich nach.

    Er schüttelte den Kopf.

    »Nein«, flüsterte er. »Sekundenbruchteile später folgte die Explosion.«

    Ich trat ans Fenster heran, blickte hinaus.

    Die Zahl der Schaulustigen unten an der Straße hatte sich inzwischen deutlich verringert.

    Der Verkehr auf der Saarlandstraße hatte sich normalisiert, ein Großteil der Einsatzfahrzeuge war abgezogen. Ich sah auf den Stadtpark hinaus. Roy trat neben mich.

    Und er dachte dasselbe wie ich.

    »Siehst du da irgendwo einen Punkt, von dem aus man in den 10.Stock dieses Hauses ein Geschoss hineinjagen könnte, Uwe?«

    Ich schüttelte den Kopf.

    »Aus jeder anderen Richtung wäre das eher möglich gewesen, als ausgerechnet aus dieser«, meinte ich.

    Der Stadtpark lag im Mittel um die 60 Meter unter uns.

    Es gab keine Erhebungen, die wesentlich über dieses Niveau hinausgingen. Und andere, ähnlich hohe Gebäude, von denen aus jemand hätte schießen können, gab es nur in entgegengesetzter Richtung.

    »Wollen Sie etwa behaupten, dass ich Unsinn rede?«, fragte Martin etwas ungehalten.

    »Nein«, versicherte ich. »Wir nehmen Ihre Aussage sehr ernst.«

    3

    Dr. Alex Fernow knüllte den Zettel zusammen. Jemand musste ihn durch den Belüftungsschlitz in seinen Spind hineingeschoben haben.

    '22.30 im Labor!', hatte auf dem Zettel in ungelenk wirkenden Druckbuchstaben gestanden. Darunter und etwas kleiner der Zusatz: 'Wir müssen reden.'

    Alex Fernow zerriss den Zettel nun sorgfältig und ließ die Fetzen in den Papierkorb segeln.

    Verdammt!, dachte er. Musste das unbedingt jetzt sein sein? Nach diesem Tag?

    Fernow kratzte sich nachdenklich am Kinn, das von einem grauen Stoppelbart bedeckt wurde.

    Er hatte gerade eine strapaziöse Sitzung mit dem Vorstand von Lonberg Electronics hinter sich. Ihm rauchte immer noch der Kopf. Fernow arbeitete in der wissenschaftlichen Entwicklungsabteilung der aufstrebenden Firma im Osten von Wandsbek. Sein Spezialgebiet waren elektronische Steuerelemente und Relais von mikroskopischer Größe. Fernow hatte schon auf diesem Gebiet promoviert und galt mittlerweile als eine der größten Kapazitäten im Bereich der Mikroelektronik.

    Er hatte den Labortrakt des Lonberg Zentralgebäudes an diesem Abend eigentlich nur deswegen noch einmal betreten, weil er den Regenmantel mit den Wagenschlüsseln aus seinem Spind holen musste, bevor er nach Hause fahren konnte.

    Fernow schloss den Spind wieder. In einem Schrank auf der anderen Seite des Umkleideraums hingen die hauchdünnen, weißen Staubschutzoveralls, die jeder tragen musste, der die Labore von Lonberg Electronics betrat. Schon winzige Staubmengen hätten ansonsten dafür sorgen können, dass die Prototypen hochmoderner Mikrochips nicht mehr funktionierten.

    Fernow streifte den Overall über, dann verließ er den Umkleideraum und passierte mit Hilfe seines Ausweises ein System von Schleusen.

    Auf den Korridor traf er niemanden mehr. Nicht um diese Zeit.

    Er erreichte das eigentliche Labor, ein Raum, in dem Dutzende von Computern und Schaltkonsolen standen. Durch ein Sichtfenster getrennt war ein Raum zu sehen, in dem elektronisch gesteuerte Roboterhände mit unglaublicher Präzision arbeiten konnten. Jetzt ragten sie wie erstarrt in den Raum. Hier und da leuchteten Kontrolllampen.

    Fernow sah sich um.

    »Erik?«, rief er.

    Fernow bekam keine Antwort, blickte auf die Uhr.

    Ein paar Minuten würde er Erik Domwehr noch geben. Fernow tickte nervös mit den Fingern auf einem der Tische herum.

    Warum ausgerechnet das Labor als Treffpunkt?

    Dann fiel Fernows Blick auf eine der Kontrollanzeigen.

    Da stimmte etwas nicht ...

    Fernow trat an die Anzeigen heran, runzelte die Stirn.

    Ein Stromausfall, ging es ihm siedend heiß durch den Kopf. Es musste hier vor kurzem einen Stromausfall gegeben haben. Aber angesichts der Tatsache, dass das Labor über mehrere eigenständige Notsysteme verfügte, war das eigentlich so gut wie unmöglich.

    Fernow berührte einen der Schalter.

    Ein grellweißer Blitz zuckte aus der Schaltkonsole heraus, tanzte Fernows Arm bis zur Schulter empor. Das schüttere Haar stellte sich auf, Fernows Hand schien an der Konsole zu kleben.

    Er zitterte heftig, wie von grausamen Krämpfen geschüttelt. Es gab nichts, was er gegen die Kontraktionen seiner Muskeln tun konnte.

    In diesem Moment trat ein Mann durch eine Schiebetür ein, die zu einem bis dahin geschlossenen Nebenraum führte, der als Lager für elektronische Bauteile diente.

    Der Mann lächelte kalt, während er beobachtete, wie Fernow hilflos an der Schaltkonsole hing.

    Er wartete. Dann trat er an eine andere Konsole heran, legte einen Schalter um.

    Das zischende Geräusch verstummte.

    Fernow fiel zu Boden und blieb reglos liegen.

    Sein Mörder trat an ihn heran, kniete kurz nieder, um zu überprüfen, ob der Elektroniker auch wirklich tot war. Dann erhob der Mörder sich und verließ das Labor.

    4

    Es war kurz nach Dienstbeginn, als wir im Besprechungszimmer unseres Chefs saßen. Kriminaldirektor Bock hatte Roy und mich zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Kollegen zu sich bestellt. Wir sollten auf den neuesten Stand der Ermittlungen gebracht werden.

    Die Labore der Erkennungsdienste und unsere eigenen Spezialisten hatten die ganze Nacht hindurch gearbeitet. Das Sprengstoff-Attentat im 'Schlemmertempel' besaß höchste Priorität.

    Roy unterdrückte ein Gähnen und nahm einen Schluck von Mandys vorzüglichem Kaffee. Wir hatten bis in den späten Abend hinein noch Zeugen befragt. Uns allen rauchten noch immer die Köpfe davon.

    Jetzt würde sich vielleicht zeigen, was von diesem Wust an zum Teil sehr widersprüchlichen Aussagen durch harte Fakten aus den Laboren untermauert wurde.

    Rolf Zellner, einer der Erkennungsdienstler, fasste die Erkenntnisse vom Tatort für uns zusammen. Mit einem Projektor warf er dabei stark vergrößerte Fotos vom Tatort an die Wand.

    »Zunächst einmal dachten wir an einen gewöhnlichen Sprengstoffanschlag unter Verwendung eines herkömmlichen Plastiksprengstoffs, der mit einem Zeit- oder Fernzünder versehen wurde. Um so schwere Zerstörungen anzurichten, wie sie im 'Schlemmertempel' vorliegen, muss sich die Sprengladung mitten im Raum befunden haben, etwa ein Meter fünfzig oberhalb des Fußbodens.«

    »Sie meinen, einer der Männer, die bei dem Treffen der Bosse anwesend waren, hat die Bombe mitgebracht?«, hakte unser Kollege Fred Rochow nach.

    Rolf Zellner nickte.

    »Ja, ein Selbstmordanschlag, das war unser erster Gedanke. Aber dann fanden wir einige seltsame Metallsplitter aus einer besonders harten Legierung. Wir haben die Splitter zusammenzusetzen versucht. Sie könnten aus einem Objekt stammen, das etwa die Größe eines Kugelschreibers besitzt.« Zellner zeigte uns ein paar Abbildungen. »Auf einem der Splitter«, so fuhr Zellner fort, »ist eine Art Signatur eingestanzt. Sie ist nicht vollständig erhalten. Nur einziges Wort.«

    Eine starke Vergrößerung wurde eingeblendet.

    LONBERG stand dort gut erkennbar in Großbuchstaben.

    »Können Sie sich irgendeinen Reim darauf machen?«, hakte Herr Bock nach.

    Zellner hob die Schultern.

    »Nun, was diesen Punkt angeht, gebe ich das Wort lieber an Ihren Kollegen Max Warter, ab.«

    Alle Augen richteten sich auf Max. Er wirkte ebenfalls ziemlich übernächtigt.

    Der Innendienstler deutete auf einen Stapel mit Computerausdrucken.

    »Ich habe per EDV-Recherche herauszufinden versucht, wofür die Buchstaben LONBERG wohl stehen könnten und bin auf die Firma LONBERG ELECTRONICS GmbH gestoßen. Sie werden gleich ein kleines Dossier bekommen, in dem die wichtigsten Daten zu diesem Unternehmen zusammengefasst sind.«

    Die Dossiers wurden ausgeteilt.

    Während Warter fortfuhr, überflog ich das Wichtigste.

    Lonberg hatte seinen Firmensitz in Wandsbek. Eine Hightech-Firma, die sich auf hochmoderne elektronische Steuerungssysteme spezialisiert hatte. Sie war ein wichtiger Zulieferer für die Luft- und Raumfahrt sowie die Militärtechnik. Außerdem galt sie als führender Entwickler sogenannter 'Smart Weapons'.

    'Intelligente Munition', die ihr Ziel selbständig erfassen, verfolgen und vernichten kann. Die Marschflugkörper herkömmlicher Machart oder die im Kosovo eingesetzten vollautomatischen Aufklärungsdrohnen waren nur eine Vorstufe dessen, wovon man in den Verteidigungsministerien der ganzen Welt träumte: Winzige Flugkörper, die selbständig über große Distanzen hinweg navigieren und Sprengladungen in ein gegnerisches Hauptquartier bringen konnten. Nicht eine ganze Stadt sollte unnötig zerstört werden, sondern unter Umständen nur ein einzelnes Büro. Wie weit man auf diesem Weg schon war, blitzte nur hin und wieder mal in den Medien auf.

    Warter beendete seine Ausführungen. Kollege Zellner ergriff wieder das Wort.

    »Auch in Anbetracht der Tatsachen, die Kollege Warter vorgebracht hat, müssen wir davon ausgehen, dass die Sprengladung durch eine Art ferngelenktes Geschoss in das Restaurant 'Schlemmertempel' gelangte.«

    Das passte im Übrigen auch mit der Aussage des Werbeagenten Martin zusammen, die mir am Tag zuvor noch ziemlich eigenartig vorgekommen war.

    Herr Bock wandte sich an Roy und mich.

    »Ich möchte, dass Sie beide sich die Verantwortlichen bei Lonberg Electronics vorknöpfen. Immerhin ist bei diesem Attentat offenbar ein Produkt aus deren Fertigung verwendet worden.«

    »In Ordnung, Herr Bock«, sagte ich.

    Unser Chef wandte sich an Stefan Czerwinski.

    »Stefan, versuchen Sie alles, was wir in der Waffenhändler-Szene an Informanten haben, zu aktivieren. Wenn wirklich Hightech-Waffen, wie Lonberg Electronics sie herstellt, im Umlauf sind, dann muss doch irgendjemand davon gehört haben.«

    5

    Ein Anruf erreichte uns, als wir gerade losfuhren. Herr Bock meldete sich. Über die Freisprechanlage des neuen Sportwagens, den die Fahrbereitschaft mir zur Verfügung stellte, konnten Roy und ich beide mithören.

    »Die Kollegen haben uns den Mord an Dr. Alex Fernow gemeldet«, berichtete uns der Chef. »Dr. Fernow leitete die Entwicklungsabteilung der Lonberg Electronics GmbH. Den Angaben der Kollegen nach hat jemand wohl Fernows Arbeitsplatz im Labor derart manipuliert, dass er von einem Stromschlag getötet wurde.«

    »Sie meinen, es gibt da einen Zusammenhang mit unserem Fall?«, fragte Roy.

    »Das ist zumindest nicht ausgeschlossen. Sprechen Sie mit den Kollegen vor Ort darüber! Die Ermittlungen werden von Kommissarin Patrizia Jonas geleitet.«

    Eine Viertelstunde später erreichten wir das Firmengelände von Lonberg Electronics. Es war durch hohe Mauern, elektronische Überwachungsanlagen und einen gut bewaffneten Security-Dienst nahezu perfekt abgeriegelt. An der Pforte ließ man uns bereitwillig herein, nachdem wir unsere Dienstausweise vorgezeigt hatten. Offenbar brachte man uns sofort mit den Ermittlungen unserer Kollegen in Zusammenhang.

    Das Lonberg-Gelände war für die engen Großstadtverhältnisse von Wandsbek sehr weiträumig angelegt.

    Es wirkte wie eine kleine Stadt für sich. Mehrere zehnstöckige hohe Gebäudekomplexe erhoben sich. Daneben gab es Lager- und Fabrikhallen sowie großzügige Parkplätze. Dazwischen lagen ein paar Grünflächen, durchzogen von einem Netz asphaltierter Straßen und Wege.

    Die Beschilderung war exzellent. Man konnte sich problemlos zurechtfinden.

    »Sieh mal, die haben hier sogar eigene Läden und Restaurants für die Mitarbeiter«, stellte Roy fest. Er deutete mit der Hand hinaus.

    Ich nickte.

    »Allerdings auch an jeder Ecke einen Wächter mit MPi.«

    Roy hob die Augenbrauen.

    »Eine regelrechte Festung - und das am Rande von Wandsbek!«

    »Kein Wunder - wenn man bedenkt, woran hier gearbeitet wird!«

    Wir folgten den Schildern, die zu den Laboren der Entwicklungsabteilung führten. Ein Pulk von Einsatzwagen parkte vor dem Zentralgebäude, in denen die Labore untergebracht waren.

    Ich parkte den Sportwagen in der Nähe. Wir stiegen aus, gingen die letzten Meter zu Fuß.

    Zwei Uniformierte trugen einen Zinksarg zum Wagen des Gerichtsmediziners. Bei einem der Zivilfahrzeuge entdeckte ich Kriminaloberkommissarin Patrizia 'Pat' Jonas. Sie war schlank und zierlich. Die Haare fielen ihr in einer wallenden Lockenmähne bis über die Schultern. Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie noch Kriminalkommissarin gewesen.

    Pat telefonierte gerade. Sie grüßte uns knapp.

    Wir gingen auf sie zu. Pat steckte das Handy ein.

    »Hallo Uwe! Ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr ...«

    »Wenn bei einem Unternehmen wie Lonberg jemand umgebracht wird, dann ist das schon fast eine Frage der nationalen Sicherheit.«

    Pat nickte.

    »Stimmt. Und angesichts der Hightech-Waffen, die hier entwickelt werden, kann man kaum vorsichtig genug sein. Nicht auszudenken, wenn davon etwas in falsche Hände gerät.«

    »Vermutlich ist genau das geschehen, Pat.«

    »Ach!«

    Sie starrte mich an.

    »Du hast sicher von der Explosion östlich vom Stadtpark in der Saarlandstraße gehört.«

    »Sicher.«

    »Der oder die Täter haben ein ferngelenktes Geschoss von Lonberg Electronics verwendet, um zwei Unterweltbosse aus dem Weg zu räumen.«

    Pat atmete tief durch.

    »Ihr vermutet einen Zusammenhang, zwischen dem Tod von Dr. Fernow und dem Sprengstoffattentat?«

    Ich zuckte die Achseln.

    »Ausgeschlossen ist das nicht. Aber im Moment stochern wir noch ziemlich im Dunkeln.«

    »Ich nehme an, du willst eine Zusammenfassung der bisherigen Ermittlungen«, vermutete Pat.

    Ich lächelte sie an.

    »Ich bitte darum.«

    Pat strich sich mit einer schnellen Bewegung eine Strähne aus dem Gesicht.

    »Dr. Alex Fernow war Chef der Entwicklungsabteilung von Lonberg Electronics. Jemand hat seinen Arbeitsplatz im Labor so manipuliert, dass Fernow einen tödlichen Stromstoß erhielt.«

    »Ein Unfall ist ausgeschlossen?«

    »Nach Meinung unserer Kollegen vom Erkennungsdienst ja. Die sind zwar noch dabei, den Tatort zu untersuchen, aber die Indizien, die sie bisher gefunden haben, sind sehr eindeutig.«

    »Seit wann ist Fernow tot?«

    »Seit gestern Abend. Der Gerichtsmediziner meint, dass Fernow auf jeden Fall vor Mitternacht starb. Heute Morgen wurde die Leiche von seinem Assistenten Dr. Domwehr gefunden.«

    »Ich würde mir den Tatort gerne mal ansehen«, meinte ich.

    »Nichts dagegen.« Pat führte uns zu den Laboren.

    Ein ziemlich nervös wirkender Vertreter von Lonberg Electronics bestand darauf, dass auch wir Staubschutz-Overalls anlegten.

    »Das ist übrigens Dr. Erik Domwehr«, stellte Pat uns den graugesichtigen Mann mit den flaschendicken Brillengläsern vor.

    »Uwe Jörgensen, Kriminalpolizei«, stellte ich mich vor.

    Ich deutete auf Roy. »Dies ist mein Kollege Roy Müller.«

    »Ich kann mir noch immer nicht vorstellen, dass einer von uns so etwas fertig bringen könnte ... Einen Menschen ermorden.«

    »Einer 'von uns'?«, echote ich.

    Erik Domwehr blickte ruckartig auf.

    »Nun, ich dachte, dass wäre Ihnen klar. Die Zahl der Menschen, die die elektronischen Schranken überwinden können, ist begrenzt. Es handelt sich nur um eine Handvoll autorisierter Personen, die mit einem elektronischen Ausweis Zugang zu den Laboren besitzt.«

    Ich hob die Augenbrauen.

    »Und Sie meinen, dass einer von denen der Mörder sein muss.«

    »Liegt das nicht auf der Hand?«

    »Ich nehme an, Sie gehören auch zu diesem auserwählten Kreis?«

    »Das ist richtig. Eine Liste der Verdächtigen stellt das Personalbüro von Lonberg Electronics gerade für Ihre reizende Kollegin zusammen. Sie können sicher eine Kopie bekommen.«

    Domwehr führte uns dann durch verschiedene Schleusen und Korridore zum Tatort. Die Kollegen des Erkennungsdienstes waren noch bei der Arbeit.

    »Woran arbeitete Dr. Fernow genau?«, wandte ich mich an Domwehr.

    »Mikroelektronische Steuerungssysteme«, sagte er.

    »Das ist sehr allgemein.«

    »Genaueres werden Sie von mir nicht erfahren. Jedenfalls nicht, solange mich die Führungsetage von Lonberg nicht ausdrücklich dazu ermächtigt, Ihnen etwas zu den laufenden Projekten zu sagen.«

    Ich blickte mich in dem Labor um. Die Stelle, an der Fernow zusammengebrochen war, hatten die Kollegen mit Kreide markiert.

    Wenig später erläuterte uns einer der Erkennungsdienstler, wie die Anlage manipuliert worden war.

    »Es war Mord, Uwe«, bekräftigte Pat die Ausführungen des Kollegen. »Daran kann es keinen vernünftigen Zweifel geben.«

    Pats Handy schrillte. Sie griff zum Apparat, nahm ihn ans Ohr und sagte zweimal kurz hintereinander »Okay».

    »Neuigkeiten?«, erkundigte ich mich.

    Sie nickte.

    »Wir wissen jetzt, wer außer Fernow gestern zur fraglichen Zeit noch im Labor gewesen ist. Wollt ihr an dem Verhör teilnehmen, Uwe?«

    6

    Lonberg Electronics hatte für die Vernehmung einen Büroraum zur Verfügung gestellt. Außer Roy und mir nahmen noch Pat, ein Kommissar namens Bolder sowie ein Anwalt teil, der die Interessen des Beschuldigten wahren sollte.

    Dr. Bernd Westerhoff war ein drahtiger Mittvierziger mit Halbglatze. Er saß zusammengesunken in einem der schlichten Ledersessel.

    Pat setzte ihm stark zu. So zierlich und sexy sie auch auf den ersten Blick wirken mochte, so unerbittlich nahm sie Westerhoffs widersprüchliche Äußerungen auseinander.

    »Dr. Westerhoff, Sie können doch nicht leugnen, dass Sie gestern Abend noch im Labor waren. Die elektronischen Kontrollen sind unbestechlich! Genau um 22.13 Uhr haben Sie den Magnetstreifen Ihres Ausweises ins letzte Schloss gesteckt.«

    »Ich sagte doch: Ich war zu Hause!«

    »Ja, allein - und ohne Zeugen!«

    »Diese Tatsache dürfen Sie meinem Mandanten nicht anlasten«, mischte sich der Anwalt ein. Er hieß Bellmann.

    »Stimmt es, dass Sie gute Chance haben, Dr. Fernows Nachfolger als Entwicklungschef bei Lonberg Electronics zu werden?«

    »Wer sagt das?«

    »Entspricht es den Tatsachen?« Pat ließ nicht locker.

    »Einspruch!«, zeterte Bellmann.

    Pat wies ihn mit Bestimmtheit zurecht: »Sie sind hier nicht vor Gericht.«

    »Ich protestiere trotzdem gegen die Art und Weise Ihrer Befragung!«

    »Es stimmt«, gab Westerhoff dann zu. »Aber ich würde deswegen doch keinen Mord begehen.«

    »Was haben Sie gestern Abend im Labor getan?«

    »Mein Ausweis ist mir gestohlen worden. Jemand anderes muss sie benutzt haben.«

    »Ich will Ihnen sagen, was passiert ist, Dr. Westerhoff. Sie sind ins Labor gegangen und haben auf Dr. Fernow gewartet. Die Art und Weise, in der Fernows Arbeitsplatz manipuliert worden ist, spricht dafür, dass der Täter sich dort hervorragend auskannte. So wie Sie!«

    »Ach was!«, stieß Westerhoff hervor. »Jeder könnte das! Jeder, der in der Entwicklungsabteilung tätig ist. Vielleicht mit Ausnahme der Security-Leute. Aber mir wollen Sie das anhängen! Dahinter steckt doch Methode.«

    Pat hob die Augenbrauen. Ihr Tonfall wurde etwas sanfter.

    »Und welches Interesse sollte ich daran haben, Ihnen etwas anzuhängen, wie Sie es formulieren?«

    »Liegt doch auf der Hand!«

    »Ach!«

    »Sie brauchen einen Schuldigen, wollen um jeden Preis Ergebnisse vorweisen. Koste es, was es wolle!«

    »Das ist doch Unsinn, Dr. Westerhoff. Sie sind jedenfalls vorläufig festgenommen!«

    »Damit kommen Sie nicht durch!«, rief Bellmann.

    »Das sehe ich anders«, erklärte Pat kühl. »Ihr Mandant hatte ein Motiv, er hatte die Gelegenheit und war zur fraglichen Zeit am Tatort. Das sind schwer belastende Indizien.«

    Jetzt mischte ich mich in das Gespräch ein.

    »Wann glauben Sie, wurde Ihnen der Ausweis gestohlen?«

    Er wartete das Nicken seines Anwalts ab, bevor er antwortete: »Ich weiß es nicht. Ich habe sie erst heute Morgen vermisst, als ich wieder ins Labor wollte ...«

    »Aber gestern hatten Sie das Ding noch?«

    »Ja. Ich verließ das Labor gegen 19 Uhr. Das müsste ebenfalls elektronisch gespeichert worden sein. Sie glauben mir doch, oder?«

    »Wir werden das überprüfen«, versprach ich.

    Pat rief zwei ihrer uniformierten Kollegen herbei, die Dr. Westerhoff abführten. Als der Wissenschaftler sich nicht mehr im Raum befand, wandte sie sich an mich.

    »Ich glaube - ehrlich gesagt - nicht, dass dieser Mord etwas mit eurem Fall zu tun hat. Das jemand den Ausweis von Herrn Westerhoff gestohlen hat, halte ich für eine reine Schutzbehauptung.«

    »Überprüfen muss man das trotzdem«, erwiderte ich.

    »Natürlich.«

    »Wenn sich bei euren Ermittlungen irgendetwas Neues herausstellen sollte, dann wäre es nett, wenn du mich das umgehend wissen lässt.«

    Sie wollte etwas erwidern, aber in diesem Moment klingelte ihr Handy. Pat blickte mich nachdenklich an, während sie sprach. Am anderen Ende der Leitung war offenbar ein ungeduldiger Staatsanwalt, der sich nach den Fortschritten der Ermittlungen erkundigte.

    Ich verabschiedete mich mit einem Nicken von unserer Kollegin.

    »Bis jetzt gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass dieser Mordfall irgendwie mit dem Sprengstoffanschlag zusammenhängt, Uwe«, gab Roy zu bedenken, als wir draußen auf dem Korridor waren.

    »Wir müssen Fernows Privatleben durchleuchten. Vielleicht ergibt sich dann eine Spur.«

    »Und wie sollte diese Verbindung deiner Meinung nach aussehen?«

    »Du siehst doch, wie groß hier Sicherheit geschrieben wird.«

    »Allerdings.«

    »Aber Tatsache ist, dass mindestens eine dieser 'Smart Weapons' aus den Mauern des Unternehmens hinausgelangt ist. Ich denke, wer so etwas schafft, braucht dazu einen Helfer im Unternehmen.«

    »Fernow?«

    »Ja. Und weil er aussteigen wollte oder einfach nur ein gefährlicher Mitwisser war, musste er sterben.«

    »Klingt etwas hergeholt, findest du nicht?«

    Ich zuckte die Achseln.

    »Ich finde, das ist mindestens so logisch wie Pats Theorie ...«

    »… für die sie immerhin ein paar handfeste Indizien hat.«

    »Dr. Westerhoff ist ein hochintelligenter Wissenschaftler. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet er so dumm gewesen sein soll, nicht daran zu denken, dass genau aufgezeichnet wird, wer wann das Labor betritt.«

    Als wir den Ausgang des Gebäudes erreichten, erkundigte ich mich bei einem der Security-Leute nach der Videoüberwachungsanlage. Er erklärte mir, dass lediglich der Eingangsbereich mit Kameras überwacht wurde, der eigentliche Labortrakt jedoch nicht. Schließlich kamen dort ohnehin nur diejenigen hinein, die über einen Ausweis mit entsprechender Codierung verfügten.

    »Das heißt aber, jeder der das Gebäude betritt oder verlässt wird aufgenommen?«, vergewisserte ich mich.

    »Ja.«

    »Könnten Sie die Bänder von gestern Abend heraussuchen?«

    »Tut mir leid, aber nach 45 Minuten beginnt die Aufzeichnung von vorn. Alles, was vorher auf dem Band war, wird dann gelöscht.«

    »Zu dumm«, murmelte ich.

    Eine halbe Stunde später empfing uns dann Wilhelm Gärtner, der Vorstandsvorsitzende von Lonberg Electronics. Sein Büro wirkte fast spartanisch. Ein Bild, das den Nationalökonomen Adam Smith darstellte, hing hinter ihm an der weißen Wand. Ansonsten waren die Wände kahl. Gärtner begrüßte uns knapp und deutete auf die schlichten Ledersessel.

    »Nehmen Sie Platz!«

    »Danke. Ich bin Uwe Jörgensen, Kriminalpolizei. Und dies ist mein Kollege Müller.«

    »Was den Fall Fernow angeht, gewähren wir Ihnen jede nur denkbare Unterstützung«, versicherte Gärtner.

    »Wir sind nicht in erster Linie wegen dem Mord an Ihrem Entwicklungschef hier«, erklärte Roy.

    Gärtner kniff die Augen zusammen.

    »Sondern?«

    Ich holte ein paar Fotos aus der Innentasche meiner Lederjacke und legte sie vor Gärtner auf den Schreibtisch.

    »Bei dem kürzlich verübten Sprengstoffanschlag im Restaurant 'Schlemmertempel' in der Saarlandstraße wurde offenbar ein Geschoss aus Ihrer Produktion verwendet.«

    Gärtner sah sich die Fotos an.

    Obwohl es sich um Vergrößerungen handelte, nahm er sie ganz nah an die Augen heran. Sein Gesicht wurde farblos.

    »Ich ... ich habe keine Erklärung dafür«, stotterte er dann. Tief atmend lehnte er sich zurück. »Bislang hielt ich unsere Sicherheitsvorkehrungen für perfekt.«

    »Das sind sie offenbar nicht«, sagte Roy.

    Und ich ergänzte: »Wir brauchen die Personaldaten aller Ihrer Mitarbeiter.«

    »Sie glauben, dass

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